Lakona Bay, Gaua – Welkam, welkam!

25. – 29. August 2018

Die Insel Gaua liegt schon weiter oben im Norden von Vanuatu und gehört zur Banks Gruppe, von Malekula aus brauchen wir fast genau 24h, wir segeln einen Tag und eine Nacht durch. Kaum ist der Anker gefallen, kommen zwei Auslegerboote längsseits, der Sohn des Inselchiefs, der uns einlädt, das Dorf zu besuchen und Father William Levy, der örtliche anglikanische Pfarrer, dem wir unsere Teilnahme am Fest zusagen.

Wieder ein schwarzer Sandstrand mit spielenden Kindern, dahinter ein paar Häuser, in denen vier Familien leben, darunter auch die Großfamilie von John Star, dem Chief der ganzen Insel Gaua. Rechts, hoch am Berg klebt wie ein Schwalbennest ein Haus, da wohnt Christobal, der Chief der Dörfchen von Lakona Bay. Das eigentliche Dorf mit der anglikanischen Kirche und der Grundschule liegt linker Hand auf einer Anhöhe, von der aus man einen herrlich weiten Blick aufs Meer und auf die Bucht hat. Wir begrüßen die Dorfbewohner, werden herumgeführt, der jüngste Sohn des Chiefs, auch John genannt, trägt die meiste Zeit seinen kleinen Sohn auf dem Arm, zeigt uns die Stelle am Strand, wo eine Art unterirdische Quelle mit Süßwasser aus dem schwarzen Sand hervor kommt. Man muss nur ein bisschen graben, um eine Mulde zu bilden und schon kann man die Kanister füllen. Jedes Mal, wenn Andreas Wasser holt, sind die Kinder sofort da, um ihm zu helfen. Sie graben und tragen mit Begeisterung die schweren 10l Kanister zum Beiboot.

Für das Festival in diesem Jahr hat außer uns nur noch ein weiteres Boot den Weg hierher gefunden: ein Katamaran mit Frances, einem Segler aus Australien, drauf. Daher fällt das Programm in diesem Jahr etwas kürzer aus, statt der vollen zwei Tage beginnt das Fest erst am Sonntagnachmittag und auch das angekündigte Lagerfeuer am Strand wird wegen der wolkenbruchartigen Regenfälle abgesagt, die ungewöhnlich sind für diese Jahreszeit, denn die Regenzeit beginnt eigentlich erst im November. Es ist schade für die Dorfgemeinschaft, weil sie sich für das Fest viel Arbeit machen und die Einnahmen der zahlenden Gäste, also der Segler, dringend für das Schulgeld der Kinder benötigen. Für uns aber wird es ein sehr schönes und ergreifendes Erlebnis, von Anfang an haben wir das Gefühl, in die Dorfgemeinschaft wie in eine große Familie aufgenommen zu werden. Es geht ganz gemütlich zu, keine Hektik, wir dürfen überall mitmachen, sollen nicht nur Zuschauer sein, manchmal wird auch improvisiert und das Programm etwas umgestellt, weil gerade ein Regenschauer nieder geht oder der jüngste Sohn des Chiefs noch nicht aus dem Garten zurück gekommen ist.

Zur Eröffnung des Festes wird es trotzdem ein bisschen feierlich: so stehen Frances, Andreas und ich zusammen mit dem alten Chief John Star in einer Reihe, bekommen eine Halskette mit roten Blüten umgehängt, vor uns steht ein kleiner Chor mit Gitarrenbegleitung, wir hören ein Willkommenslied auf Bislama, von Father Levy komponiert: „Welkam, welkam, welkam!“ geht der Refrain.

Danach werden wir in die Kochhütte der Chief-Familie gebeten, wo schon ein paar Brotfrüchte in den glühenden Kohlen liegen. Kokosnüsse werden ausgeschabt und wir dürfen ausprobieren, wie das früher gemacht wurde. Mit flachen scharfen Muschelschalen musste man schon sehr geschickt sein, um die Kokosnuss fein raspeln zu können. Danach werden die fein geraspelten Flocken ausgedrückt und die Milch in einem großen grünen Blatt beiseite gestellt. Eine feste grüne „Popo“, eine Papaya, wird erst mit den ausgedrückten Kokosflocken eingerieben, um eine ölige Schicht zu erzielen und dann mit einem Stock durchbohrt, so dass eine Art Nudelholz draus wird. Die Brotfrüchte sind nun außen ganz verkohlt und schwarz und werden von den Frauen aufgebrochen, das Innere herausgeholt und etwas geknetet. Die Brotfrucht hat wohl einen ähnlichen Kleber wie die Kartoffel, so dass John mit der Walk-Papaya aus den einzelnen Brei-Stücken einen großen Teig mit viel Kraft knetet. Dann folgt das nächste Schauspiel. Kleinere Steine, die im Feuer lagen, werden erst im Wasser kurz gewaschen, dann wird in eine Kokosnuss-Schale Kokosmilch gegossen, ein heißer Stein kommt dazu, die passende Hälfte der Schale wird darauf gesetzt und die Milch mit dem heißen Stein geschüttelt, dadurch wird die Milch warm und bekommt eine sahnige Konsistenz. Dies wird ein paar Mal wiederholt, bis der Teig von einer dickflüssigen Schicht an Kokosmilch bedeckt ist: fertig ist das Laplap aus Brotfrucht. In kleine quadratische Stücke geschnitten wird das Laplap verteilt. Es ist köstlich und sehr sättigend! Ein kleines Mädchen von vielleicht zwei Jahren nimmt vorsichtig ein Stück in die Hand – und schleckt erst einmal die Kokosmilch ab! Das Beste zuerst!

Wir sitzen noch eine Weile gemütlich zusammen und erzählen, bevor wir uns für diesen Tag verabschieden und zurück aufs Boot fahren.

Am nächsten Morgen pünktlich um 9.00h geht es weiter. Wir sehen, wie das Dach eines Hauses aus Palmwedeln hergestellt wird, wie verschiedene Körbe,Schalen und Armbänder kunstvoll geflochten werden, dann führt Chief John uns zu seinem „Nakamal“, einem ganz besonderen Versammlungshaus, das etwas versteckt hinter den Wohnhäusern liegt. Es hat zwei große Figuren aus einem schwarzen porösen Holz säulenartig vor dem Eingang und dazu zwei weitere Figuren aus Stein auf dem Boden. Eine davon stellt eine sterbende Frau dar, denn Frauen ist es bei Strafe verboten, diesen Nakamal zu betreten. Ich muss draußen bleiben, während Andreas mit Frances, den Chiefs und Father Levy den Nakamal von innen anschauen. Aber Father Levy versichert mir, dass sie mir danach alles ganz genau erzählen werden.


Nakamal


Father Levy, Herz und Seele des Festivals, eine beeindruckende Persönlichkeit!


Chief John Star, mit seiner ruhigen Ausstrahlung

Derweil sitze ich mit Susan, der Frau des Chiefs zusammen und lerne sie näher kennen: Sie ist eine sehr herzliche Person mit den oft anzutreffenden orangegelben Haaren, von der Sonne ausgebleicht und leicht angegraut, einem gewinnenden Lächeln, meistens mit ihrer jüngsten zweijährigen Enkelin auf dem Schoß. Sie spricht gut Englisch, wir erzählen von unseren Familien und so erfahre ich unter anderem, dass vier ihrer Söhne gerade in Neuseeland sind als Gastarbeiter, sieben Monate lang in der Nähe von Tauranga Kiwis pflücken. Und auch mit den anderen Frauen und Mädchen ist es spannend, zusammen zu sitzen und zu erzählen.


Susan mit Enkel

Sohn und Enkel von Chief John

Der Tag vergeht schnell mit Bogenschießen und Tauziehen an dem auch Andreas und Frances mitmachen, einem fröhlichen Tanz, bei dem die Männer und Jungen viele grüne Zweige in den Händen tragen und auf ein Kommando jubelnd hochspringen und das Grün in die Luft werfen, weiter tanzen, Zweige einsammeln und wieder in die Luft werfen. Auch ein Kanurennen mit den Auslegerkanus wird organisiert, in einem sitzt Frances mit einem jungen Mann aus dem Dorf, im anderen Andreas mit Father Levy, als Markierungsboje wird eine Kokosnuss ins Wasser geworfen und los geht es unter lautem Gejohle der Zuschauer. Am Ende gehen beide Kanus fast gleichzeitig durchs Ziel.


Damit werden Vögel geschossen

Ein besonderer Programmpunkt ist die Vorführung von „magic“, also Zauberei, die Chief Christobal beherrscht. Christobal kann einen toten Flughund (sieht eher wie eine kleine Fledermaus aus), der in einen Korb gelegt wird, wieder lebendig werden lassen. Und tatsächlich, nachdem mit ein paar grünen Zweigen um den Korb gewedelt wurde, fliegt das Tierchen schnell auf und davon. Christobal beherrscht noch ein paar mehr Zaubereien, wie uns die Dorfbewohner mit viel Bewunderung und Stolz erklären, die viel spektakulärer sind, so z.B. kann er sich selber wieder zum Leben erwecken oder aus einem Feuerring verschwinden und bei den Zuschauern wieder auftauchen.

Während es draußen mal wieder regnet, sitzen wir in der Hütte beisammen und führen längere Gespräche. Frances hat ein Fotobuch von seinen beiden Töchtern mitgebracht, das sehr interessiert angeschaut wird, wir bekommen viele Fragen zu unseren Familien, unserem Leben in Europa und dem Segeln gestellt und fragen auch unsererseits viel.

Am Nachmittag kommt doch noch mal die Sonne raus und das nutzen die Frauen, um ihre berühmte Wassermusik vorzuführen, die hier auf der Insel Gaua von den Frauen erfunden wurde. Und das ist wirklich etwas ganz Besonderes: sie stehen in einer Reihe bis zur Hüfte im Wasser und klopfen mit der hohlen Hand aufs Wasser, platschen, klatschen und erzeugen damit einen mitreißenden Rhythmus. Aber nicht nur einen, viele unterschiedliche Rhythmen beherrschen sie und wir Zuschauen sind ganz hingerissen von ihrer Aufführung. (Video folgt!)

Abends versammeln wir uns alle noch einmal im Dorf und sehen zu, wie Kava hergestellt wird. Aus frischen Wurzeln wird ein Brei gestampft, eine kräftezehrende Angelegenheit. Danach wäscht Father Levy die Wurzeln aus und presst sie mehrfach hintereinander mit einem Tuch aus. In einer feierlichen Zeremonie bekommen wir drei Segler und Chief John als erste ein Glas voll Kava gereicht. Und dieses Mal traue auch ich mich, von diesem schlammig grauen Wasser zu trinken. Der Chor singt ein Abschiedslied, ein paar kurze bewegende Reden werden gehalten und dann sitzen wir noch eine Weile gemütlich unter dem Dach und lassen den Tag ausklingen.

Am nächsten Tag ist wieder schönster Sonnenschein, die Wäsche kann endlich trocknen und nachmittags machen wir noch einen letzten Spaziergang zum großen Dorf hoch. Ein junger Mann begleitet uns, zeigt uns das Haus des alten Steinmetzes, der sich noch an den Zweiten Weltkrieg erinnern kann, als amerikanische Soldaten auf der Insel waren. Er ist inzwischen erblindet, hat aber in seinem Enkel einen Nachfolger gefunden, dessen Kunstwerke uns so gut gefallen, dass wir ihm kurzerhand zwei in Stein gehauene Köpfe abkaufen.

Der Blick vom Strand aus auf die Bucht in der Abendsonne ist so schön, Chief John, Susan und andere Leute aus dem Dorf verabschieden sich noch einmal ganz herzlich von uns. Wie gerne würden wir noch länger hier bei diesen so überaus freundlichen Menschen bleiben.

Big Nambas in Malekula

22. August 2018

Auf der Insel Malekula leben zwei große Stämme, die Big Nambas und die Small Nambas, bzw. Große und Kleine Nambas, benannt nach den Penisköchern, die sie früher trugen. Die Big Nambas waren einst gefürchtete Krieger und schon ihr Ruf allein sorgte dafür, dass sie selten angegriffen wurden. Auch hatten und haben sie viele Rituale und Tänze, die sie auszeichnen. Um diese nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, hat sich der junge Dorf-Chief von Mae vor drei Jahren entschlossen, ein jährliches Festival zu organisieren. Eine größere Gruppe von Jungen und Alten üben das ganze Jahr über und tanzen auch schon mal zwischendurch für zahlende Touristen, aber das ganz große Fest findet nun jährlich in der zweiten Augusthälfte statt und dafür haben wir uns angemeldet. Vier Segler und drei an Land reisende Touristen sind dabei, die Tourismusbeauftragte ebenfalls, und auch das halbe Dorf schaut zu.

Auf einem von hohen Bäumen und Sträuchern umsäumten Platz mitten im Dorf ist alles vorbereitet, große Trommeln, ein paar Bänke mit Blumenschmuck am Rand und eine kleine Hütte. Wir, die Gäste von außerhalb, warten erst einmal unter den Bäumen, werden von einer trommelnden und singenden Gruppe begrüßt und bekommen von den Kindern ein Halsband mit Blümchen umgehängt. Danach werden auf den Platz gebeten. Dort ist alles noch wie vor zweihundert Jahren, kein Stück Stoff oder Schuhwerk oder Werkzeug aus der heutigen Zeit, von unseren Fotoapparaten, Smartphones und unserer Alltagskleidung mal abgesehen. Der junge Chief hält eine kurze Ansprache und erklärt uns, dass wir heute eine Reihe von Tänzen zu sehen bekommen, die zu verschiedenen Anlässen getanzt werden,  und dass zwischendurch ein paar Aktivitäten für uns vorbereitet worden sind, wie z.B. Feuermachen, Flechten und eine Kava-Zeremonie. Außerdem wird für mittags ein traditionelles Essen gekocht. Vor jedem Tanz beschreibt er uns kurz dessen Bedeutung – in seiner einnehmenden freundlichen Art.

Nach dem Willkommenstanz sehen wir Tänze, die für die Vorbereitung der Beschneidung junger Männer aufgeführt werden und solche, die nach der Rückkehr der Männer in die Dorfgemeinschaft getanzt werden. Um in der sozialen Hierarchie des Dorfes aufzusteigen, muss ein Mann ein Fest ausrichten und ein oder mehrere Schweine dafür hergeben, auch dafür gibt es ganz bestimmte Tänze. Einen so genannten Beschneidungstanz für Frauen bekommen wir zu sehen, auch wenn diese Tradition zu unser aller Erleichterung längst nicht mehr praktiziert wird. Kleine Kinder weinen ganz fürchterlich, als nacheinander drei teuflische Gestalten auf den Platz hüpfen, mit einer schwarzen Maske und einem Kostüm aus getrockneten Palmenblättern. Zum Schluss zeigen sie noch den Kriegstanz mit Bogenschießen bevor wir eine Zeremonie vorgeführt bekommen, die nur ganz selten tatsächlich praktiziert wird, nämlich dann wenn ein neuer Chief das Amt von seinem Vater übernimmt. Bei diesem Anlass werden sehr viele Schweine geschlachtet und das ganze Dorf tanzt mit, normalerweise die ganze Nacht hindurch, und dazu wird viel Kava getrunken – auch wir dürfen mittanzen, allerdings nicht ganz so lange und statt der Schweine müssen dieses Mal symbolisch ein paar Kokosnüsse herhalten.

Die Männer der Big Nambas tragen einen breiten Gürtel in dem frische grüne Zweige stecken, vorne haben sie rot gefärbten Pandanusblätter, die einen Penisköcher bedecken. Nur die Männer tragen diese roten Pandanusblätter, die Jungs begnügen sich mit grünen Zweigen. Auf dem Kopf tragen sie einen schönen Federschmuck, eine einzelne Feder oder ein ganzes Büschel von Hahnenfedern. An den Füßen haben sie rasselnde Nuss-Schalen umgebunden, die bei den Tänzen zusätzlich für Rhythmus sorgen. Das Besondere bei den Big Nambas ist wohl auch die unterschiedliche Bemalung der Körper zu den entsprechenden Tänzen, mit Kokosnuss-Öl und Asche eingerieben sehen sie gespenstisch grau aus, mit gelber Farbe (Gelbwurzel oder Lehm?) haben sie auf einmal eine ganz hellere Hautfarbe und beim Kriegstanz sind sie ganz schwarz.

Die Frauen wiederum haben fein geflochtene Matten aus rot gefärbtem Pandanus umgebunden, die verheirateten Frauen tragen zudem noch eine Art Matte aus dem gleichen Material auf dem Kopf, lange Fäden der Matten bedecken die Brüste.

Hier ein paar Impressionen dieses ganz besonderen Tages!


Begrüßung


Chief

 


Laplap, in Bananenblätter gebackener Brei und Fleisch, dazu frische Kokosmilch


Bunte Süßkartoffeln mit Tomaten, auch in Bananenblättern gebacken


Teufel


Verabschiedung!


Zaungäste

Dorfleben

Von der Insel Efate mit der Hauptstadt Port Vila segeln wir in Tagesetappen weiter nördlich, den steten Süd-Ost-Passat nutzend. Wir gönnen uns ein paar Tage Strandurlaub vor dem Inselchen Lelepa, machen einen Zwischenstopp auf der Insel Emae, und erreichen schließlich die Insel Epi. Hier ankern wir in der Revolieu Bucht, seitlich etwas geschützt durch ein breites Riff.

Ganz verdeckt von dichtem Grün und hohen Bäumen liegt das Dorf. Nur am Rauch, der gegen Abend hoch steigt, und an den vielen Kindern, die am Strand entlang laufen, ist zu erkennen, dass dahinter Menschen wohnen.

Am nächsten Vormittag fahren wir mit dem Dinghi an Land, finden einen Fußweg durch das Dickicht und stehen schon nach wenigen Schritten vor der Wasserpumpe des Dorfes. Eine Frau weicht dort Wäsche ein, begrüßt uns ganz herzlich und stellt sich als Lily vor. Sie spricht gut Englisch und fragt uns gleich, ob wir ein paar Süßkartoffeln bräuchten und bittet uns, ihr zu ihrem Haus zu folgen. Wir überqueren einen breiten Weg aus Sand und Kies mit zwei tief eingefahrenen Radspuren, es ist die Hauptstraße der Insel, ein Rundweg, der die einzelnen Ortschaften an der Küste miteinander verbindet.

Kleinere und größere Häuser liegen inmitten von gepflegten Gärten, schmale Wege und manchmal auch ein Zaun aus Blumen und niedrigen Sträuchern trennen die Höfe voneinander. Die meisten Häuser haben Dächer aus Palmenwedel und schön geflochtene Seitenwände, manchmal auch ein Wellblech-Dach und ab und an sieht man ein gemauertes Gebäude. Überall Blumen, rosa und orange blühende Bougainvillea-Sträucher, auch Gemüse und viele Bäume mit Zitrusfrüchten dazwischen. Hühner laufen frei herum, kleine Kinder schauen uns neugierig nach, die Großen sind alle noch in der Schule. Lily besitzt ein Haus zum Kochen und Arbeiten und eines in dem die ganze Familie schläft, daneben ein gemauerter Ofen zum Backen.

An ihrem Haus rankt sich eine Pflanze hoch mit einer Frucht, die aussieht wie eine Mischung aus Zucchini und Bohne. Lily zupft sie für uns ab und erklärt uns, wie man die zubereitet.

Wir gehen mit ihr weiter durch das Dorf, begrüßen ihre Schwiegermutter, eine ehrwürdige weißhaarige Dame, kommen an der Kirche vorbei, ein einfaches Haus mit Strohdach und halb offenen Wänden. Daneben wird die neue Kirche gebaut, aus Betonziegeln, sie ist erst zur Hälfte fertig. Lily führt uns zum Fluss, der neben dem Dorf entlang fließt und weiter unten im Meer mündet, zu einer Stelle, wo Wasserkresse wächst, weil sie weiß, dass auch die Segler diese gerne als frischen Salat zu schätzen wissen. Und ja, sehr gerne dürfen wir uns Trinkwasser in unsere Kanister abfüllen und wie alle anderen im Dorf, im Fluss unsere Wäsche waschen…

Lily ist 36 Jahre alt, hat sechs Kinder, der älteste Sohn  ist schon verheiratet, die etwas jüngere Tochter auch, eines der Kinder, ein 7jähriger Junge ist adoptiert. Und ihr jüngstes Kind ist gerade mal 1 Monat alt! Am Nachmittag bringen wir ein paar Sachen für ihr Baby und bekommen zu den Süßkartoffeln noch einen dicken Bund Frühlingszwiebeln mit. Ihre Tochter ist gerade da, sie hat ein 3 Monate altes Mädchen. Und so sitzen Mutter und Tochter nebeneinander und stillen ihre Babies!

In diesem Dorf entdecken wir ein großes neues Gebäude aus stabilen Betonziegeln mit Dach, davor eine schön angelegte Grünanlage. Es ist ein Schutzhaus für die Bewohner der Ecke: sollte wieder ein Zyklon über die Inseln hinweg fegen, haben sie hier ein festes Dach über dem Kopf mit Behandlungsräumen und Sanitäranlagen dazu. 2016 hatte der Zyklon Pam in Vanuatu so ziemlich alle Häuser zerstört, Bäume umgeknickt und sehr viel Schaden angerichtet.

In diesem Haus haben wir ein Ehepaar kennen gelernt, die beiden teilen sich das Büro: Tousil ist Verwaltungsangestellte für den Bezirk und ihr Mann Basil arbeitet für die Entwicklungshilfe der UNO und andere Hilfsorganisationen, koordiniert den Bau von befestigten Brücken, Straßen, die Aufforstung der Küste, um der Erosion vorzubeugen uvm. Die beiden freuen sich über unseren Besuch und unsere vielen Fragen und können uns sehr viel über Land und Leute erzählen.

Am nächsten Tag wollen wir etwas herumlaufen, wandern bis zum nächsten Dorf, wo es eine Schule gibt und wir ein paar Hefte und Stifte abgeben können. Wir brauchen etwa eine halbe Stunde bis dorthin, für viele Kinder ist das der tägliche Schulweg. Mit Spielen und etwas Trödeln brauchen sie viel länger, erzählen uns ein paar Mütter.

Wir kommen an vereinzelten kleinen Siedlungen vorbei, wo man uns überall fröhlich zu winkt oder neugierig heran kommt, um uns zu begrüßen und zu fragen, woher wir kommen. Dazwischen liegen kleine Gärten mit Taro und Süßkartoffeln, Zitronen-, Orangen-, Mandarinen- und Pampelmusen-Bäumen und eine langgezogene Plantage mit Kokospalmen. Im Prinzip sind alle Selbstversorger und um das Schulgeld aufzubringen, müssen sie Kopra machen, also reife Kokosnüsse spalten, das Fleisch heraustrennen und trocknen. Nur ist der Preis für Kopra im letzten Jahr stark gefallen und viele bangen, ob sie das Schulgeld überhaupt aufbringen können.

In der Schule ist gerade Mittagspause und sofort sind wir von einer ganzen Kinderschar umringt, die kichern und sehr neugierig sind und sich erst kaum trauen, mit uns zu reden. Das legt sich aber schnell und irgendwie schaffen wir es, mit einer Mischung aus Englisch und Bislama und mit Händen und Füssen uns zu verständigen. Und haben viel Spaß dabei!

Am dritten Tag in dieser Bucht sind wir mit Tousil und Basil verabredet. Wir wollen eine unserer alten Bordbatterien der Krankenstation der Insel vermachen und sie organisieren einen Transport dafür. Es ist Freitag, und der Tag, an dem die staatlichen Angestellten alle zwei Wochen ihren Lohn ausgezahlt bekommen und diesen dann gleich für Einkäufe nutzen. Also sind auf der Insel überall kleinere oder größere Marktstände aufgestellt. Auch in unserem Dörfchen in der Bucht sitzen in der Früh schon drei Frauen in dem überdachten Stand und haben auf ihren Matten ihr Gemüse ausgebreitet. Mittags gibt es Lunchpakete zu kaufen und Krapfen und sogar Kaffee aus der Thermoskanne. Bei dieser Gelegenheit lernten wir auch den Dorf-Chef kennen, er war am Vormittag im „Nakamal“, dem traditionellen Versammlungshaus, mit einer Adoptions-Zeremonie beschäftigt.


Nakamal

Geld gibt es in einem Ort eine knappe Stunde mit dem Auto weit weg, in der einzigen Bank der Insel. Dort stellt sich Tousil bei der Bank an und wir schauen schon mal zum Markt nebenan. Hier gibt es alles in großen Gebinden, selbst geflochtene Körbe aus Palmenblättern voller Süßkartoffeln, Orangen oder Pampelmusen, große Stauden mit Kochbananen. Die Leute kaufen ein und beladen die Ladeflächen der Trucks, wir ebenfalls. Dann müssen wir auf Tousil warten, knabbern Erdnüsse und leckere Bananenchips, unterhalten uns mit ihrem Mann und schauen dem Treiben zu. Es dauert, denn von den zwei Bankbeamten darf nur einer Geld auszahlen, es wollen heute aber alle Lehrer und Angestellten ihr Gehalt haben! Auf dem Rückweg halten wir ein paar Mal an, um die Mitfahrer mit ihren Einkäufen abzuladen, dann bei einem Laden, wo gerade in der Früh ein Rind geschlachtet wurde und die Fleischstücke an der Luft hängen. Wir kaufen auch was davon (es schmeckt hervorragend gut, kein Wunder, die Rinder hier laufen frei herum und knabbern wahlweise an frischem Gras oder Kokosnüssen).

Am Ende des Tages sitzen wir noch mit unseren neuen Freunden Tousil und Basil am Strand und schauen der untergehenden Sonne zu und sind einfach nur glücklich und dankbar für all diese schönen Begegnungen.

Lukim yu! Auf Wiedersehen!

Bislama

In Vanuatu werden um die 180 verschiedene Sprachen gesprochen. Selbst von Dorf zu Dorf kann der Unterschied so groß sein, dass man einander nicht versteht, wurde uns versichert. Aus Melanesien haben sich vor etlichen tausend Jahren in mehreren Wellen wagemutige Menschen auf den Weg gemacht und die Inseln besiedelt. Sie brachten bereits unterschiedliche Sprachen mit, im Laufe der Jahrhunderte lebten die Einwohner hier recht abgeschlossen in ihren Dorf- und Stammesstrukturen, was die Entwicklung von unterschiedlichen Sprachen noch mehr befördert.

Es waren die ersten europäischen Segelboote, die sich mit einer einfachen Sprache behalfen, um mit den Einwohnern zu kommunizieren. Später, während der Kolonialisierung der Südsee holten sich die Plantagen- und Minenbesitzer Arbeitskräfte von Papua Neuguinea, den Salomonen und von den Neuen Hebriden (Vanuatu) auf die Inseln und nach Australien, weniger mit Versprechungen als mit Gewalt. Und so entwickelte sich ziemlich schnell eine einfache Verkehrssprache, ein verballhorntes Englisch mit etwas französischem Einschlag. Auch die Missionare verwendeten diese Sprache und übersetzten Bibel und Gesangbücher für die Einheimischen in „Bislama“, wie es in Vanuatu heißt, oder „Tok Pisin“ bzw. „Pidgin English“ in Papua Neuguinea und „Pijin“ auf den Salomonen.

Der Wortschatz ist nicht besonders umfangreich, darum braucht man einiges Geschick, um verschiedene Sachverhalte auszudrücken, viele Wörter werden mit „blong“ zusammengesetzt, das Wort „long“ wird auch sehr häufig verwendet, um Richtungen, Beziehungen usw. anzugeben. Auf den ersten Blick erscheint es ganz einfach, auch gibt es nicht so komplizierte Verbformen und Konjugationen wie z.B. im Französischen oder Spanischen. Und trotzdem hat es seine Tücken, denn die Satzstruktur ist melanesischen Ursprungs und muss von uns erst verstanden werden. Langsam gesprochen und aufgeschrieben erschließt sich manches von selbst. Man muss es sich manchmal laut vorlesen, denn die Wörter, die aus dem Englischen stammen, werden genauso geschrieben, wie sie ausgesprochen werden und nicht in der gebräuchlichen englischen Orthographie.

Hier ein paar Beispiele: Das Cafe „Nambawan“ bedeutet „Number One“ = Nummer 1

Die öffentliche Bibliothek von Port Vila: „Pablik Laebri blong Port Vila“

Und hier das weltweit bekannteste Weihnachtslied: Stille Nacht, Heilige Nacht. Vom Deutschen ins Englische und vom Englischen in Bislama übersetzt, spricht der Text für sich. „Pikinini“ ist das Wort für Kind, und „Pikinini blong God“ ist Jesus, das Kind Gottes.

Hier die englische Fassung der ersten Strophe:

Silent night, holy night!
All is calm, all is bright
Round yon Virgin, Mother and Child
Holy Infant so tender and mild
Sleep in heavenly peace
Sleep in heavenly peace

Und hier die Fassung in Bislama:

Kwaet naet! Tabu naet
Taem is gud, skae is laet
Raonabout long yangfala pel
Wetem pikinini y blong hem
Pikinini blong God,
Slip long pis ya blong hem.

Aus dem Gesangbuch der Presbyterianischen Kirche „Ol sing blong niu laef“, Buk fo = Buch vier

Ein Band zum Tag des Kindes in Port Vila

Die Bitte um Sauberkeit in der öffentlichen Toilette an der Uferpromenade:

Heute spricht ein Ni-Vanuatu, so nennen sich die Einwohner von Vanuatu, mindestens zwei Sprachen, meistens sogar drei oder vier: nämlich erstens die Sprache seines Dorfes bzw. der Region, dann Bislama und schließlich Englisch oder Französisch, je nachdem ob er oder sie in einer englischen oder französischen Schule war. Beeindruckend!

Das fand bereits Georg Forster vor mehr als zweihundert Jahren, als er auf der „Resolution“ mit Kapitän James Cook unterwegs war und sie auf der Insel Malekula auf Einheimische trafen:

„Hier lernten wir sie als das verständigste und gescheuteste Volk kennen, das wir noch bis jetzt in der Süd-See angetroffen hatten. Sie begriffen unser Zeichen und Gebehrden so schnell und richtig, als ob sie schon wer weiß wie lange mit uns umgegangen wären; und in Zeit von etlichen Minuten lehrten auch sie uns eine Menge Wörter aus ihrer Sprache verstehen. […] Bey ihrer angebohrnen Neigung zum Plaudern, geriethen wir gleich ins Gespräch mit einander und ließen uns in ihrer Sprache Unterricht geben. Sie wunderten sich, daß wir die Wörter so schnell ins Gedächtniß faßten, und schienen eine Weile nachzudenken, wie es zugehen mögte, daß man den Klang der Worte durch Bleystift und Papier ausdrücken könne. So emsig sie einer Seits waren, uns ihre Sprache zu lehren; so neugierig waren sie anderer Seits auch, etwas von der unsrigen zu lernen, und sprachen alles was wir ihnen davon vorsagten, mit bewundrungswürdiger Fertigkeit ganz genau nach. Kaum hatten wir ihnen die Namen unsrer Zahlen vorgesagt, als sie solche sehr schnell an den Fingern wiederholten; kurz: was ihnen an cörperlichen Vorzügen abgieng, wurde durch ihren Scharfsinn reichlich ersetzt.“

(Zitat aus: Georg Forster: Reise um die Welt. Insel Taschenbuch 757. Frankfurt am Main, 1967. S. 683 bzw. S. 688)

Vanuatu, Port Vila

26.-31. Juli 2018

Hätte man mich vor zwei Jahren gefragt, wo Vanuatu liegt, hätte ich erst einmal den Schulatlas aus dem Regal holen und nachschauen müssen, ob das eine Insel, ein Land oder eine Ortschaft ist, und schon gar nicht hätte ich die Hauptstadt hersagen können. Aber nun erschließt sich uns nach und nach die Geographie der Südsee, die Entfernungen werden in Seemeilen und zu segelnden Tagen gemessen. In Muktuk-Geschwindigkeit ist Fidschi von Neuseeland 16 Tage weit entfernt, wiederum Vanuatu von Fidschi sieben Tage auseinander: so lange brauchen wir von Savusavu auf Fidschi bis nach Port Vila auf der Insel Efate, Vanuatu. Und ja, das ist die Hauptstadt dieses Inselstaates. Vanuatu umfasst etwas mehr als 80 Inseln, elf größere und sehr viele kleine, zusammen ergeben sie gerade mal 12.000 qm Land, verteilt auf 860.000 qm auf dem Ozean. Auf diesen Inseln leben rund 281.500 Menschen, etwas mehr als in Karlsruhe…

Wir ankern direkt vor dem Zentrum von Port Vila, haben schon unsere gelbe Quarantäne-Flagge gehisst, melden uns per Funk an für die Einklarierungsformalitäten und werden auf zwei, halb drei Uhr nachmittags vertröstet, jetzt sei Mittagspause. Als um halb vier immer noch niemand von den Behörden auftaucht, rufen wir erneut per Funk an. Der Skipper solle doch einfach zum „Customs“-Büro fahren, mit allen Schiffspapieren, die Crew müsse nicht mit. So einfach und so entspannt ist alles hier. Am nächsten Tag gehen wir noch zu „Immigration“, der Visastelle, und erhalten dort einen Stempel im Pass, mit dem wir drei Monate in Vanuatu bleiben dürfen. Noch eine kleine Gebühr bezahlt und somit sind wir offiziell eingereist und können nun die Stadt erkunden.

Wir laufen die Hauptstraße entlang, hier und in den Querstraßen könnte man stundenlang bummeln, Kleidung für jeden Geschmack und Geldbeutel, Kunsthandwerk in der Maison Française, Haushaltsgeräte, Werkzeuge. Dazwischen ein paar Restaurants, Behörden, die Stadtbibliothek. Viele Läden werben mit zollfreiem Einkauf, die damit vor allem die Touristen von den Kreuzfahrtschiffen im Blick haben.

Natürlich werfen wir in jeden dieser Läden einen Blick rein, vor allem in jene, die sich „Hardwarestore“ (Baumarkt) nennen. Es könnte ja etwas Nützliches fürs Boot zu finden sein!

Und auch der große Markt zieht uns magisch an, er ist eine Augenweide! So viel frisches Gemüse und Obst in unglaublichen Mengen, und alles so bunt und hübsch anzuschauen. In der zweiten Halle beim Markt sind Tische und Bänke in Reihen aufgestellt, dazwischen kleine Kochnischen eingebaut, in denen von mittags bis abends gekocht wird. Leckere Gerichte werden angeboten und sind zudem so günstig, dass sich das Kochen auf dem Boot fast nicht lohnt. Gleich am ersten Tag setzt sich eine der Köchinnen zu uns an den Tisch, sie erzählt von den Inseln, von ihrer Familie und will auch von uns genau wissen, was uns hierher gebracht hat.

Zur Begrüßung hier schüttelt man die Hand und stellt sich mit Vornamen vor, und sogleich werden wir gefragt, woher wir kommen. Oh ja, wirklich aus Deutschland! Daraufhin werden wir sofort mit einem strahlenden Lächeln angeschaut, worauf dann sogleich erwähnt wird, dass alle Leute so verrückt nach Fußball sind, und die deutsche Nationalmannschaft eine große Fangemeinde haben soll. Tatsächlich entpuppt sich der Zöllner, der auf unser Boot kommt, um zollfrei eingekauften Wein in den Kartons zu versiegeln, als ein begeisterter Fan. Er hat sowieso Dienstschluss und bleibt noch eine ganze Weile gemütlich bei einer Cola auf der Muktuk, so dass wir uns länger mit ihm unterhalten können. Es gibt sogar richtige Vereine, Fangemeinschaften für die jeweiligen Nationalmannschaften und es fand sogar eine Parade zu Beginn der Spiele statt, wo die Fangruppen mit den Nationalflaggen ihrer Mannschaften durch die Stadt zogen. Allerdings war unser Zöllner sehr traurig, als die deutsche Mannschaft ausgeschieden ist und ging tags darauf nicht in die Arbeit, auch, um sich die Bemerkungen der Arbeitskollegen nicht anhören zu müssen.

Eigentlich könnten wir gleich weiter, aber wir bleiben noch ein paar Tage in Port Vila, denn am Montag, dem 30. Juli, wird der 38. Jahrestag seit der Unabhängigkeitstag gefeiert, mit Reden, Tänzen und einem Feuerwerk am Abend und das würde ich mir sehr gerne anschauen. Früher hießen die Inseln Neue Hebriden und waren von 1906 an unter einer gemeinschaftlichen Verwaltung von Frankreich und Großbritannien, Kondominium genannt. Alles gab es doppelt, Verwaltung, Polizei, Währung, Schulsystem. Die europäischen Einwanderer besaßen 30% des urbaren Landes und wollten noch mehr, um rentable Kokosplantagen und Viehweiden anzulegen. An diesen Expansionen zündete der Funke für die ersten Bestrebungen zur Unabhängigkeit in den 1960er Jahren, denn die Ni-Vanuatus, wie sich die Einwohnen der Inseln nennen, sehen Landbesitz traditionell als einen Schatz, den man  für die kommende Generation erhalten und pflegen muss.

Schon am Freitag und Samstag davor ist viel mehr Betrieb als sonst in der Stadt. Jeder will schnell noch was einkaufen, überall sieht man schon Flaggen, an den Autos, in den geflochtenen Haaren der Frauen.

Auf der Hauptstraße stauen sich die Minivans. Ein praktisches und sehr sinnvolles Beförderungssystem zwischen Bus und Taxi angesiedelt: man zahlt einen Einheitspreis an den Fahrer und nennt das Ziel. Kann sein, dass man ein paar Umwege in Kauf nehmen muss, weil erst die anderen Gäste abgeliefert werden müssen. Schade, dass sich so was nicht auch in einer Großstadt wie München durchsetzen kann oder in ländlichen Gebieten in Deutschland, wo die Busse so selten fahren…

Gut beschäftigt vor dem Unabhängigkeitstag sind auch die Frauen in der großen Halle an der Hauptstraße. In vielen kleinen Abteilen sitzen die „mamas“, wie sie genannt werden, jede an einer alten oder sehr alten Singer-Nähmaschine und nähen die schönsten Kleider und Hemden. Die fertigen hängen hoch an den Wänden, daneben Strandtücher in ebenso bunten Farben und Blumenmustern, viele der bedruckten Stoffe sind in Eigenarbeit entstanden, erzählen sie mit einigem Stolz. In dem Labyrinth aus Gängen und Kojen kann man sich schnell verirren und nachdem ich die Halle ein paar Mal abgeklappert habe, schwirrt mir der Kopf von den vielen Farben. Am liebsten würde ich mir auch eines der Kleider zulegen, begnüge mich dieses Mal aber mit einem Strohhut aus Hibiskus.

Am Unabhängigkeitstag selber ist die ganze Stadt auf den Beinen. Oben am Platz der Unabhängigkeit findet die Parade statt, am Rand sind rundherum Stände aufgebaut, die Essen anbieten. Nach dem offiziellen Teil wird viel fotografiert, um die Essensstände bilden sich Trauben von Menschen. Später verteilen sich die Menschen auf die Stadt, Großfamilien sitzen im Park an der Uferpromenade auf Picknickdecken zusammen, Kinder laufen herum, Festtagsstimmung überall!

Fidschi: Bula – Vinaka!

„Bula!“ – ist das erste Wort, das wir in Fidschi lernen. So werden wir überall mit einem breiten Lächeln und Winken begrüßt und solcherart grüßen und lächeln wir zurück. Und „Vinaka“, Danke, lernen wir auch schnell.

Von Neuseeland bis Fidschi haben wir 16 Tage gebraucht, nun sind wir in den Tropen angekommen. Erste Station ist Vanua Levu, die kleinere der beiden Hauptinseln von Fidschi, hier klarieren wir im Örtchen Savusavu ein und liegen an einer Mooring-Boje der Copra Shed Marina. Tropisch warm ist es nur tagsüber und meistens weht von den hohen Bergen eine kühlende Brise herunter.

Ja, wir sind tatsächlich wieder in den Tropen, das Angebot  an Obst und Gemüse auf dem Markt ist exotisch, das Straßenbild ebenso. Wir laufen die ersten Tage mit großen Augen durch die Hauptstraße und würden am liebsten alles und jedes fotografieren.

Fidschi gehört schon zu Melanesien, die Menschen hier unterscheiden sich in Kultur, Sprache und Aussehen von den Einwohnern der Polynesischen Inseln, die wir vor zwei Jahren bereist haben. Hier in Fidschi lebt aber auch eine große Anzahl von Indern. Sie  wurden Ende des 19. Jahrhunderts von den Briten als Hilfsarbeiter für die Zuckerrohrplantagen angeworben, die meisten von ihnen holten ihre Familien nach und ließen sich auf Fidschi nieder. Da sie kein Land erwerben durften, höchstens pachten, haben sich viele Inder auf den Handel und das Transportwesen verlegt. Es ist also eine wirklich bunte Mischung: Fidschianerinnen in langen Röcken mit den geblümten Mustern der Südsee und dazwischen Inderinnen in traditionellen Saris, mit einem roten Punkt über der Nasenwurzel.

Jede der beiden Bevölkerungsgruppen spricht ihre eigene Sprache, Fidschi bzw. Fidschi-Hindi und alle können gut Englisch, so dass wir uns problemlos verständigen können.

Der große Markt ist jeden Tag geöffnet, aber  am Samstag ist es eine ganz besondere Schau!


Besen

Kava-Wurzeln

Wir klappern gleich am ersten Tag alle Läden in der Hauptstraße ab, Supermärkte, Baumärkte und Bekleidungsgeschäfte, und finden doch tatsächlich einen Satz von vier Bord-Batterien, die sogar ohne größere Umbauten in die Muktuk passen. Die alten Batterien sind noch gut, schwächelten nur ein bisschen in letzter Zeit und so haben wir sicher verstaut und hoffen, sie irgendwo auf einer abgelegenen Insel verschenken zu können.

So vertreiben wir uns die erste Zeit auf Fidschi, tagsüber mit nötigen und auch unnötigen Reparaturen an Bord und abends bei einem Bierchen in der Copra Shed Marina in sehr netter Gesellschaft von Seglern, die nach und nach hier eintrudeln. Einigen von ihnen haben wir bereits in Neuseeland kennen gelernt, andere wiederum erst hier.

Und irgendwann ist es genug mit Arbeiten: wir fahren in einem Mietwagen mit Seglern (jeweils ein Paar aus Großbritannien, den USA und Kanada, und wir dazu) gemeinsam einen Tag lang auf der Insel herum. Die Landschaft ist abwechslungsreich, kleine Dörfer mit Häusern auf Stelzen, Gärten mit Papaya-Bäumen drum herum, Zuckerrohr-Felder, Regenwald… Mittags sind wir in der Palmlea-Lodge angemeldet bei einem ehemaligen Seglerpaar, die sich auf Fidschi nieder gelassen haben und ein wunderschönes Haus mit Restaurant und Ferienwohnungen gebaut haben: mit Blick aufs Meer und das vorgelagerte Riff und mit einem eigenen Anleger am Meeresufer. Wir machen noch einen Abstecher nach Labasa, der Hauptstadt der Insel und da geht es in den Straßen richtig trubelig zu, weil gerade die Schüler alle nachmittags nach Hause gehen bzw. zum Busbahnhof, wo ein Polizist mit stoischer Ruhe versucht, einen Bus nach dem anderen auf den Weg zu bringen.


Basilikum


Markt in Labasa

Tags darauf stehen wir ganz früh auf, um mit dem ersten Morgenlicht aus Savusavu raus zu tuckern, wir wollen endlich auch ein paar Ankerbuchten erkunden…


Viani Bay


Sportstunde in der Allgemeinschule in Viani Bay

Havelock

Auf dem Herd köchelt eine Kartoffelsuppe, die Rindsuppe ist schon fertig, es ist der letzte Abend im Hafen von Havelock, morgen in der Früh legen wir bei Hochwasser ab und tuckern die 30 sm aus den Marlborough Sounds raus.

Havelock macht sich langsam für den Winterschlaf bereit, ein paar Restaurants haben schon zu gemacht, es sind kaum noch Touristen zu sehen, die sich mittags für eine Schale Muscheln gemütlich hinsetzen oder mit dem Pelorus Mail Boat ein paar Stunden lang durch die Sounds fahren. Auch ist an der Rampe an den Wochenenden nicht mehr viel Betrieb: nur noch vereinzelt fahren Einheimische mit ihren Motorbooten raus zum Angeln.

Und doch verstehen es die Menschen hier, sich die Zeit angenehm zu vertreiben: das Faltblatt mit den Veranstaltungen des Monats kündigt ein Treffen des örtlichen Wein-Clubs im Restaurant „Captains Daughter“ an, ein fünf-Gänge-Menü und fünf Weine eines Weingutes dazu. Reservierung erwünscht. Das Hinterland der Marlborough Sounds gilt als das weltweit bekannteste Weinanbaugebiet Neuseelands. Wir melden uns auch an und werden am Abend herzlich in der großen Runde aufgenommen. An mehreren langen festlich gedeckten Tischen sitzen wir und werden sogleich ausgefragt, nach dem Woher und Wohin. Man kommt immer wieder so leicht ins Gespräch mit den Menschen hier! Ein schöner Abend!

Es ist Spätherbst, die Luft ist wunderbar kalt und klar und heute haben wir in der Ferne die ersten schneebedeckten Berge gesehen. Zeit, also, los zu ziehen, auch wenn ich mir gut vorstellen könnte, in dieser ruhigen Ecke zu überwintern.

Aber nun ist ein gutes Wetterfenster da und wenn die Vorhersage so bleibt, können wir in fünf bis sechs Tagen die Westküste der Nordinsel hoch segeln zur Bay of Islands, bevor das nächste Tief heran rauscht.

 

Wellington – ein Rückblick

16. – 23. Januar 2018

Frühmorgens passieren wir Cape Palliser und erreichen damit offiziell die berühmt-berüchtigte Cook Strait. Aufgeregt sind wir schon ein bisschen, aber das Wetter spielt mit, die See ist ruhig und nach zwei Mal rechts abbiegen sehen wir schon die Skyline von Wellington.

Wellington liegt gut geschützt in einer Bucht, ein Teil des Ufers wird Oriental Bay genannt und ist ein Strand: eine Hauptstadt mit Sandstrand! An einem sonnigen Tag wie diesem mitten in den Sommerferien geht es lebhaft und laut zu. Familien sitzen im Sand, Kinder hüpfen ins Wasser oder holen sich ein Eis in einem der vielen Cafés an der Uferstraße. Kein Wunder, dass es hier so entspannt zugeht. Im Prinzip könnte man einfach mal in der Mittagspause baden gehen… Auch soll sich von Wellington aus die wunderbare Kaffee-Kultur in Neuseeland ausgebreitet haben. Wir fühlen uns sofortwohl in dieser Stadt.

Das Stadtzentrum ist nicht groß, alles ist fußläufig zu erreichen, wenn man die Uferpromenade entlang geht, die sich vom Sandstrand aus bis zum anderen Ende der Bucht mit dem Industriehafen erstreckt, kommt man erst an einem kleinen Hafen für Segelboote vorbei, dann stehen da ein paar Museen, Restaurants und Cafés mit Meeresblick. Parallel dazu verläuft die Einkaufsmeile, die sich durch das Zentrum schlängelt und dazwischen befindet sich das großzügig angelegte Civic Center, mit der Stadtbibliothek und der städtischer Galerie und über allem, oben am Berg liegt der Botanische Garten.

Die Architektur der Stadt ist die reinste Stilmischung: hübsche kleine Holzhäuser im viktorianischen Stil, die fast wie Puppenhäuser wirken, mit kleinen Vorgärten voller Blumen, in der Innenstadt dagegen stehen viele große Bauten im Art Decó Stil der Zwischenkriegszeit, als es Wellington wirtschaftlich gut ging, Banken, Versicherungen, Behörden wurden darin untergebracht, und viel später erst kamen die Hochhäuser hinzu, die seit den 1990er Jahren gebaut wurden.

Jetzt im Sommer ist viel los in der Stadt: zwei Wochen lang findet jeden Abend ein Konzert im Botanischen Garten statt, eine Lichtshow gibt es dazu, Bäume und Sträucher werden bunt und abwechslungsreich angestrahlt. Mit dem Cable-Car kann man von der Hauptstraße hoch zum Botanischen Garten fahren, zum Space Place, Museum und Planetarium in einem. Am Wochenende feiern sich die Einwanderer und Gastarbeiter der pazifischen Südseeinseln Tonga, Samoa, Fidschi uvm. mit einem eigenen Festival, dem Pasifiska. Eine große Musikbühne ist aufgebaut, dazu Essenstände, Sportwettbewerbe finden statt, überall beste Stimmung.

Das Te Papa Museum wirbt damit, Neuseelands größtes und bedeutendstes Museum zu sein: in einem Neubau mit sechs Stockwerken zeigt es die Geschichte und Natur Neuseelands und viel Kunst und Kunsthandwerk. Der größte Riesentintenfisch, der jemals aus dem Meer gefischt wurde, ist zu bewundern (10m lang und 495kg schwer war er), ebenso wie eine schöne Ausstellung über die Geschichte und Kunst der Maori aus der Gegend.

Ein paar hundert Meter weiter ist das viel kleinere Stadtmuseum, das die Geschichte Wellingtons chronologisch einprägsam präsentiert: Te Upoko o te Ika a Maui – Der Kopf von Mauis Fisch, so bezeichneten die Maori diese Bucht, als sie um 925 n. Chr. das erste Mal hier landeten. Später wurde eine Siedlung gegründet, Te Whanganui-a-Tara – der große Hafen von Tara, und das ist auch heute noch der Name Wellingtons in der Maori Sprache. Verschiedene Stämme lebten in diesem Gebiet in den folgenden Jahrhunderten, mal schlossen sie sich zusammen, dann wieder bekämpften sie sich, bis sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihr Land verloren und den europäischen Siedlern weichen mussten.

Die New Zealand Company brachte 1840 das erste Schiff mit Einwanderern hierher und gründete den Ort Wellington, nach dem ersten Duke of Wellington benannt. Schon 25 Jahre später, 1865 wurde die Hauptstadt von Auckland nach Wellington verlegt. Sie sollte geographisch in der Mitte liegen und die beiden Inseln miteinander verbinden, war das Argument damals wie heute.

Neuseeland gehört noch zum Commonwealth und nennt Queen Elisabeth II. ihr Oberhaupt, ist ansonsten aber ein eigenständiger Staat. Der Parlamentsbetrieb selber ist noch in vielen seiner Regeln an das Britische Unterhaus angelehnt, auch der Plenarsaal sieht dem britischen Vorbild sehr ähnlich, mit einem Unterschied, dass der „Speaker“ hier in Neuseeland seinen Sitz und Rückenlehne mit einem hellen Schaf-Fell ausgepolstert hat; und dass schon vor geraumer Zeit das Oberhaus abgeschafft wurde. Dafür wird in Neuseeland inzwischen genauso wie in Deutschland gewählt, mit Erst- und Zweitstimme, Verhältniswahlrecht, Überhangmandaten und 5%-Hürde.

Letzten Oktober gab es Wahlen, am gleichen Wochenende wie in Deutschland, die Regierung wurde sehr schnell gebildet, eine Koalition aus Labour, New Zealand First und Grünen. Just in der Woche, als wir in Wellington waren, erklärte die junge dynamische Premierministerin, dass sie schwanger sei und im Juli ihr Baby zur Welt kommen soll!
Alle freuten sich mit ihr!

Das Parlamentsgebäude mit Plenarsaal und Sitzungsräumen ist durch und durch viktorianisch und auch nach zwei Bränden genauso wieder aufgebaut worden, allerdings inzwischen auf ein erdbebensicheres Fundament gestellt worden. Im Eingangsfoyer steht die Büste von Kate Sheppard, die sich für das Frauenwahlrecht eingesetzt hatte, das 1893 eingeführt wurde. Neuseeland ist heute sehr stolz darauf, dass es das erste Land der Welt war, in dem Frauen ungehindert zur Wahl gehen konnten. Links neben dem Parlamentsgebäude wurde in den 80er Jahren ein runder Betonklotz gebaut, „Beehive“, Bienenkorb genannt: das Abgeordnetenhaus. Auf der anderen Seite befindet sich in einem eigenen Gebäude die Parlamentsbibliothek, auch sie schön, alt und ehrwürdig.


Parlamentsgebäude, alt und neu


Parlamentsbibliothek

Woher ich das alles weiß? Es werden täglich Touren durch das Parlament angeboten, die sehr informativ und unterhaltsam sind. Unsere Führerin liebte definitiv ihren Job und hätte uns sicher noch eine weitere Stunde mit interessanten Geschichten fesseln können.

Auckland, die Millionenstadt, ist unbestritten das wirtschaftliche Zentrum des Landes, Wellington punktet dagegen mit seinem gemütlichen Flair, mit Kunst, Kultur und Lebensfreude. Und mit vielen sehr freundlichen Menschen! Sieben Tage hatten wir Zeit, und haben die Stadt sehr ins Herz geschlossen!

D’Urville Island

Sieht man sich das Buchtengewirr der Marlborough Sounds genauer an, entdeckt man an der oberen westlichen Seite eine große Insel, die nur durch einen schmalen Pass vom Festland getrennt ist. Wir wollen, sofern das Wetter mitmacht, diese Insel einmal umrunden. Dafür suchen wir uns einen ruhigen Tag und Stillwasser aus, um diese Meerenge, French Pass genannt, durchfahren zu können. Es klappt ganz gut, allerdings sehen die Wirbel im Wasser schon etwas wild aus!

Auf D’Urville leben ungefähr noch 80 Leute, Schafweiden gibt es auch noch, nur lohnt es sich wohl kaum noch, die Tiere zu halten, denn ihr Transport aufs Festland ist ziemlich teuer geworden. Dafür scheint die Muschelzucht lukrativ zu sein, die erste große Bucht, die wir anlaufen, ist voller schwarzer und roter Schwimmbojen, an denen die großen Grünlipp-Muscheln wachsen.

Die anderen Buchten aber sind recht einsam, ab und zu sehen wir ein Segelboot oder ein Motorboot mit Freizeitanglern.

Die Manuka-Sträucher blühen schon lange nicht mehr, dafür entdecken wir auf einem Spaziergang einen anderen Strauch, der unglaublich würzig duftet. Beim Manuka sind es die Blätter, die bei Sonnenschein ihren süßen harzigen Geruch verströmen, bei diesem Strauch sind es die Blüten. Wie er heißt, wissen wir allerdings nicht…

Und auch hier in den Buchten von D’Urville Island gibt es viel Fisch im Wasser, an den felsigen Vorsprüngen ist der Blue Cod zu finden und nicht nur einmal fangen wir direkt vom Schiff aus einen Knurrhahn mit seinen schönen orange-blauen Flossen, die wie Schmetterlingsflügel aussehen. Als wir eines morgens den Hummerkorb aus dem Wasser ziehen, haben es sich zwei Teppich-Haie darin gemütlich gemacht. Der kleinere schlängelt sich noch beim Hochziehen durch das Fluchtloch ins Wasser, der größere Hai ist einfach zu dick dafür, dem müssen wir zur Freiheit verhelfen. Und nein, Langusten haben wir immer noch keine darin gefangen!

Gisborne

Es wäre ungerecht, wenn wir von Gisborne nur über den Sturm und die knarzende Plattform erzählen würden, haben wir doch davon abgesehen eine wunderbare Zeit dort verbracht. Die Stadt hat ein paar schöne und gemütliche Ecken, berühmte Weingüter in der Umgebung und herrliche Sandstrände! Ein Strand liegt direkt vor dem Stadtpark an der Flussmündung, zum anderen muss man zehn Minuten mit dem Auto bis Wainui fahren. Und je nach Windrichtung hat man die Auswahl, mal sind hier die besten Surfwellen, mal dort. Weiter nördlich, Richtung East Cape (Ostkap) bei der Tolaga Bay gibt es noch mehr Strände, an denen sich hohe Wellen aufbauen und die Surfer ihre Campingbusse parken.



Auch wir haben es ausprobiert, nicht mit dem Surfbrett weit draußen, sondern näher am Ufer mit einem sogenannten „body board“. Das sind etwas größer geratene Styropor-Bretter, wie sie oft in den Schwimmbädern zu sehen sind. Auf die kann man sich bäuchlings drauf legen, sobald eine Welle kommt und mit etwas Glück mit der Schaumkrone im Rücken bis fast ans Ufer sausen. Ein Riesenspaß, sobald man den Dreh heraus hat!
Peter mit Surfbrett und Andreas mit body board

In Gisborne: Eine Einkaufsmeile mit vielen netten Läden, die einladen zum Bummeln und  Sommermode kaufen, eine große gut sortierte Buchhandlung mit einem schönen Café im ersten Stock. Weiter am Fluss hoch findet man das städtische Museum mit viel informativer Orts- und Regionalgeschichte, ein paar Räume mit Kunst aus Ton einer regionalen Künstlergruppe und sehr schönen Arbeiten aus Flachs, teils traditionelle Umhänge und Taschen, wie sie die Maori schon seit Jahrhunderten anfertigten neben Taschen und Röcken in modernem Design. Alles Abschlussarbeiten der Flechtklasse der örtlichen Flechtschule. Die Maori-Kultur wird hier weiter gepflegt bzw. in manchen Bereichen wieder stärker belebt, an diesem fruchtbaren Flussdelta und Umgebung lebten schon zur Zeit von Cooks mehrere Stämme. Neben dem Museum steht ein kleineres Haus, eine Gedenkstätte für die Gefallenen Maori der beiden Weltkriege. Sie bildeten eigene Regimenter und zeichneten sich durch besondere Tapferkeit aus, zahlten aber auch einen sehr hohen Blutzoll. Beeindruckend und traurig zugleich, die vielen Fotos der jungen Männer an den Wänden zu sehen.

Und ich will nicht verschweigen, dass auch Gisborne einen Farmers Market, einen Samstagsmarkt, hat, wo man gemütlich an den Ständen entlang schlendern und Taschen und Rucksäcke randvoll füllen kann mit grünroten Sommeräpfeln, Gisborner Orangen, frischem Gemüse, um sich anschließend einen Kaffee zu holen, ein Croissant in der anderen Hand, der Musik zuzuhören und sich die anderen Marktbesucher anzuschauen. Obwohl es an dem Tag immer mal wieder Nieselregen gab, war die Stimmung auf dem Markt ungebrochen gut. Dann zieht man den kleinen Kindern eben schnell mal Gummistiefel an oder aber läuft unbeeindruckt durch die Pfützen mit den „jandals“, wie die Flip-Flops in Neuseeland heißen.

Ein letztes Mal noch eine Portion frische „fish’n chips“, ausgebackenen Fisch mit Pommes, geholt vom Fischladen gegenüber, dann heißt es Leinen los, weiter Richtung Süden nach Wellington!


Waka, Nachbau eines Maori-Bootes, mit denen sie über den Pazifik segeln konnten