Papeete, Tahiti

31. August – 3. September 2016

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Pape‘ete: die Hauptstadt von Tahiti und gleichzeitig von ganz Französisch-Polynesien. Nach den ruhigen Ankerbuchten und dem abgeschiedenen Werftleben hat man den Eindruck, in einer Großstadt gelandet zu sein, so lebendig und vibrierend erscheint uns alles…
Wir liegen für drei Nächte im Stadthafen, die Uferpromenade vor uns, der Kai mit den Kreuzfahrtschiffen hinter uns. Ein großer Park ist gleich nebenan, in dem am frühen Abend Jogger traben, junge Leute abhängen und Familien unterwegs zum Spielplatz sind.
Die Marina ist ganz neu, mit warmen Duschen, Waschmaschinen, die ausnahmsweise mal richtig heiß waschen und sehr netten Leuten im Büro, die uns bei den Formalitäten für die Ausreise helfen und auch sonst alle Fragen beantworten können, mit denen die Segler so ankommen.
Wir wollen eine Gasflasche neu füllen lassen und brauchen eine Bestätigung vom Zoll um steuerfrei tanken zu können und auch Wein und evt. Bier kaufen zu können. Tanken ist kein Problem, aber beim Alkohol sind die Regeln strenger geworden: wir müssten von Papeete aus direkt Französisch-Polynesien verlassen, dann ginge das. Aber wir wollen noch die Inseln Moorea und Bora Bora besuchen. Schade, der Weingroßhändler hatte so viele gute Flaschen in seinem Lager!
Papeete hat eine kleine überschaubare Innenstadt mit vielen netten Läden, einem modernen Einkaufszentrum, einem großen überdachten Markt, wo am Sonntag in aller Herrgottsfrühe auch um den Markt herum Stände aufgebaut werden und bis zum Kirchgang um 10.00h alle Leute einkaufen gehen.

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Die Auswahl an schönen Sommerkleidern und Bademoden in den Läden ist scheinbar grenzenlos, überall flattern Pareos an den Straßenständen, ein Laden mit den buntesten Stoffen der Welt und gefühlt jeder zweite Laden bietet die berühmten schwarzen Tahiti-Perlen an.

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Die Perlen sind nicht wirklich schwarz, sondern von perlmuttfarben bis dunkelgrau und man kann die unterschiedlichsten Farbtöne finden, mal mit rosa, blauem oder grünem Schimmer. Erst einmal gehen wir in das private Perlenmuseum von Robert Wang, dem Perlenmogul von Tahiti und lernen ein bisschen was über die Geschichte der Perlen in der Südsee. Geübte Taucher sammelten die Muscheln ein und als die Europäer als Kundschaft einfielen, wurden die Meeresböden auf den Tuamotus und Gambier Inseln regelrecht abgegrast, so dass die Ausbeute immer geringer wurde.
Vor etwa 100 Jahren erfand schließlich Kichimatsu Mikimoto eine Methode, wie man die Muscheln erfolgreich zur Perlenproduktion anregen kann und heute gibt es im klaren und nährstoffreichen Wasser, immer noch auf den Tumaotus und den Gambier Inseln, viele viele Perlenfarmen. Die schwarzlippige Perlauster, außen ganz verkrustet und gar nicht schön anzusehen, wird ganz vorsichtig geöffnet und in den sog. „Perlensack“ wird ein Fremdkörper als Nukleus implantiert. Dafür nimmt man überwiegend kleine Süßwasserperlen, die von den Muscheln am besten vertragen werden. Um den Fremdkörper zu bekämpfen, bzw. ihn unschädlich zu machen, sondert nun die Auster ein Perlmutt-Sekret aus und innerhalb von vielen Monaten, bis zu fünf Jahren, entsteht dann mit etwas Glück eine wunderschöne Perle.
In den Läden kann man sie dann bewundern, in allen Größen, Farben und vor allem Formen. Die perfekten runden Perlen sind natürlich schön, aber es gibt auch tropfenförmige Perlen und dann welche mit Ausbuchtungen, barocke Perlen genannt, und auch die Unregelmäßigkeiten können ihre ganz eigene Schönheit haben.

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Auf einem schön angelegten Platz bei den Fähren stehen abends Roulottes, mobile Restaurants. Biergarten auf tahitianisch! In drei Reihen sind sie aufgestellt, dazwischen Tische und Stühle und wir haben die Auswahl zwischen chinesischen Gerichten, französischer und tahitianischer Küche, Pizza und Crépes. Es ist eine schöne Stimmung, warmes Licht, fröhliche Menschen und gutes Essen.

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Vor der Abfahrt ziehe ich noch einmal los zum Markt und fülle meinen Rolli mit allerlei Obst und Gemüse, vor allem freue ich mich über das große Bündel mit den kleinen süßen Ananas-Früchten und die schwere Tüte mit den köstlichen Mangos –die Saison hat endlich begonnen!
Ach ja – zwei Tage lang hatten wir das Vergnügen, eine Luxusyacht von ungefähr 60m Länge zu bewundern, sie gehört angeblich Leonardo di Caprio und man kann sie für eine Viertel Million pro Woche chartern. Welcher Segler überlegt nicht im Stillen, was wäre, wenn man eine Million im Lotto gewinnen würde… Jeden Tag von einer professionellen Crew umsorgt zu werden, jeden Tag einen Sundowner serviert zu bekommen, kein Kochen, Putzen, Reparieren mehr, keine Nachtwachen, keine gemütlichen Gespräche mehr bei einem Cockpit-Bierchen mit anderen Seglern… Haaalt!
Nein, die Muktuk würden wir momentan um nichts in der Welt hergeben und wie sollten wir sonst, wenn nicht auf unserem mobilen Zuhause so viele nette Leute kennen lernen, mit denen wir uns über alte und neue Reiseziele unterhalten können, und uns gegenseitig die neuesten Geschichten über ausgefallene Autopiloten, kaputte Wassermacher, gebrochene Wanten erzählen dürften. Tipps und tatkräftige Hilfe inclusive.

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Iaorana Tahiti!

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Bevor wir mit der Muktuk auf die Werft gingen, hatten wir ein paar Tage Zeit. Wir bekamen einen Mietwagen für das verlängerte Wochenende, auch hier war an Maria Himmelfahrt „ferragosto“ angesagt. Es gibt viel zu sehen, Wasserfälle, Museen, Ausgrabungsstätten…

Tahiti besteht aus zwei Inseln, die durch ein schmales Stück Land zusammengehalten werden: Tahiti-Nui, die größere und Tahiti-Iti, die kleinere. Ein schmaler Streifen Ebene, schwarzer Schotter, nur ganz selten heller Korallensand, dahinter erheben sich meistens grüne, unwegsam erscheinende Berge, dazwischen ab und an ein paar sanftere Hügel. Dort wird Obst und Gemüse angebaut, nur vereinzelt sieht man ein Häuschen. Dafür sind der Küstenstreifen und die Gegend um die Hauptstadt Papeete dicht besiedelt

Eine gut ausgebaute Straße führt einmal ganz um Tahiti-Nui herum und zwei Stichstraßen um Tahiti Iti, ein Stück der Ostküste ist für Autos nicht befahrbar. Ab und zu führt eine unbefestigte Straße in die Berge hoch: manchmal zu einem Ausflugsziel, meistens aber fährt man an Feldern und Wiesen entlang und endet an einem Privatweg.

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Der Botanische Garten, zum Verlaufen groß. Leider gab es viel zu wenige Informationen zu den Pflanzen.

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Pointe Venus: In der Bucht von Matavai, in der Nähe von Papeete, ankerte James Cook mit der „Endeavour“ wiederholte Male und sollte hier den Verlauf der Venus beobachten. Ihm zu Ehren wurde die Landzunge Pointe Venus genannt, heute ist ein schöner alter Leuchtturm das Wahrzeichen dieser Landzunge.

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Das Haus des Schriftstellers James Norman Hall, liebevoll als Museum erhalten. Hall schrieb mit seinem Freund Charles Bernard Nordhoff etliche Reiseberichte und Romane, der bekannteste davon ist „Meuterei auf der Bounty“.

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Das Plateau von Taravao: eine asphaltierte schmale Straße führt den Berg hinauf, vorbei an sanften grünen Wiesen mit braunen und bunt gescheckten Kühen vorbei. Wir fühlen uns wie im Allgäu, nur die vereinzelten Palmen am Wegrand irritieren ein bisschen.

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Oben ist eine Aussichtsplattform gebaut, mit Picknickplätzen, ein wunderbarer Blick auf beide Seiten der Landenge hinunter, die Buchten. Und offensichtlich auch ein beliebtes Fotomotiv für Brautpaare.

Plateau

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Das Marae de Arahurahu, eine Kultstätte an der Westküste, hier werden auch heute noch traditionelle tahitianische Riten und Tänze aufgeführt.

Tiki

Noch eine Cook-Bay im Osten der Insel, Feiertagsstimmung, überall am Ufer sitzen Leute in Gruppen zusammen, es wird gegrillt, gebadet. Und auch wir lassen uns von der guten Stimmung anstecken, fühlen uns für drei Tage lang wie waschechte Touristen.

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Auf dem Trockenen

Auf dem Trockenen

Fast zweieinhalb Jahre war die Muktuk nun im Wasser, seit wir die Generalüberholung in Galicien abgeschlossen haben. Nun müssen wir wieder raus, denn die Welle schlägt und das Antifouling muss erneuert werden.

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In der kleinen Marina in Port Phaeton gibt es allerdings keinen Travellift, sondern eine flache Rampe und eine Art Unterwasser-Tieflader, der unter das schwimmende Boot geschoben und dann mit Muktuk huckepack über eine flache Rampe an Land gezogen wird. Antriebsmaschine ist ein Traktor mit einer Seilwinde, die als 1:2 Flaschenzug mit dem Trailer verbunden ist. Damit der Traktor die Muktuk aus dem Wasser und nicht sich selbst ins Wasser zieht, muss er mit schweren Ketten am Boden verankert sein, bis die 26 Tonnen Muktuk plus ein paar Tonnen Trailer den waagerechten Bereich der Werft erreicht haben.

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Das Zugseil ist allerdings nicht lang genug, um die Aktion in einem Rutsch abzuschließen. Das heißt: auf halber Strecke Trailer mit dicken Leinen am Boden verankern, Zugseil lösen, Traktorverankerung lösen, Traktor zurücksetzen, neu verankern, Zugseil ausrollen, wieder am Trailer festmachen, Hilfsverankerung des Trailers lösen, weiter geht’s. Oben angekommen kann der Traktor schließlich – mit durchdrehenden Reifen, aber immerhin – Muktuk zu ihrem Standplatz bugsieren, unter dem Trailer werden Metallstützen aufgebaut, der Trailer hydraulisch etwas gesenkt und wir stehen an Land. Dauer der Aktion: vier Stunden.

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Eine Woche wollen wir am Hart bleiben, deshalb geht die Arbeit gleich los. Birgit befreit mit dem Hochdruckreiniger der Werft den Rumpf von Algen, Seepocken und losem Alt-Antifouling, während ich die Welle ausbaue. Ganz so einfach ist das allerdings beides nicht. Der altersschwache Hochdruckreiniger hat einen kaputten Netzstecker, den wir erst einmal reparieren müssen. Als er auch danach noch ständig die Sicherungen des Netzanschlusses herauswirft, entdecken wir im Kabel eine geflickte Stelle, die den Kurzschluss produziert. Schließlich läuft er zwar, aber leckt derartig, dass bei Arbeit über Kopf (also praktisch immer) ein dünner Wasserstrahl erst in den Ärmel und weiter in T-Shirt und Hose läuft. Binnen kurzem ist Birgit klatschnass. Hilft aber nichts, der Bewuchs muss ab, bevor er eintrocknet.

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Als ich die Welle draußen habe, kommt die nächste Überraschung: das Schlagen bei höheren Drehzahlen kommt nicht von einer vermeintlich verbogenen Welle, sondern vom komplett abgearbeiteten Wellenlager. Dieses Lager ist ein 20 cm langes Bronzerohr, das innen mit einer 8 mm starken Hartgummi-Schicht ausgekleidet ist. D.h. sein sollte, denn vom Gummi ist fast nichts mehr übrig. Das Bronzerohr steckt hinten im Wellentunnel im Rumpf und schaut nur 3 mm weit heraus. Das Lager muss ausgewechselt werden, aber zuerst einmal muss es raus. Nur wie? Von vorne kommt man nicht dran, und hinten hat man nichts zum angreifen.

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Nach den ersten vergeblichen Versuchen hole ich mir Hilfe beim Mechaniker der Werft. Er ist zunächst ganz zuversichtlich, aber nachdem sein Abzieher auch nicht greift, schüttelt auch er pessimistisch den Kopf. Um den langen Kampf kurz zu machen: wir sägen, klopfen, stemmen, meißeln, konstruieren spezielle Werkzeuge, schweißen Abzieher, ruinieren zig Muttern und Gewindestangen. Nach vier Tagen harter Arbeit ist das Ding endlich draußen. Puh!

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Mittlerweile ist der Rumpf mit Epoxy und Tiecoat ausgebessert, die erste Lage Antifouling gestrichen, die rote Farbe am Rumpf teilweise erneuert. Dass es praktisch jeden Tag regnet, macht das Streichen nicht gerade einfacher. Welle, Propeller und Flansch sind gereinigt und poliert, die gebrochenen Gewindestifte des Motorlagers ersetzt. Morgen soll das neue Wellenlager kommen, denn wir haben Glück, ein (fast) passendes auf Tahiti gefunden zu haben. Ansonsten hätten wir nämlich mindestens eine Woche auf die Lieferung aus Frankreich warten müssen. So aber können wir hoffentlich am Wochenende alles wieder zusammenbauen.

Maschine

Stift

Stifte

Das wird auch Zeit. Das Leben am Hart ist alles andere als angenehm. Das fängt schon damit an, dass wir die Bordtoilette aus anderenfalls allzu nahe liegenden Gründen nicht benutzen können (außerdem fehlt ja das Spülwasser), und der Weg zur Werfttoilette führt einmal ganz ums Hafenbecken herum. Zwischen den Anstrichen sind auch Spüle und Waschbecken Tabu, denn auch das Grauwasser läuft ja außen die Bordwand herunter. Im Schiff fressen uns Tag und Nacht die Mücken auf. Alles in allem kein angenehmer Aufenthalt. Wir hoffen sehr, dass Muktuk Anfang nächster Woche den Rückweg in ihr Element findet.

Aber gelohnt hat sich die Aktion in jedem Fall. Hier ein vorher/nacher Bild zum Beweis:

vorher

nachher

O’Tahiti

Wolken

„Ein Morgen war’s, schöner hat ihn schwerlich je ein Dichter beschrieben, an welchem wir die Insel O-Tahiti, 2 Meilen vor uns sahen. Der Ostwind, unser bisheriger Begleiter hatte sich gelegt; ein vom Lande wehendes Lüftchen führte uns die erfrischendsten und herrlichsten Wohlgerüche entgegen und kräuselte die Fläche der See. Waldgekrönte Berge erhoben ihre stolzen Gipfel in mancherley majestätischen Gestalten und glühten bereits im ersten Morgenstrahl der Sonne. Unterhalb derselben erblickte das Auge Reihen von niedrigern, sanft abhängenden Hügeln, die den Bergen gleich, mit Waldung bedeckt, und mit verschiednem anmuthigen Grün und herbstlichen Braun schattirt waren. Vor diesen her lag die Ebene, von tragbaren Brodfrucht-Bäumen und unzählbaren Palmen beschattet, deren königliche Wipfel weit über jene empor ragten…

Eine halbe Meile vom Ufer lief eine Reihe niedriger Klippen parallel mit dem Lande hin, und über diese brach sich die See in schäumender Brandung; hinter ihnen aber war das Wasser spiegelglatt und versprach den sichersten Ankerplatz…

Die Einwohner erwachten und die Aussicht begonn zu leben.

Kaum bemerkte man die großen Schiffe an der Küste, so eilten einige ohnverzüglich nach dem Strande herab, stießen ihre Canots ins Wasser und ruderten auf uns zu. Es dauerte nicht lange, so waren sie durch die Öffnung des Riefs, und eines kam uns so nahe, daß wir es abrufen konnten. Zwey fast nackte Leute, mit einer Art von Turban auf dem Kopfe und mit einer Scherfe um die Hüften, saßen darinn. Sie schwenkten ein großes grünes Blatt in der Luft und kamen mit einem oft wiederholten lauten Tayo! heran, ein Ausruf, den wir ohne Mühe und ohne Wörterbücher als einen Freundschafts-Gruß auslegen konnten. Das Canot ruderte dicht unter das Hintertheil des Schiffs, und wir ließen ihnen sogleich ein Geschenk von Glas-Corallen, Nägeln und Medaillen herab. Sie hinwiederum reichten uns einen grünen Pisang-Schoß zu, der bey ihnen ein Sinnbild des Friedens ist, und baten solchen dergestalt ans Schiff zu befestigen, daß er einem jeden in die Augen fiele…

In weniger als einer Stunde umgaben uns Hunderte von dergleichen Fahrzeugen in deren jedem sich ein, zwey, drey zuweilen auch vier Mann befanden. Ihr Vertrauen zu uns gieng so weit, das sie sämmtlich unbewaffnet kamen…

Sie brachten uns Coco-Nüsse und Pisangs in Überfluß, nebst Brodfrucht und anderen Gewächsen, welche sie sehr eifrig gegen Glas-Corallen und kleine Nägel vertauschten. Stücken Zeug, Fisch-Angeln, steinerne Äxte, und allerhand Arten von Werkzeugen wurden gleichfalls zum Verkauf ausgebothen und leicht angebracht…

Die Leute, welche uns umgaben, hatten so viel Sanftes in ihren Zügen, als Gefälliges in ihrem Betragen. Sie waren ohngefähr von unserer Größe, blaß mahagony-braun, hatten schöne schwarze Augen und Haare, und trugen ein Stück Zeug von ihrer eignen Arbeit mitten um den Leib, ein andres aber in mancherley malerischen Formen, als einen Turban um den Kopf gewickelt. Die Frauenspersonen, welche sich unter ihnen befanden, waren hübsch genug, um Europäern in die Augen zu fallen, die Jahr und Tag nichts von ihren Landsmänninnen gesehen hatten…

In dem vor uns liegenden Rief befand sich eine Öfnung, und dies war der Eingang zu dem auf der kleinern Halb-Insel von O-Tahiti gelegenen Haven Whai-Urua. Wir sandten deshalb ein Boot aus, um beydes, die Einfahrt und den Haven selbst sondieren zu lassen… Wir lagen der Küste so nahe, daß wir schon das Quiken junger Ferkel hören konnten, und dieser Ton klang uns damals lieblicher als die herrlichste Music des größten Virtuosen.“

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Zitiert nach:

Georg Forster: Reise um die Welt. Hrsg. und mit einem Nachwort von Gerhard Steiner. Frankfurt am Main: Insel tb, 1983. S. 241ff (Der Text beruht auf der von Forster betreuten 2. Auflage, Verlag Haude und Spener, Berlin 1784)

Georg Forster und sein Vater Johann Reinhold Forster, waren als Naturforscher mit an Bord der „Resolution“ auf der zweiten Expedition von James Cook von 1772-1775. Georg, zu Beginn der dreijährigen Reise erst 17 Jahre alt, als genauer Zeichner und als Übersetzer und Sprachtalent in seiner Wahlheimat England bereits bekannt, verfasste nach seiner Rückkehr ein umfangreiches Stück Reiseliteratur, das sich auch heute noch spannend liest. Er beschränkte sich nicht nur auf Naturbeschreibungen sondern beobachtete sehr genau die jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisse der Völker. Humanistische Aufklärung prägte seinen Blick auf die Menschen, denen er begegnete.

Wenn man will, kann man viel Südseeromantik herauslesen: angenehme Temperaturen, malerische Natur, Obst und Gemüse im Überfluss, freundliche liebenswürdige Menschen. Dafür muss man aber die Passagen über die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Herrschern der einzelnen Täler und benachbarten Inseln gründlich überlesen, ebenso die Beschreibungen der drei (eigentlich vier) verschiedenen gesellschaftlichen Klassen, vergleichbar mit einem feudalen System. Auch die viel gepriesene lockere und offenherzige sexuelle Moral der „Südsee“ beschränkte sich bei genauerer Betrachtung auf einige wenige Frauen, die zu den Matrosen auf die Schiffe kamen. Die Ehefrauen und Töchter der Adeligen waren unantastbar.

Und trotzdem setzte sich ein anderes Bild von Tahiti als „Garten Eden“ durch, in dem die „edlen Wilden“ naiv und glücklich, unverdorben von den Einflüssen der Zivilisation leben. Vor allem Louis Antoine de Bougainville prägte dieses, der als erster Franzose die Welt umsegelte und auf Tahiti eine Woche lang blieb – nur wenige Jahre vor Forster.

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Rund 240 Jahre später…
Nach einer Überfahrt von 300 sm von unserem Atoll empfängt uns Tahiti am 8. August mit einem riesigen Regenbogen. Mit dem letzten Abendlicht und mit Hilfe von GPS, Leuchtfeuer und roten bzw. grünen Tonnen finden wir den Pass Tapueraha durch das Riff. Draußen toben die Wellen und innen ist es ruhig wie ein Ententeich. Ein Pisang- oder Bananenblatt brauchen wir heutzutage nicht mehr, es reicht die Gastlandflagge von Frankreich bzw. Französisch-Polynesien.
Ein Ausleger-Kanu fährt vorbei, ein sportlicher Zeitvertreib nach Feierabend, später sausen gut motorisierte Fischerboote zur nächtlichen Tour ans Außenriff. Vom Ufer her sehen wir viele Autolichter, und frühmorgens hören wir die Hähne krähen.
Tags darauf tuckern wir gemütlich zwischen Festland und Riff bis Port Phaeton, die elektronisch Seekarte und die Riffkanten fest im Blick.

Am Riff liegen auch tagsüber Boote, fahren Touristen zum Tauchen und Schnorcheln dorthin. Am Ende kämpfen noch mit ein paar Fallwinden und fädeln endlich unsere Leinen an einer Mooring-Boje ein. Hier bleiben wir ein Weilchen…
Neben uns liegt die Werft, weiter vorne das Örtchen Taravao, genau an der Landenge zwischen Tahiti Nui (Gross) und Tahiti Iti (Klein). Wir heben das Dinghi ins Wasser und fahren an Land. Keine 500m vom Ufer entfernt befindet sich ein Einkaufszentrum mit einem Carrefour (freiem Internet inclusive). Ein französischer Supermarkt mit eingeflogenem Käse, Pasteten und Salami, fünferlei Baguette-Sorten und allerlei Gemüse aus Europa.
Taravao hat zwei langgezogene Hauptstraßen mit allen nötigen Läden, die man brauchen kann, angefangen von der Apotheke und der Post, über Tankstellen, Elektroartikel, Bekleidung und dazwischen die große katholische Kirche, die Gendarmerie und der kommunale Markt, hier mit Kunsthandwerksständen bestückt, die Pareos, Schmuck mit schwarzen Perlen, geflochtene Taschen und Monoi-Öl anbieten.
Kleine Straßenstände an denen tagsüber Fisch oder Früchte angeboten werden und sogenannte Roulottes, fahrbare Imbissbuden für den abendlichen Hunger, und ein paar Restaurants. Wir entscheiden uns für ein uriges Lokal mit französischer Küche, und feiern unser Ankunft mit Entenbrust und foie gras!

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Tuamotus

StrandPalmen

31. Juli bis 6. August 2016

Auf den Tuamotus hatten wir kein Internet und das Blogschreiben über Funk ging auf einmal auch nicht, also hinken wir mit unseren Berichten etwas hinterher.

Unser Ankerplatz im Atoll Tahanea was kurzzeitig richtig voll – es kamen noch zwei weitere Boote an, so dass wir auf einmal zu fünft da lagen.

Auf unserem ersten Spaziergang hatten wir ein kleines Häuschen entdeckt, mit einer Feuerstelle davor. Die Gelegenheit, mal wieder zu Grillen! Also alle Segler gefragt, ob sie mitmachen wollten, am Nachmittag noch Holz gesammelt und mit der untergehenden Sonne versammelten sich alle ums Feuer. Es wurde ein schöner Abend mit neuen und schon bekannten Seglern und vielen spannenden Geschichten.

Sonnenuntergang

Und was macht man sonst so in einem unbewohnten Atoll? Mal wieder eine Nacht durchschlafen, Kuchen und Brot backen, viel Lesen und immer mal wieder am Strand spazieren gehen, die vielen Einsiedlerkrebse bewundern, wie sie unermüdlich an Pandanus-Nüssen schaben, um die Schale zu knacken, ihre Spuren im Sand bewundern, Moränen bei Niedrigwasser zwischen den Korallenblöcken aufscheuchen, seltene Vögel beobachten, Strandgut mitnehmen, Schnorcheln gehen. So viele verschiedene bunte Fische auf einmal wie an dieser Riffkante haben wir auf unserer Reise bisher noch nie gesehen.

Einsiedlerkrebs
Einsiedlerkrebs

Spuren
… und seine Spuren im Sand

Am letzten Nachmittag gingen wir noch einmal „am Rand“ spazieren, Palmenherzen für einen Salat holen, ein paar Muscheln sammeln und Fischchen im seichten Wasser der Lagune anschauen, da stolperte ich fast über einen kleine Pulpo (Oktopus), der gemütlich auf einer Koralle saß. Andreas griff ihn schnell, bevor er ins tiefere Wasser abhauen konnte.

Abends kam der Pulpo in den Kochtopf, er war ganz köstlich und zart – und wir erinnerten uns an unseren ersten Pulpo vor vielen Jahren im Casa Susu in Galicien! Mit einem Glas Weißwein dazu, einmal die Augen schließen und für einen Moment waren wir wieder in Pobra do Caraminal…

Koralle

Moräne
Moräne

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Borstenbrachvogel, ein seltener Zugvogel, der im Sommer in Alaska brütet und in Ozeanien überwintert

Uwasserfisch
Papageienfisch

Uwasserkorallen

Am Rand

Nach zwei Monaten auf den Marquesas fiel uns der Abschied schwer, wir hätten locker noch einmal so lang bleiben können. Aber wenn wir dieses Jahr noch in Neuseeland ankommen wollen, müssen wir langsam weiter. 550 Seemeilen sind es zu den Tuamotus, vier Tage haben wir gebraucht. Von Kua und Teiki hatten wir eine Dinghyladung voll Obst bekommen, das hätte bis Neuseeland gereicht.

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Eigentlich keine lange Strecke, eigentlich kein schweres Wetter, aber anstrengend war es trotzdem. Das lag zum einen an zwei Fronten, die über uns durchgegangen sind und 7er Böen, wechselnde Windrichtungen und Regengüsse mitbrachten, zum anderen waren wir beide von einer Art Grippe geplagt, so dass wir einfach nicht fit waren und die Überfahrt nicht so recht genießen konnten.

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Jetzt sind wir aber heil angekommen. Die Tuamotus bestehen aus 77 Atollen, wir haben uns Tahanea ausgesucht, weil dort die Einfahrt relativ leicht ist. Tahanea hat etwa die Fläche des Bodensees, und wie jedes Atoll besteht es im Wesentlichen nur aus Rand. Dieser Rand ist aus Korallen, schaut im Schnitt ein bis zwei Meter aus dem Wasser. An einigen Stellen hat sich Sand angelagert, so dass ein paar Palmen darauf wachsen können. Das flache Wasser vor diesen „Motos“ hat eine unverschämt türkisblaue Farbe, man könnte glatt meinen, man wäre in der Südsee.

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Tahanea ist unbewohnt, und als wir gestern ankamen, waren wir das einzige Boot in der Lagune. Stellt euch vor – der Bodensee ganz für euch alleine! Mittlerweile sind allerdings zwei weitere Boote angekommen. Wir müssen wohl mal ein ernstes Wörtchen mit unserem Reiseveranstalter reden.

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Wenn man Glück hat, gibt es im Rand der Atolle eine oder gar mehrere Lücken, durch die man mit dem Boot in die Lagune hineinfahren kann. Wann und wie man das kann, ist aber nicht so einfach. Da gibt es zum einen die Gezeiten. Auch wenn der Tidenhub hier sehr gering ist (etwa ein halber Meter), sorgt er doch für starke Strömungen in den Pässen, so dass man am besten bei Niedrigwasser, wenn der Gezeitenstrom kippt, ein- und ausfährt. Das kommt aber nur zweimal am Tag vor. Zum anderen braucht man eine hoch am Himmel stehende Sonne, und zwar im Rücken, so dass man im Wasser die Untiefen und Korallenblöcke erkennen kann. Diese „Augapfelnavigation“ ist hier unverzichtbar, denn die Atolle sind nicht oder nur unvollständig kartiert. Aber alles gleichzeitig, Stillwasser, Sonne und passender Sonnenstand… da muss man schon Glück haben.

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Es wird aber noch komplizierter. Wenn es draußen ordentlich Seegang hat (und wir hatten über Tage hinweg zwei Meter), rauschen die Wellen an vielen Stellen über den Rand des Atolls und füllen die Lagune mit Wasser. Weil sich im Inneren mangels Anlaufstrecke kein hoher Seegang aufbauen kann, kann das Wasser aber nicht auf dem selben Weg wieder hinaus, sondern nur durch die Pässe. Deshalb ist der bei Ebbe herauslaufende Strom dann sehr viel stärker (bis zu 15 Knoten) als der bei Flut einlaufende (maximal 5 Knoten). Oder der Flutstrom beginnt erst Stunden nach Niedrigwasser zu laufen. In extremen Wetterlagen läuft selbst bei Flut immer noch Wasser heraus, nur etwas langsamer als bei Ebbe.

Mit unserer lädierten Welle machen wir unter Maschine gerade mal zweieinhalb Knoten Fahrt (ohne Gegenwind), so dass wir nicht viel Spielraum für Gegenstrom haben. Gestern hatten wir aber Glück: wir haben den Pass zum Zeitpunkt des stärksten Flutstroms passiert, und in Kombination mit dem über den Rand schwappenden Wasser ergab sich gerade mal ein einwärts setzender Strom von zwei Knoten. Schwupps waren wir drin. Aber bis zuletzt war es spannend.

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Tatau auf den Marquesas

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Die Tätowierung, bzw. Tatauierung (Polynesisch) auf den Marquesas ist ein Bestandteil ihrer austronesischen Kultur, die sie mitgebracht hatten, als die Inseln besiedelt wurden. Hier, durch ihre isolierte Lage, entwickelten sich ganz eigene Motive und die Kunst der Tatauierung erreichte eine einzigartige Perfektion. Die Männer erhielten im Teenager-Alter in einer speziellen Zeremonie die ersten Tatauierungen und im Laufe ihres Lebens wurde nach und nach der ganze Körper mit Zeichnungen und Mustern bedeckt. Die Frauen allerdings durften sie nur hinter den Ohren, an Armen, Händen und Beinen tragen.

Tatauierungen waren kostspielig, die Meister wurden meist in Schweinen bezahlt, so dass die Anzahl der Verzierungen sicher auch ein Zeichen des sozialen Status innerhalb eines Stammes bedeutete.

Die ersten Zeichnungen der Tatauierungen gab es von der russischen Expedition unter Krusenstern um 1800. Die schönsten aber hat Karl von den Steinen in seinem dreibändigen Werk „Die Marquesianer und ihre Kunst“ festgehalten. Als er 1897 die Inseln bereiste, fand er allerdings nur noch unter den über 40jährigen Männern Tatauierungen vor. Die Missionare und die französische Kolonialregierung hatten in den vergangenen Jahrzehnten sehr erfolgreich das Verbot der Körperbemalung durchgesetzt, , ebenso wie sie viele andere zeremonielle Traditionen verbaten. Also suchte Karl von den Steinen in entlegenen Tälern und auf der Insel Ua Pou, wo die Gendarmerie nicht alles kontrollieren konnte, alte Tataumeister auf und ließ sich u.a. von ihnen die Motive und Verzierungen aufzeichnen.

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Erst 1985 hob der damalige Bischof der Marquesas Le Cleac’h das offizielle Verbot auf. Dank der Vorlagen aus verschiedenen Büchern, hauptsächlich aber aus dem Werk von Karl von den Steinen, konnte diese Tradition wieder aufleben. Sein Werk ist heute die „Bibel“ der Tataumeister.

Inzwischen ist fast jeder Mann auf den Inseln tatauiert, einige wenige sind über und über mit Zeichnungen bedeckt. Die meisten haben eine Schulter, oder Teile des Oberkörpers oder der Oberschenkel ausgewählt, andere wiederum haben auch im Gesicht Tatauierungen, entweder halbseitig oder vom Hals ausgehend über das Kinn. Oft sieht man auch „work in progress“, wenn schon die Umrisse des nächsten Musters eingezeichnet sind und im nächsten Schritt ausgefüllt werden müssen. Auch viele Frauen tragen inzwischen wieder Tatauierungen, und nicht nur hinter dem Ohr und an den Armen, manchmal sieht man auch auf dem Rücken eine schöne Verzierung.

In früheren Jahrhunderten gab es wohl überwiegend ornamentale Tatauierungen, in der Zeit zwischen den Expeditionen von Krusenstern und den Forschungsarbeiten von Karl von den Steinen kamen auch stilisierte Darstellungen von Menschenköpfen und Tieren dazu. Bischof Le Cleac’h wiederum hat das „marquesianische Kreuz“ eingeführt, das zwischen den Ornamenten auch überall auftaucht und mit Stolz getragen wird.

Seitdem Tatoos auch in der westlichen Welt gesellschaftsfähig geworden sind, legen sich viele Touristen hier unter die Nadel. Und natürlich auch sehr viele Segler, jeder zweite, so scheint es, fährt mit einem Souvenir auf der Schulter oder am Oberarm weiter. Es ist tatsächlich nicht einfach, sich der Faszination dieses Körperschmucks zu entziehen, wenn er hierzulande mit solch einem Stolz getragen wird.

Tänzer

Krieger

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Ganzkörper

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Der große Feiertag auf Nuku Hiva

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8Umzug

Wir liegen wieder in der schönen weitläufigen Bucht von Taiohae auf Nuku Hiva. Es ist der 14. Juli, Nationalfeiertag im „Mutterland“ Frankreich und auch hier ein großer Tag zum Feiern. Das Wetter macht mit, der Regen vom Vortag ist einem strahlenden Sonnenschein gewichen.
Bereits um 8h werden feierlich die Flaggen Frankreichs, Französisch-Polynesiens und den Marquises hoch gezogen. Um 9h versammeln sich die Gruppen zum Festzug und ziehen einige hundert Meter an der Uferpromenade entlang bis zur Festhalle neben dem Rathaus. Am Tag zuvor wurde bereits ein großer Baldachin aufgespannt, mit viel Grün und Blumen geschmückt, Stühle darunter aufgestellt. Da sitzen in der ersten Reihe die weltlichen und kirchlichen Würdenträger, dahinter etliche ältere Damen, alle in bunten Kleidern und mit schönen Blumenkränzen auf dem Kopf.

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Erst kommen die Kindergarten-Kinder mit ihren Tanten, dann die Pfadfinder, ein paar Sportgruppen, die Fischer-Genossenschaft, verschiedene Vereine und einige Tanzgruppen. Nicht nur die Tanzgruppen führen ein bisschen was vor, fast alle tanzen mindestens ein paar Schrittfolgen der traditionellen Tänze. Eine kurze Ansprache für den Bürgermeister, eine Blumenkette wird überreicht, dann verteilen sie sich auf den Uferwiesen.

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Begleitet werden sie alle von fünf Trommlern, die in der prallen Sonne neben dem Zelt stehen und unermüdlich die wildesten Rhythmen produzieren!

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Die Feuerwehr sorgt mit ihrem Auftritt für unfreiwillige Komik. Sie marschieren in voller Montur auf, schwere Stiefel, schwarze Uniform, silberne Helme und sollten linksrum sich drehen, um vor dem Bürgermeister stehen zu bleiben. Der Chef aber gibt den Befehl, rechtsrum! Und so drehen sie sich zum Meer und zeigten ihm den Rücken. Großes Gelächter… verwirrte und verlegene Gesichter, aber dann probierten sie es noch mal, und alles ist gut.

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Am Schluss zeigen sich noch die Reiter – in phantasievollen Verkleidungen und mit kunstvollen Paradeschritten führten sie ihre Pferde vor und jeder macht respektvoll Platz. Pferde sind hier noch sehr oft im Einsatz, viele kleine Wege und steile Hänge können nur mit ihrer Hilfe bewältigt werden.

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Neben der Veranstaltungshalle wurden in den letzten Wochen etliche Bauten aufgestellt, Restaurantzelte, Buden… Zwischen den Zelten fängt gleich nach dem Umzug eine der Tanzgruppen an zu tanzen, immer in Begleitung der Trommler.

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Aber der Höhepunkt des Tages war die Darbietung der Gruppe von Fabienne, aus einem der Täler des Ortes.
Vor vier Wochen etwa hatten wir die Gelegenheit eine Probe an einem Abend mit anzuschauen. Fabienne, ganz die strenge Tanzlehrerin und voller Leidenschaft, arbeitete konzentriert mit den Laientänzern aus ihrem Viertel, jung und alt. Jeden Abend, fünf Tage die Woche wurde einstudiert. Von den Proben kannten wir schon etliche der Lieder und Tänze, so dass wir uns auch auf die Kostüme konzentrieren konnten: mit so viel Liebe zum Detail hergestellt, alles aus Naturfasern, Palmenblätter, geflochten oder geringelt, Federn, der Hals-Schmuck aus geschnitzten Knochen bei den Männer, dazu phantasievolle Gürtelschnallen. Die Tätowierungen kommen bei diesen Darbietungen so richtig zur Geltung, mit etwas Ruß die Gesichter geschwärzt und schon sehen die Jungen und Männer ganz schön martialisch aus.
Wir sind von dem Gesamteindruck erschlagen! So unglaublich rasant und schön haben sie getanzt, eine tolle Choreographie war das. Alle diese Tänze zeigen keineswegs eine Südsee-Idylle, es sind eher Kriegstänze, erzählen von Überfällen, Anschleichen, Kämpfen…

Fab2

Fab3

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Am Nachmittag gibt es allerlei Spiele und Wettbewerbe: Boule, Kokosnüsse schälen, klopfen und raspeln, Tauziehen. Die Menschen sitzen in Gruppen zusammen, in der Halle, zwischen den Zelten, am Ufer im Gras, essen, trinken, Kinder hüpfen herum, mit Eis oder Zuckerwatte in der Hand, eine schöne Festtagsstimmung.
Später tritt noch eine Musikgruppe namens „Takanini“ auf, sie zeigen ein sehr schönes Musikvideo, traumhafte Aufnahmen von den Bergen der Inseln, den Menschen, Tänze.
Auf youtube kann man die Videos auch anschauen:


Den ganzen Juli über wird gefeiert, auf allen Inseln, jedes Wochenende hat ein spezielles Programm mit Misswahlen, Tanzwettbewerben, bei denen die besten Gruppen der Orte bzw. der Inseln gekürt werden, danach bis nach Mitternacht Disco.
„Rikuheeee! Rikuhiiii!…“, so beginnt der Refrain eines der beliebtesten Lieder, und der begleitet uns noch einige Tage als Ohrwurm (anhören).
Wie gern bliebe ich noch hier, aber wir müssen bald weiter und uns von diesen zauberhaften Inseln verabschieden.

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24 Stunden

67 Seemeilen sind es von unserer Ankerbucht auf Tahuata bis zur nächsten Insel, Ua Huka, im Nordwesten. Die Windrichtung passt auch, Halbwindkurs, dennoch müssen wir mit mehr als 12 Stunden Fahrt rechnen. Um bei Tageslicht anzukommen, müssen wir also über Nacht segeln. Um 17 Uhr gehen wir Anker auf.

Na ja, jedenfalls bis die vordere Rolle der Ankerwippe bricht. Die Ankerwippe ist eine kippbar gelagerte Vorrichtung mit zwei Rollen im Bug, über die beim Ankern die Kette läuft (Kippe nach unten geklappt), und in der der Schaft des Ankers lagert (Kippe nach oben geklappt), wenn er oben ist.

Bricht die Welle der vorderen Rolle, verwandelt sich das ganze Ding in eine Menge klapperndes Blech, das von der Kraft der Ankerwinsch so verbogen wird, dass sich der Anker nicht mehr ganz heben lässt. Langsam aus der Bucht heraus tuckernd (ihr erinnert Euch: aktuell nur 1000 Umdrehungen), versuchen wir mit um den Anker geschlungenen Leinen das 35 kg schwere Ding frei- und an Deck zu bekommen. Eine der Leinen führt über eine quer über dem Bugkorb angebrachte Stange, in die die vordere Enden unserer Spinnakerbäume eingeklinkt sind. Oder besser gesagt: waren, denn der Zug auf den Leinen ist wohl doch ein wenig stark, zu stark jedenfalls für die Querstange, die in der Mitte durchbricht.

Spistange

Also gut: Anker geborgen und gesichert, provisorische Querstange für die Spibäume montiert, Spibäume dort eingehängt, hintere Halterungen der Spibäume auch wieder zurechtgebogen, wir können Segel setzen. Als die Genua, das große Vorsegel, steht, entdeckt Birgit einen etwa 15 cm langen vertikalen Riss im Tuch, nahe an der Kante des aufgenähten UV-Schutz-Streifens. Hmm… bei leichtem Wind vielleicht kein Problem, aber wenn es aufbrist, kann sich der Riss leicht vergrößern, dann haben wir ein Problem. Also rollen wir die Genua weg und setzen stattdessen die kleinere Fock. Wir sind auch so schnell genug und kommen am Morgen auf Ua Huka an.

Die Bucht ist allerdings deutlich weniger geschützt als erhofft. Immer wieder fegen Windböen hinein, auch der hereinlaufende Schwell ist uns nicht geheuer, also nichts wie wieder heraus. Den botanischen Garten, den wir hier besichtigen wollten, müssen wir leider vom Programm streichen. Wir haben aber Glück, denn vier Seemeilen weiter westlich finden wir in einer anderen Bucht bessere Bedingungen. Mittlerweile ist es Mittagszeit, bis der Anker fällt.

Nach dem Essen ist der Ausbau der Ankerwippe angesagt. Dazu muss die Ankerkette entlastet und weggebunden werden und das Stau-Abteil ganz vorne im Bug leergeräumt, damit man die Kontermuttern der Schrauben erreichen kann. Auf dem Rücken liegend kommt einer mit langem Arm gerade so an die Muttern heran, während der andere von oben die Schrauben löst. In der Werkstatt zerlege ich dann die Wippe, klopfe das Blech wieder einigermaßen gerade und ersetze die Halterung der vorderen Rolle. Dann wieder Akrobatik, festschrauben, einräumen, Kette wieder draufsetzen, erledigt. Halb vier.

Wippe

Wir rollen die Genua aus und ziehen das Segel aus dem Profilstag an Deck, um an den Riss heranzukommen. Ausmessen, Flicken zurechtschneiden und auf beiden Seiten anbringen, provisorisch festkleben, damit sie nicht verrutschen. Dann steht ein knapper halber Meter Naht an. Klingt gar nicht so viel, aber auf der einen Seite sind fünf Lagen Stoff zu durchstechen (zwei Flicken, doppelter UV-Schutz und eine Lange Segeltuch). Selbst mit dem Segelmacher-Handschuh keine leichte Arbeit. Birgit will sich aber nicht ablösen lassen, die letzten Stiche macht sie mit der Stirnlampe.

Um das Segel wieder hochzuziehen, führen wir das Fall, das auf der Backbordseite aus dem Mast tritt, über die Mastwinsch an Backbord. Birgit fädelt vorne das Segel ein, ich kurble. Jedenfalls so lange, bis ich die gesamte Winsch samt Kurbel in der Hand habe. Von den fünf Befestigungslöchern des Winschsockels (immerhin ein ca. 5mm starkes Bronzegussteil) sind fünf korrodiert und weggebrochen. Das war’s dann mit der Winsch. Wir denken uns eine Leinenführung aus, mit der wir das Fall über zwei Blöcke (Umlenkrollen) bis zu einer der großen Winschen im Cockpit führen können und schaffen es so, die Genua wieder zu setzen. Eingerollt, fertig.

Winsch

Zugegeben – der Titel des Beitrags ist irreführend. Es ist schon nach sieben, es waren also 26 Stunden. Zeit fürs Abendessen. Eine der Lampen in der Kombüse ist kaputt. Das Birnchen ist durchgebrannt. Was soll’s.

Nein: nicht alle Tage sind so. Überhaupt nicht. Aber der Spruch: Langzeitsegeln heißt, sein Schiff an den schönsten Orten der Welt zu reparieren, kommt nicht von ungefähr.

Tahuata, Marquesas

Anfang Juli

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Ein Gitarrenakkord, dazu die Stimme der Vorsängerin: „Fatueeeh iiihh…“ und die Gemeinde fällt in den Gesang ein. Ein katholischer Gottesdienst zu Ehren des Bischofs, der die Gemeinde besucht, es ist Freitag Nachmittag, die letzten Sonnenstrahlen fallen in die kleine Kirche von Hapatoni.

Blumenschmuck überall, sieben Bankreihen, ein Mittelgang, auf jeder Seite haben 4-5 Erwachsene Platz, dazwischen wuseln Kinder herum, die Kleinsten werden immer mal wieder herum gereicht und geherzt. Weitere Stühle werden hereingebracht, jeder soll sitzen können, so auch wir Segler, die herzlich begrüsst werden. Wir verstehen nicht viel, die Lieder sind auf Marquesianisch, die rezitierten Bibeltexte ebenfalls und der Bischof predigt auf Französisch. Und von Draußen hört man die Brandung, die laut durch die Steine des Ufers rauscht.

Es wird sehr viel gesungen im Gottesdienst, mehrstimmig und stimmsicher, und ganz ohne Gesangbuch, manchmal auch im Wechselgesang der Frauen und Männer. Es klingt so schön und die Freude daran sieht man den meisten deutlich an. Eine ganz eigene familiäre Stimmung herrscht in dem Raum und hinterlässt auch bei uns einen starken Eindruck.

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Kirche von Hapatoni

Eigentlich wollten wir nach Fatu Hiva segeln, wo Thor Heyerdahl vor 80 Jahren etliche Monate zusammen mit seiner jungen Frau als Aussteiger gelebt hat und wo er seine ersten Ideen über die Besiedelung Polynesiens entwickelte, die er dann mit der Kon Tiki beweisen wollte. Aber der Wind drehte und wir hätten noch länger kreuzen müssen, so dass wir beschlossen, die nächste Insel Tahuata anzulaufen.

Hier in der Bucht Hanatefau liegen wir nun schon seit fünf Tagen, das Örtchen Hapatoni mit einer Handvoll Häuser befindet sich eine halbe Meile weiter entfernt am anderen Ende der Bucht.

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Traditionelles Boot mit Ausleger

Vor uns ein schmaler Streifen Strand, dicke graue Steine an denen sich kleine Wellen brechen, dahinter viele Kokospalmen, ihre Blätter fächern sich wie Feuerwerkskörper auf. Der Wald zieht sich die steilen Hänge hoch, alles ist grün bewachsen, in den unterschiedlichsten Schattierungen, vom tiefen satten bis zum zarten Frühlingsgrün, dazwischen rotbraun gefärbte Spitzen der Mangobäume. Immer mal wieder zieht ein Duft nach feuchter Walderde oder Blumen übers Wasser. Am Vormittag dreht eine Delfin-Familie ihre Runden, auch ein Mantarochen segelt gemächlich an den Booten vorbei, seine vegetarische Kost schaufelnd.

4TeiiHaus

Schon wenige Stunden nachdem wir den Anker in dem klaren Wasser auf Sandboden geworfen hatten, klopft es und wir werden gefragt, ob wir nicht mit an Land kommen wollen, es gibt Wildschwein. Gleich gegenüber unter den Kokospalmen ist ein kleines Häuschen zu sehen, da wohnt Tei’i seit gut zwei Jahren. Er hat vorher acht Jahre lang in Tahiti gearbeitet, nun ist er zurück und macht Kopra, wenn er nicht gerade Segler zu sich einlädt oder mit ihnen abends zum Fischen geht. Die beiden Deutschen vom Nachbarboot und ein Einhand-Segler haben schon Kokosnuss geraspelt, Taro-Wurzeln ausgegraben und als wir mit Kuchen und Kaffee dazu kommen, köcheln schon drei Töpfe auf der offenen aus Stein gemauerten Feuerstelle neben dem Haus: das Wildschwein (verwilderte Hausschweine, die gejagt werden), ein paar Bananen und die Taro-Wurzeln. Ein kleiner Blumen- und Gewürzgarten umgibt das Haus, ein paar Limettenbäume verschwinden im Schatten der Kokospalmen und frisches Wasser kommt aus einer Leitung direkt von den Bergen. Nur Strom fehlt ihm noch, die Leitungen des Dorfes reichen nicht bis hierher, darum freut sich Tei’i über Batterien für die Stirnlampe oder ein paar Leinen für sein Pferd.

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Tei’i

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Am Tag darauf nimmt er uns mit zu ein paar Obstbäumen, wir decken uns ein mit Guaven und Pommes Cythère-Früchten, bekommen eine der ersten dicken Mangos geschenkt. Im Ort selber schauen wir uns ein paar alte Steinmauern an und rätseln, was es da früher alles gegeben haben mag.

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Kopra

An einem anderen Tag wollen wir zum Hauptort der Insel, nach Vaitahu, zwei Täler weiter, irgendjemand sagte uns, in anderthalb Stunden sei man da. Ein steiniger Feldweg, immer mal wieder ein kleiner Wasserfall, ein Bächlein, das sich den Weg über die Straße sucht, denn es hat die letzten Tage nachts ordentlich geregnet. Am Wegrand viele Bananenstauden, Papayas, Mangobäume, darunter oft das Gras gemäht, Privatbesitz also, so dass wir im Vorübergehen nur eine Handvoll Limetten von den buschigen Bäumen pflücken.

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Aber der Weg zieht sich, lange Windungen bergauf, immer weiter und dann geht es steil runter nach Vaitahu. Im dortigen Museum wird gerade alles ausgeräuchert, also werfen wir nach einer Ruhepause einen Blick in die Kirche und machen uns auf den Heimweg. Wie gut, dass am Ortsrand ein Pickup vorbei kommt und uns mit nimmt, sonst wären wir erst bei Dunkelheit wieder daheim auf dem Boot. Wir sitzen auf der Ladefläche, die Beine gegen eine Blechtonne gestemmt (der Benzintank?) und lassen uns ordentlich durchschütteln.

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Kirche von Vaitahu

Es fällt mir schwer, mich von dieser schönen Insel und der friedlichen grünen Bucht zu verabschieden. Zum Schluss noch ein Geschenk: die Delfine kommen wieder vorbei, ich nehme Schnorchel und Flossen und hüpfe schnell ins Wasser, suche sie und kann sie auf einmal sehen, wie sie still nach unten schweben, in zwei Gruppen eng beieinander, wie ein gemeinsamer Schwimmkörper, 20 oder 22 zähle ich. Und nach wenigen Augenblicken verschwinden sie…

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