Santiago de Cuba

Tonne

Neun Tage dauerte die Überfahrt von Dominica nach Kuba, meist mit eher wenig Wind. Das fünf Meter lange Bambusrohr, das wir von der letzten Tour zum Indian River eingesammelt hatten, kam auch zum Einsatz, damit wir neben der Fock auch noch die Genua ausbaumen konnten, damit sie auch bei leichtem Wind stand und nicht zusammenfiel.

Die letzten 100 Meilen war dann komplette Flaute angesagt, wir mussten motoren. Zwei Stunden vor der kubanischen Küste fiel aber die Drehzahl immer weiter ab, nach ein paar Tests war klar: der Diesel-Feinfilter war verstopft und musste ausgetauscht werden. Dann schnurrte unser guter Perkins wieder und wir konnten in die Bahia de Santiago einlaufen.

Über Funk gab uns die Capitaneria präzise Koordinaten durch, wo wir ankern und auf den Besuch der Behörden warten sollten. Auf drei Dezimalstellen genau, das sind gerade mal 18 Meter. Na gut, die Ansteuerung vom Kartentisch aus mit GPS und Autopilot fühlte sich an wie ein Videospiel, schliesslich warfen wir an der vorgesehenen Stelle knapp ausserhalb des Fahrwassers den Anker auf knapp 10 Meter Tiefe und steckten 45 Meter Ankerkette. Innerhalb dieser 45 Meter steigt der Grund allerdings sehr plötzlich an, so dass wir schliesslich auf unserer behördlich angeordneten Position auf Grund liefen. Bei dem weichen, schlammigen Grund war das aber kein Problem.

Faehre

Nach ein paar Stunden kam dann erst der Arzt an Bord, sehr freundlich, zu Scherzen aufgelegt und mit zunehmenden Interesse, seine (nein, unsere) Plastiktüten mit verschiedenen Mitbringseln zu füllen. Nach Küchenrollen kamen ein paar Bier, Kekse, eine Dose Thunfisch, eine mit Sardinen, etwas zum Knabbern… Alles in allem verschmerzbare „Gastgeschenke“, bei der Frage nach Weinflaschen winkten wir dann aber doch ab.

Strom

Danach durften wir auf einen Ankerplatz vor der Marina verlegen, dort kamen dann weitere vier Behördenvertreter und ein Hund (Bella) an Bord, und es wurden noch ein paar mehr Formulare ausgefüllt. Die Herrschaften waren sehr freundlich und korrekt, nahmen nicht einmal das Angebot eines Bieres an (gut, vielleicht wussten sie, dass nach dem Besuch des Arztes kein kaltes Bier mehr übrig war). Nachdem auch der Hund nichts fand, was sein Interesse geweckt hätte, gingen alle von Bord (den Hund hätten wir ja gerne behalten), und wir waren einklariert. Wir sind in Kuba, auch wenn wir es noch nicht ganz glauben können.

Goodbye Dominica

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In Guadeloupe bleiben wir nicht mehr lange, einmal noch ein Großeinkauf im Supermarkt, Dosentomaten, Butter, Joghurt und Vieles mehr, von dem wir glauben, dass wir es in den nächsten Monaten nicht mehr bekommen könnten. Und dann segeln wir mit unserem Gast Sigrid zurück nach Dominica. Wir wollen ihr die Insel unbedingt zeigen, die uns so gut gefallen hat. Und wir müssen dort noch ein paar Dinge erledigen, wie Gasflaschen auffüllen, Diesel bunkern…

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Gleich am ersten Nachmittag erleben wir Dominica pur: Boudah, den wir von dem Ausflug kannten, kommt uns mit dem Boot entgegen, hilft uns, eine gute Ankerstelle zu finden und kommt mit seinem Freund gerne noch auf ein Anleger-Bier auf die Muktuk. Chat, sein Freund, ist Farmer, hat ein paar Tage frei genommen, und schaut sich staunend um, da er das erste Mal auf einem Segelboot ist. Und er erzählt, wie sehr ihm das gefällt, was er tut, den ganzen Tag draußen zu sein, für sich zu werkeln und zu schauen, wie gut alles wächst. Er mag gar nicht weg von der Insel, die drei Monate, die er mal in Großbritannien bei Verwandten verbracht hat, waren für ihn nicht erholsam.

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Auch Alexis treffen wir am Fischereisteg, verabreden gleich einen Ausflug mit ihm für den Sonntag zu den Syndicates Wasserfällen.

Wir spazieren durch den Ort, immer mal wieder ein „Hello, welcome“, wir treffen Bekannte, lernen neue Leute kennen, mit einigen kommen wir sofort in ein längeres Gespräch über die Insel, ihre Naturverbundenheit, Spiritualität…

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Am Samstag ist großer Markttag, wir bunkern frisches Obst und Gemüse, können uns gar nicht entscheiden, so viele Stände sind da. Kiloweise Grapefruits von der Ladefläche eines Pickups kaufen wir weg, Kokosnüsse, Süßkartoffeln, Gurken, Christophenes, Tomaten und so weiter…

Heute klaren wir das Schiff auf, eine letzte Runde um das Boot schwimmen, ein letztes Mal in der Prince Rupert Bay, noch ein Brot in den Ofen geschoben, einen Topf Suppe gekocht und Anker los Richtung Kuba – etwa 900sm durch die Karibische See!

Guadeloupe – Karneval

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Bis zum Karneval sind es noch zwei Wochen hin, aber es wird schon viel gefeiert und auch an diesem Wochenende gibt es überall Umzüge. Der Nachbarort von Point a Pitre, Les Abymes ist an diesem Sonntag dran, viele Gruppen kommen hier zusammen, bilden einen gut organisierten Zug. Am Straßenrand sitzen überall Frauen auf Hocker, Klappstühlen, Kinder wuseln herum, Männer holen Getränke, es wird mitgesungen, mitgetanzt.
Die Broschüre zum Karneval in Guadeloupe informiert uns auch über die Geschichte und die verschiedenen Gruppen, die auftreten: es ist eine lebendige Tradition, offen für Einflüsse aus anderen Regionen. So gibt es nicht nur die traditionellen Gruppen, „Po“, hauptsächlich Männer, die auf Tamburinen trommeln, Rasseln schütteln und in Conques-Muscheln blasen. Den Körper bemalen sie mit Melasse, Silber, Gold und tragen manchmal große Kopfmasken.
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Den brasilianischen Einfluss sieht man deutlich in den Gruppen „caisses clairet“, hier überwiegend Frauen, deren knappe Kostüme mit viel Glitzer, Perlen und Federn verziert sind. Wir viel Arbeit diese Farbenpracht und Farbenvielfalt gemacht haben muss! Und wie sie tanzen und singen können! Sie werden immer von einer Musikgruppe begleitet, mit Trompete, Saxophon und Trommeln.
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Unbedingt dazu gehören auch die Frauen in Kleidern im Kolonialstil oder auch mal ein bauchfreies Ensemble, entweder ganz in Weiß oder in den schönen karierten kreolischen. Ihr Markenzeichen sind die Hüte: jede zeigt stolz ihre eigene Kreation: Gewürze in Säckchen, Segelboote, Trommeln, Obst und Gemüse, alles in Miniatur und liebevoll zusammengestellt und aufgeklebt.

Die Gruppen, „Ti Mass“ oder nur „Mass“ gibt es wohl erst seit der Jahrtausendwende. Sie tragen einheitliche Plastikmasken, Zombies mit wilden Frisuren oder Affengesichter, auch ihre Kostüme sind oft identisch, manchmal tragen sie nur Hemd und Jeans. Es sind überwiegend junge Leute, die um Stöcke herum tanzen oder wilde Sprünge vollführen, mit den Damen auf ihren Stühlen schäkern, vorwitzige Kinder auf den Arm nehmen und mit ihnen herumlaufen, die ganz Kleinen in den Buggys werden dagegen vorsichtig angestupst. Viel Phantasie und viel Theater zum Austoben, manchmal mit gesellschaftspolitischen Botschaften dabei auf den T-Shirts oder Plakaten. Auch sie haben eine musikalische Begleitung: Steelbands und die Trillerpfeifen zum Taktgeben. Und einige der Jungs haben schwere geflochtene Peitschen in der Hand, mit denen sie ordentlich knallen können.

Ich weiß gar nicht wo ich hinschauen soll, so schnell ziehen die Gruppen vorbei: ob auf die kleinen Kinder, die oft vorneweg gehen und putzig aussehen in ihren Masken, und die sich schon gekonnt mit bewegen, oder auf die hinreißend tanzenden Frauen, oder die kraftvollen Trommler…

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Schade, dass es so schnell dunkel wird und der Fotoapparat nicht mehr alle Einzelheiten der Kostüme einfangen kann.
Abends zurück in Point a Pitre ist die Stadt aus ihrer Sonntagsnachmittag-Ruhe erwacht: die Straßen sind belebt, überall wird Popcorn verkauft, hier ein Imbisswagen mit Crepes und Burger, dort ein improvisierter Stand mit Hotdogs. Sie warten alle darauf, dass die Gruppen des Festumzugs von Les Abymes nun auch durch Point a Pitre ziehen – und schon kommt eine daher getanzt und wird bejubelt und beklatscht. Bis Mitternacht hört man in der Stadt die Trommeln, Trillerpfeifen und Conch-Muscheln dröhnen…

Guadeloupe

Nach einer Woche auf der Hauptinsel  der Iles des Saintes kennen wir alle Wanderwege und können schon die Ziegen auseinanderhalten, die dort in den Gärten und teilweise im Wald herumlaufen. Nur mit den freilaufenden Hühnern tun wir uns noch schwer, auch wenn Andreas gerne das eine oder andere als Bordhuhn mitnehmen möchte… Ob es sich nachts unter dem Beiboot wohl fühlen könnte?

Nach Guadeloupe rüber sind es wieder kaum 20sm und nach einigen (5!) Versuchen, hält der Anker endlich. Aber so malerisch, wie der Revierführer anpreist, ist diese Ecke doch nicht vor dem Örtchen Le Gosier und so verlegen wir das Boot am nächsten Tag in die Marina Bas-du-Fort, kurz vor der Inselhauptstadt Point a Pitre. Nach fast zwei Monaten sind wir das erste Mal wieder in einem Yachthafen, mit elektrischem Strom, Wasser, Duschen und Internet. Und etlichen Schiffshändlern, die wir alle abklappern auf der Suche nach Wasserschläuchen, Schlauchschellen, Karten für Kuba und vielem mehr.

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Point a Pitre, die Hauptstadt der Insel ist eine lebendige Stadt: an der Place de la Victoire, gleich am Ufer legen die Fischer an und verkaufen ihren Fang direkt aus dem Boot, daneben stehen die Fischhändler. Wenn man morgens früh genug da ist, kann man auch Conque-Muscheln kaufen. Lambi nennt man hier das Muschelfleisch, das man überall auf den Speisekarten findet. Das Muschelgehäuse wird gründlich geputzt und dann als Musikinstrument verarbeitet – wie in eine Trompete hineingeblasen, gibt es einen lauten durchdringenden Ton. Wir überlegen kurz, ob wir eine davon mitnehmen, sie sehen so schön aus, aber nach Deutschland dürfen sie nicht eingeführt werden…

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Der Markt gleich nebenan brummt, es gibt wieder viel zu schauen und zu staunen, wie viele frische gute Sachen angeboten werden. In der Markthalle dann die Frauen in kreolischen Kleidern, die die vielen Gewürze der Inseln anbieten: Zimtschalen, Vanilleschoten, Muskatnüsse, Nelken und Sternanis, Curry, getrocknete Kräuter, dann Fruchtsirup, allerlei in Rum Eingelegtes.

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Neben diesen Ständen und den paar Andenken- und Kunsthandwerksläden für die Touristen, gibt es drei große Straßenzüge, in denen ein Laden nach dem anderen Klamotten, Schuhe, Stoffe, Elektrozeug und Krimskrams für die Einheimischen feilhält. Hier ist es laut, bunt und grell und nach zwei Stunden sind wir fix und fertig. Wir wollen nur noch Ruhe und etwas zu essen. An der abseitigen Anlegestelle ist ein kleines Restaurant. Die Kommunikation mit der Wirtin ist nicht einfach: wir verstehen nur „poisson“, und trotz unserer ratlosen Gesichter lacht sie fröhlich und spricht genauso schnell weiter in ihrem Kauderwelsch aus Französisch und Kreól. Und nickt am Ende zufrieden, weil uns ihr Fisch geschmeckt hat!

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Iles des Saintes – zurück in Europa

In nur drei Stunden mit 6-7kn, zwei Reffs im Groß, und verkleinerter Genua sausen wir von Dominica zu den Iles des Saintes. Nach 19 Seemeilen sind wir auf einmal in einer ganz anderen Welt, Europa pur. Ein bisschen Wehmut ist schon dabei, es hat uns in Dominica so gut gefallen!
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„Der Zuckerhut“, ein vorgelagerter Felsen bei der Ansteuerung von Terre-de-Haute

Die Saintes, kleine Inselchen auf dem Weg Richtung Norden, gehören zur nächstgrößeren Insel Guadeloupe und somit zu Frankreich, Euroland mit Baguette, Croissants und café au lait. Die Handys funktionieren wieder. Wir machen die Muktuk fest in der Bucht vor dem Örtchen Bourg auf Terre de Haut. Hier gibt es ordentlich gewartete Bojen, in Reih und Glied hängen die Schiffe daran. So passen viel mehr Boote in die Bucht und Ärger mit übereinanderliegenden Ankern kann vermieden werden.
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Eine Hauptstraße mit vielen Geschäften, Kleider, Postkarten, Kunsthandwerk, dann eine Bäckerei, ein Café und etliche Restaurants mit handgeschriebenen Tafeln, die Menüs klingen wie in Frankreich, mit ein paar lokalen Gerichten und Zutaten angereichert. Wir gehen auch gleich am ersten Abend aus, essen köstlich in einem kleinen Lokal am Strand, poisson cru, roher Fisch, mariniert in Kokosmilch und Ananas, danach ein Fischfilet mit Passionsfrucht in der Sauce. Und zum Nachtisch gibt es creme caramel und flan coco. Besser könnten wir es in Paris nicht treffen!
Hellrote Ziegeldächer, Häuser in bunten Farben, alle Pastellfarben miteinander kombiniert, mit hübschen Fensterläden und Holzverzierungen an den Dachfirsten, gepflegte Gärten mit vielen Blumen, dahinter ein paar bewaldete Hügel.
Überall hört man Französisch sprechen, Touristen und Einheimische sind kaum zu unterscheiden, da die Insel nie von Sklaven bewohnt war, auch stammen die meisten Bewohner aus Frankreich.
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Wir lesen, dass jährlich 120.000 Touristen die Insel besuchen, die allermeisten werden morgens von etlichen Fähren von Guadeloupe her kommend ausgespuckt und am Abend gegen 17:00h wieder eingesammelt. Man kann Mopeds mieten oder offene Elektroautos und damit die paar Wege abfahren, zu kleinen malerischen Stränden tuckern.
Kein Wunder also, dass wir hier auf unser „Bon jour“ oder „Bon soir“ kaum einmal eine Antwort bekommen, selbst wenn wir abends durch den Ort gehen, an den Gruppen von meist Männern vorbei, die sich zu einer Plauschrunde zusammenfinden. Das ist ungewohnt nach den Wochen auf Dominica, wo wir mit so viel Neugier, Offenheit und Vertraulichkeit begrüßt und angesprochen wurden.
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Am nächsten Tag nehmen wir uns den höchsten Berg mit seinen 340m vor, im Reiseführer wird Kondition dafür empfohlen, und die braucht man, allerdings nur, weil es brüllend heiß ist und das letzte Stück des Weges in der prallen Sonne liegt. Davor im Wald gibt es viel zu bestaunen, ein Leguan am Wegesrand, der gemütlich an Blättern zupft, wieder viele exotische Pflanzen, blühende Sträucher, ab und zu ein Kaktus.
Leguan
Beim Aussichtsturm weht ein kühlender Wind und wir haben eine wunderschöne Aussicht auf die kleinen Buchten, können uns eine Vorstellung von den Ausmaßen Insel machen, die wirklich nicht groß ist und in der Ferne sehen wir Guadeloupe, Marie Galante und Dominica.
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Der Rückweg führt auf der Westseite runter, buchstäblich über Stock und Stein, mit unseren Wandersandalen müssen wir sehr aufpassen. Wilde Ziegen laufen uns über den Weg, und immer mal wieder ein Einsiedlerkrebs in einem schönen Schneckenhaus. Ganz schön weit nach oben sind die gekraxelt! Andreas nimmt einen hoch, der brummt ganz ärgerlich über die Störung, bleibt dann aber wieder faul liegen. Die anderen sind so flink und laufen im Nu wieder weg.
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Weiter unten sehen wir Wasser durch die Bäume schimmern, die kleine Bucht Crawen ist ausgeschildert, wir springen schnell mal ins Meer, bevor wir am Ufer entlang zurück zum Ort gehen.

Kriegslärm

„Ratatatata…“ Maschinengewehrsalven, martialisches Gebrüll: “Get down! Fire in the hole! Ratatatata“
Die Crew stürzt aufgeregt an Deck, aber nicht etwa, um einen Piratenangriff abzuwehren, sondern weil ein Fisch an der Angel angebissen hat. Ein Fisch? Ja wie?

Also langsam und von vorne angefangen. Unterwegs haben wir – zumindest bei Helligkeit – immer die Schleppangel ausgebracht. Wenn nun ein Fisch anbeißt, ist es wichtig, dass man ihn zügig hereinkurbelt, sonst arbeitet er sich los und es gibt nur Zwieback zum Abendessen. Aber dauernd an Deck sitzen und auf die Angelrolle starren?
Die Vorbesitzer der Muktuk hatten Luna an Bord, eine Seele von einem Golden Retriever, die nicht nur andere Schiffe in Sicht und Wale im Wasser ausgebellt hat, sondern auch bei Anbissen an der Angel angeschlagen hat. Wir haben leider keine Luna, also mussten wir uns etwas anderes ausdenken.

Eigentlich hätte es ein Spielzeughandy aus einem der vielen chinesischen Kramläden in Spanien werden sollen. Aber selbst die Chinesen sind wohl mittlerweile vor genervten Eltern eingeknickt: Spielzeughandys sind einfach zu leise geworden. Aber diese Spielzeug-Handgranate hat dezibeltechnisch unsere Erwartungen vollständig erfüllt. Und sie hat diesen kleinen praktischen Plastikstreifen, der – zwischen die Batteriekontakte geklemmt – als Transportsicherung verhindert, dass die Beschallung vor der Zeit losgeht.

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Die Handgranate hängt unter Deck, in der Messe am Obstnetzt festgebunden. Sie ist eingeschaltet, nur der Plastikstreifen am Batteriekontakt verhindert den Kriegslärm. An diesem Plastikstreifen ist unsere Triggerleine festgebunden, die durch eine Lüftungsöffnung nach draußen geführt ist.

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Oben an Deck rollt die Angelleine nicht direkt von der Rolle ins Wasser, sondern wird im Winkel mit einer Büroklammer an einer Relingstütze festgemacht. Beißt ein Fisch an, so biegt der Zug auf der Leine die Büroklammer auf und die Leine läuft geradewegs nach hinten ins Wasser. Das andere Ende der Triggerleine wird ebenfalls mit einer Büroklammer in die Schlaufe der Angelleine eingehängt. Beim Biss wird die Triggerleine daher etwa 15 Zentimeter herausgezogen, und das zieht unter Deck den Plastikstreifen aus der Handgranate… ratatatata!

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Und da die Dinger mit 1,99 Euro billiger sind als die passenden Ersatzbatterien, haben wir gleich vier davon an Bord, das dürfte erst einmal für ein paar Zentner Fisch reichen. Auf den Einreiseformularen geben wir trotzdem immer an, dass wir keine Waffen an Bord haben. Spielzeug-Handgranaten sind ja auch völlig harmlos. Außer man ist der Fisch.

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Dominica – Wurzeln schlagen

Marianne

Mariannes letzter Tag an Bord, der Seesack ist gepackt, das Handgepäck mit den warmen Sachen für München griffbereit, das Taxi zum Flughafen für den nächsten Morgen bestellt. Dann überredet uns der Skipper zu einem letzten Ausflug zu dritt: wir wollten sowieso sehr gerne noch einmal zur Indian River Bush-Bar, die wir bereits von der Bootsfahrt her kannten, dieses Mal aber zu Fuß auf dem Landweg.

Den ganzen Vormittag über wechselt sich die Sonne mit heftigen Regenschauern ab, kaum glauben wir, dass einer vorüber ist, rauscht schon die nächste Wolke heran und es gießt aus Kübeln. Selbst auf dem kurzen Stück mit dem Dinghi an Land werden wir zwei Mal ordentlich nass! Aber es ist ja nur Süßwasser und wenn die Sonne scheint, trocknet alles wieder…

An der Mündung des Indian River, treffen wir Spech (Jean Etienne), den wir ein paar Tage vorher bei anderer Gelegenheit kennen gelernt hatten. Er beschreibt uns den Fußweg, geht sogar ein Stück mit, bei dem gelben Haus links, dann in den Wald hinein.
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Gleich zu Beginn überqueren wir eine kleine Brücke und dann sind nur noch Reste eines ehemals befestigten Steges zu sehen. Wir steigen über die verbliebenen Planken, froh über die Wandersandalen, die auch Wasser und Matsch aushalten.

Die „bloodwood trees“ mit ihren flachen hohen Wurzeln, die dem Wald eine gespensterhafte Stimmung geben, ganz aus der Nähe zu sehen, ist eindrucksvoll, wir können uns nicht satt sehen an den vielen verschiedenen Mustern, Schatten.
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Dann wird es wieder grüner und heller, ein angelegter Garten kommt in Sicht und schon sind wir da. Ruhe, ein kleines Paradies. Zunächst sind wir die einzigen Gäste, und so können wir uns mit der jungen Frau unterhalten, die uns den wärmenden Kaffee bringt. Sie arbeitet in den Ferien dort, hat einen 11jährigen Sohn, am nächsten Tag beginnt wieder der Unterricht, sie wird zur Krankenschwester ausgebildet. Auf die Frage nach den späteren Berufschancen sagt sie, ihr Abschluss werde auch auf den französisch- und englischsprachigen Nachbarinseln anerkannt, sogar in den USA, dort müsse sie nur noch ein zusätzliches Examen absolvieren. Klar, auf der Insel werden auch händeringend Krankenschwestern gebraucht, aber mit dem Gehalt könne sie kaum auskommen. „You know, I love my island, but if your island doesn’t love you back…“
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Der Gärtner bestückt neben den roh behauenen Tischen eine Feuerschale mit Holz und etwas Weihrauch, um uns zu wärmen, sagt er und gegen die Sandflöhe (vergeblich, denn am Abend finden wir haufenweise Stiche an unseren Waden und Schienbeinen). Dann zeigt er Marianne stolz den schön gepflegten Garten, und bringt uns geschältes Zuckerrohr zum knabbern. Am Ende will er uns gar nicht mehr gehen lassen, „you should come back to our beautiful island!“

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Wir warten noch einen letzten Regenschauer ab, schauen zwei Bootsguides zu, wie sie aus Bambusblättern kunstvoll einen Fisch und einen Vogel knüpfen, und machen uns bei schönem Nachmittagslicht gemütlich auf den Rückweg.

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Die folgenden Tage werden wir uns gleich in Arbeit stürzen: Boudah ist mit Andreas bei einigen Schreinern in Portsmouth herumgefahren und sie haben zwei Bretter aus einheimischer roter Zeder gefunden, die wunderbar duftet. Fürs Cockpit gibt es neue höhere Rückenlehnen – ein besseres Souvenir von dieser wunderbaren Insel hätten wir uns nicht aussuchen können.

Dominica – Chaudiere Pool

Ein amerikanisches Segler-Paar, das wir hier kennen gelernt haben, hatte einen Ausflug organisiert zu dem Chaudiere Naturschwimmbecken und auch uns gefragt, ob wir mitmachen wollen. Der Bus war voll, neun Segler, vier US-Amerikaner, zwei Kanadier und drei Deutsche, dazu unser guide „Boudah“ (Michael Francois)
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und Frances, der mithalf. Es sollte ein Picknick mit einer leichten Wanderung werden. Proviantierung unterwegs, mit allem, was die Insel zu bieten hat.
Erst fuhren wir bei Boudah vorbei, er zeigte uns sein Haus, selbst entworfen, mit viel Holz innen, hohen Decken, viel Licht, dazu ein riesiger Garten mit Blumen und Obstbäumen aller Art, Kakao, Kaffee, Passionsfrüchte, Grapefruits, und vieles mehr. Auf dem Weg zu unserem Ziel hielten wir ab und zu an, eine Fischtüte wanderte in die Kühlbox, Eis von der Tankstelle für den Passionsfrucht-Rumpunsch, Gemüse aus diversen Gärten von Brüdern und Freunden.
Bereits auf dem Weg in die Berge zeigte Boudah die ganze Zeit über auf Bäume, Sträucher, nannte Namen, Verwendung, Bedeutung für die Einheimischen.
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Wir ließen das Auto stehen und wanderten bergab. Erst auf einem Schotterweg, dann durch den Wald. Barry und Andreas trugen abwechselnd den Kochtopf mit Gemüse drin und Frances die große Kühlbox, durch den Regen der letzten Tage war der Waldboden immer noch etwas aufgeweicht und auch ich hatte meine Mühe, nicht auszurutschen.
Zuletzt mussten wir noch über ein paar Steine eines Baches hüpfen oder aber die wasserfesten Sandalen testen und einfach durchwaten.
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Wir schlugen unser Lager an einem Zusammenfluss zweier Wildbäche auf, wo es recht eben war, etwas oberhalb gab es einen kleinen Wasserfall und ein großes Schwimmbecken: der Chaudiere Pool. Ein malerisches Plätzchen! Und die Abkühlung in dem frischen Wasser tat gut. Einige Mutige wagten sogar den Sprung vom Felsen ins Wasser.
Boudah und Frances machten Feuer, putzen die Fische und legten sie in Knoblauch und Limettensaft ein. Im Topf brodelte das Wasser, hinein kam erst das grüne Gemüse, Petersile, Lauchzwiebeln usw., später die hiesigen Wurzeln zum Sattmachen, wie Yams, Dashine, dann Kochbananen, Möhren, und zuletzt kurz vor Schluss, legten sie die Fische obendrauf und ließen alles noch mal durchziehen.
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Ein Kesselgericht auf kreolisch-dominicanisch! Es war sehr köstlich, der Fisch hatte noch den Geschmack von Limetten und auch der Fischsud war sehr fein.
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Boudah erzählte, dass er als letztes von 10 Kindern von einem älteren Ehepaar adoptiert wurde, die er „my grandparents“ nannte, der Opa war der örtliche Heilkundler und hat seine Passion an Boudah weiter gegeben, der wiederum auf Nachbarinseln seine Kräuterkenntnisse in einer speziellen Schule gelernt hat. Uns schwirrte am Ende der Kopf von den vielen Blättern und Pflanzen, die er uns zeigte und die gegen dieses und jenes helfen, und vor allem eines gemeinsam haben, sie geben „a lot of energy“!
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Zurück, bergauf, ging es viel einfacher, Marianne und Peggy probierten es sogar barfuß und fanden es prima, dass man sich mit den Zehen im Matsch festhalten konnte!
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Beim Bus angekommen noch ein letzter Blick auf die Berge des Nationalparks, dann ging es zurück zur Prince Rupert Bay. Noch ein sundowner in der Bar am Strand, bevor wir alle müde und zufrieden zu unseren Booten fuhren. Peggys Kommentar dazu: „oh yeah, cruisers midnight at 8:30 pm!“

Dominica – Inselrundfahrt

Die Weihnachtsfeiertage waren verregnet: ein Schauer jagte den nächsten und unsere Hauptbeschäftigung war: Luken auf, Luken zu! Aber dann, als wir die Inselrundfahrt verabredeten, schien mit einem Mal die Sonne, was für ein Glück.

Ganz in der Früh um 8:00h wartet auf uns Paul Honoré mit dem großen Taxi-Bus von Alexis am Fischereisteg. Er stellt sich vor als „familiy man“, mit vier Kindern und einem Enkelkind, und beginnt sofort begeistert über seine Insel zu erzählen. Überall, wo wir vorbeifahren, zeigt er auf Gebäude, auf Pflanzen und weiß etwas dazu zu sagen. In den Bergen, zwischen dem tropischen Regenwald gibt immer wieder kleine Örtchen, drum herum Gärten, kleine Felder, dem Urwald abgetrotzt. Die Regierung hat einiges Land günstig abgegeben, so dass viele Menschen nun ein Auskommen haben als Selbstversorger und Gemüselieferanten. Unser erster Halt an der Ostküste ist ein uriges Café mit Andenkenladen, mit einem spektakulären Blick auf die Steilküste. Hier und weiter südlich wurden ebenfalls etliche Szenen für „Fluch der Karibik 2“ gedreht.
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Dann kommt ein richtiger Wald voller Kokospalmen in Sicht, ein kleines Gebäude, in dem Kokosnüsse getrocknet werden und dahinter die malerische Ruine einer aufgelassenen Rum-Fabrik. Britische Ingenieurskunst, große Zahnräder, vom Wasser angetrieben, rosten vor sich hin, auch hier hat sich das üppige Grün breit gemacht.
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Wir finden eine Machete und Paul schlachtet eine Kokosnuss für uns, herrlich frisch schmeckt das Fruchtfleisch und sättigt zugleich.
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Dann fahren wir durch das Kalibishie-Gebiet, das die Regierung den wenigen verbliebenen Ureinwohnern, den Caribs, überlassen hat. Viele schöne neue Häuser sieht man, und mittendrin ein Freiluft-Dorf, in dem noch alte traditionelle Bauten stehen, mit Strohdächern, Läden mit schönem Kunsthandwerk, geflochtene Matten, Körbe in allen Formen und Größen, schwarz-rote Halsketten aus Samen, Kinderrasseln, alles aus den Materialien des Waldes. Wir hören Trommeln, eine größere Reisegruppe erhält eine Tanzvorführung. Die Caribs haben sich im Laufe der Jahrhunderte nach und nach mit den westafrikanischen Sklaven der Insel vermischt, trotzdem erkennt man noch deutlich indianische Gesichtszüge.
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Vor dem Mittagessen machen wir noch Halt an einer neueren Kirche, das niedrige Dach besitzt die Form eines umgekehrten Bootes. Ein moderner Altar mit einem Gemälde, das sowohl den christlichen Glauben als auch jenen der Ureinwohner symbolisieren soll.
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Die Mittagspause, noch auf der Ostseite, verbringen wir in einem kleinen Restaurant mit einem wunderbaren Blick aufs Meer und sehr gutem Essen. Die Bar ist großartig: eine Sammlung von Flaschen, alle möglichen Wurzeln, Blätter, Gewürze in Rum eingelegt.
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Wasserfälle hat die Insel – und was für welche! Zu einem davon wandern wir, vorbei an einem angelegten Garten mit allerlei blühenden Sträuchern, dann zeigt uns Paul hier eine Heilpflanze, dort einen Kaffee-Strauch und einen großen geraden hohen Baum, aus dem die Caribs ihre Kanus heraushauen. Außerdem sondert dieser Baum ein Harz ab, das man getrost als Weihrauch hernehmen kann, so gut riecht es und gegen die hiesigen Stechmücken soll es auch helfen. Dann schält Paul ein Stück Rinde eines anderen Baumes ab und hält es Andreas hin, es könnte die Manneskraft stärken.
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Weiter geht es nun durch den Regenwald auf gut befestigten Wegen zum Wasserfall, dem „Jako-Fall“, wo wir alle drei in das kühle Wasser eintauchen, der Wasserstrahl ist so stark, dass er einen fast wegfegt. Schade, dass man dieses intensive Grün und diese Pflanzenvielfalt nur teilweise auf den Fotos einfangen kann.
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Nun fahren wir über die Insel zurück zur Westküste durch das Tal des Layou River. Weiter unten an der Mündung sehen wir Berge von Schotter und Sand. Vor einigen Jahren hat ein Erdrutsch oben in den Bergen während der Regenzeit so viel davon nach unten geschwemmt, dass Brücken und Straßen zerstört wurden. Jetzt sind Baufirmen am Werk, die den Schotter und Sand verarbeiten, er wird auf Dominica genutzt und ist zudem ein wichtiger Exportartikel geworden, den die anderen Inseln, vor allem Guadeloupe, gerne abkaufen.

Zuletzt, die Sonne steht schon tief am Himmel, will uns Paul noch ein paar Iguanas, die hiesigen Chamäleons, zeigen. Eine kleine Hotelanlage mit schöner Restaurantterrasse und malerischem Sandstrand davor, der Sun Beach Club, lässt diese Tiere gerne als Attraktion in den Bäumen herum klettern und ruhen. Noch ein Kaffee und ein Sorrel-Saft mit Blick aufs Meer getrunken und das letzte Stück des Weges an der Küste in der Abenddämmerung zurück gelegt.
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Wir haben unsere Zeit deutlich überzogen, aber Paul war ein so begeisterter Guide und hat uns so viel erzählt auf unsere Fragen, uns so viele schöne Plätze gezeigt. Ein wundervoller übervoller Tag!