Schwein im Glück

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Glück hatten wir ja schon viel auf unserer Reise. Aber soviel Schwein wie auf Tonga hatten wir noch nie. Es ist herrlich: wo immer man den Fuß an Land setzt, tollen sie herum: kleine Schweinchen, große Schweine, schwangere Sauen, säugende Muttersauen, zufrieden grunzende Eber, rosa, schwarz, zweifarbig, eines hübscher als das andere.

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Beim Fahren mit dem Mietwagen müssen wir aufpassen, nicht nur wegen des ungewohnten Linksverkehrs, sondern weil immer wieder Schweine über die Fahrbahn hoppeln, nicht selten rennt ein kleiner Nachzügler noch im letzten Moment hinterher. Denn Schweine sind hier weder eingesperrt noch (wie auf den Marquesas) am Hinterbein mit einem Strick festgebunden. Sie laufen frei herum. Überall.

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Schwein sein auf Tonga ist ein Traum. Man darf alles tun, was einem Schwein Spaß macht. In kleinen Gruppen zusammenstehen und grunzen. Sich in der Erde wühlen. An einem Baum reiben. Spielen, quieken, fressen, was herumliegt oder wächst. OK, am Ende wird man selbst gegessen. Aber bis dahin ist echt alles prima.

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Die Schweine kamen zusammen mit den ersten Siedlern aus Südostasien rund 4000 v.Chr. in die Südsee. Im Rahmen der Entwicklungshilfe hat Japan vor ein paar Jahren Zuchtschweine nach Tonga gebracht, die einen längeren Oberkörper und damit mehr Fleisch als die ortsansässigen Schweine haben. Bevor diese aber den Genpool aufmischen konnten, wurden die Zuchtschweine von den Tonganern einfach aufgegessen – sie hatten schließlich mehr Fleisch.

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Seither ist das Schwein auf Tonga wieder ungestört.

pigradio

Ankunft in Tonga

21. September 2016

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Nach zwölf Tagen auf See wieder Land in Sicht: felsige Steilküste, darüber ist alles üppig grün bewachsen, geschätzte 5-50 Meter ragen diese vulkanischen Inseln aus dem Wasser, der höchste Berg hier misst gerade mal 136 Meter.
Wir sind im Königreich Tonga, genauer auf Vava’u, einer der vier Inselgruppen. Die Hauptstadt liegt im Süden in Tongatapu und trägt den malerischen Namen Nuku’alofa. Dann gibt es dazwischen noch die Inselgruppe Ha’api und weit im Norden die drei Inseln der Niuas.
747 km2 Landfläche und 700.000 km2 Seefläche umfasst Tonga. 170 Inseln, kleine flache Korallenatolle oder größere Inseln vulkanischen Ursprungs. Darauf verteilen sich um die 106.000 Einwohner.
Wir können wieder Englisch sprechen, neben Tonganisch ist Englisch die erste Fremdsprache im Land und Tonga ist Mitglied im Commonwealth! Viele Tonganer arbeiten in Neuseeland und Australien und schicken Geld nach Hause, viele Familien sind auf diese Zuwendungen angewiesen. Der Tourismus bringt zwar etwas Geld ein, auch die Landwirtschaft, Vanille wird exportiert, der Unterschied zu Französisch-Polynesien, das von Subventionen Frankreichs bzw. der EU profitiert, ist aber deutlich zu sehen.
Dass Tonga eine Monarchie ist, merkt man sofort, überall steht Kingdom of Tonga, die beiden letzten Könige, Siaosi Tupou V. und Tupou VI. sind auf den aktuellen Geldscheinen verewigt, die Königsfamilie wird hoch verehrt. Es ist eine konstitutionelle Monarchie, in der der König noch sehr viel Einfluss hat. Von den 26 Abgeordneten im Parlament werden 17 vom Volk gewählt, die restlichen 9 Sitze verteilen sich auf den Adel.

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Wir machen zunächst fest am Fischereidock in Neiafu, dem Hauptort von Vava‘u. Hier soll alles ganz gemütlich zugehen, heißt es. Aber kaum sind die Leinen fest, steht schon der Mann von der Quarantäne am Kai und der zuständige Beamte von der Immigration händigt uns etliche Formulare aus, die wir schon mal ausfüllen sollen. Eigentlich dürften wir keinerlei frische Lebensmittel einführen, aber nach einem Blick in den Kühlschrank und in unsere Netze müssen wir versprechen, das alles an Bord zu verzehren. Sehr gerne!
In der ruhigen Bucht vor dem Ort Neiafu liegen die Boote dicht an dicht an Mooringbojen. Wir funken die beiden Anbieter an und fragen, wo eine für uns frei ist. Als sie hören, dass wir 26t mitbringen, kommt nacheinander ein „Oh, I’m sorry…“ , „Unfortunately…“ Wir sind eindeutig zu schwer.
Also tuckern wir ganz ans Ende der Bucht und machen schon mal den Anker klar, als uns ein Segler zuruft, da sei eine ganz neue und sehr starke Boje, die könnten wir ruhig nehmen. Das Manöver klappt inzwischen sehr gut, und nach wenigen Minuten liegen wir fest und schauen uns um. So ruhig und idyllisch ist das hier im Licht der späten Nachmittagssonne, klares Wasser, ein paar Häuser oben am Berg im Grün versteckt, hin und wieder ein hölzerner Anlegesteg mit einem kleinen Fischerboot dran. Die Vögel zwitschern, ein paar Hähne krähen und abends hört man die Grillen zirpen. Es ist zwar eine längere Fahrt mit dem Dinghi in den Ort, aber diese Ruhe hier möchten wir nicht missen.

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Am nächsten Tag erkunden wir Neiafu: eine belebte Hauptstraße mit Banken, kleinen Supermärkten, einigen Cafés und Restaurants, eine Touristinfo und ein recht großer überdachter Markt mit Obst, Gemüse und Kunsthandwerk, wo man den Frauen beim Flechten und Häkeln zuschauen kann.

boot

Als wir eine Kleinigkeit zu Mittag essen, kommen ein paar Frauen von ihrem Tauchgang zurück, stellen eine schwere Plastikkiste ab, und rufen ihren Freunden am Nebentisch zu, wir haben 30 Stück herausgeholt. Neugierig geworden, gehen wir zu ihnen: nebenan ist das Büro der VEPA, einer lokalen Umweltschutz-Organisation. Sie haben insgesamt 30 große stachelige Seesterne mitgebracht: Dornenkronenseesterne. Diese Art ist zwar endemisch, aber seitdem die Zahl ihrer natürlichen Feinde, z.B. das Tritonshorn und verschiedene Riff-Fische, durch Überfischung stark abgenommen hat, kann sie sich ungestört vermehren und frisst zu viele Korallenköpfe auf.

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Dornenkronen-Seestern

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Weihnachtsstern

1300 Meilen geradeaus

Von Bora Bora nach Tonga. Unsere vorletzte Überfahrt für dieses Jahr, denn von Tonga aus soll es direkt nach Neuseeland gehen. Die Vorbereitungen sind schon Routine: Wasser auffüllen, volltanken, letzte Einkäufe im Supermarkt, Beiboot an Deck hieven und festzurren, und los geht’s.

Das Wetter ist ruhig, also passiert unterwegs nicht viel. Allerdings stimmt die Vorhersage dieses Mal überhaupt nicht mit der Wirklichkeit überein. Wenn Wind sein sollte, haben wir Flaute. Wenn Flaute angesagt ist, bläst es mit Windstärke sechs. Die letzten Tage waren schwache Winde vorhergesagt, und wir hatten unser größtes Etmal jemals: 160 Meilen von Mittag bis Mittag.

Unterwegs die üblichen Reparaturen. Beim Ausbaumen der Genua sehen wir einen Riss von fast drei Meter Länge. Das Segeltuch ist nach 27 Jahren einfach morsch, in Neuseeland bestellen wir einen kompletten Satz neue Segel. Aber bis dahin brauchen wir die Genua noch. Also wird sie an einem ruhigen Tag heruntergeholt, an Deck zusammengelegt und in die Kabine bugsiert. Dort kann ich mit der Nähmaschine im Handbetrieb Stich für Stich beidseitig einen Flicken aufnähen und wir können die Genua wieder setzen. Der Autopilot rattert und dreht sich nicht mehr: Getriebeschaden, ein paar kleine Plastikzahnräder sind abgearbeitet. Zum Glück ist Ersatz an Bord und ich kann das Getriebe tauschen.

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Unser Angelglück ist wechselhaft. Als ich nach dem ersten Biss die Angel einhole, hängt nur ein Stück Kiemen daran, da hat sich der Rest des Fisches wohl losgerissen. Da er das kaum überleben kann, hätte er auch gleich dranbleiben können. Als nächstes fangen wir einen Vogel. Ich hole ihn vorsichtig ein, er hat den Haken im Flügel. Ich ziehe mir Lederhandschuhe an, damit er mich nicht hackt und kratzt, während ich ihn befreie. Aber völlig unnötig: ganz ruhig reicht er mir den Flügel und beobachtet, wie ich den Haken heraushole. Dann bleibt er eine Weile auf dem Fischbrett sitzen, um sich auszuruhen. Dann ist er weg, ein paar Stunden später sitzt er aber im Cockpit und betrachtet neugierig das Schiff. Unser Vogelbuch sagt uns, dass es sich um einen jungen Brauntölpel handelt. Die Tölpel sind bekannt dafür (und benannt danach), dass sie sich bei Gefahr nicht wehren. Ein bisschen treu-doof schaut er schon, aber nett ist es doch, ihn im Cockpit sitzen zu haben.

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Dann beißt endlich ein Fisch an, ein Bonito. Und bevor wir ihn ganz aufessen konnten, geht der Fischalarm erneut los. Diesmal ist es ein Wahoo, unser Lieblingsfisch. 1,20 Meter lang, nach dem Ausnehmen bleiben sechs Kilo Fischfilet übrig. Viel zu viel für uns beide, aber weit und breit niemand, den wir zum Abendessen einladen könnten.

fischbrett

Birgit weckt ein, was das Zeug hält, aber irgendwann gehen uns die Gläser aus. In Folge stehen bei uns auf dem Menu: Sashimi, paniert gebratener Fisch mit Kartoffelsalat, Fischsuppe mit Gemüse, Bratfisch mit roten Zwiebeln und Mango an Beluga-Linsen, Fischsülze mit Bratkartoffeln, Fisch auf Lauchbett mit Sahne-Gorgonzola Sauce und Walnüssen, gefüllte Fischröllchen an Mango-Curry Sauce, Fischsalat, thailändische Fischsuppe mit Kokosmilch und grünem Curry. Langsam könnten wir einmal etwas anderes essen.

fischkopf

Gestern, wir sitzen gerade beim Essen (es gibt Fisch), hören wir ein plötzlich anschwellendes Motorengeräusch. Wir springen auf und sehen gerade noch ein im Tiefflug vorbeidonnerndes Flugzeug wieder nach oben ziehen. Und zwar kein kleines, sondern eine große Maschine mit vier Düsentriebwerken. Viel höher als unser Mast kann sie nicht gewesen sein, so sah es zumindest aus. Wir überlegen noch, welcher Spinner hier seinen Mut beweisen wollte, als wir über Funk angerufen werden: „Muktuk, Muktuk, here is the Australian Maritime Patrol Aircraft“, also ein Überwachungsflugzeug der Australier, die so tief geflogen sind, bis sie unseren Schiffsnamen lesen konnten. Zum Glück steht der in relativ großen Buchstaben am Bug, sonst wären sie wohl noch näher gekommen. Na ja, zum Fisch essen hätten wir sie schon einladen können. Aber so wollten sie nur unsere Nationalität, letzten und nächsten Hafen wissen und haben sich dann ganz nett mit „Dankeschoin and happy sailing“ verabschiedet. Sachen gibt’s.

Gestern sind wir wohlbehalten in Tonga angekommen. Außerordentlich schön hier, dazu aber später mehr.

Internet

„Das kann überhaupt nicht sein“, meinte der Mitarbeiter des Nürnberger Finanzamts, als ich ihm zu erklären versuchte, warum ich meine Umsatzsteuer-Voranmeldung nicht rechtzeitig abgegeben habe. „Internet gibt es überall, auch im Urlaub“.

Das wollen wir mal richtigstellen. Auf den Überfahrten gibt es natürlich sowieso kein Internet. Theoretisch könnte man eine Satellitenverbindung nutzen, aber bei dem Geschaukel auf See die Antenne korrekt ausgerichtet zu halten, ist für kleine Yachten weder technisch noch finanziell machbar. Wir sind ja schon froh, per Funk E-Mail zu haben.

Aber auch in Landnähe ist das nicht immer ganz so einfach, zumindest wenn man Europa erst einmal verlassen hat. Auf Dominica zum Beispiel gab es Internet nur am Büro des Tourist Office, aber auch nur auf der einen Seite des Gebäudes, wo es keine Tische oder Stühle gab. Wir saßen also mit unserem Laptop auf den Knien am Straßenrand, um ins Netz zu kommen. Aber auch nur, wenn das Büro gerade mal besetzt war, was man vorher nie wissen konnte.

In der Marina in Guatemala gab es einen Anschluss für alle. Deshalb war der Verbrauch pro Boot auf 100 MByte täglich begrenzt. Wenn man den Ersatz der kaputten GPS Antenne recherchieren, aber auch noch mit der Verwandtschaft skypen wollte, wurde das schon eng. Die falsche Antwort auf die Frage „hast Du mir auch noch ein bisschen Internet übrig gelassen“ konnte da schon schnell mal den Beziehungssegen ins Wanken bringen. Und dann waren da noch die praktisch täglichen Stromausfälle. Ohne Strom natürlich kein WLAN, und extra dafür den Dieselgenerator in der Marina anzuwerfen, war auch nicht immer möglich, zumal sich dann die Brüllaffen über den Lärm mit noch mehr Lärm beschwerten. Manchmal machte der Marina-Manager es trotzdem. Dann wurde vorher angekündigt: „Internet heute von fünf bis sechs“. Alles klar.

Auf den San Blas Inseln gab es Internet über Prepaid Karten der Mobiltelefon-Anbieter. Davon gab es zwei, und empfangen konnte man – je nach Standort – maximal einen davon. Dazu kam, dass es uns mit unserem alten Smartphone nie gelang, per Tethering den PC an die Internetverbindung anzukoppeln. War also auch nicht einfach.

In der Shelter Bay Marina vor Panama war die Verbindung eigentlich ganz gut. Bis sich ein Vogel entschloss, ausgerechnet auf der WLAN Antenne sein Nest zu bauen. Für die nächsten Tage war dann Funkstille.

In Französisch Polynesien gab es etwas ganz besonderes: Prepaid-Karten, die einem eine Stunde lang die Nutzung einer Internet-Verbindung erlaubten, die vom Anbieter auf mehreren Inseln, aber natürlich nur in den Haupt-Orten, betrieben wurde. War die Stunde um, wurde die Verbindung zwar unterbrochen, aber wenn man sich erneut anmeldete, war wieder eine volle Stunde Guthaben da. Das wäre vielleicht besorgniserregend gewesen, hätte man beim Kauf seine Kreditkartendaten hinterlegt. Da unsere Karte aber bar bezahlt war, nutzten wir drei Monate lang sorglos dieses perpetuum mobile des drahtlosen Internets. Die beiden Einschränkungen: man musste vor einer größeren Ortschaft liegen (und davon gab es auf den Inseln nicht allzu viele), und es durfte nicht regnen. Bei Regen gab es normalerweise kein Internet. Die Einheimischen fanden das durchaus normal. Bei stärkeren Regenfällen war jeweils eine ganze Insel ein paar Tage lang von der Netz-Außenwelt abgeschnitten.

Aber versucht einmal, dass mit dem Regen und der Umsatzsteuer-Voranmeldung einem Finanzbeamten klarzumachen.

Moorea – Bora Bora

3. – 8. September 2016

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Kaum 12 Seemeilen entfernt liegt Moorea, die „kleine Schwester“ von Tahiti. Schnellfähren fahren im Stundentakt hin und her, in 25 min ist man drüben. Wir brauchen etwas länger und legen uns in der Lagune an eine Boje. Der Wind bläst ganz ordentlich und wir sind immer mit einem besorgten Auge auf der dünnen Leine der Boje, Andreas bringt noch den Hilfsanker aus, sicher ist sicher.

Das Wasser ist ganz kabbelig und das Schnorcheln wird dieses Mal gestrichen. Gegenüber sehen wir die Bungalows auf Stelzen vom „Sofitel“, dort soll es einen Glasboden in den Räumen geben.

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Den haben wir auch, denn der Kiel ist zur Hälfte oben, die Bodenbretter beiseite geschoben und wir können durch den Kielkasten den Meeresboden bewundern.

Weitere 130 Seemeilen und eineinhalb Tage später erreichen wir die Insel Bora-Bora. In der Bucht ankern schon zwei Kreuzfahrtschiffe, die „Paul Gaugin“ und der Viermaster „Windspirit“, auf dem rund 100 Gäste exklusiv umsorgt werden. Durch das Fernglas hole ich mir das Schiff näher heran und entdecke beim vorderen Mast eine kleine Gruppe von Menschen, der Kapitän, ein Offizier, das Brautpaar und zwei Brautzeugen. Hochzeit mit Traumschiff-Kulisse.

Der kleine Ort ist dann doch nicht ganz so touristisch, wie wir überall gelesen haben, die Leute fahren gemütlich auf ihren Fahrrädern herum, die Bäume hängen voller Mangos und das Wahrzeichen von Bora Bora, der markante Berg, wird von der Abendsonne schnell mal malerisch in Szene gesetzt.

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Leider müssen wir bald weiter, können nur zwei Nächte lang hier verbringen, bei der Gendarmerie füllen wir die letzten Papiere aus, bekommen ein paar Stempel verpasst von einem fröhlichen Beamten. Wasser und Diesel wird aufgefüllt, ein letztes Mal ins Internet…

Am 8. September wollen wir los in Richtung Tonga, rund 1300 Seemeilen liegen vor uns.

Das schönste Geld der Welt

Bevor wir Französisch-Polynesien verlassen, möchte ich ein paar Scheine vorstellen, die wir in den letzten Monaten in unserem Geldbeutel herumgetragen haben. So schöne Motive habe ich bisher noch nicht gesehen.

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Papeete, Tahiti

31. August – 3. September 2016

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Pape‘ete: die Hauptstadt von Tahiti und gleichzeitig von ganz Französisch-Polynesien. Nach den ruhigen Ankerbuchten und dem abgeschiedenen Werftleben hat man den Eindruck, in einer Großstadt gelandet zu sein, so lebendig und vibrierend erscheint uns alles…
Wir liegen für drei Nächte im Stadthafen, die Uferpromenade vor uns, der Kai mit den Kreuzfahrtschiffen hinter uns. Ein großer Park ist gleich nebenan, in dem am frühen Abend Jogger traben, junge Leute abhängen und Familien unterwegs zum Spielplatz sind.
Die Marina ist ganz neu, mit warmen Duschen, Waschmaschinen, die ausnahmsweise mal richtig heiß waschen und sehr netten Leuten im Büro, die uns bei den Formalitäten für die Ausreise helfen und auch sonst alle Fragen beantworten können, mit denen die Segler so ankommen.
Wir wollen eine Gasflasche neu füllen lassen und brauchen eine Bestätigung vom Zoll um steuerfrei tanken zu können und auch Wein und evt. Bier kaufen zu können. Tanken ist kein Problem, aber beim Alkohol sind die Regeln strenger geworden: wir müssten von Papeete aus direkt Französisch-Polynesien verlassen, dann ginge das. Aber wir wollen noch die Inseln Moorea und Bora Bora besuchen. Schade, der Weingroßhändler hatte so viele gute Flaschen in seinem Lager!
Papeete hat eine kleine überschaubare Innenstadt mit vielen netten Läden, einem modernen Einkaufszentrum, einem großen überdachten Markt, wo am Sonntag in aller Herrgottsfrühe auch um den Markt herum Stände aufgebaut werden und bis zum Kirchgang um 10.00h alle Leute einkaufen gehen.

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Die Auswahl an schönen Sommerkleidern und Bademoden in den Läden ist scheinbar grenzenlos, überall flattern Pareos an den Straßenständen, ein Laden mit den buntesten Stoffen der Welt und gefühlt jeder zweite Laden bietet die berühmten schwarzen Tahiti-Perlen an.

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Die Perlen sind nicht wirklich schwarz, sondern von perlmuttfarben bis dunkelgrau und man kann die unterschiedlichsten Farbtöne finden, mal mit rosa, blauem oder grünem Schimmer. Erst einmal gehen wir in das private Perlenmuseum von Robert Wang, dem Perlenmogul von Tahiti und lernen ein bisschen was über die Geschichte der Perlen in der Südsee. Geübte Taucher sammelten die Muscheln ein und als die Europäer als Kundschaft einfielen, wurden die Meeresböden auf den Tuamotus und Gambier Inseln regelrecht abgegrast, so dass die Ausbeute immer geringer wurde.
Vor etwa 100 Jahren erfand schließlich Kichimatsu Mikimoto eine Methode, wie man die Muscheln erfolgreich zur Perlenproduktion anregen kann und heute gibt es im klaren und nährstoffreichen Wasser, immer noch auf den Tumaotus und den Gambier Inseln, viele viele Perlenfarmen. Die schwarzlippige Perlauster, außen ganz verkrustet und gar nicht schön anzusehen, wird ganz vorsichtig geöffnet und in den sog. „Perlensack“ wird ein Fremdkörper als Nukleus implantiert. Dafür nimmt man überwiegend kleine Süßwasserperlen, die von den Muscheln am besten vertragen werden. Um den Fremdkörper zu bekämpfen, bzw. ihn unschädlich zu machen, sondert nun die Auster ein Perlmutt-Sekret aus und innerhalb von vielen Monaten, bis zu fünf Jahren, entsteht dann mit etwas Glück eine wunderschöne Perle.
In den Läden kann man sie dann bewundern, in allen Größen, Farben und vor allem Formen. Die perfekten runden Perlen sind natürlich schön, aber es gibt auch tropfenförmige Perlen und dann welche mit Ausbuchtungen, barocke Perlen genannt, und auch die Unregelmäßigkeiten können ihre ganz eigene Schönheit haben.

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Auf einem schön angelegten Platz bei den Fähren stehen abends Roulottes, mobile Restaurants. Biergarten auf tahitianisch! In drei Reihen sind sie aufgestellt, dazwischen Tische und Stühle und wir haben die Auswahl zwischen chinesischen Gerichten, französischer und tahitianischer Küche, Pizza und Crépes. Es ist eine schöne Stimmung, warmes Licht, fröhliche Menschen und gutes Essen.

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Vor der Abfahrt ziehe ich noch einmal los zum Markt und fülle meinen Rolli mit allerlei Obst und Gemüse, vor allem freue ich mich über das große Bündel mit den kleinen süßen Ananas-Früchten und die schwere Tüte mit den köstlichen Mangos –die Saison hat endlich begonnen!
Ach ja – zwei Tage lang hatten wir das Vergnügen, eine Luxusyacht von ungefähr 60m Länge zu bewundern, sie gehört angeblich Leonardo di Caprio und man kann sie für eine Viertel Million pro Woche chartern. Welcher Segler überlegt nicht im Stillen, was wäre, wenn man eine Million im Lotto gewinnen würde… Jeden Tag von einer professionellen Crew umsorgt zu werden, jeden Tag einen Sundowner serviert zu bekommen, kein Kochen, Putzen, Reparieren mehr, keine Nachtwachen, keine gemütlichen Gespräche mehr bei einem Cockpit-Bierchen mit anderen Seglern… Haaalt!
Nein, die Muktuk würden wir momentan um nichts in der Welt hergeben und wie sollten wir sonst, wenn nicht auf unserem mobilen Zuhause so viele nette Leute kennen lernen, mit denen wir uns über alte und neue Reiseziele unterhalten können, und uns gegenseitig die neuesten Geschichten über ausgefallene Autopiloten, kaputte Wassermacher, gebrochene Wanten erzählen dürften. Tipps und tatkräftige Hilfe inclusive.

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Iaorana Tahiti!

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Bevor wir mit der Muktuk auf die Werft gingen, hatten wir ein paar Tage Zeit. Wir bekamen einen Mietwagen für das verlängerte Wochenende, auch hier war an Maria Himmelfahrt „ferragosto“ angesagt. Es gibt viel zu sehen, Wasserfälle, Museen, Ausgrabungsstätten…

Tahiti besteht aus zwei Inseln, die durch ein schmales Stück Land zusammengehalten werden: Tahiti-Nui, die größere und Tahiti-Iti, die kleinere. Ein schmaler Streifen Ebene, schwarzer Schotter, nur ganz selten heller Korallensand, dahinter erheben sich meistens grüne, unwegsam erscheinende Berge, dazwischen ab und an ein paar sanftere Hügel. Dort wird Obst und Gemüse angebaut, nur vereinzelt sieht man ein Häuschen. Dafür sind der Küstenstreifen und die Gegend um die Hauptstadt Papeete dicht besiedelt

Eine gut ausgebaute Straße führt einmal ganz um Tahiti-Nui herum und zwei Stichstraßen um Tahiti Iti, ein Stück der Ostküste ist für Autos nicht befahrbar. Ab und zu führt eine unbefestigte Straße in die Berge hoch: manchmal zu einem Ausflugsziel, meistens aber fährt man an Feldern und Wiesen entlang und endet an einem Privatweg.

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Der Botanische Garten, zum Verlaufen groß. Leider gab es viel zu wenige Informationen zu den Pflanzen.

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Pointe Venus: In der Bucht von Matavai, in der Nähe von Papeete, ankerte James Cook mit der „Endeavour“ wiederholte Male und sollte hier den Verlauf der Venus beobachten. Ihm zu Ehren wurde die Landzunge Pointe Venus genannt, heute ist ein schöner alter Leuchtturm das Wahrzeichen dieser Landzunge.

PointeVenus

Das Haus des Schriftstellers James Norman Hall, liebevoll als Museum erhalten. Hall schrieb mit seinem Freund Charles Bernard Nordhoff etliche Reiseberichte und Romane, der bekannteste davon ist „Meuterei auf der Bounty“.

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Das Plateau von Taravao: eine asphaltierte schmale Straße führt den Berg hinauf, vorbei an sanften grünen Wiesen mit braunen und bunt gescheckten Kühen vorbei. Wir fühlen uns wie im Allgäu, nur die vereinzelten Palmen am Wegrand irritieren ein bisschen.

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Oben ist eine Aussichtsplattform gebaut, mit Picknickplätzen, ein wunderbarer Blick auf beide Seiten der Landenge hinunter, die Buchten. Und offensichtlich auch ein beliebtes Fotomotiv für Brautpaare.

Plateau

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Das Marae de Arahurahu, eine Kultstätte an der Westküste, hier werden auch heute noch traditionelle tahitianische Riten und Tänze aufgeführt.

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Noch eine Cook-Bay im Osten der Insel, Feiertagsstimmung, überall am Ufer sitzen Leute in Gruppen zusammen, es wird gegrillt, gebadet. Und auch wir lassen uns von der guten Stimmung anstecken, fühlen uns für drei Tage lang wie waschechte Touristen.

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Auf dem Trockenen

Auf dem Trockenen

Fast zweieinhalb Jahre war die Muktuk nun im Wasser, seit wir die Generalüberholung in Galicien abgeschlossen haben. Nun müssen wir wieder raus, denn die Welle schlägt und das Antifouling muss erneuert werden.

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In der kleinen Marina in Port Phaeton gibt es allerdings keinen Travellift, sondern eine flache Rampe und eine Art Unterwasser-Tieflader, der unter das schwimmende Boot geschoben und dann mit Muktuk huckepack über eine flache Rampe an Land gezogen wird. Antriebsmaschine ist ein Traktor mit einer Seilwinde, die als 1:2 Flaschenzug mit dem Trailer verbunden ist. Damit der Traktor die Muktuk aus dem Wasser und nicht sich selbst ins Wasser zieht, muss er mit schweren Ketten am Boden verankert sein, bis die 26 Tonnen Muktuk plus ein paar Tonnen Trailer den waagerechten Bereich der Werft erreicht haben.

Pause

aufdemWeg

Das Zugseil ist allerdings nicht lang genug, um die Aktion in einem Rutsch abzuschließen. Das heißt: auf halber Strecke Trailer mit dicken Leinen am Boden verankern, Zugseil lösen, Traktorverankerung lösen, Traktor zurücksetzen, neu verankern, Zugseil ausrollen, wieder am Trailer festmachen, Hilfsverankerung des Trailers lösen, weiter geht’s. Oben angekommen kann der Traktor schließlich – mit durchdrehenden Reifen, aber immerhin – Muktuk zu ihrem Standplatz bugsieren, unter dem Trailer werden Metallstützen aufgebaut, der Trailer hydraulisch etwas gesenkt und wir stehen an Land. Dauer der Aktion: vier Stunden.

Traktor

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Eine Woche wollen wir am Hart bleiben, deshalb geht die Arbeit gleich los. Birgit befreit mit dem Hochdruckreiniger der Werft den Rumpf von Algen, Seepocken und losem Alt-Antifouling, während ich die Welle ausbaue. Ganz so einfach ist das allerdings beides nicht. Der altersschwache Hochdruckreiniger hat einen kaputten Netzstecker, den wir erst einmal reparieren müssen. Als er auch danach noch ständig die Sicherungen des Netzanschlusses herauswirft, entdecken wir im Kabel eine geflickte Stelle, die den Kurzschluss produziert. Schließlich läuft er zwar, aber leckt derartig, dass bei Arbeit über Kopf (also praktisch immer) ein dünner Wasserstrahl erst in den Ärmel und weiter in T-Shirt und Hose läuft. Binnen kurzem ist Birgit klatschnass. Hilft aber nichts, der Bewuchs muss ab, bevor er eintrocknet.

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Als ich die Welle draußen habe, kommt die nächste Überraschung: das Schlagen bei höheren Drehzahlen kommt nicht von einer vermeintlich verbogenen Welle, sondern vom komplett abgearbeiteten Wellenlager. Dieses Lager ist ein 20 cm langes Bronzerohr, das innen mit einer 8 mm starken Hartgummi-Schicht ausgekleidet ist. D.h. sein sollte, denn vom Gummi ist fast nichts mehr übrig. Das Bronzerohr steckt hinten im Wellentunnel im Rumpf und schaut nur 3 mm weit heraus. Das Lager muss ausgewechselt werden, aber zuerst einmal muss es raus. Nur wie? Von vorne kommt man nicht dran, und hinten hat man nichts zum angreifen.

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Nach den ersten vergeblichen Versuchen hole ich mir Hilfe beim Mechaniker der Werft. Er ist zunächst ganz zuversichtlich, aber nachdem sein Abzieher auch nicht greift, schüttelt auch er pessimistisch den Kopf. Um den langen Kampf kurz zu machen: wir sägen, klopfen, stemmen, meißeln, konstruieren spezielle Werkzeuge, schweißen Abzieher, ruinieren zig Muttern und Gewindestangen. Nach vier Tagen harter Arbeit ist das Ding endlich draußen. Puh!

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Mittlerweile ist der Rumpf mit Epoxy und Tiecoat ausgebessert, die erste Lage Antifouling gestrichen, die rote Farbe am Rumpf teilweise erneuert. Dass es praktisch jeden Tag regnet, macht das Streichen nicht gerade einfacher. Welle, Propeller und Flansch sind gereinigt und poliert, die gebrochenen Gewindestifte des Motorlagers ersetzt. Morgen soll das neue Wellenlager kommen, denn wir haben Glück, ein (fast) passendes auf Tahiti gefunden zu haben. Ansonsten hätten wir nämlich mindestens eine Woche auf die Lieferung aus Frankreich warten müssen. So aber können wir hoffentlich am Wochenende alles wieder zusammenbauen.

Maschine

Stift

Stifte

Das wird auch Zeit. Das Leben am Hart ist alles andere als angenehm. Das fängt schon damit an, dass wir die Bordtoilette aus anderenfalls allzu nahe liegenden Gründen nicht benutzen können (außerdem fehlt ja das Spülwasser), und der Weg zur Werfttoilette führt einmal ganz ums Hafenbecken herum. Zwischen den Anstrichen sind auch Spüle und Waschbecken Tabu, denn auch das Grauwasser läuft ja außen die Bordwand herunter. Im Schiff fressen uns Tag und Nacht die Mücken auf. Alles in allem kein angenehmer Aufenthalt. Wir hoffen sehr, dass Muktuk Anfang nächster Woche den Rückweg in ihr Element findet.

Aber gelohnt hat sich die Aktion in jedem Fall. Hier ein vorher/nacher Bild zum Beweis:

vorher

nachher

O’Tahiti

Wolken

„Ein Morgen war’s, schöner hat ihn schwerlich je ein Dichter beschrieben, an welchem wir die Insel O-Tahiti, 2 Meilen vor uns sahen. Der Ostwind, unser bisheriger Begleiter hatte sich gelegt; ein vom Lande wehendes Lüftchen führte uns die erfrischendsten und herrlichsten Wohlgerüche entgegen und kräuselte die Fläche der See. Waldgekrönte Berge erhoben ihre stolzen Gipfel in mancherley majestätischen Gestalten und glühten bereits im ersten Morgenstrahl der Sonne. Unterhalb derselben erblickte das Auge Reihen von niedrigern, sanft abhängenden Hügeln, die den Bergen gleich, mit Waldung bedeckt, und mit verschiednem anmuthigen Grün und herbstlichen Braun schattirt waren. Vor diesen her lag die Ebene, von tragbaren Brodfrucht-Bäumen und unzählbaren Palmen beschattet, deren königliche Wipfel weit über jene empor ragten…

Eine halbe Meile vom Ufer lief eine Reihe niedriger Klippen parallel mit dem Lande hin, und über diese brach sich die See in schäumender Brandung; hinter ihnen aber war das Wasser spiegelglatt und versprach den sichersten Ankerplatz…

Die Einwohner erwachten und die Aussicht begonn zu leben.

Kaum bemerkte man die großen Schiffe an der Küste, so eilten einige ohnverzüglich nach dem Strande herab, stießen ihre Canots ins Wasser und ruderten auf uns zu. Es dauerte nicht lange, so waren sie durch die Öffnung des Riefs, und eines kam uns so nahe, daß wir es abrufen konnten. Zwey fast nackte Leute, mit einer Art von Turban auf dem Kopfe und mit einer Scherfe um die Hüften, saßen darinn. Sie schwenkten ein großes grünes Blatt in der Luft und kamen mit einem oft wiederholten lauten Tayo! heran, ein Ausruf, den wir ohne Mühe und ohne Wörterbücher als einen Freundschafts-Gruß auslegen konnten. Das Canot ruderte dicht unter das Hintertheil des Schiffs, und wir ließen ihnen sogleich ein Geschenk von Glas-Corallen, Nägeln und Medaillen herab. Sie hinwiederum reichten uns einen grünen Pisang-Schoß zu, der bey ihnen ein Sinnbild des Friedens ist, und baten solchen dergestalt ans Schiff zu befestigen, daß er einem jeden in die Augen fiele…

In weniger als einer Stunde umgaben uns Hunderte von dergleichen Fahrzeugen in deren jedem sich ein, zwey, drey zuweilen auch vier Mann befanden. Ihr Vertrauen zu uns gieng so weit, das sie sämmtlich unbewaffnet kamen…

Sie brachten uns Coco-Nüsse und Pisangs in Überfluß, nebst Brodfrucht und anderen Gewächsen, welche sie sehr eifrig gegen Glas-Corallen und kleine Nägel vertauschten. Stücken Zeug, Fisch-Angeln, steinerne Äxte, und allerhand Arten von Werkzeugen wurden gleichfalls zum Verkauf ausgebothen und leicht angebracht…

Die Leute, welche uns umgaben, hatten so viel Sanftes in ihren Zügen, als Gefälliges in ihrem Betragen. Sie waren ohngefähr von unserer Größe, blaß mahagony-braun, hatten schöne schwarze Augen und Haare, und trugen ein Stück Zeug von ihrer eignen Arbeit mitten um den Leib, ein andres aber in mancherley malerischen Formen, als einen Turban um den Kopf gewickelt. Die Frauenspersonen, welche sich unter ihnen befanden, waren hübsch genug, um Europäern in die Augen zu fallen, die Jahr und Tag nichts von ihren Landsmänninnen gesehen hatten…

In dem vor uns liegenden Rief befand sich eine Öfnung, und dies war der Eingang zu dem auf der kleinern Halb-Insel von O-Tahiti gelegenen Haven Whai-Urua. Wir sandten deshalb ein Boot aus, um beydes, die Einfahrt und den Haven selbst sondieren zu lassen… Wir lagen der Küste so nahe, daß wir schon das Quiken junger Ferkel hören konnten, und dieser Ton klang uns damals lieblicher als die herrlichste Music des größten Virtuosen.“

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Zitiert nach:

Georg Forster: Reise um die Welt. Hrsg. und mit einem Nachwort von Gerhard Steiner. Frankfurt am Main: Insel tb, 1983. S. 241ff (Der Text beruht auf der von Forster betreuten 2. Auflage, Verlag Haude und Spener, Berlin 1784)

Georg Forster und sein Vater Johann Reinhold Forster, waren als Naturforscher mit an Bord der „Resolution“ auf der zweiten Expedition von James Cook von 1772-1775. Georg, zu Beginn der dreijährigen Reise erst 17 Jahre alt, als genauer Zeichner und als Übersetzer und Sprachtalent in seiner Wahlheimat England bereits bekannt, verfasste nach seiner Rückkehr ein umfangreiches Stück Reiseliteratur, das sich auch heute noch spannend liest. Er beschränkte sich nicht nur auf Naturbeschreibungen sondern beobachtete sehr genau die jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisse der Völker. Humanistische Aufklärung prägte seinen Blick auf die Menschen, denen er begegnete.

Wenn man will, kann man viel Südseeromantik herauslesen: angenehme Temperaturen, malerische Natur, Obst und Gemüse im Überfluss, freundliche liebenswürdige Menschen. Dafür muss man aber die Passagen über die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Herrschern der einzelnen Täler und benachbarten Inseln gründlich überlesen, ebenso die Beschreibungen der drei (eigentlich vier) verschiedenen gesellschaftlichen Klassen, vergleichbar mit einem feudalen System. Auch die viel gepriesene lockere und offenherzige sexuelle Moral der „Südsee“ beschränkte sich bei genauerer Betrachtung auf einige wenige Frauen, die zu den Matrosen auf die Schiffe kamen. Die Ehefrauen und Töchter der Adeligen waren unantastbar.

Und trotzdem setzte sich ein anderes Bild von Tahiti als „Garten Eden“ durch, in dem die „edlen Wilden“ naiv und glücklich, unverdorben von den Einflüssen der Zivilisation leben. Vor allem Louis Antoine de Bougainville prägte dieses, der als erster Franzose die Welt umsegelte und auf Tahiti eine Woche lang blieb – nur wenige Jahre vor Forster.

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Rund 240 Jahre später…
Nach einer Überfahrt von 300 sm von unserem Atoll empfängt uns Tahiti am 8. August mit einem riesigen Regenbogen. Mit dem letzten Abendlicht und mit Hilfe von GPS, Leuchtfeuer und roten bzw. grünen Tonnen finden wir den Pass Tapueraha durch das Riff. Draußen toben die Wellen und innen ist es ruhig wie ein Ententeich. Ein Pisang- oder Bananenblatt brauchen wir heutzutage nicht mehr, es reicht die Gastlandflagge von Frankreich bzw. Französisch-Polynesien.
Ein Ausleger-Kanu fährt vorbei, ein sportlicher Zeitvertreib nach Feierabend, später sausen gut motorisierte Fischerboote zur nächtlichen Tour ans Außenriff. Vom Ufer her sehen wir viele Autolichter, und frühmorgens hören wir die Hähne krähen.
Tags darauf tuckern wir gemütlich zwischen Festland und Riff bis Port Phaeton, die elektronisch Seekarte und die Riffkanten fest im Blick.

Am Riff liegen auch tagsüber Boote, fahren Touristen zum Tauchen und Schnorcheln dorthin. Am Ende kämpfen noch mit ein paar Fallwinden und fädeln endlich unsere Leinen an einer Mooring-Boje ein. Hier bleiben wir ein Weilchen…
Neben uns liegt die Werft, weiter vorne das Örtchen Taravao, genau an der Landenge zwischen Tahiti Nui (Gross) und Tahiti Iti (Klein). Wir heben das Dinghi ins Wasser und fahren an Land. Keine 500m vom Ufer entfernt befindet sich ein Einkaufszentrum mit einem Carrefour (freiem Internet inclusive). Ein französischer Supermarkt mit eingeflogenem Käse, Pasteten und Salami, fünferlei Baguette-Sorten und allerlei Gemüse aus Europa.
Taravao hat zwei langgezogene Hauptstraßen mit allen nötigen Läden, die man brauchen kann, angefangen von der Apotheke und der Post, über Tankstellen, Elektroartikel, Bekleidung und dazwischen die große katholische Kirche, die Gendarmerie und der kommunale Markt, hier mit Kunsthandwerksständen bestückt, die Pareos, Schmuck mit schwarzen Perlen, geflochtene Taschen und Monoi-Öl anbieten.
Kleine Straßenstände an denen tagsüber Fisch oder Früchte angeboten werden und sogenannte Roulottes, fahrbare Imbissbuden für den abendlichen Hunger, und ein paar Restaurants. Wir entscheiden uns für ein uriges Lokal mit französischer Küche, und feiern unser Ankunft mit Entenbrust und foie gras!

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