sture Zwiebeln

Bordalltag auf der Überfahrt. Drei Stunden schlafen, drei Stunden wach in der Nacht, tagsüber Zeit für die Verrichtungen das Alltags. Das Schaukeln des Bootes bei moderaten 2-3 Metern Atlantikwelle macht letztere zu kleinen Geschicklichkeitsübungen, schliesslich kann man keinen Schraubenzieher, keinen Suppenteller und keine Zahnpastatube irgenwo hinlegen in der landüblichen Erwartung, diesen Gegensatnd drei Sekunden später noch an der selben Stelle vorzufinden.

Zu den unerwarteten nautischen Gefahren gehörte heute Mittag der Zwiebelschlag. Wie von nahezu allem Essbaren haben wir auch von Zwiebeln ziemlich viel an Bord, denn wer weiss ob uns nicht eine monatelange Flaute heimsuchen könnte, und wenn dann alle von Birgit eingemachten Gläser mit Gulasch, Zwiebelschnitzeln, Sugo und Rouladen aufgegessen sind, werden ein paar Kilo Zwiebeln sicher nicht reichen. Und zu denen, die wir selbst gekauft hatten, bekamen wir noch etliche dazugeschenkt von der Frau unseres Schreinermeisters.

Weil diese Zwiebeln noch recht frisch sind und luftig gelagert sein wollen, damit sie nicht schimmeln, haben wir sie in ein Netz gelegt, das über dem Küchengang gespannt ist. Das ist nicht ganz so praktisch wie es klingt, denn wenn man eine Zwiebel herauszieht, rieseln von ungefähr zweihundert anderen Teile ihrer Schale zu Boden.

Na ja, jedenfalls kam es wie es kommen musste: ich hatte gerade das Geschirr abgespült und auf der Küchenplatte gestapelt (natürlich kunstvoll mit Leisten und feuchten Lappen gegen Wanderschaft gesichert), als eine etwas größere Welle dem Boot einen kleinen Extra-Schubs gab und damit den ersten Zopf Zwiebeln aus dem Netz beförderte. D.h. eigentlich bewegte sich nicht die Zwiebel, diese bestand nur auf ihrem angestammten Recht, träge am selben Ort wie zuvor bleiben zu dürfen. Es war genau genommen Muktuk, die um die Zwiebel herumhüpfte. Aber der Effekt war derselbe: nach dem Fall des ersten Zopfes kam der Rest des Netzes aus dem Gleichgewicht und es ergoss sich ein Strom von Zwiebelzöpfen, Einzelzwiebeln, Knoblauchknollen und verstreuten Paprikas, Zucchinis und Kräutern über meinen Kopf, auf den Boden und – besonders gemein – auf das frisch abgewaschene Geschirr. Also geflucht, Netz anders abgespannt, Gemüse zurückgestaut, Boden gekehrt und nochmal abgewaschen… Bordalltag eben.

Ansonsten ist alles gut: wir kommen mit Etmalen von 140 Seemeilen Richtung Madeira voran, haben prächtigen Wind zwischen 4 und 6 Bft aus der besten aller Richtungen und müssen uns geradezu bemühen, mit Reffs die Fahrt unter sieben Knoten zu halten, damit der Ruderdruck nicht zu groß und die Bewegungen des Boots nicht zu heftig werden – Luxusprobleme auf einem Segelboot.

Leinen los

Fast ein Jahr hat es gedauert, und ein paar Mal war es schwer gewesen, die Zuversicht zu behalten: aber es sieht wirklich so aus, als hätte Muktuk ihre Metamorphose von der Baustellenraupe zum seetüchtigen Lebensraum-Schmetterling abgeschlossen. Die Arbeitslisten sind im Wesentlichen abgearbeitet, einzig die Jungs von der Werft müssen in den nächsten zwei Tagen noch einmal die Plexiglasscheiben der Luken neu einkleben, denn das Dichtmittel ihrer ersten Wahl war ungeeignet und haftet nicht gut am Plexiglas. Gut dass es noch rechtzeitig bemerkt wurde.

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Den Proviant-Großeinkauf haben wir bereits erledigt: drei Einkaufswägen voll, und da der Supermarkt direkt am Strand liegt, konnten wir den Heimtransport zünftig per Beiboot erledigen und die Sachen direkt bis zum Boot fahren. Fehlen nur noch die frischen Sachen vom Markt und die Lieferung aus der Apotheke für die medizinische Ausrüstung, dann sind wir eigentlich bereit zum Ablegen.

proviant

Nach so langer Zeit in Galicien fällt das Abschiednehmen schon schwer. So viele schöne Erlebnisse, alte und neue Freunde, eine zauberhafte Landschaft – das Fernweh bekommt ernsthafte Konkurrenz vom Abschiedsschmerz. Ich fürchte, an diese Situation müssen wir uns in den nächsten Jahren gewöhnen.

Vorige Woche waren wir beim Chef unserer Schreiner zu einem Grillabend eingeladen, und am Ende (so gegen halb vier) wurde noch der Brauch der Queimada zelebriert: eine Art galicischer Feuerzangenbowle, aber mystisch angereichert. Während der brennende Schnaps mit dem Schöpflöffel gerührt und die Flammen damit immer neu angefacht werden, wird mit erhobener Stimme der Conxuro deklamiert – eine lange Beschwörungsformel, die die bösen Geister von den Anwesenden fernhalten und die Geister der abwesenden Freunde an der Feier teilhaben lassen soll. Wen’s interessiert: es gibt sogar einen Wiki Artikel zur Queimada, inklusiver galicischem Text und Übersetzung des Conxuro. Wir waren jedenfalls schwer beeindruckt.

Die Vorbereitungen für die Reise sollten also diese Woche noch abgeschlossen sein. Im Hafen liegen wir schon aussen am Besuchersteg (da ist das An- und Ablegen einfacher). Beim nächsten günstigen Wind heisst es dann „Leinen los“. Oder unsere Freunde schneiden uns die Leinen durch, damit wir nach so langer Zeit auch wirklich loskommen.

Blumenteppich

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Am darauffolgenden Sonntag wurde in unserem Örtchen wieder ein Fest gefeiert:

Das Besondere daran dieses Mal, in zwei Gassen der Altstadt werden Ornamente ausgelegt auf dem Boden. Einige hundert Meter lang zieht der Teppich durch die Straßen. Er besteht aus bunt gefärbtem grobem Salz, Blumenblüten, die braunen Kringel am Rand sind aus Kaffeesatz, der das Jahr über aufgehoben und eingesammelt wird, und das grüne Füllmaterial dazwischen sind Mimosenblätter. In einer offenen Garage sitzen viele Frauen und zupfen immer noch an Blüten- und Mimosenzweigen, andere, überwiegend Frauen, knien auf der Straße und legen die Muster aus. Wir fragen, bewundern ihre Arbeit, sie erzählen uns, dass jede der beiden Straßen eine Art Verein haben, der nun bald in sein 80. Jahr geht, sie beginnen schon eine Woche vorher mit dem Zupfen der grünen Blätter, dem Einsammeln der Blumen.

Sonntagmorgen ab 8 h werden die Muster gelegt, mittags gegen 13h waren sie schon fast fertig. Das Salz passt zur Gegend hier, mit den vielen Fischkonservenfabriken, dem gesalzenen Fisch, früher gab es mehr Blumen, sagt eine ältere Dame, heute nimmt man überwiegend Salz, das geht schneller, es gibt auch nicht mehr so viele Helferinnen, die sich zwei Tage davor ans Blumenzupfen machen. Mangels ausreichender Helferinnen hat vor einigen Jahren die dritte Straße aufgegeben, es gibt nurmehr zwei Straßen, die diese aufwendige Arbeit leisten.

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Die Muster werden mit Hilfe einer großen Schablone gelegt, am Anfang und Ende des Musterteppichs gibt es dann richtige Bilder, Jesus und ein Kreuz dazu, oder Maria mit dem Jesuskind, oder gar zwei Schwäne mit einem Herz darin.

Und alle hoffen, dass der Wind nicht zu stark weht und die Blumen weg pustet, dass es nicht zu regnen beginnt, so wie die beiden letzten Jahre, wo ein Wolkenbruch mit einem Mal alles weg schwemmte. Viele Familien gehen vorbei, hübsch angezogen, die Mädchen vor allem in ihren schicken Sonntagskleidchen, Festtagsstimmung. Abends dann beginnt die Prozession auf dem Teppich – zu Ehren aller Ehepaare, die seit 25 Jahren verheiratet sind. Die gehen in der Prozession mit und dieses Mal hat die Sonne sich den ganzen Tag durchgesetzt.

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San Juan

Letzen Samstag auf dem Markt ging ich einem würzigen Duft nach und sah eine alte Bäuerin mit einem Karren voller grüner Sträuße vor der Halle stehen. Es sei Brauch, sagte mir die Bäuerin, die Pflanzen in einen Bottich voller Wasser zu legen und am Sonntag mit diesem wohlriechenden Wasser Gesicht und Hände zu waschen. Also kaufte ich auch ein Bündel und ließ mir erklären, was alles darin zusammengebunden war: Zitronenverbene, Melisse, Minze, Salbei, Rosmarin, Nussblätter, und noch viele andere intensiv duftende Pflanzen, deren Namen ich nicht kenne, eines bloß davon habe ich mir gemerkt, das auf Spanisch „gutes Kraut“ genannt wird.

Kräuter
Die Sonne schien, im Boot war es warm, und die Kräuter verströmten selbst im schwarzen Bottich im Wasser noch den wunderbaren frischen Duft, nicht nur, wenn wir daran vorbeigingen, er zog durchs ganze Schiff.
San Juan wird hier überall in der Gegend am 23. Juni gefeiert, ähnlich wie in Nordeuropa der Johannistag am 21. Juni. Im Nachbarort Palmeira wird er richtig groß begangen. Schon zwei Tage davor geht es los, gibt es Musik, tagsüber zieht die örtliche Gruppe der Dudelsackspieler durch den Ort, abends treten Musikgruppen auf, die Bars sind voller Menschen, die auf ein Weinchen und ein Tapa zusammenstehen, Kinder wuseln bis spät in der Nacht ganz selbstverständlich mit herum.
Höhepunkt ist dann am letzten Tag, eine „sardiñada“, auch ein Feuer war angekündigt. Also sind wir mit unseren Freunden dorthin gefahren: Am Strand hinter der Mauer wurden auf drei großen Rosten die Sardinen gegrillt, davor auf der Promenade standen die Verkaufstische, und dazu eine ganz lange Schlange gut aufgelegter Menschen. Es ging recht zügig voran, und wir wurden unterdessen unterhalten von einer unglaublich energievollen Zumba-Tänzerin, deren Schule hier in der Gegend liegt, und ihren Schülern, viele Jugendliche dabei. Ihre Musik lag ständig im Wettstreit mit einer Gruppe junger Männer, die ein paar Meter weiter mit Schlagzeug und Blechinstrumenten ebenfalls lateinamerikanische Stücke spielen wollten.
Die Sardinen waren köstlich, mit dem groben Salz knusprig gebraten, ein Stück dunkles Maisbrot dazu, ein Bier aus dem Plastikbecher. Unser Stehplatz an der Mauer beim Essen war perfekt: wir beobachteten die Sardinenbrater bei der Arbeit, ohne Handschuhe wendeten sie die Fische auf dem Rost, eine der Frauen, gab uns ab und zu noch ein paar Sardinen hoch, einfach so!

Sardinen
Etwas später, mit einem Glas Wein am Strand weiter vorne konnten wir das Feuerwerk zu Mitternacht erleben – genau über uns! Fünfzehn Minuten lang!
Danach wurden die beiden großen Holzfeuer angezündet, um die „bruchas“, die Hexen, z u vertreiben, die in dieser Nacht unterwegs sein sollen. Eines der Feuer war mit einer Opfergabe bestückt: ein altes Fischerboot aus Holz wurde mit verbrannt…
Holzfeuer

Clases de Espanol

José

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Encandada, estos son Oscar y Juan, mis profesores de Espanol. Ellos hablan con migo espanol y me explican las palabras que me faltan, me corrigen con el tiempo de los verbos.

Muchissimas gracias! Tambien gracias a José, que estuve trabajando con Oscar en el barco Muktuk en los primeros meses.

Penso, que voy echar de menos la conversation con vosotros, la alegria, las bromas de Oscar y el buen ambiente en el barco durante del este tiempo!

Darf ich vorstellen, das sind Oscar und Juan, die beiden Schreiner, die zur Zeit im Inneren des Bootes die letzten Arbeiten leisten. Die beiden, und auch José, der von Dezember bis April mit dabei war, sind für uns im Alltag die besten Lehrer für Spanisch geworden, die man sich vorstellen kann.

Zwar hatten wir in Deutschland bereits vor fünf Jahren mit einem Sprachkurs privat und an der Volkshochschule begonnen, allerdings war davon gerade so viel hängen geblieben, dass wir einkaufen gehen konnten und uns trauten, nach dem Weg zu fragen. Um eine Wohnung zu mieten, nahmen wir sehr gerne die Hilfe von Erika an… Um mit den Handwerkern die Arbeiten zu planen half und hilft uns immer noch Nicolas.

In den ersten Wochen, und auch danach, müde vom täglichen Streichen, Planen, Hin- und Herfahren, haben wir abends auch nicht mehr Grammatik und Vokabeln gepaukt.

Dann aber kamen die Handwerker an Bord und es ging los, zuerst für zwei Wochen Diego, der Elektriker, mit dem Andreas die entsprechenden Begriffe üben konnte.

Ab Dezember waren die Schreiner da, durch Zuhören, Wiederholungen, kamen noch weitere Fachwörter dazu, wie Akkuschrauber, Leisten, darüber, darunter, Klappen, Schubladen.

Aber dann wollte ich auch gerne mit ihnen plaudern und sie mit uns, bewegten wir uns doch auf immer enger werdendem Raum (bedingt durch den Ausbau) täglich mit den Schreinern umeinander. Anfangs beschränkte sich die Konversation auf das Wetter, das ja sehr ergiebig war und immer noch ist, vor allem der viele Regen, auf den man schimpfen konnte. Dann aber fragten sie mich allerhand über uns, das Boot, und ich versuchte zu antworten, mit Händen und Füßen, Mimik, Pantomime, und nach und nach verstanden sie besser, was ich zu sagen versuchte. Ihrerseits halfen sie mir, mit Umschreibungen, Erklärungen, wenn ich ein Wort oder eine Redewendung so gar nicht verstehen konnte. Und so erfuhr ich ein bisschen was über das Leben hier, über die Familien, Krise in Spanien, die unsichere Arbeitsituation.

Inzwischen sind wir gut eingespielt, selbst Juan, mit Mitte Zwanzig der Jüngste, korrigiert mich ohne Scheu, wenn ich eine Verbform falsch verwende, oder ein Wort einfach aus dem Rumänischen, Englischen oder Italienischen herleite, es aber in Spanien etwas anders ausgesprochen wird, oder eine etwas andere Bedeutung hat. Ich verstehe sogar manche Witze, die Oscar macht: so wie heute, als ich an Deck beim Streichen der Ecken mit dem Kopf gegen den Aussenborder am Heck knallte und entsprechend laut reagierte, kam nach einer halben Stunde, als ich es schon längst vergessen hatte, Oscar hoch, und fragte, ob alles in Ordnung sei. Er wollte nachschauen, ob ich noch lebe, weil es ihnen da oben etwas still vorkam…

Und eine Hausaufgabe muss ich dringend noch erledigen: Kuchenrezepte übersetzen. Im Winter habe ich angefangen, möglichst einmal pro Woche einen Kuchen zur Werft mitzunehmen, für die Kaffeepausen. Inzwischen kann ich an Bord backen, während sich die Schreiner wegen dergestalt erschwerten Arbeitsbedingungen „beschweren“ und ankündigen, mit uns mitsegeln zu wollen, wenn das so weiter ginge. Aber ein Hefezopf (Danke Elfriede!) darf heutzutage auch gleich angeschnitten werden, nachdem er etwas abgekühlt ist. Vor ein paar Tagen fragte Oscar nach einigen Rezepten… und das ist nun eine Herausforderung. Äpfel klein schneiden, Zitrone reiben, schaumig rühren, wie heisst das alles richtig und verständlich in der anderen Sprache?

Sicher freue ich mich, wenn kein Holzstaub mehr auf der Muktuk herumwirbelt, aber ich werde die Schreiner bestimmt vermissen, die Gespräche mit ihnen und insgesamt die gute Stimmung, ihre Fröhlichkeit, die sie mit aufs Boot gebracht haben.

Waschen – Schneiden – Foehnen

Die Muktuk hatte in den letzten Wochen einen Termin bei mir, der so ähnlich lautete: Waschen – Streichen – Sanden – Saugen – und wieder Streichen.
Im Herbst hatten wir zu dritt (Nicolas, Andreas und ich) während der letzten schönen Sonnenwochen die Muktuk mit vereinten Kräften an Deck mit sieben Farbschichten versehen. Es fehlte nun noch der letzte Anstrich, der dafür sorgen soll, dass wir beim Herumgehen und Arbeiten an Deck nicht ausrutschen.
Von Erich haben wir feinsten und reinsten Sand aus einer Giesserei bekommen (Danke!!!), und nach nochmaliger Beratung mit Erika, wie die einzelnen Schritte zu tun sind, konnte ich loslegen, Stück für Stück des Decks mir vornehmen: Den ganzen Schmutz und Staub des Winters aus allen Ecken wegspülen, schrubben. Statt Shampoo etwas Spüli, dann Rostumwandler hinzu für den Flugrost, dieser muss sorgfältig wieder aufgewischt werden, sonst greift er noch die schöne rote Farbe des Rumpfes an… alles trocknen lassen.
Danach kommt die Sache mit den Spangen und Klammern, hier also die Felder für die Antirutschpartien mit Klebeband markieren. Endlich Farbe vorbereiten, in Malerkleider schlüpfen, und los geht es: die einzelnen Felder einmal mit der Rolle streichen, dann den Sand vorsichtig drauf rieseln lassen, verteilen. Der Staubsauger wird angeworfen und der Sand, der sich nicht mit der Farbe verbunden hat, kann abgesaugt werden. Nun sieht diese Partie schön sand-braun aus, sie soll aber das helle Grau des Decks bekommen. Nochmal zur Rolle greifen und eine weitere Schicht Farbe drauf, damit der Sand auch hält.
Eine aufregende Sache insgesamt, habe ich es doch zum ersten Mal ausprobiert und so meine Erfahrungen gesammelt: dass die Vorbereitungen genauso lange Zeit in Anspruch nehmen, wie das Streichen selbst. Dass man es sich nicht aussuchen kann, es aber besser ist, wenn möglichst wenig Wind weht, denn der Sand fliegt so leicht weg. Und wenn schon Wind, dann bitte konstant aus einer Richtung, so dass man die Reihenfolge der Streichpartien so festlegt, dass der Sand nicht gerade über die frisch gestrichenen Stellen drüberwehen kann. Über den nächsten windstillen Tag freute ich mich, auch wenn dann die Sonne ungehemmt herunter knallen kann, macht nichts. Und am zweiten Tag ging auch schon alles viel einfacher und schneller von der Hand.
Der Lack, den wir von International, der Farbenfirma, empfohlen bekommen hatten, ist nicht gerade ideal fürs Deck, er trocknet sehr sehr langsam. Einerseits gut, dann muss ich mich beim Steichen nicht stressen, das bedeutet aber auch, dass auf den frisch bearbeiteten Stellen ein bis zwei Wochen lang ein Gehverbot besteht… Da, wo die Schreiner zur Zeit noch ein und aus müssen mit ihren schweren Schuhen, den Holzteilen, da werde ich eben zuletzt streichen.

Deck mit Sand

Nun ist alles geschafft! Trocken und begehbar. Jetzt fehlt noch das Nachschneiden, auf der Muktuk das Ausbessern der Streifen dazwischen und vor allem das Nachstreichen der weissen Umrandung, hier sieht man den Flugrost und die abgeblätterte Farbe noch deutlicher als im Grau.

Kleine Feuertaufe

„Se mueve“ – Es bewegt sich

In der letzten Woche am späten Nachmittag schaukelte das Boot, die Schreiner hatten ihre Mühe mit dem Abmessen und Schrauben, gegen Abend wurde es mehr, auch der Wind nahm etwas zu, war aber immer noch moderat. Irgendwann ging ich raus, um mir die Leinen anzuschauen. (Die Zwischenstege sind für Boote wie Muktuk zu kurz gebaut, andere gibt es leider hier nicht, das ist immer schon ein kritischer Punkt gewesen und hat schon manchen Mitsegler zu kunstvollen Tauverknüpfungen inspiriert, die gut gehalten haben.)

Die Klampen

Auf einmal sah ich, dass eine Klampe am Ende des Steges hin und her schabte, sie hing gerade noch so an einer Schraube und auch diese war schon fast draussen. An dieser Klampe waren aber gleich drei Leinen befestigt, die das Boot achtern am Steg hielten, ohne sie würde die Muktuk mit ihren 26 t hinüber auf die andere Seite schwingen. Gut, dass neben uns kein weiteres Boot liegt. Aber auch so wäre es eine sehr unangenehme Situation.

Einer der Marineros, den ich um Hilfe bat, kam dann mit Werkzeug an, in der Zwischenzeit hatte ich zwei Leinen aus dem übervollen Ankerkasten hervorgekramt, und zur Sicherheit an einer anderen Klampen bzw. an der Steghalterung festgemacht. Der Marinero schraubte die Klampe wieder fest, eine zweite brachte er daneben an, legte eine Leine um, nahm sich alle anderen Klampen vor, überprüfte sie, zog sie fest und legte mittschiffs auch noch eine zweite Klampe an.

Nun weiss ich, dass Klampe auf Spanisch „cornamusa“ heisst, dass man Leinen nicht vom englischen „rope“ ableiten und „ropa“ sagen kann (das heisst nämlich Kleidung), sondern dass man die Leinen „cabos“ nennt.

Wieder festEinen grossen Dank an den Marinero und an unsere Freunde für die telefonische Unterstützung – und einmal tief ausatmen. Wie froh ich dann war, dass dies alles noch bei Tageslicht geschah und nicht mitten in der Nacht…

Wieder auf der Muktuk

Nieselregen draussen, drinnen köchelt eine Suppe auf dem Ofen, das Glas Wein zum Ende des Tagwerkes auf der Treppe, mit Abendsonne im Gesicht, fällt heute aus, dafür tippe ich den ersten Blogeintrag auf der Muktuk – der Alltag zieht so nach und nach ein auf dem Boot…

Seit einer Woche bin ich wieder in Spanien: in Galicien, in der „Ria de Arousa“ im Örtchen A Pobra do Caraminal, hier liegt Muktuk im Hafen.

Das Boot ist nun unser Zuhause. Mit allen unseren persönlichen Sachen, dem Werkzeug, allem Zubehör, den Vorräten. Und es fühlt sich immer mehr wie ein Zuhause an, wird täglich schöner.

Umzug

Andreas muss auf all das leider noch eine Weile warten. Noch arbeitet er weiter in München, ich konnte schon vier Wochen früher hierher zurück kommen.

Zwei Fragen, die mir während der drei Wochen in Deutschland gestellt wurden: was machst du den ganzen Tag, wenn du wieder auf dem Schiff bist? Nun, z.B. weiter Verschlüsse anschrauben und an Deck die Antirutsch-Schicht streichen. Arbeiten, die ich in meinem ersten Jahr als Lehrling und Hilfsarbeiter einigermassen beherrsche und die ich inzwischen auch sehr gerne tue. Immer wieder ueber den Fortgang der Arbeiten mit den Handwerkern beraten… Dann Einkaufen, Kochen, Aufräumen, Mittagessen mit den Freunden hier, Telefonieren, der Tag ist momentan viel zu schnell rum.

Die nächste Frage, ob ich nicht Angst habe, so alleine auf dem Boot? Nein, bisher nicht. Die Schiffe werden Tag und Nacht bewacht von den Marineros, die uns kennen, es ist ein kleiner überschaubarer Hafen. Einer der Marineros übernachtet sogar zwei Boote weiter. Täglich kommt mal ein deutsches, mal ein irisches oder britisches Boot im Hafen an, oder ankert in der Bucht vor dem schönen Sandstrand, zumeist Segler im Rentenalter. Die Saison läuft langsam an.

Schlafplatz

Tagsüber gleicht das Boot einer Baustelle, Holzspäne fliegen herum, die Sitzkissen in der Messe, das Bettzeug sind eingepackt in schwarze Plastiksäcke, auf dem Messetisch liegt ein altes Leintuch, auf dem schönen neuen Boden Teppichläufer, damit die Arbeitsschuhe ihm nichts anhaben können. Die Schreiner haben noch viele viele Kleinigkeiten zu tun, und es fallen uns täglich noch Sachen ein, die man ein- und anbauen könnte. Auch der Elektriker muss noch ein paar Kinderkrankheiten untersuchen und beseitigen.

Aber dazwischen suche ich mir immer wieder ein gemütliches Plätzchen, ich weiss ja, es wird nicht mehr allzu lange dauern, und dann kann das Boot nicht nur am Ende des Tages sondern endgültig vom Holzstaub befreit werden. Und abends und am Wochenende geniesse ich die Ruhe, das Schiff ganz alleine für mich zu haben. Und lasse mich insgesamt von der Fröhlichkeit und der Gelassenheit der Menschen hier in Galicien, in diesem Dörfchen anstecken.
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Ein Jahr, fünf Monate und zehn Tage

fast_im_Wasser

So lange hat der Landaufenthalt unserer Muktuk gedauert. Letzten Mittwoch durfte sie endlich wieder ins Wasser. Und was sollen wir sagen: sie schwimmt! Die kurze Überfahrt nach Pobra do Caraminal verging wie im Fluge, und als wir im Hafen von unseren Freunden mit kaltem Bier und Picknickkörben voller Essen empfangen wurden, war es fast, als wären wir nie weg gewesen.

Birgit

Also sie schwimmt wieder. Das soll jetzt nicht etwa heissen, dass die Reparaturen abgeschlossen wären. Aber die Baustelle liegt jetzt im Hafen, statt auf der Werft zu stehen, und das ist ja schon etwas. Von der Terasse unserer Wohnung können wir die Muktuk sehen. Es war am Ende dann doch recht anstrengend, nicht nur die zwei Stunden täglicher Fahrerei zur Werft, sondern auch mental: welche Probleme noch alle zu lösen sind, wie alles rechtzeitig fertig werden kann… der Füllstand des Problembehälters im Kopf war schon unangenehm hoch. Insofern wurde es jetzt wirklich Zeit. Mit der Muktuk im Wasser ist die Arbeit zwar noch lange nicht fertig, aber es fühlt sich einfach deutlich entspannter an. Schon komisch, oder?

Andreas

Das mit der Wasserlinie haben wir auch fast richtig geraten (nach dem Sandstrahlen war sie trotz Fotos und vorheriger Messungen nicht mehr ganz klar zu rekonstruieren). Vorne taucht sie jetzt ein weinig weiter ein als vorher, das liegt am ganz vorn gestauten über 100kg Antifouling, die wir übrig behalten haben, weil der Farbenhersteller International uns etwas großzügig beraten hat, was die benötigten Mengen angeht. Auf die telefonische Frage nach eventueller Rücknahme: „wenn Sie Transport und Entsorgungskosten zahlen, gerne. Eine Gutschrift erhalten Sie aber nicht.“ Nach reiflichem Nachdenken haben wir uns dann entschlossen, das großzügige Angebot nicht anzunehmen.

Werkstatt

Die Schreiner haben noch einige Wochen zu arbeiten, der Elektriker muss auch noch mal kommen. Die Positionslichter funktionieren noch nicht, der Autopilot fährt nur im Kreis, die Toilette zieht noch kein Wasser und auch ansonsten mussten wir alle unsere Formatierungskünste aufbringen, um die aktuelle To-Do Liste auf einer Seite ausdrucken zu können. Aber das meiste Grobe haben wir hinter uns, jetzt geht es noch um die Details.

Geschlafen haben wir auch schon an Bord. Aber wenn wir in anderthalb Wochen ins Auto steigen, um nach Deutschland zu fahren, muss die Wohnung geräumt sein, denn unser Mietvertrag endet im April. Dann wird unser ganzer Krempel an Bord möglichst staubdicht in Platiktüten verstaut, denn auch in unserer Abwesenheit gehen die Schreinerarbeiten natürlich weiter. Es soll ja schliesslich irgendwann fertig werden.

Ankerlast

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klickklack

Gestern hat uns Bruce Willis auf der Werft besucht. Er war es ganz eindeutig, allerdings in seinen jungen Jahren. Er arbeitet jetzt bei einer Firma in Boiro, die Schiffsmotoren repariert. Er war auch nicht zum ersten Mal da: im Juli letzten Jahres hat er unseren Motor ausgebaut und im Januar generalüberholt wieder eingebaut. Dann mussten wir das ganze Drumherum (Süß- und Salzwasserkreislauf, Dieselfilter etc.) einbauen und anschließen und gestern kam schließlich Bruce Willis ein weiteres Mal, um mit uns zusammen den Motor probelaufen zu lassen. Das Tuckern im Schiff war schon ein guter Moment – normalerweise geht ja ein paar Minuten nach dem Anwerfen des Motors der Anker auf oder die Leinen los. Jedenfalls mal wieder ein wichtiger Seemeilenstein erreicht.

Bilder von Bruce Willis an Bord dürfen wir natürlich nicht zeigen. Zu unserem großen Leidwesen hat er auch im vollen Monteurskittel gearbeitet und nicht im Unterhemd. Na ja, man kann nicht alles haben.

Genickstag

In der nächsten Woche werde ich versuchen, das reparierte Genickstag (ein 12mm Drahtseil, das die beiden Mastspitzen miteinander verbindet) wieder anzubringen, damit wir alle Wanten und Stage (Drahtseile, die vom Mast nach unten laufen) wieder ordentlich spannen können.

Anode

Der Endspurt, um Muktuk ins Wasser zu bekommen, läuft jedenfalls auf Hochtouren. Es sind nur noch wenige Tausend Sachen zu erledigen, dann können wir anfangen, einen Container voll Kram wieder an Bord zu verstauen. Das wird dadurch etwas erschwert, dass sich dabei noch zwei Schreiner, ein Elektriker, Nicholas und wir beide an Bord bewegen, dass wir an vielen Schapps und Schränken noch keine Türen haben (das sind so Details, die verspätet fertig werden), an Bord noch jede Menge Holzstaub vom Sägen, Bohren und Hobeln produziert wird, aber es hilft alles nichts. In zwei Wochen muss der Container leer sein, dann verlassen wir die Werft. Später im Hafen dann kommt noch der ganze Krempel aus unserer Wohnung dazu, aber das gibt’s erst in der nächsten Folge.

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Wir fangen jedenfalls langsam neue To-do Listen an. Während unsere bisherige Hauptliste „Zu tun, bevor Muktuk ins Wasser kommt“ (Beispiel: Zinkanoden anbringen) immer weiter schrumpft, unterscheiden wir nun zwischen „Zu tun, bevor wir an Bord einziehen“ (Beispiel: Haken für Handtücher anschrauben), „Zu tun vor den ersten Probeschlägern“ (Beispiel: Verschlüsse an allen Türen montieren) und zu guter Letzt „Zu tun, bevor es richtig losgeht“ (Beispiel: Seewasserentsalzungsanlage instandsetzen). An Bord scheinen gute Wachstumsbedingungen für To-do Listen zu herrschen, sie wachsen und gedeihen prächtig.

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