Dominica – Wurzeln schlagen

Marianne

Mariannes letzter Tag an Bord, der Seesack ist gepackt, das Handgepäck mit den warmen Sachen für München griffbereit, das Taxi zum Flughafen für den nächsten Morgen bestellt. Dann überredet uns der Skipper zu einem letzten Ausflug zu dritt: wir wollten sowieso sehr gerne noch einmal zur Indian River Bush-Bar, die wir bereits von der Bootsfahrt her kannten, dieses Mal aber zu Fuß auf dem Landweg.

Den ganzen Vormittag über wechselt sich die Sonne mit heftigen Regenschauern ab, kaum glauben wir, dass einer vorüber ist, rauscht schon die nächste Wolke heran und es gießt aus Kübeln. Selbst auf dem kurzen Stück mit dem Dinghi an Land werden wir zwei Mal ordentlich nass! Aber es ist ja nur Süßwasser und wenn die Sonne scheint, trocknet alles wieder…

An der Mündung des Indian River, treffen wir Spech (Jean Etienne), den wir ein paar Tage vorher bei anderer Gelegenheit kennen gelernt hatten. Er beschreibt uns den Fußweg, geht sogar ein Stück mit, bei dem gelben Haus links, dann in den Wald hinein.
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Gleich zu Beginn überqueren wir eine kleine Brücke und dann sind nur noch Reste eines ehemals befestigten Steges zu sehen. Wir steigen über die verbliebenen Planken, froh über die Wandersandalen, die auch Wasser und Matsch aushalten.

Die „bloodwood trees“ mit ihren flachen hohen Wurzeln, die dem Wald eine gespensterhafte Stimmung geben, ganz aus der Nähe zu sehen, ist eindrucksvoll, wir können uns nicht satt sehen an den vielen verschiedenen Mustern, Schatten.
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Dann wird es wieder grüner und heller, ein angelegter Garten kommt in Sicht und schon sind wir da. Ruhe, ein kleines Paradies. Zunächst sind wir die einzigen Gäste, und so können wir uns mit der jungen Frau unterhalten, die uns den wärmenden Kaffee bringt. Sie arbeitet in den Ferien dort, hat einen 11jährigen Sohn, am nächsten Tag beginnt wieder der Unterricht, sie wird zur Krankenschwester ausgebildet. Auf die Frage nach den späteren Berufschancen sagt sie, ihr Abschluss werde auch auf den französisch- und englischsprachigen Nachbarinseln anerkannt, sogar in den USA, dort müsse sie nur noch ein zusätzliches Examen absolvieren. Klar, auf der Insel werden auch händeringend Krankenschwestern gebraucht, aber mit dem Gehalt könne sie kaum auskommen. „You know, I love my island, but if your island doesn’t love you back…“
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Der Gärtner bestückt neben den roh behauenen Tischen eine Feuerschale mit Holz und etwas Weihrauch, um uns zu wärmen, sagt er und gegen die Sandflöhe (vergeblich, denn am Abend finden wir haufenweise Stiche an unseren Waden und Schienbeinen). Dann zeigt er Marianne stolz den schön gepflegten Garten, und bringt uns geschältes Zuckerrohr zum knabbern. Am Ende will er uns gar nicht mehr gehen lassen, „you should come back to our beautiful island!“

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Wir warten noch einen letzten Regenschauer ab, schauen zwei Bootsguides zu, wie sie aus Bambusblättern kunstvoll einen Fisch und einen Vogel knüpfen, und machen uns bei schönem Nachmittagslicht gemütlich auf den Rückweg.

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Die folgenden Tage werden wir uns gleich in Arbeit stürzen: Boudah ist mit Andreas bei einigen Schreinern in Portsmouth herumgefahren und sie haben zwei Bretter aus einheimischer roter Zeder gefunden, die wunderbar duftet. Fürs Cockpit gibt es neue höhere Rückenlehnen – ein besseres Souvenir von dieser wunderbaren Insel hätten wir uns nicht aussuchen können.

Dominica – Chaudiere Pool

Ein amerikanisches Segler-Paar, das wir hier kennen gelernt haben, hatte einen Ausflug organisiert zu dem Chaudiere Naturschwimmbecken und auch uns gefragt, ob wir mitmachen wollen. Der Bus war voll, neun Segler, vier US-Amerikaner, zwei Kanadier und drei Deutsche, dazu unser guide „Boudah“ (Michael Francois)
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und Frances, der mithalf. Es sollte ein Picknick mit einer leichten Wanderung werden. Proviantierung unterwegs, mit allem, was die Insel zu bieten hat.
Erst fuhren wir bei Boudah vorbei, er zeigte uns sein Haus, selbst entworfen, mit viel Holz innen, hohen Decken, viel Licht, dazu ein riesiger Garten mit Blumen und Obstbäumen aller Art, Kakao, Kaffee, Passionsfrüchte, Grapefruits, und vieles mehr. Auf dem Weg zu unserem Ziel hielten wir ab und zu an, eine Fischtüte wanderte in die Kühlbox, Eis von der Tankstelle für den Passionsfrucht-Rumpunsch, Gemüse aus diversen Gärten von Brüdern und Freunden.
Bereits auf dem Weg in die Berge zeigte Boudah die ganze Zeit über auf Bäume, Sträucher, nannte Namen, Verwendung, Bedeutung für die Einheimischen.
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Wir ließen das Auto stehen und wanderten bergab. Erst auf einem Schotterweg, dann durch den Wald. Barry und Andreas trugen abwechselnd den Kochtopf mit Gemüse drin und Frances die große Kühlbox, durch den Regen der letzten Tage war der Waldboden immer noch etwas aufgeweicht und auch ich hatte meine Mühe, nicht auszurutschen.
Zuletzt mussten wir noch über ein paar Steine eines Baches hüpfen oder aber die wasserfesten Sandalen testen und einfach durchwaten.
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Wir schlugen unser Lager an einem Zusammenfluss zweier Wildbäche auf, wo es recht eben war, etwas oberhalb gab es einen kleinen Wasserfall und ein großes Schwimmbecken: der Chaudiere Pool. Ein malerisches Plätzchen! Und die Abkühlung in dem frischen Wasser tat gut. Einige Mutige wagten sogar den Sprung vom Felsen ins Wasser.
Boudah und Frances machten Feuer, putzen die Fische und legten sie in Knoblauch und Limettensaft ein. Im Topf brodelte das Wasser, hinein kam erst das grüne Gemüse, Petersile, Lauchzwiebeln usw., später die hiesigen Wurzeln zum Sattmachen, wie Yams, Dashine, dann Kochbananen, Möhren, und zuletzt kurz vor Schluss, legten sie die Fische obendrauf und ließen alles noch mal durchziehen.
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Ein Kesselgericht auf kreolisch-dominicanisch! Es war sehr köstlich, der Fisch hatte noch den Geschmack von Limetten und auch der Fischsud war sehr fein.
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Boudah erzählte, dass er als letztes von 10 Kindern von einem älteren Ehepaar adoptiert wurde, die er „my grandparents“ nannte, der Opa war der örtliche Heilkundler und hat seine Passion an Boudah weiter gegeben, der wiederum auf Nachbarinseln seine Kräuterkenntnisse in einer speziellen Schule gelernt hat. Uns schwirrte am Ende der Kopf von den vielen Blättern und Pflanzen, die er uns zeigte und die gegen dieses und jenes helfen, und vor allem eines gemeinsam haben, sie geben „a lot of energy“!
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Zurück, bergauf, ging es viel einfacher, Marianne und Peggy probierten es sogar barfuß und fanden es prima, dass man sich mit den Zehen im Matsch festhalten konnte!
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Beim Bus angekommen noch ein letzter Blick auf die Berge des Nationalparks, dann ging es zurück zur Prince Rupert Bay. Noch ein sundowner in der Bar am Strand, bevor wir alle müde und zufrieden zu unseren Booten fuhren. Peggys Kommentar dazu: „oh yeah, cruisers midnight at 8:30 pm!“

Dominica – Inselrundfahrt

Die Weihnachtsfeiertage waren verregnet: ein Schauer jagte den nächsten und unsere Hauptbeschäftigung war: Luken auf, Luken zu! Aber dann, als wir die Inselrundfahrt verabredeten, schien mit einem Mal die Sonne, was für ein Glück.

Ganz in der Früh um 8:00h wartet auf uns Paul Honoré mit dem großen Taxi-Bus von Alexis am Fischereisteg. Er stellt sich vor als „familiy man“, mit vier Kindern und einem Enkelkind, und beginnt sofort begeistert über seine Insel zu erzählen. Überall, wo wir vorbeifahren, zeigt er auf Gebäude, auf Pflanzen und weiß etwas dazu zu sagen. In den Bergen, zwischen dem tropischen Regenwald gibt immer wieder kleine Örtchen, drum herum Gärten, kleine Felder, dem Urwald abgetrotzt. Die Regierung hat einiges Land günstig abgegeben, so dass viele Menschen nun ein Auskommen haben als Selbstversorger und Gemüselieferanten. Unser erster Halt an der Ostküste ist ein uriges Café mit Andenkenladen, mit einem spektakulären Blick auf die Steilküste. Hier und weiter südlich wurden ebenfalls etliche Szenen für „Fluch der Karibik 2“ gedreht.
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Dann kommt ein richtiger Wald voller Kokospalmen in Sicht, ein kleines Gebäude, in dem Kokosnüsse getrocknet werden und dahinter die malerische Ruine einer aufgelassenen Rum-Fabrik. Britische Ingenieurskunst, große Zahnräder, vom Wasser angetrieben, rosten vor sich hin, auch hier hat sich das üppige Grün breit gemacht.
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Wir finden eine Machete und Paul schlachtet eine Kokosnuss für uns, herrlich frisch schmeckt das Fruchtfleisch und sättigt zugleich.
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Dann fahren wir durch das Kalibishie-Gebiet, das die Regierung den wenigen verbliebenen Ureinwohnern, den Caribs, überlassen hat. Viele schöne neue Häuser sieht man, und mittendrin ein Freiluft-Dorf, in dem noch alte traditionelle Bauten stehen, mit Strohdächern, Läden mit schönem Kunsthandwerk, geflochtene Matten, Körbe in allen Formen und Größen, schwarz-rote Halsketten aus Samen, Kinderrasseln, alles aus den Materialien des Waldes. Wir hören Trommeln, eine größere Reisegruppe erhält eine Tanzvorführung. Die Caribs haben sich im Laufe der Jahrhunderte nach und nach mit den westafrikanischen Sklaven der Insel vermischt, trotzdem erkennt man noch deutlich indianische Gesichtszüge.
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Vor dem Mittagessen machen wir noch Halt an einer neueren Kirche, das niedrige Dach besitzt die Form eines umgekehrten Bootes. Ein moderner Altar mit einem Gemälde, das sowohl den christlichen Glauben als auch jenen der Ureinwohner symbolisieren soll.
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Die Mittagspause, noch auf der Ostseite, verbringen wir in einem kleinen Restaurant mit einem wunderbaren Blick aufs Meer und sehr gutem Essen. Die Bar ist großartig: eine Sammlung von Flaschen, alle möglichen Wurzeln, Blätter, Gewürze in Rum eingelegt.
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Wasserfälle hat die Insel – und was für welche! Zu einem davon wandern wir, vorbei an einem angelegten Garten mit allerlei blühenden Sträuchern, dann zeigt uns Paul hier eine Heilpflanze, dort einen Kaffee-Strauch und einen großen geraden hohen Baum, aus dem die Caribs ihre Kanus heraushauen. Außerdem sondert dieser Baum ein Harz ab, das man getrost als Weihrauch hernehmen kann, so gut riecht es und gegen die hiesigen Stechmücken soll es auch helfen. Dann schält Paul ein Stück Rinde eines anderen Baumes ab und hält es Andreas hin, es könnte die Manneskraft stärken.
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Weiter geht es nun durch den Regenwald auf gut befestigten Wegen zum Wasserfall, dem „Jako-Fall“, wo wir alle drei in das kühle Wasser eintauchen, der Wasserstrahl ist so stark, dass er einen fast wegfegt. Schade, dass man dieses intensive Grün und diese Pflanzenvielfalt nur teilweise auf den Fotos einfangen kann.
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Nun fahren wir über die Insel zurück zur Westküste durch das Tal des Layou River. Weiter unten an der Mündung sehen wir Berge von Schotter und Sand. Vor einigen Jahren hat ein Erdrutsch oben in den Bergen während der Regenzeit so viel davon nach unten geschwemmt, dass Brücken und Straßen zerstört wurden. Jetzt sind Baufirmen am Werk, die den Schotter und Sand verarbeiten, er wird auf Dominica genutzt und ist zudem ein wichtiger Exportartikel geworden, den die anderen Inseln, vor allem Guadeloupe, gerne abkaufen.

Zuletzt, die Sonne steht schon tief am Himmel, will uns Paul noch ein paar Iguanas, die hiesigen Chamäleons, zeigen. Eine kleine Hotelanlage mit schöner Restaurantterrasse und malerischem Sandstrand davor, der Sun Beach Club, lässt diese Tiere gerne als Attraktion in den Bäumen herum klettern und ruhen. Noch ein Kaffee und ein Sorrel-Saft mit Blick aufs Meer getrunken und das letzte Stück des Weges an der Küste in der Abenddämmerung zurück gelegt.
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Wir haben unsere Zeit deutlich überzogen, aber Paul war ein so begeisterter Guide und hat uns so viel erzählt auf unsere Fragen, uns so viele schöne Plätze gezeigt. Ein wundervoller übervoller Tag!

Dominica – Indian River

Biegung

Heute vor einer Woche haben wir in der Prince Rupert Bay, vor dem Örtchen Portsmouth, den Anker geworfen und manchmal kann ich es immer noch nicht glauben, dass wir wirklich in der Karibik angekommen sind. Das Wetter hat an den Weihnachtsfeiertagen auch nicht gerade dazu beigetragen: es hat geregnet und geregnet, mal feiner Sprühregen, mal Schauer, bei denen man innerhalb einer Minute völlig durchnässt war. Zwischendurch waren wir uns sicher, dass wir uns versegelt haben… Aber nun scheint seit gestern wieder ununterbrochen die Sonne und heute sind sogar die höheren Berge nicht mehr wolkenverhangen. Dieses intensive Grün ist beeindruckend.
Den Ort haben wir inzwischen schon etwas erkundet, uns mit den Menschen und der Stimmung vertraut gemacht. „Hello, how are you?“, „where are you guys from?“ werden wir sehr oft gefragt. Der Markt bietet einiges an frischem Obst und Gemüse, wir sind vor allem von den köstlichen Grapefruits angetan. Auch Gewürze, wie Zimtschalen, Muskatnüsse gibt es, dann Vieles, was wir noch nicht kennen und uns von Marianne zeigen lassen. Die Alternative zu den importierten Kartoffeln sind unterschiedliche Wurzeln, die ähnlich zubereitet werden können, und als Beilage zu Fisch und Fleisch dienen. Die Fischhalle ist meistens geschlossen, wenn aber ein Fischer mit seinem Fang hereinkommt, wird aufgesperrt, ein paar Mal in die Conch-Muschel geblasen, so dass alle in der Umgebung wissen, der Verkauf kann beginnen. Am Fischereisteg vor dem Markt gibt es eine Stelle, an der man nicht anlegen kann, denn darunter befindet sich im Wasser ein großer Käfig voller Langusten. Hierher kommen die Restaurantbesitzer und decken sich mit frischer Ware ein und auch wir konnten fürs Weihnachtsmenü zwei Stück erstehen. Gestern brachte ein Fischer neue Langusten, einige Säcke hob er aus dem Boot und daraus purzelten und krochen sie zu Dutzenden heraus, bevor sie in den Käfig geworfen wurden. Ein tolles Schauspiel!
Hier auf der Insel gibt es eine Gruppe von jungen Männern, die sich in einem Verein namens PAYS zusammen geschlossen haben. Sie teilen sich den Service für die ankommenden Segelyachten auf, so dass man immer einen festen Ansprechpartner hat. Sie organisieren Wasser von der Boje, Kontakte zu örtlichen Mechanikern für Reparaturen, sind zertifizierte Guides und bieten Ausflüge an und sorgen auch für die Sicherheit in der Bucht.

Bluete

Für uns zuständig ist Alexis, mit ihm waren wir gestern auf dem Indian River unterwegs. Seit 1995 ist dieser Fluss ein Naturschutzgebiet, wird sehr sauber gehalten, und es darf nicht mehr geangelt werden. Durch den Regen der letzten Tage war das Wasser schlammig und aufgewühlt, sonst hätten wir sogar bis auf den Grund sehen und Fische beobachten können. Alexis schaltete den Motor aus, auch ein Zugeständnis an den Umweltschutz, setzte sich an den Bug und ruderte flussaufwärts und erzählte dabei viel, machte uns aufmerksam auf die einzelnen Tiere und Pflanzen: die Mangroven und die Blutbäume bilden am Ufer mit ihren Wurzeln eine wilde Landschaft, bei Regenzeit stehen sie unter Wasser, dazwischen huscht eine Krabbe in ihr Loch, rote Spinnenkrebse halten sich an den Wurzeln fest. Ein einsamer grauer Reiher starrt ins Wasser und wartet darauf, dass er wieder Fische sehen kann.

Reiher

Kolibris fliegen herum und ein hübscher kleiner Vogel mit gelbem Bauch, „banana-bird“ genannt, weil er gerne die Bananen anpickt. In dem Urwald immer wieder auch Kokospalmen, manche von ihnen von einem Schling/Klettergewächs fast schon erwürgt. Wir fahren in einen kleinen Seitenarm rein, und Alexis zeigt uns eine kleine schon etwas verfallene Hütte: hier wohnte die Hexe Calypso aus „Fluch der Karibik“. Der Fluss war perfekt für diesen Zweck, wild und urig, dabei auch sauber, ohne Plastikabfall. Die Dreharbeiten auf der Insel dauerten insgesamt acht Monate, die Inselbewohner haben in der Zeit ein bisschen was mit verdient, konnten die ausgebuchten Hotels beliefern, Ausflüge organisieren, mitarbeiten, mitfeiern. Sogar im nächsten Film, der zurzeit in Puerto Rico gedreht wird, sollen noch ein paar Szenen aus Dominica verwendet werden.

Calypso

Ein Steg kommt in Sicht, wir legen an, dahinter befindet sich eine Dschungel-Bar mit Bambusdach, umgeben von einem angelegten Garten mit Blumen, einem Baumhaus, kleinen Wegen, alles wuchert und wächst üppig. Einige Pflanzen kennen wir als Topfpflanzen aus deutschen Wohnzimmern, allerdings in sehr viel kleinerer Ausführung. Eine schöne und verwunschene Ecke, mit sehr gutem Kaffee und feinen Fruchtsäften. Überall fliegen kleine schwarze Vögel mit einem roten Fleck am Hals herum, nicht grösser als ein Spatz, ohne Scheu vor uns, picken alles an.

Wurzel2

Wir werden die Beiträge, die wir von unterwegs per Pactor an unseren Blog geschickt haben, nachträglich mit ein paar Fotos versehen, wie versprochen!

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Dominica

Die letzten Meilen hatten es noch einmal in sich. Eine Regenwolke jagte die andere, die Insel – nur noch wenige Meilen entfernt – verschwand immer wieder in der grauen Wolkenwand, Starkwindböen, Richtungswechsel von 180°, wir kamen mit den Segelmanövern kaum hinterher. Vom Regenguss patschnass, nach einer Viertelstunde Sonne fast wieder trocken, nächster Guss, wieder tropfte Hemd und Hose. Irgendwann macht Birgit uns eine Tasse heissen Kaffee, damit wir uns aufwärmen können. Karibik-Wetter?

Dann runden wir die Cabrits, nehmen die Segel weg und laufen in die Prince Rupert Bay ein. Wir suchen uns ein gut gelegenes Plätzchen und werfen den Anker. Angekommen. So richtig glauben können wir es noch gar nicht, dass es jetzt vorbei sein soll mit Schaukeln, Bordroutine, dem Alltag unserer letzten vier Wochen.

BretterBude

Der erste Trip an Land ein Kulturschock: Grün statt Blau, Menschen statt Einsamkeit auf See, laute karibische Musik, auf Schritt und Tritt werden wir angesprochen, ob wir etwas kaufen, etwas unternehemn wollen, wir wissen kaum wo uns der Kopf steht. Der erste Rum-Punsch am Strand mit Blick hinaus auf die Ankerbucht. Ist das alles wirklich?

GelberLaster

Dominica ist eine der ärmeren karibischen Inseln, der Tourismus ist die Haupt-Einnahmequelle, aber es gibt kaum Infrastruktur. Hotelanlagen fehlen, Restaurants gibt es nur sehr einfache. Internet haben wir noch nicht gefunden, deshalb können wir noch nicht per Skype telefonieren.

Waesche

In den nächsten Tagen werden wir Weihnachtseinkäufe auf dem Markt machen, es uns an Bord gut gehen lassen und unsere lange Arbeitsliste abarbeiten. Nach Weihnachten dann wollen wir anfangen, die Insel zu erkunden und Touren ins Landesinnere unternehmen.

Leadership

Wir wünschen euch allen Frohe Weihnachten, geruhsame Feiertage und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!

Landfall

Am Ende geht dann doch alles recht schnell. Eben noch hungern wir uns bei Flaute Meile um mühevolle Meile dem Ziel entgegen. Die Tage fliessen ineinander, als gäbe es kein anderes Leben. Die Bordroutine – bei jedem wegen der unterschiedlichen Wachzeiten etwas anders – ist völlig eingespielt und hat viele gemeinsame Komponenten.

Sextant

Ein spätes Frühstück, wenn alle wieder wach sind. Ein paar Aufräumarbeiten oder kleinere Projekte, ab und zu eine Höhenmessung mit dem Sextanten, um in Übung zu bleiben, ab und zu ein paar Takte Gitarrenspiel. Dann die tägliche Kübeldusche hinten auf dem Fischbrett. Mittagessen, Mittagsschlaf. E-Mails und Wetter holen. Segelführung für die kommende Nacht vorbereiten. Sundowner an Deck, bis die Himmelsfarben von glühend rot sich zu violett abdunkeln. Dann Musik auflegen zum Abspülen. Wir spülen nur einmal am Tag, das spart Wasser, auch wenn je nach Seegang bisweilen 7-8 Arme nötig sind, um alles Geschirr gleichzeitig am davonrutschen zu hindern. Abendessen, aufräumen, ein Abendbierchen an
Deck. Dann übernimmt der Wachrythmus: Marianne bis Mitternacht, Birgit bis vier, Andreas bis acht. Da capo.

KuebelDusche

Tja, und statt ewig so weiterzugehen, springt der Meilenzähler heute beim Frühstück auf die Anzeige von Nachkommastellen um, denn vor dem Komma sind es nur noch zwei Ziffern. Jetzt bleiben noch 80sm, so dass wir in der Nacht damit rechnen können, Lichter der Inseln zu sehen. Aufregend.

FlaggeSetzen

Auch wenn ein bekanntes chinesisches Sprichwort besagt, dass selbst die längste Reise mit der letzten Meile endet, hier schon einmal eine vorläufige Bilanz bei 96,8%: knapp vier wunderschöne Wochen auf See, es hätte gerne so weitergehen können. Sechs stattliche Fische, ausreichend für 15 reichliche Fischmahlzeiten. Jetzt bleibt die Angel drin, denn wir freuen uns langsam auf gebratene tote Tiere mit Knochen statt Gräten. Zwei selbstgenähte Gastlandflaggen, selbst die komplizierte Flagge Dominicas ist fertiggenäht und -geklebt, nachdem wir per E-Mail herausbekommen haben, wie sie aussieht – Danke Kay. Außer ein paar durchgescheuerten Leinen keine Schäden, Muktuk hat sich vorzüglich bewährt und fühlt sich auf dem Atlantik sichtlich wohl. Wir auch.

Bonito

POS 16°22N 060°15W COG 225 SOG 4.8kn

there she blows

Montag Abend. Tagsüber waren wir recht ordentlich vorangekommen, der Meilenzähler war auf 420sm bis zum Ansteuerungspunkt im Norden Dominicas heruntergetackert. Schaffen wir die 400 noch vor Mitternacht? Mal sehen.

Doch dann ist der Wind mit einmal weg. Wir dümpeln am Abend, wir dümpeln in der Nacht. Die Segel bleiben gesetzt, weil wir auf den nächsten Hauch Wind warten, also schlagen die Segel und lassen uns nicht schlafen. Die Windsteuerung hat zu wenig Kraft, das Boot auf Kurs zu halten, die Segel stehen back. Der Autopilot wird eingeschaltet, aber auch der quirlt ohne Fahrt nur die Ruderblätter im Wasser herum. Das Schiff dreht Kreise.

MuktukVomWasser

Dienstag früh 410sm. Dienstag mittag 406sm. Fahrt 1kn, wahrschinlich das meiste davon Strömung, die uns gemächlich nach Westen setzt. Die Sonne knallt vom Himmel, wir legen Handtücher und Laken über die Luken, damit es unter Deck erträglich bleibt. Morgens gehen wir baden. Die See wird so glatt, dass sich die Wölkchen darin spiegeln. Leichte Wellen sind noch da, aber kein Windgekräusel. Ententeich.

WalVonOben

Am Nachmittag dann der Besuch. Erst ein heller Reflex unter Wasser, 20 Meter an steuerbord voraus, dann taucht er auf: ein kleiner, etwa 4 Meter langer Wal begeitet uns. Schwimmt träge vor unserem Bug hin und her, meist ein paar Meter unter Wasser, ab und zu taucht er prustend auf. Oben dunkel, fast schwarz, Bauchseite weiss, eine kleine Rückenflosse und eine schöne Fluke – wir wissen leider nicht, was für eine Sorte es ist.

Die Gelegenheit ist fast zu schön um wahr zu sein: kaum Fahrt durchs Wasser, ruhige See, Begleitwal – also schnell die Flossen, Schnorchel und Unterwasserkamera gepackt, Badeleiter runtergeklappt, Sicherungsleine ausgebracht und ab ins Wasser. Erst ich, dann Birgit gehen auf Tuchfühlung mit dem Wal. Bis auf ein paar Meter können wir heranschwimmen, bestaunen seine lässige Eleganz, mit der er sich durchs Wasser bewegt. Horizontal, dann wieder fast senkrecht stehend, dreht sich um seine Achse, taucht zum Luftholen auf. Wir können uns kaum sattsehen. So nah sind wir einem Wal noch nie gekommen, noch dazu in seinem eigenen Element.

WalVonUnten

Die 400sm haben wir dann erst am Dienstag Abend geknackt, und heute mittag waren es auch noch nicht viel weniger. Aber jetzt kommen uns die Batterien zu Hilfe. Die wollen nämlich dringend mal wieder richtig vollgeladen werden, deswegen müssen wir den Motor anwerfen, und – na ja – da unterbrechen wir das Dümpeln gerne mal für ein paar Stunden und machen ein paar Meilen unter Maschine.

PS: Hier die Liste der Kalauer, die es trotz großer Verlockung nicht in diesen Blogeintrag geschafft haben: Trotz mangelnder Walpflicht lag die Walbeteiligung bei 100%. Und bevor Capt’n Blaubär wieder mit seinen Lügengeschichten kommt: das Tier blieb freiwillig bei uns, Walbeobachter bestätigen, dass weder Walbetrug noch Walfälschung vorkamen, alle Walversprechen wurden eingelöst. Dann schwamm er fort in Richtung seiner Walheimat, wo er nun zusammen mit der ganzen Walverwandschaft in seiner Walkabine von den alten Zeiten plaudert, von der Zeit der Walkämpfe und vom Großvater, der jetzt in seiner Walurne ruht. Waleluja!

POS 17°40N 055°24W COG 255 SOG 5.6kn unter Maschine

10 Grad Backbord

Von wegen Flaute. Angesagt waren eigentlich 5kn Wind, also so gut wie nichts. In Wirklichkeit haben wir eine Phase recht unbeständigen Wetters. Mal ist wirklich Flaute, dann kommt wieder eine Wolkenwand, in der es auf 15kn auffrischt, Winddrehungen einmal rund um die Kompassrose, mal stehen die Segel, mal stehen sie back, dann flappen sie uns wieder um die Ohren. Kurskorrekturen alle halbe Stunde. Ganz gut, dass wir aus der transatlantischen Lethargie geweckt werden, wo wir Kurs und Segelstellung einmal einstellen und dann für drei Tage vergessen können.

Tja, und dann fing alles ganz harmlos an. Als Muktuk wieder einmal etwas anluvte, sagte Birgit – eher zum Spass – „dann fahren wir eben nach Dominica“. Marianne darauf „da war es auch wunderschön“. Und ich erinnerte mich auch, als ich vor 21 Jahren zum ersten und einzigen Mal in der Karibik war, dass mich die Natur Dominicas sehr beeindruckt hatte. Antigua, bisher als Ziel für den Landfall auserkoren, hatten wir ausgesucht, als wir noch keine klaren Vorstellungen von unserem Zeitplan und weiteren Vorhaben hatten. Mittlerweile wissen wir genaueres. Wenn wir uns genügend Zeit nehmen wollen, die Gegend ausgiebig geniessen zu können, können wir eigentlich nur zwei Inseln besuchen: die, zur der wir jetzt hinfahren und danach Guadeloupe, wo wir Anfang Februar Sigrid an Bord nehmen werden. Und wenn wir jetzt nach Antigua gehen, wird Dominica ausfallen müssen.

Nach ein paar Stunden Lektüre der Revierführer war unser Entschluss gefasst: wir ändern unseren Kurs 10 Grad nach Backbord und steuern die Nordspitze Dominicas an. Bye bye Antigua. Man soll ja flexibel bleiben. Einziger Wermutstropfen: vor Tagen schon habe ich mit viel Mühe und einigen Stunden Arbeit die Gastlandflagge Antiguas genäht. Das ist jetzt nicht nur umsonst, sondern ich muss für die Flagge Dominicas nocheinmal ran. Und die ist auch nicht einfach, mit mehrfarbigen Streifen, einem Wappen in der Mitte etc. Aber wenn das alles ist…

DominicaNaehen

FlaggeFertig

Letzte Neuigkeiten von der Fischereifront: wir wissen nicht, was das für ein Tier war, das gestern an der Angel hing. Sah irgendwie barschähnlich aus, war gerade eine reichliche Mahlzeit für drei und extrem wohlschmeckend. Jetzt hoffen wir auf Nachahmungstäter und haben den selben Köder wieder ausgelegt. Drückt uns die Daumen.

FischGebraten

POS 17°52N 053°43W COG 255 SOG 5.1kn

Badepause

Flaute

Gut 600 Seemeilen haben wir noch vor uns, aber die weren sich wohl noch etwas hinziehen. Die letzten Bananen gammeln vor sich hin, ein Fisch hat auch schon seit Tagen nicht mehr angebissen, und vor allem: der Wind ist so gut wie weg. Und wird die nächsten Tage laut Vorhersage auch nicht wiederkommen.

Die Etmale von 140sm sind definitiv vorbei, auch von 100sm pro Tag können wir erst einmal nur träumen. Wir sind froh, wenn genug Wind da ist, dass die Segel stehen und nicht flap-flap-flap uns um die Ohren schlagen. Wir nutzen die Flaute zum Auslüften des Bettzeugs, die Damen sonnenbaden an Deck, wir schauen uns gemeinsam die Sonnenuntergänge an, singen ein paar Lieder und planen die nächsten Mahlzeiten.

Heute haben wir die Segel für ein Stündchen ganz heruntergenommen und die Badesaison eröffnet. Schwimmen in einem der größten Swimmingpools der Welt, auf gut 5000 Meter Tiefe, da wo man nicht mehr stehen kann. Herrlich!

ImWasser

Da das bißchen Wind seit gestern querab einfällt, konnten wir endlich unser Lieblingssegel setzen, den Fisherman. Das ist ein trapezförmiges Segel, das zwischen den beiden Masten an zwei Fallen nach oben gezogen wird und einfach wunderschön aussieht. Erst mit dem Fisherman ist die Schonerbesegelung vollständig.

VorSonnenaufgang

Aber trotz der Flaute ist die Ankunft bis Wiehnachten vorläufig nicht gefährdet, und so werden wir auch die nächsten Tage versuchen, jeden Hauch einzufangen, zu lesen, zu warten und vom Wind zu träumen.

Pos 18°26N 051°02W COG 260 SOG 2.5kn