Geflügel

Während die Tiere an Land wegen der Trockenheit ums Überleben kämpfen, scheinen die Seevögel hier üppig mit allem Nötigen ausgestattet zu sein. Jedenfalls sind Artenvielfalt und die Anzahl der Tiere enorm.




Am auffallendsten sind die Pelikane. Was der Nordseeküste ihre Möwen, sind hierzulande die Pelikane – allgegenwärtig und schön anzusehen. Außer man hat den Fotoapparat gezückt, dann kommen natürlich stundenlang keine. Im Gegensatz zu Möwen sind sie überdies leise und nicht ständig am Schimpfen und Zetern.

Sie haben zwei typische Formen der Fortbewegung. Im Streckenflug bilden sie oft Formationen von bis zu einem Dutzend Vögeln, die so dicht über die Wasseroberfläche gleiten, dass ihr Bauchfell bestimmt kitzeln muss (Bauchfell? Na ja, die Federn unten eben). Schön, das machen Sturmvögel auch, und sogar bei mehr Wind und Welle, aber wenn diese großen, doch eher klobigen Pelikane so präzise manövrieren, sieht das schon haarsträubend aus. Etwa so, als hätte James Bond bei der Verfolgungsjagd durch die verwinkelte Altstadt von Nizza seinen Aston Martin gegen einem Linienbus der Stadtwerke Fulda eingetauscht.


Das andere Flugverhalten der Pelikane ist der Sturzflug, wenn sie bei der Jagd auf Sardinen oder andere kleine Fische scharenweise senkrecht ins Wasser schießen und erst im letzten Augenblick ihre Flügel anlegen. Da ihre Beute sich meist in recht flachem Wasser aufhält, wundern wir uns, ob die Pelikane immer die Wassertiefe richtig einschätzen. Ein Fehler, und der Vogel würde mit dem Schnabel im Sand steckenbleiben. Aber sie scheinen doch eine Menge Übung zu haben, in der Literatur findet man wenig über Pelikanriffe.



Möwen gibt es natürlich auch (von ähnlich zänkischem Charakter wie ihre Artgenossen an der Nordsee), dazu Kormorane, Reiher und Blaufußtölpel. Am Ufer spazieren Strandläufer und Austernfischer, hoch am Himmel ziehen die Fregattvögel ihre Kreise. Weil sie selber nicht vom Wasser starten können, jagen sie anderen Vögeln ihre Beute ab – immer ein spannendes Spektakel.

Unsere Lieblinge sind allerdings recht kleine, schwarz-weiß gefärbte Vögelchen, deren Namen wir leider (noch) nicht kennen. Vom Aussehen und Verhalten ähneln sie den Tauchsturmvögeln oder Krabbentauchern, die aber hier nicht vorkommen (die einen gibt’s nur auf der Südhalbkugel, die anderen nur im Atlantik). Jedenfalls sitzen die kleinen Kerlchen zu mehreren Dutzenden eng zusammen wie ein Teppich auf der Wasseroberfläche. Wenn man eine Weile hinschaut, macht es schwupp! Und der erste ist weg. Und gleich schwupp! der zweite. Schwupp! schwupp! schwupp! und ehe man sich’s versieht, ist der ganze Teppich komplett verschwunden. Die Wasseroberfläche ist leer! Erst trauen wir unseren Augen nicht – war es eine Sinnestäuschung? Da waren doch gerade noch massenweise Vögel? Eine halbe Minute passiert erst einmal nichts. Oder eine ganze. Da taucht plötzlich, an einer ganz anderen Stelle auf dem Wasser, vielleicht hundert Meter weiter, schwupp! ein Vögelchen auf. Schwupp! ein zweites, und schwupp! schwupp! schwupp! ist der ganze Teppich wieder da, als wäre nichts geschehen.

Von fliegenden Teppichen hört man ja öfter. Aber tauchende Teppiche sind doch etwas ganz Besonderes.

Loreto

„From the sea the town was buried in a grove of palms and greenery. We dropped anchor and searched the shore with our glasses. A line of canoes lay on the beach and a group of men sat on the sand by the canoes and watched us; comfortable, lazy-looking men in white clothes. When our anchor dropped they got up and made for the town. Of course, they had to find their uniforms, and since Loreto was not very often visited and since the Governor had not recently been there, this may not have been so easy. There may have been some scurrying of errand-bound children from house to house, looking for tunics or belts or borrowing clean shirts. Señor the official had to shave and scent himself and dress. It all takes time, and the boat in the harbor will wait. It didn’t look like much of a boat anyway, but at least it was a boat.
One fine thing about Mexican officials is that they greet a fishing boat with the same serious ceremony they would afford the Queen Mary, and the Queen Mary would have to wait just as long. This made us feel very good and not rebellious about the port fees – absent in this case! We came to them and they made us feel, not like stodgy people in a purse-seiner but like ambassadors from Ultra-Marina bringing letters of greeting out of the distances.”
(John Steinbeck: The Log from the Sea of Cortez. Penguin books, 1986. Seite 204f)

„Von See aus gesehen lag die Stadt inmitten eines Palmenhains im Grün verborgen. Wir gingen vor Anker und suchten das Ufer mit dem Fernglas ab. Eine Reihe Kanus lag am Strand, neben ihnen saß eine Gruppe von Männern im Sand und sah uns zu, gemütliche, träge aussehende, weiß gekleidete Männer. Als unser Anker fiel, erhoben sie sich und machten sich auf den Weg in die Stadt. Sie mussten natürlich ihre Uniformen finden, und weil Loreto nicht oft besucht wurde, und auch der Gouverneur nicht erst kürzlich hier war, war das vielleicht keine ganz einfache Sache. Vielleicht mussten Kinder von Haus zu Haus auf der Suche nach Rock und Gürtel losgeschickt werden, oder ausschwärmen, um saubere Hemden auszuborgen. Der Señor vom Amt musste sich rasieren, parfümieren und einkleiden. Das alles braucht seine Zeit, und das Boot im Hafen wird warten. Das Boot sah zwar ohnehin nach nichts Besonderem aus, aber immerhin war es ein Boot.
Hierin sind mexikanischer Amtspersonen mustergültig: sie begrüßen ein Fischerboot mit der gleichen ernsthaften Förmlichkeit, die sie auch der Queen Mary angedeihen lassen würden, und die Queen Mary würde ebenso lange warten müssen. Das gab uns ein gutes Gefühl, und so regten wir uns auch nicht über die Hafengebühren auf – die es in diesem Fall nicht gab! Wir kamen zu ihnen, und fühlten uns nicht wie langweilige Seeleute auf einem Fischerboot behandelt, sondern wie Botschafter aus Ultra-Marina, die Grußbotschaften aus der Ferne brachten.“ (Übersetzt ins Deutsche von Andreas)

Gut 80 Jahre später: die Palmen sind immer noch da, der Sandstrand ebenfalls. Wahrscheinlich neu ist ein kleiner durch einen Wellenbrecher geschützter Hafen für Ausflugs- und Fischerboote. Wir passen da nicht rein und ankern bei sehr ruhiger See direkt davor. Offiziell anmelden muss man sich heutzutage auch nicht mehr, dachten wir. Aber nachdem wir unser Dinghi an einem schmalen Steg im Hafen angebunden haben, bedeutet uns der Wachmann am Tor, wir müssten erst zum Hafenbüro gehen. Dort erklärt uns ein Angestellter, dass wir eine Gebühr zu entrichten hätten und zwar 1. für das Beiboot, 2. für uns beide und 3. für die beiden Müllbeutel, die wir in die große Tonne am Steg gestopft haben: alles zusammen gerechnet bezahlen wir umgerechnet 20 EUR. Die Gebühr für den Stadtbesuch und das Bewachen des Beibootes sei jeden Tag aufs Neue zu entrichten, merkt der Hafenmeister fast schon entschuldigend an, allerdings habe er uns für den heutigen Tag die Gebühr nur für eine Person berechnet.
Wir schütteln etwas verwundert den Kopf über diese neuen Regelungen und die flexible Umsetzung und machen uns auf den Weg. Auch dieses Mal verbinden wir das Pflichtprogramm (Wäscherei und Supermärkte) mit dem Vergnügen, eine neue Stadt zu erkunden.

An dieser Stelle ein kleiner historischer Exkurs: Loreto ist die älteste sogenannte „Mission“ auf der mexikanischen Halbinsel Baja California. Von hier aus begannen die Jesuiten im Jahr 1697  die einheimische Bevölkerung zum Christentum zu bekehren, in dem sie weitere Missionen auf der Baja California gründeten. Bereits 1535, also mehr als 150 Jahre früher, hatte Hernán Cortéz (Wikipedia), vergeblich versucht, hier einen Stützpunkt zu bauen. Wer mehr über die Geschichte der Missionen lesen möchte: Spanische Missionen in Kalifornien (Wikipedia)

Das heutige Loreto mit seinen rund 20.000 Einwohnern setzt auf Individualtourismus ohne Hotelburgen und Kreuzfahrtschiffe. Touren zu den prähistorischen Höhlenmalereien (mit Jagdszenen) in den Bergen werden ebenso angeboten wie Kajak-Touren oder Tagesausflüge in umgebauten Fischerbooten zu einsamen Stränden an der Küste oder bei den angrenzenden Inseln.


Ein altes Hotel mit einem Innenhof im Kolonialstil


Pension mit Garten

Der zentrale Platz von Loreto ist sehr gemütlich und einladend gestaltet mit Bänken, einem Pavillon und Schatten spendenden Palmen, so freundlich und offen wie sich auch die ganze Stadt präsentiert.

Während wir durch die Straßen laufen, können wir immer mal wieder einen Blick in liebevoll gepflegte grüne Vorgärten werfen. Manche Häuser haben als Aufbau ein freistehendes mit Palmwedeln bedecktes Dach. In den Sommermonaten kann es hier sehr heiß werden und da ist eine kühlende Brise abends auf dem Dach sicher willkommen.

In der Fußgängerzone, die von der Uferpromenade abgeht, verdichtet sich die Anzahl der Restaurants und Cafés. Dazwischen gibt es Andenkenläden, die neben viel unnützem Kram doch auch schönes Kunsthandwerk aus vielen Teilen Mexikos anbieten. Ein Laden hat es mir ganz besonders angetan, dort verbringe ich einen halben Nachmittag damit, mir die Webarbeiten (Tischläufer, Tücher und Teppiche) anzusehen, alle aus der Provinz Oaxaca, die für ihre farbenfrohen Arbeiten bekannt ist.


In der Fußgängerzone wird groß und deutlich auf die Maskenpflicht hingewiesen


Ein Impfangebot für Kinder unter 8 Jahren, am schwarzen Brett eines Supermarktes gesehen

Nach zwei Tagen Flaute frischt der Wind auf, der Ankerplatz vor der Stadt wird zu schaukelig. In der Früh fahren wir mit dem Dinghi noch schnell zum Arroyo, dem trockenen Flussbett, am südlichen Rand der Stadt. Hier wird jeden Sonntagvormittag auf einem Platz oberhalb des Arroyo ein kleiner Markt aufgebaut. Wir füllen unsere Rucksäcke noch einmal mit viel frischem Obst und Gemüse und kaufen von diesem liebevoll dekorierten Stand noch Ziegenkäse und Fleisch. Jetzt sind wir wieder für eine Weile autark und können in Ruhe die Inseln des Nationalparks um Loreto herum erkunden.

Höhlenmalereien

Im Revierführer wird erwähnt, dass man hier von der Bucht Agua Verde eine Wanderung zu Höhlenmalereien unternehmen könnte. Vom kleinen Sandstrand unserer Nordbucht führt ein schmaler Trampelpfad einen Berg hoch und ins angrenzende Tal wieder runter. In der Senke angekommen, sehen wir links einen kleinen aufgelassenen Friedhof, die schweren Grabsteine sind verfallen und liegen schief in der Erde, die meisten Gräber sind aus den 1950er und 1960er Jahren.

Der Weg geht weiter zu einer Lagune, ein kleiner Vogel mit einer lustigen Sturmfrisur zwitschert fröhlich in der Vormittagswärme.

Diese Lagune ist nicht besonders groß, hat aber einen beeindruckenden Palmenwald. Manche dieser Stämme ringeln sich wie riesige schuppige Schlangen auf dem Boden zusammen, so etwas haben wir noch nie gesehen!

Wir erreichen die Stelle, an der das Meereswasser durch einen schmalen Kanal in die Lagune strömt. Ein beherzter Sprung mit dem Risiko im Wasser zu landen, oder Schuhe aus und durch waten…

Vor uns liegt nun der lange Nordstrand, an dem sich die großen Wellen brechen. Schon wieder eine ganz andere, neue Topographie. In der Brandungszone ist der Boden voller Steine und Geröll, weiter oben gibt es körnigen Sand, der ganz leicht mit schwarzem Staub bepudert ist.

Ein kleiner Krebs hat sich perfekt an diese Farben und Strukturen angepasst, fast hätte ich ihn übersehen, wäre er nicht hektisch geworden und ein Stück weit über den Sand gesaust.

Bizarre Figuren, Fabelwesen erheben sich aus dem Sand, mehr oder weniger von Menschenhand zusammen gestellt und drapiert.

Kurz bevor der Strand endet, führt zwischen den Sträuchern ein Weg ins Landesinnere. Wir folgen den Reifenspuren im Sand bis wir auf der rechten Seite eine kleine Steinpyramide sehen. Hier beginnt ein steiler Pfad, auf dem man zwischen den stacheligen Sträuchern und Kakteen den Berg hoch zur Höhle gelangt, wo sich die Wandmalereien befinden: ein paar Handabrücke auf einem kalkweißen Felsen als Zeugnis urzeitlicher Besiedlung.


Blick von der Höhle über den Strand

Auf dem Rückweg ist das Wasser schon soweit gefallen, dass wir es wagen können, direkt am felsigen Abschnitt des Nordufers entlang zu gehen. Austernfischer holen sich Kleingetier aus dem Wasser, sie haben eine reiche Auswahl: unter jedem Stein, den wir umdrehen, leben Würmer, Schnecken, Seesterne und Seeigel.

Die Felsen sind von Wind und Wasser angeknabbert, wir staunen jedes Mal über die vielen verschiedenen Formen, Farben und auch über die Zusammensetzung des Gesteins. Eine einsame Palme hat sich hier angesiedelt und hält tapfer die Stellung gegen Wind und Wellen.

Am späten Nachmittag gehen wir noch mal an diesen Strand, suchen ein paar Muscheln und versuchen, das goldene Licht der Abendsonne auf Fotos einzufangen.

Bahia Agua Verde

30. Dezember 2021 – 07. Januar 2022


Auf dem Weg zur Bahia Agua Verde

Bevor der Nordwind wieder ordentlich zu blasen anfängt und es draußen auf dem freien Wasser des Golfes ungemütlich wird, verziehen wir uns rechtzeitig in die Bahia Agua Verde.
Es ist eine große Bucht mit zwei Ankerplätzen, einen im Süden und einen im Norden. Dazwischen liegt das gleichnamige Dorf in einem von hohen Bergen umgebenen Tal. Wir steuern den nördlichen Ankerplatz an und suchen uns hier ein Plätzchen für die nächsten Tage. An der Stirnseite der Bucht befindet sich ein schmaler Sandstrand mit einem kleinen Campingplatz, der von einem alten Mann mit Hund behütet und gepflegt wird. Als wir ankommen stehen da ein paar der typisch kastenförmigen Wohnmobile aus den USA oder Kanada, die aussehen, als ob ein Pickup oder ein LKW zu einem fahrenden Heim umgebaut wurde. So verwunschen und zauberhaft diese Ecke der Bucht auch ist, bei Nordwind wird es ungemütlich und die Camper ziehen weiter.

„That night we rigged a lamp over the side, shaded it with a paper cone, and hung it down to the water so that the light was reflected downward. Pelagic isopods and mysids immediately swarmed to the illuminated circle until the water seemed to heave and whirl with them. The small fish came to this horde of food, and on the outer edges of the light ring large fishes flashed in and out after the small fishes. Occasionally we interrupted this mad dance with dip-nets, dropping the catch into porcelain pans for closer study, and out of the nets came animals small or transparent that we had not noticed in the sea at all.” (John Steinbeck: The Log from the Sea of Cortez. Penguin books, 1986. Seite 180f)
„In der Nacht brachten wir an der Bordwand eine Lampe aus, schatteten sie mit einem Kegel aus Papier ab und hängten sie so über die Wasseroberfläche, dass ihr Lichtschein nach unten fiel. Meerasseln und Schwebegarnelen schwärmten sofort zum Lichtkegel hin, bis das Wasser von ihnen zu wogen und zu brodeln schien. Die kleinen Fische kamen zu dieser Masse an Nahrung, und am Rande des Lichtkreises schnellten große Fische den kleinen Fischen nach. Gelegentlich unterbrachen wir diesen irren Tanz mit Keschern, gossen den Fang in Porzellanschalen zur genaueren Untersuchung, und aus den Netzen kamen so kleine oder durchsichtige Tiere, dass wir sie im Wasser überhaupt nicht gesehen hatten.“ (Übersetzung ins Deutsche von Andreas)

Schon am ersten Abend in der Bucht hören wir das Platschen der Fische, die teilweise aus dem Wasser hüpfen, im Inneren des Bootes klingt es, als ob manche von ihnen dabei an die Bordwand stoßen würden. Andreas kramt unseren starken Handscheinwerfer heraus und leuchtet damit ins Wasser. Und es passiert genau das, was wir später bei Steinbeck nachlesen. Zuerst versammeln sich viele kleine undefinierbare Pünktchen im Lichtkegel bis auch kleine Dornhechte vom Licht angelockt werden. Sobald wir das Licht etwas schwenken, sehen wir, wie einige größere Fische vor dem Licht fliehen. Wir wollen wissen, was es mit den winzigen kleinen schwebenden Teilchen auf sich hat und holen mit der Pütz ein paar Liter Wasser hoch, gießen es durch ein Küchentuch und versuchen erst mit der Lupe dann mit dem Mikroskop zu erkennen, was da alles im Wasser geschwommen ist. Es wimmelt und wuselt nur so von kleinen Krebsen, Krabben und Fischlarven.
Am nächsten Morgen ist der Himmel bedeckt. Auf einmal beginnt es zu regnen und will gar nicht mehr aufhören. So einen Wolkenbruch haben wir hier in Mexiko bisher noch nicht erlebt! Wenn überhaupt, dann gab der Himmel ein paar Tropfen ab oder ließ einen feinen Sprühregen für gerade mal 10 Minuten los. Wir hätten richtig viel Regenwasser sammeln können, so wie wir das in Neuseeland und Alaska regelmäßig taten, aber da wir hier mit einem so heftigen und ausgiebigen Regenguss nicht gerechnet haben, glauben wir, dass es jeden Moment aufhören könnte und schauen nur staunend zu. Irgendwann ist es dann doch vorbei mit der nassen Herrlichkeit und wir können unseren geplanten Ausflug ins Dorf machen. Vom kleinen Sandstrand aus kann man nur bei Niedrigwasser direkt am Ufer entlang laufen, ansonsten muss man auf der Schotterstraße den Berg hoch, runter ins Tal und um einen weiteren Berg herum wandern. Von oben sieht das Dörfchen eigentlich ganz grün aus. Die Häuser verteilen sich im Tal zwischen erstaunlich vielem Grün. Auch ein grüner Gürtel aus dichtem Strauchwerk schützt das Dorf vor der Brandung des langen Sandstrandes. Auf einem handgemalten Schild werden die Sehenswürdigkeiten aufgezählt: 2 Kirchen, 4 Schulen, 2 Restaurants, 3 Läden, Wifi. Und, was nicht auf dem Schild steht, uns aber ein Junge stolz berichtet: für die 300 Einwohner des Dorfes gibt es eine Tortilleria, das mexikanische Pendant zur Bäckerei.

„Was für ein Regen!“, alle mit denen wir an diesem Tag sprechen, erwähnen den Regen. Die ausgedörrte Erde konnte so viel Wasser gar nicht aufnehmen, die staubigen Wege im Dorf haben sich in rutschigen Schlamm verwandelt und wir versuchen, die großen Pfützen vorsichtig zu umgehen.
Heute hat nur einer der drei Läden geöffnet, ein kleines Regal mit Obst und Gemüse, zwei Gänge mit haltbaren Gütern in Säcken und Konserven und großen Kühltruhen fürs Fleisch. Von dem frischen Ziegenkäse, der hier im Dorf hergestellt wird, nehmen wir ein großes Stück mit.
Auf dem Rückweg treffen wir oben am Berg einen Mann, der gerade von einem gemauerten Gebäude oberhalb der Straße herunter kommt. Wir sprechen ihn an und er erzählt uns, dass es sich um die Wassertanks des Dorfes handelt, die er betreut. Er wollte mal nachsehen, ob nach dem Regen alles in Ordnung sei. Zu diesem Wassertanks laufen Leitungen aus schwarzem Kunststoff in verschiedene Richtungen. Das Wasser kommt aus einem 9 Kilometer weit entfernten Teich oben im Gebirge und wird dann wiederum durch Leitungen hinunter ins Dorf geführt. Wir erzählen ihm von der Entsalzungsanlange in San Evaristo, und fragen ihn, ob das nicht auch eine Alternative für dieses um so viel größere Dorf sei? Vor allem, wenn es immer weniger regnet? Ja, über eine solche Anlage habe man vor einem Jahr auch hier diskutiert, sich aber dagegen entschieden. Ob es daran scheiterte, dass das Wahlversprechen der Lokalpolitiker, eine solche Anlage finanziell zu fördern, nicht eingehalten wurden? So genau haben wir das nicht verstanden, es fehlt uns dafür leider der nötige Wortschatz. Wie so oft überschätzt auch dieser nette Wasserwart unsere Sprachkenntnisse. Viele unserer Gesprächspartner glauben, dass wir sehr gut Spanisch sprechen würden, nur weil wir ein paar wenige und viel geübte Gesprächsthemen über Herkunft, Reisen, Fragen nach ihren Familien und ihrem Leben relativ flüssig beherrschen. So entgehen uns leider immer wieder Feinheiten bei komplexeren Themen. Der Wasserwart will seinerseits auch viel über Deutschland wissen, ob es wirklich so grün sei und so viel regnen würde, und erkundigt sich nach unterirdisch fahrenden Zügen, die würde er gerne einmal sehen, er sei so fasziniert von Tunnels. Wir hoffen, unsere Antworten waren für ihn einigermaßen verständlich und verabschieden uns nach einer Weile ganz herzlich von ihm.

Warum aber nun heißt diese Bucht „Agua Verde“, grünes Wasser? An manchen Stellen schimmert das Wasser in der Sonne türkis und grün, wie in so manchen anderen Buchten auch. Ist es vielleicht grüner als anderswo? An Sylvester finden wir eine mögliche Erklärung. Es ist eine buchstäblich sternenklare Nacht, kein Mond, der die Finsternis durchbricht, auch kein Streulicht vom Land her. Wir lassen nur noch das Rotlicht im Boot an und gewöhnen unsere Augen an die Dunkelheit. Im Wasser dagegen blitzt und blinkt und sprüht es grüne neonfarbene Funken! Der Golf von Kalifornien (Sea of Cortez) ist bekannt für seine Biolumineszenz, dafür, dass es an vielen Stellen fluoreszierende Algen und Tierchen im Wasser gibt. Hier in unserer Bucht sind sie in dieser Nacht in einer besonders hohen Konzentration vorhanden, was bedeutet, dass die kleinen Tierchen, aber auch die vielen Fische, die nachts an die Oberfläche kommen, durch ihre Bewegung die Algen zum Leuchten bringen. So sehen wir kurze oder lange grün leuchtende Streifen wie ein Feuerwerk durchs Wasser ziehen. Und dann erscheint auf einmal eine kompakte hellgrün schimmernde Wolke im Wasser, die sich zu einer Kugel formt, wieder verformt und schließlich einen großen Ring bildet. Der Ring öffnet sich, wird zu einer Schlange, dann wieder eine diffuse Wolke, um anschließend erneut einen Ring im Wasser zu zeichnen. Es ist „spooky“, wir erinnern uns an das Umschlagbild von Frank Schätzings Roman „Der Schwarm“. Und nein, es lag nicht daran, dass wir schon leicht angeheitert mit Sekt auf das Neue Jahr angestoßen hatten. Um dieser geisterhaften Erscheinung auf den Grund zu gehen, leuchten wir versuchsweise mit der Taschenlampe auf den Ring: da tanzt gerade ein ganzer Schwarm Sardinen durchs Wasser! Schade, dass wir keine Fotos davon machen konnten, so müssen wir unsere geneigten Leserinnen und Leser bitten, sich dieses Schauspiel mit viel Fantasie anhand unserer Beschreibung vorzustellen.


Pelikane im südlichen Ankerplatz


Blick von oben auf den südlichen Ankerplatz

Karg

So richtig vorstellen konnten wir uns das nicht, als wir von Deutschland kommend mit dem Flieger den Golf von Kalifornien auf dem Anflug auf Tijuana überflogen und hinabsahen. Also damals, vor über fünf Monaten, als Alpha noch die „britische Variante“ und Delta der neueste Schrei war.

Jedenfalls schauten wir aus dem Flugzeugfenster und sahen neben dem blauen Meer nur braune und graue Farbtöne, nichts Grünes. Schrecklich eintönig sah das aus, schroffe Gebirge ohne Bewuchs im Wechsel mit ebenen sandigen Flächen, die eher staubig als einladend aussahen. Welch ein Unterschied zu den Wäldern Nordamerikas, der üppigen tropischen Vegetation der Südsee, den Bergwiesen Südtirols. Und da wollen wir die nächsten Monate, vielleicht sogar das nächste Jahr verbringen? Da gibt es doch außer See, Sand und Steinen nichts.


Ganz falsch gedacht. Zugegeben, die Landschaft ist karg. Und hat doch so viel zu bieten. Das fängt mit dem Gestein an den Küsten an, das sich teils vielfarbig geschichtet, in aufgebrochenen Sedimenten zu steilen Abbruchkanten aufschiebt. An manchen Orten sind unzählige versteinerte Muscheln in die Sedimente eingearbeitet, an anderen Stellen ragen schroffe Felsen aus vulkanischem Material empor. An einem Ort finden wir sogar meterbreite Adern aus Obsidian im Felsen eingebettet. Aus weicherem Gestein hat die See Höhlen ausgewaschen oder skurril geschwungene Skulpturen übriggelassen. Am Strand entdeckt man Achate unter den Kieseln, wenn man genau hinschaut.






Die Gebirgszüge der Sierra de la Giganta bieten uns fast täglich eine imposante Kulisse. Je nach Wetterlage entweder als gestochen scharfe Silhouette gegen den stahlblauen Himmel oder in abgestuft im Dunst verschwindenden mehrlagigen Zügen. Im Licht der niedrigstehenden Sonne bei ihrem Auf- oder Untergang erstrahlen die näher liegenden Hänge in leuchtendem Dunkelrot, an dem wir uns nicht sattsehen können. Die Fotos geben dieses Farbenspiel leider nur unvollkommen wieder.






Aber es gibt nicht nur Stein und Staub. So wenig Wasser auch zur Verfügung steht, etliche Pflanzen ringen der Natur doch genügend Feuchtigkeit zum Überleben ab. Unzählige Kakteenarten, aber auch andere Sukkulenten und Blattpflanzen trotzen der Trockenheit. Auf fast jedem Landspaziergang entdecken wir Pflanzen, die wir zuvor noch nicht gesehen hatten. Und wenn wir hin und wieder etwas frisches Grün oder eine kleine bunte Blüte inmitten der grauen Stachelwüste finden, kommen sie uns gerade durch den Kontrast besonders kostbar vor.

Mangroven und Kakteen

26. – 30. Dezember 2021

Isla San José, Lagune mit Mangroven

Endlich lässt der Nordwind nach, eine eher windstille Phase ist vorhergesagt und die brauchen wir, um in mehreren Tagesetappen weiter nach Norden zu ziehen. Zuerst tuckern wir mit der Muktuk zur Isla San José. Hier ist es ganz ruhig, das Wasser spiegelglatt und der Ankerplatz bietet eine ungewohnt weite und offene Sicht nach allen Seiten: Vor uns die Lagune, der grüne Gürtel der Mangrovenwälder der Isla San José.  Westlich von uns weit in der Ferne die Küstenlinie der Halbinsel Baja California mit dem hoch aufsteigenden Gebirge der Sierra de la Gigante, in der entgegengesetzten Richtung verliert sich der Horizont in einem unendlichen Blau.

Am nächsten Morgen fahren wir mit dem Beiboot zur Lagune. Wir unterhalten uns mit zwei Fischern, die gerade eben dort angekommen sind. Sie haben bereits ihre Neoprenanzüge angezogen und wollen Oktopusse jagen. Noch am späten Nachmittag sehen wir sie den äußeren langen Küstenabschnitt langsam abschwimmen, wir sind beeindruckt von ihrer Ausdauer.

Die Lagune wird teilweise durch einen schmalen langen Streifen Land vom Meer abgetrennt. Das Geröll auf diesem Streifen sieht fast so aus wie von Menschen aufgeschüttete Wellenbrecher. An einer Stelle ist diese Mauer aus Steinen unterbrochen, hier befindet sich der südliche Zugang zur Lagune. Die Wassertiefe beträgt hier gerade mal 20 cm, also steigen wir aus dem Dinghi aus und ziehen es hinter uns her, bis wir wieder in tieferes Wasser gelangen. Zwei Pelikane beobachten uns aus sicherer Entfernung.

Drinnen in der Lagune ist es gespenstisch still. Kein Windhauch, klares Wasser, aber kein Fisch zu sehen, ein paar Reiher sitzen in den dichten Mangrovensträuchern und ruhen sich aus. Wir tuckern langsam den großen Kanal entlang. An manchen Stellen öffnen sich kleinere Seitenkanäle. In einen davon fahren wir hinein und versuchen, uns alle Windungen zu merken, um uns nicht zu verirren. Aber unsere Sorge ist unbegründet, der Kanal ist eine Sackgasse und wir finden wieder zurück zum Hauptweg.

Laut Revierführer sollten hier viele Seeschildkröten und Fische zu sehen sein, aber außer den Unterwasserpflanzen ist keine Bewegung im Wasser. Endlich entdecken wir einen langen dünnen Hornhecht, der ganz ruhig im Wasser schwimmt und sich von uns überhaupt nicht stören lässt. Später, am Strand, finden wir ein Skelett, mit dem langgezogenen dünnen Kopf sieht es so aus, als ob es von einem Fisch der gleichen Art stammen könnte.

Das Fischerdorf San Evaristo

Die nächsten Tage geht es im Zickzack zwischen der Insel San José und dem Festland hin und her, es sind jeweils nur kurze Strecken. Gegenüber der Insel San José, am Festland der Baja California, befindet sich in der Bucht San Evaristo ein kleines Fischerdorf. Gemächlich tuckern wir hinüber und verbringen die Nacht in der nördlichen Ecke der Bucht, weitab vom Dorf.

„Nights at anchor in the Gulf are quiet and strange. The water is smooth, almost solid, and the dew is so heavy that the decks are soaked. The little waves rasp on the shell beaches with a hissing sound, and all about in the darkness the fishes jump and splash. Sometimes a great ray leaps clear and falls back on the water with a sharp report. And again, a school of tiny fishes whisper along the surface, each one, as it breaks clear, making the tiniest whisking sound. And there is no feeling, no smell, no vibration of people in the Gulf. Whatever it is that makes one aware that men are about is not there. Thus, in spite of the noises of waves and fishes, one has a feeling of deadness and of quietness.” (John Steinbeck: The Log from the Sea of Cortez. Penguin books, 1986. Seite 140)

„Die Nächte vor Anker sind still und seltsam im Golf. Das Wasser ist spiegelglatt, fast wie ein Festkörper, und der schwere Tau tränkt das Deck. Die kleinen Wellen reiben sich zischend an den Muscheln des Strandes, und überall in der Dunkelheit springen und plätschern die Fische. Manchmal schnellt ein großer Mantarochen in die Luft und fällt mit scharfem Klatschen ins Wasser zurück. Dann wieder flüstert ein Schwarm winziger Fische an der Oberfläche entlang, jeder einzelne mit einem kaum hörbaren wischenden Geräusch beim Durchbrechen des Wasserspiegels. Keine Empfindung, kein Duft, kein Beben deutet auf menschliche Existenz im Golf hin. Was es auch sein mag, das einen die Anwesenheit von Personen spüren lässt – es fehlt hier. Und so herrscht, trotz aller Geräusche von Wellen und Fischen, ein Gefühl der Leblosigkeit und Stille. (Übersetzung ins Deutsche von Andreas)

Auch morgens, während die Sonne langsam aufgeht und die Felsen orange färbt, hüpfen die Fische im Wasser um uns herum, während ich mit meiner ersten Tasse Tee an Deck sitze und jeden einzelnen Augenblick dieser zauberhaften Stunde genieße.

Das Fischerdorf hat sich eine schöne neue Entsalzungsanlage gegönnt. Der Betreuer der Anlage erklärt uns, dass die alte Anlage bereits in die Jahre gekommen war und der Diesel, mit dem sie lief, immer teurer wurde. Die neue Anlage dagegen wird mit 34 großen Solar-Paneelen betrieben und kann bis zu 2.000 Liter Trinkwasser pro Stunde produzieren. Aber sie werde nie so hochtourig gefahren, so halte sie länger, meint er. 1.000 Liter pro Stunde sind ja auch beeindruckend viel! Uns scheint es eine auf lange Sicht sehr kluge Investition zu sein, denn in dieser Gegend regnet es kaum und in den letzten Jahren immer weniger, die ersten Anzeichen des Klimawandels machen sich wohl schon bemerkbar. Wir füllen unsere Kanister mit Trinkwasser, und erhalten es zu einem ungemein günstigen Preis von einem mexikanischen Peso pro Liter. (Der Umrechnungskurs ist momentan 25 Pesos für einen Euro).

Das Dorf besteht im Wesentlichen aus einer losen Reihe von Häusern und Hütten am Ufer. Wir laufen am Strand entlang, als gerade zwei Fischer mit ihrem Boot anlanden. Da wir in den letzten Tagen unterwegs leider nichts gefangen haben, kaufen wir von ihnen einen „Mexikanischen Sierra“. Nun, mit einer Plastiktüte in der Hand, die nach frischem Fisch riecht, wird einer der herum streunenden Hunde auf uns aufmerksam und will sich unbedingt mit uns anfreunden. Er folgt uns bis zum Leuchtturm an der südlichen Seite der Bucht und zum Café, wo wir für eine kleine Gebühr einen Internetzugang für unsere Mobiltelefone erhalten und Wetter und die neuesten Nachrichten herunter laden. Unser neuer Freund will uns gar nicht gehen lassen, er begleitet uns auf dem Rückweg bis zum Dinghi und schwimmt noch ein ganzes Stück ausdauernd im Meer hinter uns her.

Kaktuswald auf der Isla San José

Wir gehen Anker auf und tuckern mit der Muktuk zurück zur Isla San José. Über Nacht ankern wir vor dem dichten Kaktuswald, der direkt hinter der Lagune beginnt und fast die ganze Westseite der Insel einnimmt. Dieser Wald sieht schon vom Boot aus beeindruckend aus. Am nächsten Tag wollen wir ihn uns näher anschauen. Direkt am Strand stehen ein paar niedrig gewachsene Sträucher und dahinter bauen sich die riesigen Kakteen auf. Zwischen den Kakteen wächst noch mehr Gestrüpp und es ist bald kein Durchkommen mehr möglich. Hier und da sehen wir einen schmalen Pfad und eine Lücke im Gebüsch, offensichtlich von den Ziegen ausgetretene Wege, aber so klein und gelenkig wie sie sind wir nicht. Ich habe mir nicht vorstellen können, wie riesig diese Kaktusbäume werden können und wie unterschiedlich, jedes Exemplar mit einer ganz eigenen Art der Verzweigung.

Nachdem wir gefühlt jeden Baum und jeden Strauch am Rande des Kaktuswaldes bewundert und fotografiert haben, spazieren wir noch eine Weile am Strand entlang bis zu den improvisierten Hütten, die von Fischern für die eine oder andere Übernachtung genutzt werden. Auch an diesem Strand finden wir wieder eine Menge Muscheln und Steine und viele verschiedene Knochen.


Kopf eines Pelikans?


Brustknochen eines Pelikans?


Knochen vom Panzer einer Schildkröte, Unterseite


Knochen vom Panzer einer Schildkröte, Oberseite

Weihnachten mit Sandstrand und Saline

22. – 26. Dezember 2021

Für Weihnachten hatten wir uns eine hübsche kleine Ankerbucht namens El Cardoncito bei der Insel Espiritu Santo ausgesucht. Die ist so klein, dass außer uns und vielleicht einem gelegentlich vorbeikommenden Ausflugsboot kein weiteres Segelboot darin Platz gehabt hätte. Hohe Felsen säumen die Bucht, mit vielen Höhlen, von Wind und Wasser ausgewaschen, in der Abendsonne leuchteten sie golden und rot. Ganz im Inneren befindet sich ein winzig kleiner Sandstrand, dahinter ein Tal voller grüner Sträucher und Kakteen. Nach zweit Tagen aber blies der Wind auf einmal ganz anders und wir kamen den malerischen Felsenwänden viel zu nahe. Auf dem Weg von La Paz hierher hatten wir festgestellt, dass sich das Ruderblatt der Windsteuerung gegen den Schaft verdreht hatte, wir also auf engem Raum nur noch eingeschränkt manövrieren konnten.

Daher beschlossen wir am Morgen des 24. Dezember die Inseln des Heiligen Geistes (Espiritu Santo) zu verlassen und zur Insel des Heiligen Franziskus (San Francisco) in eine weitläufigere Bucht zu fahren. Unterwegs platzte dann auch noch der Wasserschlauch unter der Spüle, der für die Zufuhr von Heißwasser vom Boiler zuständig war. Überschwemmung in der Küche, ein halber Wassertank, gut 50 Liter frisch vom Motor erhitztes Wasser, ergoss sich über Teller und Pfannen in die Schränke und die darunter liegenden Bilgen. Und das am Vormittag des 24. Dezember! Boot aufräumen und für den Heilig Abend ein bisschen dekorieren hatte ich mir eigentlich anders vorgestellt!

Statt Kekse, Strohsterne und Elche kunstvoll aufzuhängen, musste ich erst Schränke ausräumen, Teller und Hölzer trocken wischen. Und die Bilgen, wohin das Wasser geflossen war (immerhin nur Süßwasser, kein Salzwasser), waren nun ausgerechnet jene, wo wir mit dem Staubsauger ganz schwer ran kommen, weil da eben Wassertanks drin stecken. Nach der ersten Aufregung war dann doch alles halb so schlimm und schneller trocken gelegt, als gedacht.

Die Südseite der Isla San Francisco ist ein beliebter Ankerplatz, den wir uns mit rund zehn anderen Booten teilen. Ein langer Sandstrand säumt die Bucht, dahinter gibt es ein paar Berge, auf die man hoch wandern kann. Es ist ein beliebtes Ausflugsziel, auch von La Paz aus noch schnell zu erreichen, so dass an manchen Tagen am Strand Zelte und Sonnenschirme aufgebaut werden und kleine Gruppen von Touristen einen perfekten Urlaubstag genießen können.

Auch uns gefällt es hier, die Weihnachtsfeiertage über bleiben wir an diesem Ankerplatz. Im Revierführer haben wir gelesen, dass am Strand an der Nordseite der Insel Achate zu finden sind. Da die Insel in der Mitte ganz schmal und flach ist, ist es ein kurzer und einfacher Spaziergang auf die andere Seite. Mitten drin sind ein paar Salinen angelegt, wir füllen uns in eine Tüte etwas von diesem feinen Meeressalz ab. Der Nordstrand ist voller Geröll und dicker rund geschliffener Steine mit lustigen Muscheln drauf.

Ein paar Krebse sitzen in der Brandungszone auf den Steinen und scheinen alles andere als erfreut zu sein, dass wir sie beim Sonnenbaden stören. Sie vor die Kamera zu kriegen, ist nicht einfach, sobald wir uns nähern, verschwinden sie rasend schnell in sichere Höhlen.

La Paz

17. – 21. Dezember 2021

“In addition, there is the genuine fascination of the city of La Paz. Everyone in the area knows the greatness of La Paz. You can get anything in the world there, they say. It is a huge place – not of course so monstrous as Guaymas or Mazatlán, but beautiful out of all comparison. The Indians paddle hundreds of miles to be at La Paz on a feast day. It is a proud thing to have been born in La Paz, and a cloud of delight hangs over the distant city from the time when it was the great pearl center of the world. The robes of Spanish kings and the stoles of bishops in Rome were stiff with the pearls of La Paz. There’s a magic-carpet sound to the name, anyway. And it is an old city, as cities in the West are old, and very venerable in the eyes of Indians of the Gulf. Guaymas is busier, they say, and Mazatlán gayer, perhaps, but La Paz is antigua.” (John Steinbeck: The Log from the Sea of Cortez. Penguin books, 1986. S. 119)

„Außerdem übt die Stadt La Paz eine wahrliche Faszination auf uns aus. Jeder aus der Gegend weiß um die Großartigkeit von La Paz. Alles in der Welt sei hier zu bekommen, sagt man. Sie ist groß, freilich nicht so monströs wie Guaymas oder Mazatlán, aber unvergleichlich schön. Die Indios paddeln Hunderte von Meilen, um an einem Festtag nach la Paz zu gelangen. Man ist stolz darauf, in La Paz geboren zu sein, und ein Schleier des Entzückens umgibt die ferne Stadt aus ihrer Zeit als Perlen-Hochburg der Welt. Die Roben spanischer Könige und die Stolen römischer Bischöfe starrten vor Perlen aus La Paz. Ihr Name klingt nach fliegenden Teppichen. Und die Stadt ist alt, alt wie Städte im Westen und äußerst vornehm in den Augen der Indios des Golfs. Guaymas mag geschäftiger sein, sagen sie, und Mazatlán vielleicht fröhlicher, aber La Paz ist antigua.“ (ins Deutsche übersetzt von Andreas)

Mit großen Erwartungen sehen auch wir unserem Aufenthalt in La Paz  entgegen, doch so schnell kommen wir gar nicht dorthin.

Direkt vor der Stadt befindet sich eine langgestreckte Sandbank. Dadurch entsteht ein enger Kanal mit starken Gezeitenströmen und der Schiffsverkehr durch den Kanal muss vom Hafenkapitän geregelt werden. Ab einer Windgeschwindigkeit von 20 Knoten sperrt der Hafenkapitän den Kanal und lässt keine Boote mehr rein oder raus. So müssen wir uns gedulden und erst einmal zwei Tage lang in der Caleta de Lobos, einer weiter von der Stadt entfernten Bucht, abwarten bis der Wind nachlässt und die Durchfahrt wieder möglich ist. Wir brauchen zwar keinen Lotsen, denn der Fahrweg ist gut sichtbar mit Tonnen ausgewiesen, müssen uns aber über Funk bei der „Capitania del Puerto“ anmelden und die Durchfahrt genehmigen lassen.

Die drei ausgewiesenen Ankerfelder vor der Stadt sind voll: es ist gerade Hauptsaison für die Segler und dazu noch die Woche vor Weihnachten. Wir sind wahrscheinlich nicht die Einzigen, die schnell noch proviantieren wollen, um dann die Feiertage draußen in einer schönen Bucht zu verbringen. Es dauert eine Weile, bis wir ein Plätzchen gefunden haben und hoffen, dass wir den benachbarten Booten nicht zu nahe kommen werden, sobald der Gezeitenstrom kippt und wir in der entgegengesetzten Richtung schwingen. Dieses Wechselspiel nennen sie hier den „La Paz Walzer“.

Die Stadt öffnet sich zum Meer hin mit einem kleinen Sandstrand und einer langen Uferpromenade, neben Touristen genießen auch viele Einheimische in großen Gruppen diese großzügige Anlage. Kinder sausen auf Fahrrädern oder Rollern umher, die Eltern und Großeltern spazieren gemütlich hinterher. Kleinere Hotels und viele Restaurants, Cafés und Andenkenläden bilden die Häuserzeile der Uferstraße, abends blinkt und blitzt überall der weihnachtliche Schmuck.

In den Straßen dahinter gibt es ruhige Wohnviertel mit schönen alten Häusern.

In den belebteren Einkaufsstraßen kommen in diesen Tagen die Leute mit Geschenken vollgepackt aus den Geschäften. Wie in vielen spanisch-sprachigen Ländern bekommen auch in Mexiko die Kinder ihre Geschenke erst am 6. Januar von den Heiligen Drei Königen. Aber jetzt schon hängen überall in den Hauseingängen und auf den Terrassen diese bunten Piñatas, die mit Süßigkeiten gefüllt werden.

La Paz ist die Hauptstadt der mexikanischen Provinz Baja California Sur, mit rund 250.000 Einwohnern fast schon eine Metropole in dieser dünn besiedelten Gegend. Viele Touristen kommen hierher, um mit kleinen Ausflugsbooten zu den Inseln Espitu Santos zu fahren, dort können sie mit Walhaien schwimmen und Seelöwen-Kolonien aus sicherer Entfernung anschauen. Die Inseln bilden einen Nationalpark, sanfter Tourismus bzw. Ökotourismus ist hier angesagt. Dazu passt auch, dass in La Paz gleich drei Institute für Meeresbiologie angesiedelt sind, die sich um den Erhalt der Vielfalt der Flora und Fauna des Golfs von Kalifornien bemühen, immerhin die zweithöchste der Welt. Wir kaufen uns online einen Jahrespass, der uns erlaubt, mit der Muktuk bei allen Inseln im Golf von Kalifornien ankern zu dürfen, die zu Nationalparks erklärt wurden.

Ein Segler erzählt uns, dass die New York Times 2020 La Paz auf die Liste der 52 schönsten Orte dieser Welt gesetzt hat. Danach seien die ersten Investoren angereist und nun stünde zu befürchten, dass die Preise durch die Decke gehen und sich die Einheimischen bald keine Häuser oder Urlaub hier leisten könnten.

Wir genießen den Charme von La Paz, die notwendigen Besorgungen in der Stadt zur Wäscherei, zum Markt oder Supermarkt verbinden wir mit Spaziergängen durch den Ort, suchen uns für mittags ein kleines Restaurant unter freiem Himmel und essen noch schnell ein leckeres Mango-Eis am Malecon, bevor wir zurück zur Muktuk tuckern.

Auf dem kleinen „Farmers Market“, der zwei Mal wöchentlich stattfindet, finden wir einen Stand mit „German Bratwurst“. Die Inhaberin ist vor 20 Jahren aus Deutschland ausgewandert, das Leben war ihr zu stressig dort. Und nun habe sie sich hier doch wieder viel zu viel Arbeit aufgehalst, meint sie und lacht.

Etliche Stände auf diesem kleinen Markt bieten Kunst und Kunsthandwerk an. Ein junger Mann hat sich mit der japanischen Technik des  Gyotaku  beschäftigt, und Abdrucke von Fischen hergestellt. Die Rahmen der Bilder sind aus dem Holz eines einheimischen Kaktus namens Cholla oder Cylindropuntia_cholla mit dieser typisch löchrigen Struktur.

Die großen Kirchen von La Paz sind auch schon weihnachtlich geschmückt. Dank des sommerlichen Wetters können die Türen und Tore immer offen bleiben und für den nötigen Durchzug sorgen, so dass trotz der Pandemie Gottesdienste stattfinden.

Das Walmuseum besteht aus drei kleinen improvisiert wirkenden Gebäuden aus Holz, die auf einer Seite offen sind. Die meisten Exponate, wie z.B. die riesigen Walknochen, sind im Hof unter freiem Himmel ausgestellt. Es ist eine beeindruckende Sammlung, die sich nicht nur auf Wale beschränkt. Wir sehen auch Knochen von verschiedenen Delfinarten und von Schweinswalen, von Haien, Seeschildkröten und Pelikanen. Und wir werden ausdrücklich dazu aufgefordert, die Exponate anzufassen. Wie weich sich die Barten der Wale anfühlen und wir spitz und scharf die Zähne vom Hai sind!

Da sich in den Marinas von La Paz und vor Anker überwiegend Segler aus den USA und Kanada versammeln und manche von ihnen über Jahre hinweg hier leben, andere wiederum jedes Jahr wieder kommen, gibt es einen Segel Club, der auch das überaus praktische und nützliche „Morning net“ betreibt. Täglich außer Sonntag um 8.00 h gibt es eine moderierte Funkrunde, in der das aktuelle Wetter, lokale Nachrichten und vom Club organisierte Aktivitäten durchgegeben werden. Danach kann man in die Runde Fragen stellen, wenn man Hilfe benötigt oder selbst Hilfe anbieten. So fragen auch wir über Funk die Segler, ob jemand ein Beiboot zu verkaufen hat oder jemanden kennt, der eines verkaufen möchte. (Andreas hatte unser Beiboot in den letzten Wochen ausdauernd geklebt, aber die Nähte gingen trotzdem immer weiter auf. Mit Bordmitteln war es einfach nicht mehr zu retten, wir mussten immer eine Luftpumpe dabei haben und aufpumpen.) Wir haben Glück und es meldet sich tatsächlich jemand! Bob, der zwölf Jahre lang der „Dinghi-Doktor“ in La Paz war, ist eigentlich seit ein paar Monaten in Rente, seine Webseite hat er längst abgeschaltet. Momentan wickelt er sein Geschäft nach und nach ab. Aber er hat noch zwei gebrauchte Beiboote im Angebot, frisch überholt! Eines der beiden ist perfekt für uns und zwei Stunden später haben wir ein neues Dinghi und freuen uns wie Schneekönige über dieses unerwartete Weihnachtsgeschenk!

Es ist ein unruhiger Ankerplatz vor La Paz, der Wind weht meistens gegen den Gezeitenstrom und dadurch entsteht eine kurze unangenehme Welle, die Muktuk schaukelt ruckartig hin und her. Und auch die tägliche Fahrt mit dem Beiboot zum Dinghi-Dock der Marina de La Paz und wieder zurück ist ziemlich anstrengend, so wie wir immer in die Wellen schlagen. Daher sind wir froh, dass wir innerhalb von vier Tagen alles erledigen konnten. Nun sind wir wieder mit viel frischem Obst und Gemüse versorgt, dazu haben wir ein sicheres und so gut wie neues Beiboot und können losfahren, immer weiter den Golf von Kalifornien hoch, von einer schönen Ankerbucht zur nächsten!

Stacheln

An Stacheligem hat dieses Land einiges zu bieten – über und unter Wasser.

Seeigel sind ja nichts ungewöhnliches, aber Kugelfische trifft man doch eher selten an. Hier im Golf von Kalifornien kann man dagegen kaum einen Strandspaziergang machen, ohne auf eines ihrer typischen Skelette zu treffen. Eines davon musste sogar als Weihnachtsdekoration herhalten. Die Idee war, die Stacheln als Kerzenhalter zu nutzen, was dem Tier dann aber doch mangels geeigneter Kerzen erspart blieb.

In unserem Fangkorb für Krebstiere aller Art konnten wir ab und zu auch lebende Exemplare an die Oberfläche holen. Bei Gefahr (oder wenn sie einfach ungehalten sind?) blasen sie sich igelkugelrund auf, sehen dabei aber eher lustig als gefährlich aus. Aus Japan kennt man sie als „Fugu“, dort sind sie für ihre sagenhafte Giftigkeit berühmt. Der Kick besteht darin, dass man locker an einem einzigen Bissen einer Fugu-Mahlzeit sterben kann, wenn der Koch sein Handwerk bei der Zubereitung nicht hundertprozentig versteht. Wir haben genug anderes zu essen und lassen die kleinen Tierchen nach einer Foto-Session wieder frei.

Mit anderen Fischen im Fangkorb mache ich eine unangenehmere Erfahrung. Die kaum handtellergroßen Rochen sind nicht, wie ich dachte, schon wieder (harmlose) Dornrücken-Gitarrenrochen, sondern fiese kleine Stachelrochen, die sich in den Netzmaschen verfangen haben und die ich befreie. Ein heftiges Zappeln des Fischs und ich schreie auf. Erst dachte ich, ich hätte mir das Ende des Metalldrahts in den Finger gebohrt, mit dem ich den Köder im Fangkorb befestigt habe, und ich wundere mich schon, warum der Stich so weh tut. Aber dann war es eben doch der Stachel des Stachelrochens, und deren Gift verursacht wirklich heftige Schmerzen, und bricht dann auch noch dank seines Widerhakens in der Wunde ab. Wieder was gelernt.

An Land ist die Stachelvielfalt Mexikos natürlich bekannt. So viele Arten von Kakteen und anderen stacheligen Gewächsen kommt anderswo wohl kaum vor. Für große Blätter ist es hier einfach zu trocken, fast alles Grünzeug hat stattdessen Dornen oder Stacheln. Diese dienen nicht nur zur Verteidigung gegen Fressfeinde, sondern auch als Kletten zur Fortpflanzung. Lose Stachelkugeln liegen auf dem Boden, bereit, die Sohle einer dahergelaufenen Sandale zu durch(!)bohren oder gerne auch direkt im Zeh steckenzubleiben. Also Augen auf beim Herumlaufen oder dicke Wanderschuhe anziehen! Größere Stachelbälle haben hakenförmige Stachelausläufer und warten wohl auf ein Fell, in dem sie sich verfangen können. Unsere Beinkleidung tut es aber auch.

Die Größe der Kakteen geht von winzigen Stachelkügelchen, die fast wie Bienen aussehen und vom Wind verweht werden können bis hin zu den Cardón Kakteen, die mit bis zu 20 Metern Höhe und einem Stammdurchmesser von anderthalb Metern punkten und an manchen Orten ganze Kaktuswälder bilden. Wir sind gebührend beeindruckt.

Bahia Los Frailes

08. – 13. Dezember 2021

Am nächsten Tag fahren wir weiter zur nächsten Bucht. In der Bahia Los Frailes wollen wir unsere Segelfreunde wieder treffen und in dieser geschützten Ecke ein paar Tage lang den vorhergesagten Nordwind abwettern.
Am felsigen Nordrand der Bucht bei den Felsen kann man gut schnorcheln, zwischen den Korallenblöcken spielen viele bunte Fische. Der Rest der Bucht wird umsäumt von einem langen Sandstrand. Ein paar kleine provisorische Unterkünfte für Fischer sind vor den Dünen aufgestellt und daneben parken Wohnmobile. Ein älterer Herr, den wir an einem dieser Tage am Strand treffen, erzählt uns, dass er jedes Jahr mit seinem ausgebauten Kastenwagen aus Kanada hierher kommt, um die Wintermonate an diesem sonnigen Platz zu verbringen.

Vom Strand aus kann man auf einem kleinen Trampelpfad den Berg hoch wandern. Im Bereich zwischen Sandstrand und der kleinen Lagune dahinter wachsen viele dichte Sträucher, einige davon mit hübschen kleinen Blüten. Auch der Berg ist mit einer Vielzahl an Sträuchern und Kakteen ausgestattet, manche so hoch, dass wir ab und zu im Schatten Pause machen können.

Von oben haben wir einen atemberaubenden Blick auf unsere Bucht, die Boote sind nur noch kleine Stecknadeln im großen Blau. Auf der anderen Seite Richtung Norden können wir die beiden nächsten Buchten sehen mit dem berühmten Pulmo Riff. Allerdings darf man seit einigen Jahren dort nicht mehr ankern, das Riff ist zu einem Schutzgebiet erklärt worden.

Wer erinnert sich noch an Jacques Cousteau und seine spektakulären Unterwasserfilme? Einige davon hat er auch hier im Golf von Kalifornien (Sea of Cortez) gedreht. Auf unserem Weg weiter in Richtung Norden kommen wir an der Isla Cerralvo vorbei, die 2009 umbenannt wurde und nun Isla Jacques Cousteau heißt.

Entlang dieser Küste haben wir immer mal wieder eine gute Internetverbindung und können Zeitungen und Podcasts herunter laden. Wir lesen die ersten Nachrichten über die neue Omikron-Variante und machen uns Sorgen: Was werden die nächsten Monate in diesem Winter für unsere Familien und Freunde in Deutschland angesichts der steigenden Infektionszahlen für neue Risiken und Einschränkungen im Alltag bereithalten? Wie wird es hier in Mexiko weiter gehen? Da es hier in der Baja California die meiste Zeit über sehr warm ist, stellt sich der sogenannte Sommer-Effekt ein, das soziale Leben spielt sich sowieso meistens draußen ab. Uns scheint es, dass die Leute hier sich den Vorgaben zum gegenseitigen Schutz ohne große Diskussionen fügen: in jedem Geschäft muss man am Eingang die Temperatur messen und die Hände desinfizieren, Masken werden ohne Diskussionen diszipliniert getragen, sogar draußen auf der Straße! Mexiko hat in den ersten Wellen der Pandemie weltweit eine der höchsten Todesraten verzeichnet, momentan aber steht die Corona-Ampel zumindest in unserem Bundesstaat noch auf grün. Während wir von einer einsamen Ankerbucht zur nächsten fahren, kommt uns alles so unwirklich vor, was während der Pandemie da draußen vorgeht.