Kavieng, letzte Station in Papua Neuguinea

Drei Tage lang brauchen wir von Nissan Island bis Kavieng. Die letzte Nacht lang ankern wir vor Lihir Island, gehen aber nicht an Land, sondern segeln weiter. Auf Lihir wird Gold abgebaut und dort, wo die Erde aufgewühlt ist, sieht es aus wie eine Wüste, Rauchsäulen steigen vereinzelt auf und neben der großen sandfarbenen Narbe stehen Industrieanlagen.
Der Ort Kavieng auf der großen Insel New Ireland (zeitweilig Neu Mecklenburg) ist unsere letzte Station in Papua Neuguinea, hier werden wir ausklarieren.
Unser Ankerplatz befindet sich etwas weiter weg vom Ort, gut geschützt vor der kleinen vorgelagerten Insel Nusa. Darauf befindet sich das Nusa Island Retreat, eine schöne Anlage mit Bungalows auf Stelzen, einem Restaurant, überwiegend Australier kommen hierher um zu surfen, an den umliegenden Riffen und Stränden bauen sich schöne Wellen auf. Die durchreisenden Segelboote sind hier herzlich willkommen, wir können die Wäsche zum Waschen abgeben, Diesel bunkern, der in 200l Fässern herangefahren und in unseren Tank gepumpt wird. Und das abendliche Buffet ist auch sehr lecker.
Die Besitzer des Resorts haben zur Unterstützung ein junges Paar als Manager eingestellt. Lucy stammt aus Prag und Kurt hat Wurzeln in Deutschland, Australien und Papua Neuguinea. Er heißt nämlich mit Nachnamen Diercke, wie der gleichnamige Schulatlas. Und wirklich, sein Ur-Urgroßvater war eben jener Carl Diercke, der den ersten Schulatlas zusammengestellt und mit dem Westermann Verlag 1878 herausgegeben hat. Carls Sohn führte den Atlas weiter und dessen Sohn wiederum wanderte nach Papua Neuguinea aus, transportierte Güter auf seinem Boot und wurde später Besitzer einer Kokosplantage. Als sein Vater starb, war es offensichtlich nicht möglich, ihn binnen der 7-Jahresfrist zu finden, so dass die Rechte an dem Atlas für ihn verloren gingen. Der junge Kurt Diercke war kürzlich in Deutschland unterwegs, hat die Gedenktafel für seinen Urgroßvater im Ort Kyritz gefunden und auch den Westermann-Verlag besucht, der ihm nun Atlanten für die Schulen in PNG zuschickt. Er gab uns ein Buch mit, das er von Bekannten in Deutschland ausgeliehen hatte, die Erinnerungen von Albert Hahl, Richter und Gouverneur von Neuguinea bis 1914, eine ausgesprochen spannende Lektüre über dieses Zeit.
Wir gönnen uns hier ein paar Tage Ruhe und genießen ein bisschen den Luxus des Resorts, bevor wir uns die nächste lange Seestrecke vornehmen. Einmal noch auf dem großen Stadtmarkt von Kavieng einkaufen, dann geht es weiter!

In Papua Neuguinea trägt „Mann“ Handtasche!

Pinga Police! Oder: Mühsam nährt sich das Ei-Hörnchen

Wir sitzen gemütlich mit der ersten Tasse Tee in der Hand, lesen, werden langsam wach. Ein typischer ruhiger Morgen im Boot, die Hitze des Tages hat sich noch nicht ganz entfaltet. Doch da hören wir schon die ersten Stimmen, Kichern, Ruderblätter plätschern im Wasser, ein Poltern an der Bordwand, und irgendwann ein leises „Hello?“, wenn wir nicht gleich den Kopf rausstecken.
Eigentlich bin ich erst nach der zweiten Tasse Tee ansprechbar, aber hier habe ich einfach keine Wahl. Ich will nicht als unfreundliche Weiße gelten und so gehe ich an Deck und schaue nach, wer da ist. Ein Ausleger-Kanu mit zwei, drei, manchmal sogar fünf Kindern darin, die sofort wieder kichern, sobald ich ihnen auch Hello! und Good Morning! zurufe. Manchmal paddeln sie noch mühsam gegen den Wind an, wenn er mal wieder etwas heftiger weht, oder sie haben es schon geschafft, halten sich an der Bordwand fest und schauen neugierig rein.
Die Kinder hier verhalten sich so ganz anders, als wir es in Deutschland gewohnt sind. Schaut man sie an, oder spricht mit ihnen, fragt nach ihrem Namen, wenden sie sich ganz schnell schüchtern ab, verstecken das Gesicht in den Händen und kichern verlegen oder legen ihren Kopf ins Boot, wie ein Vogel Strauß. Manchmal muss ich meine Fragen wiederholen, bis sich eines von ihnen ein Herz fasst und antwortet. Aber dann fällt die Antwort so leise aus, dass ich wiederum nachfragen muss. Als nächstes gilt es, ihr Anliegen vorzubringen. Wenn sie sich nicht gleich trauen, dann frage ich einfach, was sie mitgebracht haben. Wieder allgemeines Kichern und den Kopf verstecken, sobald eines der Kinder „eggplants“ (Auberginen) ruft, oder Bohnen, Ananas, was auch immer sie in einer Tüte oder einem Körbchen dabei haben.
Nun beginnt der schwierigste Teil der Kommunikation, was kann ich ihnen dafür geben? Reis, Mehl, Stifte, Hefte, Kekse?Ja! Heftiges Nicken. Und bitte ein „Pinga Police“! Erneutes Kichern…
Was ist das? Frage ich ratlos zurück? Was für eine Polizei?
Pinga Police!
Hmm? Was ist das? Könnt ihr das beschreiben?
Endlich zeigt eines der Kinder auf seine lila angemalten Fingernägel und wiederholt noch einmal eindrücklich „Pinga Police!“. Oh, alles klar! Finger polish, Nagellack!
Erleichtertes Kopfnicken auf beiden Seiten der Reling, Nagellack ist es, Nagellack soll es sein! Denn am ersten Tag beim Tauschmarkt, den Chief Patrick organisiert hatte, hatte ich ein Fläschchen lila Nagellack dabei und mitsamt Heften und Stiften einer jungen Frau gegeben. Das hatte sich herum gesprochen und nun war Nagellack der Renner geworden. In den nächsten Tagen wird es dann sehr bunt im Dorf, Erwachsene wie Kinder, Männer und Frauen, Jungs und Mädchen laufen herum mit rot, blau, grün, rosa und lila angemalten Nägeln an Händen wie Füßen.
Manchmal schaffe ich es gerade noch, für unser Müsli die Papaya, Ananas und Bananen zu schnippeln – Früchte haben wir ja inzwischen reichlich! – bevor es wieder „Hello?“ von draußen ertönt. So geht das unter Umständen den ganzen Tag lang, die Treppe rauf und wieder runter, in den Schubladen nach Haargummis, Fischhaken, Wäscheklammern und Stiften kramen, Reis (braun oder weiß?) und Mehl aus den 5 kg Großpackungen abfüllen, Obst und Gemüse an Deck nach Ameisen absuchen, verstauen und vor allem versuchen, den Überblick zu behalten. Jetzt haben wir wirklich genug Süßkartoffeln und Bananen. Bei der sechsten Ananas muss ich leider den Kopf schütteln und auf einen anderen Tag vertrösten. Und Trink-Kokosnüssen haben wir auch erst einmal reichlich, so viele können wir gar nicht trinken, wie sich inzwischen an Deck stapeln.
Aber gerne ein paar Kokosnüsse zum Reiben und Kochen und vielleicht Eier, das wäre fein! Kaum hat sich das herum gesprochen, kommen die nächsten Kinder mit Eiern. Halten eines, zwei, selten auch drei Stück in die Höhe! Die Eier sind klein, eher wie von Zwerghühnern und sicher sehr wertvoll, denn die Hühner laufen alle frei herum, können sogar fliegen und wo sie ihre Eier hin legen, das muss erst noch herausgefunden werden. Auch über Frühlingszwiebeln freue ich mich, und frisch ausgegrabenen Ingwer.
Womit wir zum nächsten schwierigen Punkt kommen: woran bemisst sich der Wert der Tauschsache? Wie erkenne ich, ob ich für zwei Eier genauso viel her geben soll wie für eine Papaya? Was ist der Gegenwert für die Tüte Mischgemüse: zwei Süßkartoffeln, drei grüne lange Bohnen, zwei kleine Auberginen und ein frisch abgebrochener Zweig mit scharfen Chilli-Schoten?
Mir fehlt komplett der Kompass dafür, ich kann nur aufzählen, was ich habe, fragen und raten, in die Gärten schauen, mit den Leuten reden und beobachten, ob die Gesichter zufrieden sind, oder ob sie nach einigem Zögern doch noch etwas drauf haben wollen.
Die Kinder paddeln meistens noch länger ums Boot herum, zeigen sich gegenseitig die Sachen, lutschen die Bonbons oder knabbern schon mal an den Keksen. Sie kichern, lachen und gerne wüsste ich, was sie sich so zurufen.
Nach ein bis zwei Tagen kann ich langsam ihre Gesichter auseinander halten und zu manchen die Namen zuordnen, Samelu, der so fröhlich lacht und vorwitzig ist mit seinen sieben Jahren, Pamela, die inzwischen ihre Schüchternheit abgelegt hat, aber immer noch meistens ganz ernst schaut, dann Anna, Benedicta, Laureen, John, Christopher oder Sammy, der Tänzer und das sind noch nicht alle…
Wenn Erwachsene kommen, haben auch sie oft ein paar Kinder unterschiedlichen Alters dabei, die ganz kleinen können oft gerade mal den Kopf aus dem Kanu stecken und halten sich ordentlich fest, die älteren turnen schon viel mutiger herum. Manche bringen auch was zum Tauschen aus ihren Gärten mit, andere kommen einfach nur zum Plaudern oder fragen nach Medikamenten. Dann unterhalten wir uns über ihre Familien, über den Garten, das Leben auf der Insel, über unsere Reisen, woher wir kommen, wohin wir weiter fahren. Und immer wieder hören wir, „Germans are good people“, Deutsche sind gute Leute.

Nissan Atoll

Von Normanby Island sind wir in einem durch bis zu der äußeren Inselkette im Osten von Papua Neuguinea gesegelt mit Ziel Nissan Atoll oder Nehan Island, wie es in der Sprache der Bewohner heißt.
Es gehört zu der autonomen Region Bougainville, die wiederum wird in diesem Jahr ein selbständiger Staat werden, alles ordentlich unter der Regie der UNO und in Person des früheren irischen Premierministers Bertie Ahern als Vermittler. Früher war das deutsche Kolonie bis 1914, der ganze Nordosten des Festlandes von Papua Neuguinea, die Inseln New Britain und New Ireland (Neu Mecklenburg und Neu Pommern), bis weiter nördlich Palau, die Marshall- und die Marianeninseln (außer Guam) haben sie von den Holländern bzw. Spaniern übernommen. Die Deutschen haben sich hier – anders als in Afrika – gut benommen, hören und lesen wir. Sie hatten eine gut funktionierende Verwaltung aufgebaut, versucht, gemeinsam mit den Missionaren die Stammeskriege zu befrieden und damit den Brauch des Menschenfressens zu unterbinden, haben Schulen und Krankenhäuser gebaut. Sie haben Kokosplantagen angelegt, von denen heute noch viele stehen. Damals konnte man richtig reich werden mit der Produktion von Kopra.
Nur die Grenzziehung hat nicht so recht geklappt. Die Insel Bougainville fühlt sich ethnisch den Salomonen zugehörig und immer als Fremdkörper im Staat Papua Neuguinea. Als dann eine australische Firma Kupfer in den 70er Jahren im großen Stil dort abbaute, und 20% des Staatshaushaltes damit finanziert wurde, aber nichts in Bougainville davon ankam außer den massiven Umweltschäden, gab es Rebellion und zuletzt einen Bürgerkrieg, die Produktion der Kupfermine kam gänzlich zum Stillstand, bis heute.
Als wir in der Früh noch ein paar Meilen vor dem Nissan Atoll liegen und warten, bis wir gutes Licht für die Einfahrt haben, funkt uns ein Boot an, die „Vela“ mit Shirley (USA, Phillipinen) und Franz (Holland) drauf, sie wollten auch da rein. Und es meldet sich auch Andrew, der Australier, der dort mit seiner Familie lebt und inzwischen zwei Segelboote vor Anker hat, mit denen er eine Art Fährdienst zwischen den Inseln betreibt, Leute und Fracht. Andrew gibt uns eine Beschreibung durch, wie und wo wir am besten die enge Passage ins Atoll meistern können.
Wir gehen gleich am Nachmittag noch an Land zum Antrittsbesuch bei Chief Patrick im Dorf gegenüber und lernen auch seine nette Tochter Barbara kennen. Chief Patrick ist eine beeindruckende Person und noch sehr fit noch mit seinen 80 Jahren.


Chief Patrick

Es ist eine Wohltat beim Chief auf dem schönen Platz mit dem Tisch und der Bank zu sitzen, auf einer kleinen Anhöhe am Ufer unter Bäumen, wo ein kühlendes Lüftchen weht, denn im Boot brütet die Hitze bis zu 40 Grad Celsius aus! Die Kinder haben momentan Ferien und gefühlt das ganze Dorf hat sich dort versammelt, um Shirley, Franz und uns zu begrüßen. Der Chief hat ein Gästebuch, in dem sich die Segler eintragen, die da Halt machen. Sechs oder sieben Boote waren im letzten Jahr dort, da ist es ein seltener Zufall, dass gleichzeitig zwei Boote ankommen!


Die Vela mit Besuchern

Am nächsten Morgen pünktlich um 8.00 sind wir wieder am Land zum Tauschmarkt, den Chief Patrick für uns organisiert hat. Es ist eine neue Erfahrung für mich, ein Markt, auf dem die Frauen die Preise der Waren in einer anderen Währung bemessen, in Kaffee, Heften, Reis, Mehl oder Zucker. Wir sind mit einem großen schwarzen Eimer voller Tauschwaren an Land und mit einem vollen Eimer Obst und Gemüse wieder zurück aufs Boot.

Anschließend wollen wir einen Spaziergang zusammen mit Shirley und Franz unternehmen. Wie wir das schon von Vanuatu kennen, gehört es sich nicht, Besucher alleine herumlaufen zu lassen. Als Begleitung werden uns vom Chief zwei Jungs um die 20 bestimmt, aber es kommt noch Sammy mit, ein 15jähriger, der gerne singt und tanzt, Samelu, 7, ein Enkel von Patrick und Keith.


Andreas mit den großen Jungs


Samelu

Keith spricht ein überraschend flüssiges Englisch, er war bis vor kurzem drei Jahre lang mit seinen Eltern in Australien gewesen, ist dort zur Schule gegangen, weil seine Mutter an der Uni „economics“ studiert hat. Sie arbeitet nun in Buka ( der Hauptstadt von Bougainville) im Finanzministerium und Keith verbringt seine Ferien sehr gerne bei seiner Oma auf Nissan. Ich hätte ihn auf 12 geschätzt, aber er wird demnächst erst 10 Jahre alt und ist jetzt schon ein wandelndes Lexikon in Sachen Nissan und seine Legenden und Märchen. Den ganzen Weg zum nächsten Dorf, zur Schule und zurück hat er uns Geschichten erzählt und allerlei über die Insel erklärt. Ein wirklich ganz besonderer Junge, ein genauer Beobachter und wissbegierig, wir haben ihn sehr ins Herz geschlossen.


Keith

Wir kommen an einzelnen Häusern und Gärten vorbei, treffen unterwegs immer wieder Leute, bleiben stehen und unterhalten uns mit ihnen. Gärten werden hier, wie auch auf Normanby Island mitten aus dem Urwald heraus gehauen, eine mühsame Arbeit bei der Familie und Nachbarn mit anpacken müssen. Hier allerdings kann der Garten bis zu drei Jahre lang genutzt werden, bevor der Boden wieder dem Urwald überlassen wird, nicht nur ein Jahr lang, wie in der Milne Bay. Denn der Boden enthält noch viel Phosphat von früheren unbesiedelten Zeiten, die großen Vogelkolonien haben reichlich Guano hinterlassen.


Ein erfrischendes Bad unterwegs

Die Jungs haben uns auf dem Rückweg aus einer der Kokospalmen-Plantagen Trink-Kokosnüsse geholt. Es war eine Schau, wie fix das ging, erst ein Seil aus einer kräftigen Pflanze drehen, das um die Füße gebunden und dann ist einer der beiden Älteren die Palme hoch gekraxelt. Ich war von dem Spaziergang in der Sonne so durstig, ich hätte ein Königreich für eine Kokosnuss gegeben – sie hat so gut wie noch nie geschmeckt. Das weiche Fleisch haben wir heraus gekratzt und gegessen und waren danach satt, wie nach einer richtigen Mahlzeit. Ein Mann, der vorbei kam und sich mit uns unterhielt, sagte, dass es die „German Coconut“, die deutsche Kokosnuss sei, die hier wächst, und die sei viel süßer als die üblichen.

Später erfuhren wir, dass tatsächlich ein Deutscher die Plantagen angelegt hat. Zu der Zeit betrieb Australien noch Sklavenhandel mit den Insulanern, sie wurden regelrecht entführt und verschleppt. Ein verzweifelter Einheimischer schaffte es, sich eine Waffe zu besorgen und konnte fliehen. Zurück auf Nissan und schwer traumatisiert, sieht er den weißen deutschen Siedler und erschießt ihn. Später wurde ihm dann die Waffe von Dorfbewohnern entwendet und er damit erschossen, denn er war tatsächlich eine Gefahr für die Insel geworden. Von Andrew, dem Australier, der eine Frau aus dem Dorf geheiratet hat, sie haben drei hübsche Mädchen, haben wir diese und auch viele andere Geschichten über Nissan und Bougainville gehört. Andrew ist sehr zuversichtlich, dass mit der Unabhängigkeit Bougainvilles alles gut gehen wird, das Referendum sei nur noch eine Formsache, man rechne mit fast 100% Zustimmung. Auch die Zukunft sieht er sehr positiv, es gäbe eine junge gut ausgebildete Generation, die sich in den Dienst des Landes stellen wolle. Auch hier auf Nissan Island gibt es noch eine matrilineare Gesellschaft, allerdings mit Einschränkungen, weil die Deutschen versucht haben, ihre Vorstellungen einzubringen. Was aber geblieben ist, sind die restriktiven Regeln wer wen heiraten darf, um Inzucht zu vermeiden und das ist sehr kompliziert.
Unsere letzte der vier Bord-Batterie geben wir Andrew, er baut im Nu eine Box dafür und bringt sie zur Nachbarinsel, damit die Bewohner dort auch ein Funkradio betreiben und Bescheid geben können, wenn sie Hilfe brauchen.
Nach einer Woche segeln wir weiter nach Kavieng – dieses Mal allerdings ohne eine genaue Wettervorhersage, denn wir haben weder übers Handy noch über Pactor Empfang in dieser abgelegenen Ecke. Hier fehlt es nicht an Diesel für den Generator, hier hat die Firma Digicell den Standort für den Funkmast unglücklich gewählt, es besteht ein Disput darum. Eine der streitenden Parteien hat daher einfach die Solarzellen geklaut und ein paar wichtige Teile zerstört, so dass die ganze Insel mit ihren 7.000 Einwohnern trotz der neuen Technologien ohne Empfang da steht.

Normanby Island – Seva Bay

Auf Normanby Island in der Milne Bay im Osten von Papua Neuguinea haben wir auf der Karte die geschützte Seva Bay entdeckt, wo wir über Sylvester blieben, Andreas hat schon davon geschrieben. Auch der Reiseführer „Lonely Planet“ weiß darüber zu erzählen, dass sich hier ein Gästehaus befände und ein kundiger Führer für Wanderungen namens Fred Francesco.

Das stimmt auch, denn gleich nach dem wir den Anker ins Wasser geworfen hatten, wurden wir von ihm begrüßt. Abends kam er auf ein Bier vorbei und wir konnten uns in aller Ruhe miteinander bekannt machen. Das Gästehaus, eigentlich ein paar Bungalows ganz aus Holz und Palmwedeln, gehören seinem Onkel. Durch die Bäume am Ufer sieht man die Häuser der Großfamilie schimmern, dahinter führt ein schmaler Pfad, gesäumt von schönen Büschen und Blumen zu den Bungalows und gleich dahinter fließt der Fluss, der zum Baden und zum Wäschewaschen sich gut eignet.

Pro Jahr kommen rund 60 Gäste, meist in Gruppen und überwiegend Franzosen und Deutsche. Fred übernimmt dann die Gruppen für Wanderungen in die Berge, zeigt Pflanzen und Tiere und weiß viele Geschichten zu erzählen von heutigen und vor allem von früheren Zeiten, als sich die einzelnen Stämme der Insel bekämpften und der Brauchtum des Menschenfressens noch nicht von den Missionaren unterbunden wurde. Ungetrübt vom Einfluss der christlichen Kirchen und immer noch sehr lebendig ist der Glaube an Magie, an Zauberei auf den Inseln der Milne Bay. So hat z.B. ein besonders eifriger Missionar mal einen Dorfältesten ausgeschimpft, weil er am Sonntag in seinem Garten arbeitete. Dieser war darüber so verärgert, dass er einen Zauber-Fluch in Auftrag gab und bald ging es dem armen Missionar so schlecht, dass er verstarb. Sogar in den überregionalen Tageszeitungen lesen wir auch heute noch die deutliche Ermahnung, dass Zauberei unter Strafe gestellt werde.

Ab und zu kommen auch Biologen vorbei, die nach seltenen endemischen Pflanzen, Fröschen und Schlangen suchen und mit denen Fred dann durch die Gegend läuft. Als dann vor ein paar Jahren in den umliegenden Bergen große Mengen an Nickelvorkommen entdeckt wurden, hatte die ausländische Bergbaufirma, die sich dafür interessierte, wenig Aussicht auf Erfolg bei der Großfamilie, die das Land besitzt. Nicht nur, dass damit der Lebensraum dieser seltenen Pflanzen und Tiere zerstört worden wäre, auch heilige und historischen Stätten hätten ihre Ruhe verloren: u.a. der ehemalige Kampfplatz, wo der Stamm dieses Tales so viele Siege errungen hat oder das Tor, oberhalb des Flusses, durch das die Geister der Verstorbenen gehen müssen. Mit Hilfe einer Anwältin, spezialisiert auf diese Art von Konflikt, konnten sie schließlich die Bestrebungen des Minenkonzerns abschmettern.

Auf den Inseln der Milne Bay sind die Gemeinschaften immer noch matrilinear organisiert, d.h. die Männer heiraten in die Familie der Frauen ein und Grund und Boden bleibt im Besitz der Großfamilie der Frau. Wenn man einen Mann in dieser Ecke fragt, wo er wohnt, oder wo seine Familie ist, bekommt man unter Umständen zwei Richtung gezeigt, einmal, wo er aufgewachsen ist und dann wo er gerade wohnt. Die Großfamilien entscheiden meistens gemeinschaftlich, welches Stück Land für den Garten gerodet wird, dort werden dann die Yamswurzeln angepflanzt, die wichtigste Quelle für Kohlehydrate, dann die verschiedenen Bananensorten, Ananas und sonstiges Gemüse. Selbstversorger sind sie alle hier. Nach einem Jahr wird ein neues Stück Land gerodet, die Erde des aktuellen Gartens muss sich für 7-8 Jahre erholen, bevor sie wieder bepflanzt werden kann.

Auch sonst sorgt man sich gut umeinander, die Schwester von Francescos Frau hat eine 12jährige Tochter und ein 11 Monate altes Baby auf dem Arm. Das Baby ist die Tochter ihres Bruders, seine Frau starb, als die Kleine gerade mal ein halbes Jahr alt war, nun wächst sie bei der Tante auf und wird liebevoll umhegt.

Wir verabredeten eine Wanderung mit Fred den Fluss hoch bis zu einem kleinen Wasserfall mit Schwimmbecken. Mit dem Dinghi fahren wir ein Stück am Ufer entlang und binden es an einem groß angelegten betonierten Anleger fest. Er erscheint etwas überdimensioniert für die Motorboote, die sonst so in der Bucht herum sausen, und tatsächlich wurde er eigens für den Besuch eines hochrangigen Politikers gebaut, der nur ein einziges Mal hierher kam. Hinter dem Anleger aber ist eine große ebene Fläche, die jedes Jahr für das örtliche Goldie-Bird-Festival Ende Oktober genutzt wird, drei Tage lang singen und tanzen hier die Menschen von Normanby Island und den umliegenden Inseln, rund 5.000 Besucher waren beim letzten Fest 2018 dabei, nur Einheimische. Eine großzügig angelegte Arena, daneben eine Besuchertribüne und viele Häuser, in denen die Besucher von Auswärts übernachten und kochen können. Hier befindet sich auch die Grundschule, vor Weihnachten haben die langen Sommerferien begonnen und es ist bis auf ein paar Leute, die die Anlagen in Stand halten, ganz ruhig.

Wenige Meter weiter sehen wir ein riesiges trockenes Bachbett vor uns, voller Geröll und Gestein. Sind da ein paar Steine dabei, die eventuell Nickel enthalten? Andreas und Fred suchen und klopfen, aber ohne Erfolg. Es ist warm und bei der hohen Luftfeuchtigkeit geraten wir sehr schnell ins Schwitzen, aber es tut gut, unterwegs zu sein, sich zu bewegen.

Fred zeigt uns ein paar Pflanzen, die es auch in der Trockenzeit im Flussbett aushalten, die Fleischfressende Pflanze mit ihrem hohen schmalen Trichter und dem Deckel, der zuklappen kann. Früher wurde der Trichter auch schon mal als Trinkbecher verwendet, wenn man einen brauchte auf dem Weg zu den weit entlegeneren Gärten. Endlich hören wir ein Plätschern und endlich kommen ein paar Bäume in Sicht, die uns Schatten spenden. Aus einer bemoosten Wand sprudelt es wie aus dem Wasserhahn, bestes Trinkwasser. Und auf den Steinen daneben hockt eine Tarantel, die wir respektvoll aus der Ferne nur fotografieren.

Der Fluss wird enger, wir müssen ab und zu über Steine springen oder im Wasser waten, um weiter zu kommen. Und oben dann endlich das kühle Wasser im Becken, herrlich! Wir baden, waschen unsere T-Shirts und essen die mitgebrachte Papaya mit Limettensaft drauf geträufelt.


Fred Francesco

Wir sehen allerlei Vögel, hören den singenden Papageien zu, die gerne in den Gärten einfallen und sich vom Obst und Gemüse bedienen und sehen die Bussarde kreisen. Für den berühmtesten Vogel der Insel aber, für Goldie Bird, hätten wir ein paar Stunden früher aufstehen müssen, den kann man wohl nur in den frühen Morgenstunden beobachten.

Abwärts geht es um einiges schneller und das ist auch gut so, denn inzwischen knallt die Mittagssonne gewaltig herunter. Ein schöner Ausflug war das als Ausklang zum alten Jahr 2018!

Port Moresby, Papua Neuguinea

Seit einer Woche sind wir wieder auf der Muktuk, nachdem wir sie mehr als zwei Monate lang hier in Port Moresby in der Marina zurück gelassen haben. In der Zwischenzeit ist es noch sehr viel heißer geworden, die Temperaturen bewegen sich um die 35 Grad Celsius und die Luftfeuchtigkeit schätzen wir auf nahezu 100%. Und nachts kühlt es nicht wirklich ab. Willkommen zurück in den Tropen!
Arbeiten ist es eine echte Herausforderung: wir werden zu Frühaufstehern, um die wenigen noch einigermaßen erträglichen Morgenstunden auszunutzen. Wir kommen auch gut voran, vor allem klappt es wunderbar mit der Montage des neuen Vorstags. Die sperrigen Ersatzteile sind geliefert worden, andere wiederum hatten wir im Gepäck dabei. Nachmittags, an manchen Tagen bereits mittags, flüchten wir für eine Weile ins Restaurant bzw. die Lobby des Yachtklubs, wo die Klimaanlage uns solange abkühlt, bis wir anfangen zu frieren…

Ein Rückblick auf die ersten Wochen in Port Moresby vom 11. – 29. September

Am Ende pustet Rasmus noch mal ordentlich, als wir uns den Weg durch die beiden Riffe suchen, die der Bucht von Port Moresby vorgelagert sind. Muktuk muss sich mit Böen bis zu 40 Knoten herum schlagen und dabei noch gut Kurs halten. Schon von Weitem sehen wir Hochhäuser mit modernen Glasfassaden und beim Näherkommen zeichnet sich das begrünte Villenviertel auf einem Hügel ab, darunter am Strand ein großes Kongresszentrum! Es ist ein ungewohnter Anblick für uns.

Wir werden die letzten paar hundert Meter von einem Motorboot der Marina geleitet und werfen den Anker im engen Becken, es ist später Nachmittag und wir haben noch die gelbe Quarantäneflagge oben. Außerhalb der Marina wäre mehr Platz, aber da soll es nicht sicher sein, sagen uns die beiden jungen Männer, unsere Lotsen.
Die Marina samt umliegendem Park ist ziemlich gut bewacht, das sehen wir schon am ersten Abend. Polizei und Wachpersonal stehen da und schauen den abendlichen Spaziergängern und Joggern zu, die auf den umzäunten Grünanlagen des Schutzwalls um die Marina die letzten Sonnenstrahlen nutzen.

Die Vertreter der Behörden kommen am nächsten Vormittag an Bord, wir füllen wieder ein paar Formulare aus, beantworten Fragen und unterhalten uns mit freundlichen Beamten, die uns herzlich willkommen heißen in ihrem Land. Die Dame von der Quarantäne und ihr junger Lehrling schauen sich im Schiff um, begutachten die Lebensmittel, die sichtbar ausliegen, nehmen aber dann doch nichts mit. Der Zollbeamte, Ernest, unterhält sich länger mit uns und erzählt uns auf unsere Fragen schon einiges über die Lebensbedingungen in der Hauptstadt, die hohe Arbeitslosigkeit und bevorstehende Ereignisse um das APEC-Treffen. Papua Neuguinea ist in diesem Jahr Gastgeber für das Jahrestreffen der Wirtschaftsvereinigung der Pazifik-Anrainer-Staaten.

Wir hatten uns bereits einige Monate vorher angemeldet beim „Papua Royal Yacht Club“, viel im Internet über das Land gelesen und nun sind wir gespannt, wo wir angekommen sind. Einige langgezogene Stege, fast alle belegt, die Motoryachten überwiegen. Die Clubanlage ist groß, zweistöckig angelegt, mit Büroräumen, einem Café und Fitnessclub im Erdgeschoss und einem großen klimatisierten Restaurant mit Bar im ersten Stock, ein Balkon zieht sich über die gesamte Front entlang, von hier hat man einem schönen Blick auf die Boote und die Bucht, besonders wenn die Sonne untergeht.

Die Warnungen vor der Stadt da „Draußen“ setzen sich fort, alle Angestellten des Yachtclubs sagen uns, wir sollten tagsüber nicht unbegleitet raus gehen und bei Dunkelheit schon gar nicht, sie zeigen uns auf der Karte die Stadtteile in denen wir auch tagsüber auf keinen Fall auf der Straße sein sollten. Am besten sollten wir ein Taxi nehmen, wenn wir irgendwohin fahren wollen, aber auch da nur die hellblauen oder gelben, alle anderen seien nicht vertrauenswürdig. Und schon gar nicht mit den öffentlichen Kleinbussen, den PMVs, fahren. Denn man riskiere, als Weißer überfallen und ausgeraubt zu werden.

Außer vielleicht, der Weg zu dem Supermarkt bzw. zum Einkaufszentrum und den Restaurants bei den Bürogebäuden nach links und zu dem nach rechts jeweils fünf Minuten weit entfernt sei sicher – bei Tageslicht. Abends sitzen wir bei einem ersten Bier in der Bar des Yachtclubs und lernen ein paar Leute kennen, Neuseeländer, Briten, Australier, alle Angestellte ausländischer Firmen, die für ein paar Jahre in Papua Neuguinea leben, und die statt in einer bewachten Wohnanlage in der Stadt lieber auf einem Boot in der Marina leben, und meinen, hier sei es um einiges sicherer, und natürlich günstiger. Sie alle bestätigen im Wesentlichen das, was wir bereits im Internet über Port Moresby gelesen haben: jugendliche Banden ziehen nachts herum, manchmal auch tagsüber, die Arbeitslosigkeit ist extrem hoch, nur 20% der Menschen in der Stadt haben eine Arbeit.
Als ich eine junge Frau vom Marinabüro nach einem Bauernmarkt frage, weil ich Obst und Gemüse nicht ständig aus dem Supermarkt kaufen will, schaut sie besorgt und bietet an, mich in den nächsten Tagen einmal in ihrer Mittagspause zu dem Markt in ihrem Stadtteil zu begleiten.

Der Eindruck, in einer glitzernden Blase zu leben, verfestigt sich immer mehr: der Königliche Yachtclub besitzt über 3.000 Mitglieder, manche ausländische Firmen schenken ihren Mitarbeitern eine Mitgliedskarte als zusätzlichen Bonus. Hier trifft man sich in zwangloser und sicherer aber auch exklusiver Umgebung und es gibt jede Woche irgendein Programm, vom Oktoberfest bis zur Kinderdisko am Wochenende.

Wir fühlen uns innerhalb des Geländes zwar sehr sicher, aber der Eindruck verfestigt sich immer mehr, dass wir hier ganz schön eingesperrt sind.

Gleich am ersten Abend sprach uns freundlich und höflich ein sehr feiner älterer Herr an, ob wir denn die neuen Segler aus Deutschland seien und stellte sich vor als einziger (ehemaliger) Langzeitsegler des Yachtclubs. Brian stammt aus Australien, hat früher lange Zeit für die australische Verwaltung von PNG gearbeitet und ist inzwischen offiziell Staatsbürger dieses Landes. Er kennt diese Ecke seit 60 Jahren und spricht nicht nur das „Tok Pisin“, das Pidgin-Englisch, sondern auch „Motu“, die Sprache der Küstenbewohner. Brian betreut die durchreisenden Segler im Namen des Yachtclubs, und wir nahmen sehr gerne seine Einladung zum Abendessen am übernächsten Tag an.

Und es war Brian, der den Kopf schüttelte über die vielen Ratschläge, die wir in den ersten Tagen hörten. Wir ließen uns gerne von ihm überzeugen, dass wir tagsüber durchaus in der Stadt herum fahren und gehen können. Auf die richtige Körpersprache komme es an, meint er: freundlich und auf keinen Fall aggressiv sollten wir auftreten.
Das probieren wir dann auch gleich aus, denn schon am ersten Wochenende wird drei Tage lang gefeiert und getanzt, auch Papua Neuguinea begeht seinen Unabhängigkeitstag mit Paraden und Festen in allen Stadtteilen. Wir fahren erst mit dem Taxi zum neu angelegten Park mit Uferpromenade „Ela Beach“ neben dem neuen Kongresszentrum, wo unter Tausenden von fröhlichen Menschen vielleicht 20 Ausländer zu sehen sind. Es gibt viele Stände mit Essen und Kunsthandwerk und ein paar Bühnen. Traditionelle Tänze werden auf der einen aufgeführt, auf den anderen moderne Musik und ein lustiges Theaterstück, von dem wir leider nichts verstehen. Dafür sind die Tänze umso interessanter. Neben der Bühne bereiten sich weitere Gruppen vor, schminken sich fertig, üben noch schnell ein paar Schritte.
Die Zuschauer bilden ein buntes Meer in den Farben Schwarz-Rot-Gold, den Nationalfarben dieses noch jungen Staates, denn alle tragen entweder ein T-Shirt mit bunten Motiven oder haben zumindest eine selbst gehäkelt Mütze in diesen Farben auf dem Kopf. Eine junge Frau hat sich sogar ein Kleid in diesen Farben gehäkelt!
Überall lächeln uns die Leute an oder winken uns aus ihren Autos zu, wenn wir fotografieren, und wir freuen uns, dass wir uns raus gewagt haben. Für den Rückweg nehmen wir einen der öffentlichen Busse: 26 Sitze, ein Fahrer und ein Schaffner, der gleichzeitig auch der Ausrufer ist. Es gibt feste Buslinien, aber keinen Fahrplan. Ist auch nicht wirklich nötig, denn sobald ein Bus einigermaßen voll ist, fährt er los. Warten muss man selten länger als 10 Minuten. Das kennen wir schon von Guatemala, dieses System funktioniert wirklich hervorragend.
Neu ist hier für uns, dass wir wirklich die einzigen (weißen) Ausländer sind, die im Bus sitzen und dass wir von den Mitreisenden gefragt werden, wohin wir fahren möchten. Sie wollen sicher gehen, dass wir im richtigen Bus sitzen und an der richtigen Haltestelle aussteigen und auf keinen Fall verloren gehen und es ergibt sich meist ein nettes Gespräch daraus! Wir fühlen uns sofort gut aufgehoben.

Nun fahren wir – tagsüber – nur noch mit dem öffentlichen Bus in der Stadt herum zum
Baumarkt, Fischmarkt, Gemüsemarkt, sogar weiter raus zum Botanischen Garten. Und jedes Mal das gleiche, sobald wir einsteigen, fragt uns sofort jemand, wohin wir wollen, woher wir kommen, ob wir das erste Mal hier sind und wie es uns gefällt. Und wenn wir volle Rucksäcke dabei haben und Taschen, wird ganz selbstverständlich mit angepackt. Bei so viel Freundlichkeit und Fürsorge fällt uns die Antwort nicht schwer: wir sind sehr angetan von den Menschen hier!

Port Moresby ist eine Stadt der Gegensätze, einerseits die modernen Büro-Hochhäuser im Zentrum, dazu die eingezäunten Wohnanlagen mit Stacheldraht und Alarmanlagen für die Ausländer, während hinter dem nächsten Hügel eine Siedlung mit Wellblechhäusern auftaucht, wild durcheinander gewürfelt. Dazwischen ganze Straßenzüge mit Läden aller Art. Überall wird gebaut, Straßen, Häuser, Hafenanlage, die einheimischen Bauarbeiter werden von chinesischen Vorarbeitern in Tarnanzügen überwacht, die Baufirmen scheinen überwiegend aus China zu sein. Das bevorstehende APEC-Treffen im November hat wohl diesen Bauboom mit ausgelöst.

Sehenswürdigkeiten hat die Stadt kaum zu bieten: Das Nationalmuseum der Hauptstadt wird gerade renoviert und zeigt seine Ausstellung erst in einem Monat wieder, aber der Botanische Garten mit kleinem Tierpark wird beworben und ist wirklich sehr schön.
Für Touristen sind geführte Wanderungen im Busch bzw. dem Hochland interessant oder ein Flug zu den abgelegenen Inseln zu den Tauchparadiesen. Port Moresby mit seinem Wildwuchs ist bestimmt nicht repräsentativ für den Rest des Landes. Aber man muss wissen, dass vor gut 80 Jahren etliche Stämme im Landesinneren noch ganz isoliert lebten, das Land hat buchstäblich den Sprung aus der Steinzeit in die Moderne innerhalb weniger Jahrzehnte bewältigen müssen, Missionare und die beiden großen christlichen Religionen haben sicher einiges dazu beigetragen, den Kannibalismus zu beenden, wie viel dabei auch an anderen Traditionen verloren gingen, können und wollen wir nicht beurteilen.

Am zweiten Weihnachtsfeiertag werden wir die Leinen los machen und die Küste in Richtung Osten entlang segeln, erst zu den Inseln der Milne Bay und dann weiter nordöstlich zu dem Teil von Papua Neuguinea, der 30 Jahre lang eine Deutsche Kolonie war, bis 1918. Wir sind schon sehr gespannt darauf!


Royal Papua Yacht Club


Kongresszentrum


Feiern zum Unabhängigkeitstag, Ela Beach

Botanischer Garten

Boroko-Markt

Lakona Bay, Gaua – Welkam, welkam!

25. – 29. August 2018

Die Insel Gaua liegt schon weiter oben im Norden von Vanuatu und gehört zur Banks Gruppe, von Malekula aus brauchen wir fast genau 24h, wir segeln einen Tag und eine Nacht durch. Kaum ist der Anker gefallen, kommen zwei Auslegerboote längsseits, der Sohn des Inselchiefs, der uns einlädt, das Dorf zu besuchen und Father William Levy, der örtliche anglikanische Pfarrer, dem wir unsere Teilnahme am Fest zusagen.

Wieder ein schwarzer Sandstrand mit spielenden Kindern, dahinter ein paar Häuser, in denen vier Familien leben, darunter auch die Großfamilie von John Star, dem Chief der ganzen Insel Gaua. Rechts, hoch am Berg klebt wie ein Schwalbennest ein Haus, da wohnt Christobal, der Chief der Dörfchen von Lakona Bay. Das eigentliche Dorf mit der anglikanischen Kirche und der Grundschule liegt linker Hand auf einer Anhöhe, von der aus man einen herrlich weiten Blick aufs Meer und auf die Bucht hat. Wir begrüßen die Dorfbewohner, werden herumgeführt, der jüngste Sohn des Chiefs, auch John genannt, trägt die meiste Zeit seinen kleinen Sohn auf dem Arm, zeigt uns die Stelle am Strand, wo eine Art unterirdische Quelle mit Süßwasser aus dem schwarzen Sand hervor kommt. Man muss nur ein bisschen graben, um eine Mulde zu bilden und schon kann man die Kanister füllen. Jedes Mal, wenn Andreas Wasser holt, sind die Kinder sofort da, um ihm zu helfen. Sie graben und tragen mit Begeisterung die schweren 10l Kanister zum Beiboot.

Für das Festival in diesem Jahr hat außer uns nur noch ein weiteres Boot den Weg hierher gefunden: ein Katamaran mit Frances, einem Segler aus Australien, drauf. Daher fällt das Programm in diesem Jahr etwas kürzer aus, statt der vollen zwei Tage beginnt das Fest erst am Sonntagnachmittag und auch das angekündigte Lagerfeuer am Strand wird wegen der wolkenbruchartigen Regenfälle abgesagt, die ungewöhnlich sind für diese Jahreszeit, denn die Regenzeit beginnt eigentlich erst im November. Es ist schade für die Dorfgemeinschaft, weil sie sich für das Fest viel Arbeit machen und die Einnahmen der zahlenden Gäste, also der Segler, dringend für das Schulgeld der Kinder benötigen. Für uns aber wird es ein sehr schönes und ergreifendes Erlebnis, von Anfang an haben wir das Gefühl, in die Dorfgemeinschaft wie in eine große Familie aufgenommen zu werden. Es geht ganz gemütlich zu, keine Hektik, wir dürfen überall mitmachen, sollen nicht nur Zuschauer sein, manchmal wird auch improvisiert und das Programm etwas umgestellt, weil gerade ein Regenschauer nieder geht oder der jüngste Sohn des Chiefs noch nicht aus dem Garten zurück gekommen ist.

Zur Eröffnung des Festes wird es trotzdem ein bisschen feierlich: so stehen Frances, Andreas und ich zusammen mit dem alten Chief John Star in einer Reihe, bekommen eine Halskette mit roten Blüten umgehängt, vor uns steht ein kleiner Chor mit Gitarrenbegleitung, wir hören ein Willkommenslied auf Bislama, von Father Levy komponiert: „Welkam, welkam, welkam!“ geht der Refrain.

Danach werden wir in die Kochhütte der Chief-Familie gebeten, wo schon ein paar Brotfrüchte in den glühenden Kohlen liegen. Kokosnüsse werden ausgeschabt und wir dürfen ausprobieren, wie das früher gemacht wurde. Mit flachen scharfen Muschelschalen musste man schon sehr geschickt sein, um die Kokosnuss fein raspeln zu können. Danach werden die fein geraspelten Flocken ausgedrückt und die Milch in einem großen grünen Blatt beiseite gestellt. Eine feste grüne „Popo“, eine Papaya, wird erst mit den ausgedrückten Kokosflocken eingerieben, um eine ölige Schicht zu erzielen und dann mit einem Stock durchbohrt, so dass eine Art Nudelholz draus wird. Die Brotfrüchte sind nun außen ganz verkohlt und schwarz und werden von den Frauen aufgebrochen, das Innere herausgeholt und etwas geknetet. Die Brotfrucht hat wohl einen ähnlichen Kleber wie die Kartoffel, so dass John mit der Walk-Papaya aus den einzelnen Brei-Stücken einen großen Teig mit viel Kraft knetet. Dann folgt das nächste Schauspiel. Kleinere Steine, die im Feuer lagen, werden erst im Wasser kurz gewaschen, dann wird in eine Kokosnuss-Schale Kokosmilch gegossen, ein heißer Stein kommt dazu, die passende Hälfte der Schale wird darauf gesetzt und die Milch mit dem heißen Stein geschüttelt, dadurch wird die Milch warm und bekommt eine sahnige Konsistenz. Dies wird ein paar Mal wiederholt, bis der Teig von einer dickflüssigen Schicht an Kokosmilch bedeckt ist: fertig ist das Laplap aus Brotfrucht. In kleine quadratische Stücke geschnitten wird das Laplap verteilt. Es ist köstlich und sehr sättigend! Ein kleines Mädchen von vielleicht zwei Jahren nimmt vorsichtig ein Stück in die Hand – und schleckt erst einmal die Kokosmilch ab! Das Beste zuerst!

Wir sitzen noch eine Weile gemütlich zusammen und erzählen, bevor wir uns für diesen Tag verabschieden und zurück aufs Boot fahren.

Am nächsten Morgen pünktlich um 9.00h geht es weiter. Wir sehen, wie das Dach eines Hauses aus Palmwedeln hergestellt wird, wie verschiedene Körbe,Schalen und Armbänder kunstvoll geflochten werden, dann führt Chief John uns zu seinem „Nakamal“, einem ganz besonderen Versammlungshaus, das etwas versteckt hinter den Wohnhäusern liegt. Es hat zwei große Figuren aus einem schwarzen porösen Holz säulenartig vor dem Eingang und dazu zwei weitere Figuren aus Stein auf dem Boden. Eine davon stellt eine sterbende Frau dar, denn Frauen ist es bei Strafe verboten, diesen Nakamal zu betreten. Ich muss draußen bleiben, während Andreas mit Frances, den Chiefs und Father Levy den Nakamal von innen anschauen. Aber Father Levy versichert mir, dass sie mir danach alles ganz genau erzählen werden.


Nakamal


Father Levy, Herz und Seele des Festivals, eine beeindruckende Persönlichkeit!


Chief John Star, mit seiner ruhigen Ausstrahlung

Derweil sitze ich mit Susan, der Frau des Chiefs zusammen und lerne sie näher kennen: Sie ist eine sehr herzliche Person mit den oft anzutreffenden orangegelben Haaren, von der Sonne ausgebleicht und leicht angegraut, einem gewinnenden Lächeln, meistens mit ihrer jüngsten zweijährigen Enkelin auf dem Schoß. Sie spricht gut Englisch, wir erzählen von unseren Familien und so erfahre ich unter anderem, dass vier ihrer Söhne gerade in Neuseeland sind als Gastarbeiter, sieben Monate lang in der Nähe von Tauranga Kiwis pflücken. Und auch mit den anderen Frauen und Mädchen ist es spannend, zusammen zu sitzen und zu erzählen.


Susan mit Enkel

Sohn und Enkel von Chief John

Der Tag vergeht schnell mit Bogenschießen und Tauziehen an dem auch Andreas und Frances mitmachen, einem fröhlichen Tanz, bei dem die Männer und Jungen viele grüne Zweige in den Händen tragen und auf ein Kommando jubelnd hochspringen und das Grün in die Luft werfen, weiter tanzen, Zweige einsammeln und wieder in die Luft werfen. Auch ein Kanurennen mit den Auslegerkanus wird organisiert, in einem sitzt Frances mit einem jungen Mann aus dem Dorf, im anderen Andreas mit Father Levy, als Markierungsboje wird eine Kokosnuss ins Wasser geworfen und los geht es unter lautem Gejohle der Zuschauer. Am Ende gehen beide Kanus fast gleichzeitig durchs Ziel.


Damit werden Vögel geschossen

Ein besonderer Programmpunkt ist die Vorführung von „magic“, also Zauberei, die Chief Christobal beherrscht. Christobal kann einen toten Flughund (sieht eher wie eine kleine Fledermaus aus), der in einen Korb gelegt wird, wieder lebendig werden lassen. Und tatsächlich, nachdem mit ein paar grünen Zweigen um den Korb gewedelt wurde, fliegt das Tierchen schnell auf und davon. Christobal beherrscht noch ein paar mehr Zaubereien, wie uns die Dorfbewohner mit viel Bewunderung und Stolz erklären, die viel spektakulärer sind, so z.B. kann er sich selber wieder zum Leben erwecken oder aus einem Feuerring verschwinden und bei den Zuschauern wieder auftauchen.

Während es draußen mal wieder regnet, sitzen wir in der Hütte beisammen und führen längere Gespräche. Frances hat ein Fotobuch von seinen beiden Töchtern mitgebracht, das sehr interessiert angeschaut wird, wir bekommen viele Fragen zu unseren Familien, unserem Leben in Europa und dem Segeln gestellt und fragen auch unsererseits viel.

Am Nachmittag kommt doch noch mal die Sonne raus und das nutzen die Frauen, um ihre berühmte Wassermusik vorzuführen, die hier auf der Insel Gaua von den Frauen erfunden wurde. Und das ist wirklich etwas ganz Besonderes: sie stehen in einer Reihe bis zur Hüfte im Wasser und klopfen mit der hohlen Hand aufs Wasser, platschen, klatschen und erzeugen damit einen mitreißenden Rhythmus. Aber nicht nur einen, viele unterschiedliche Rhythmen beherrschen sie und wir Zuschauen sind ganz hingerissen von ihrer Aufführung. (Video folgt!)

Abends versammeln wir uns alle noch einmal im Dorf und sehen zu, wie Kava hergestellt wird. Aus frischen Wurzeln wird ein Brei gestampft, eine kräftezehrende Angelegenheit. Danach wäscht Father Levy die Wurzeln aus und presst sie mehrfach hintereinander mit einem Tuch aus. In einer feierlichen Zeremonie bekommen wir drei Segler und Chief John als erste ein Glas voll Kava gereicht. Und dieses Mal traue auch ich mich, von diesem schlammig grauen Wasser zu trinken. Der Chor singt ein Abschiedslied, ein paar kurze bewegende Reden werden gehalten und dann sitzen wir noch eine Weile gemütlich unter dem Dach und lassen den Tag ausklingen.

Am nächsten Tag ist wieder schönster Sonnenschein, die Wäsche kann endlich trocknen und nachmittags machen wir noch einen letzten Spaziergang zum großen Dorf hoch. Ein junger Mann begleitet uns, zeigt uns das Haus des alten Steinmetzes, der sich noch an den Zweiten Weltkrieg erinnern kann, als amerikanische Soldaten auf der Insel waren. Er ist inzwischen erblindet, hat aber in seinem Enkel einen Nachfolger gefunden, dessen Kunstwerke uns so gut gefallen, dass wir ihm kurzerhand zwei in Stein gehauene Köpfe abkaufen.

Der Blick vom Strand aus auf die Bucht in der Abendsonne ist so schön, Chief John, Susan und andere Leute aus dem Dorf verabschieden sich noch einmal ganz herzlich von uns. Wie gerne würden wir noch länger hier bei diesen so überaus freundlichen Menschen bleiben.

Big Nambas in Malekula

22. August 2018

Auf der Insel Malekula leben zwei große Stämme, die Big Nambas und die Small Nambas, bzw. Große und Kleine Nambas, benannt nach den Penisköchern, die sie früher trugen. Die Big Nambas waren einst gefürchtete Krieger und schon ihr Ruf allein sorgte dafür, dass sie selten angegriffen wurden. Auch hatten und haben sie viele Rituale und Tänze, die sie auszeichnen. Um diese nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, hat sich der junge Dorf-Chief von Mae vor drei Jahren entschlossen, ein jährliches Festival zu organisieren. Eine größere Gruppe von Jungen und Alten üben das ganze Jahr über und tanzen auch schon mal zwischendurch für zahlende Touristen, aber das ganz große Fest findet nun jährlich in der zweiten Augusthälfte statt und dafür haben wir uns angemeldet. Vier Segler und drei an Land reisende Touristen sind dabei, die Tourismusbeauftragte ebenfalls, und auch das halbe Dorf schaut zu.

Auf einem von hohen Bäumen und Sträuchern umsäumten Platz mitten im Dorf ist alles vorbereitet, große Trommeln, ein paar Bänke mit Blumenschmuck am Rand und eine kleine Hütte. Wir, die Gäste von außerhalb, warten erst einmal unter den Bäumen, werden von einer trommelnden und singenden Gruppe begrüßt und bekommen von den Kindern ein Halsband mit Blümchen umgehängt. Danach werden auf den Platz gebeten. Dort ist alles noch wie vor zweihundert Jahren, kein Stück Stoff oder Schuhwerk oder Werkzeug aus der heutigen Zeit, von unseren Fotoapparaten, Smartphones und unserer Alltagskleidung mal abgesehen. Der junge Chief hält eine kurze Ansprache und erklärt uns, dass wir heute eine Reihe von Tänzen zu sehen bekommen, die zu verschiedenen Anlässen getanzt werden,  und dass zwischendurch ein paar Aktivitäten für uns vorbereitet worden sind, wie z.B. Feuermachen, Flechten und eine Kava-Zeremonie. Außerdem wird für mittags ein traditionelles Essen gekocht. Vor jedem Tanz beschreibt er uns kurz dessen Bedeutung – in seiner einnehmenden freundlichen Art.

Nach dem Willkommenstanz sehen wir Tänze, die für die Vorbereitung der Beschneidung junger Männer aufgeführt werden und solche, die nach der Rückkehr der Männer in die Dorfgemeinschaft getanzt werden. Um in der sozialen Hierarchie des Dorfes aufzusteigen, muss ein Mann ein Fest ausrichten und ein oder mehrere Schweine dafür hergeben, auch dafür gibt es ganz bestimmte Tänze. Einen so genannten Beschneidungstanz für Frauen bekommen wir zu sehen, auch wenn diese Tradition zu unser aller Erleichterung längst nicht mehr praktiziert wird. Kleine Kinder weinen ganz fürchterlich, als nacheinander drei teuflische Gestalten auf den Platz hüpfen, mit einer schwarzen Maske und einem Kostüm aus getrockneten Palmenblättern. Zum Schluss zeigen sie noch den Kriegstanz mit Bogenschießen bevor wir eine Zeremonie vorgeführt bekommen, die nur ganz selten tatsächlich praktiziert wird, nämlich dann wenn ein neuer Chief das Amt von seinem Vater übernimmt. Bei diesem Anlass werden sehr viele Schweine geschlachtet und das ganze Dorf tanzt mit, normalerweise die ganze Nacht hindurch, und dazu wird viel Kava getrunken – auch wir dürfen mittanzen, allerdings nicht ganz so lange und statt der Schweine müssen dieses Mal symbolisch ein paar Kokosnüsse herhalten.

Die Männer der Big Nambas tragen einen breiten Gürtel in dem frische grüne Zweige stecken, vorne haben sie rot gefärbten Pandanusblätter, die einen Penisköcher bedecken. Nur die Männer tragen diese roten Pandanusblätter, die Jungs begnügen sich mit grünen Zweigen. Auf dem Kopf tragen sie einen schönen Federschmuck, eine einzelne Feder oder ein ganzes Büschel von Hahnenfedern. An den Füßen haben sie rasselnde Nuss-Schalen umgebunden, die bei den Tänzen zusätzlich für Rhythmus sorgen. Das Besondere bei den Big Nambas ist wohl auch die unterschiedliche Bemalung der Körper zu den entsprechenden Tänzen, mit Kokosnuss-Öl und Asche eingerieben sehen sie gespenstisch grau aus, mit gelber Farbe (Gelbwurzel oder Lehm?) haben sie auf einmal eine ganz hellere Hautfarbe und beim Kriegstanz sind sie ganz schwarz.

Die Frauen wiederum haben fein geflochtene Matten aus rot gefärbtem Pandanus umgebunden, die verheirateten Frauen tragen zudem noch eine Art Matte aus dem gleichen Material auf dem Kopf, lange Fäden der Matten bedecken die Brüste.

Hier ein paar Impressionen dieses ganz besonderen Tages!


Begrüßung


Chief

 


Laplap, in Bananenblätter gebackener Brei und Fleisch, dazu frische Kokosmilch


Bunte Süßkartoffeln mit Tomaten, auch in Bananenblättern gebacken


Teufel


Verabschiedung!


Zaungäste

Dorfleben

Von der Insel Efate mit der Hauptstadt Port Vila segeln wir in Tagesetappen weiter nördlich, den steten Süd-Ost-Passat nutzend. Wir gönnen uns ein paar Tage Strandurlaub vor dem Inselchen Lelepa, machen einen Zwischenstopp auf der Insel Emae, und erreichen schließlich die Insel Epi. Hier ankern wir in der Revolieu Bucht, seitlich etwas geschützt durch ein breites Riff.

Ganz verdeckt von dichtem Grün und hohen Bäumen liegt das Dorf. Nur am Rauch, der gegen Abend hoch steigt, und an den vielen Kindern, die am Strand entlang laufen, ist zu erkennen, dass dahinter Menschen wohnen.

Am nächsten Vormittag fahren wir mit dem Dinghi an Land, finden einen Fußweg durch das Dickicht und stehen schon nach wenigen Schritten vor der Wasserpumpe des Dorfes. Eine Frau weicht dort Wäsche ein, begrüßt uns ganz herzlich und stellt sich als Lily vor. Sie spricht gut Englisch und fragt uns gleich, ob wir ein paar Süßkartoffeln bräuchten und bittet uns, ihr zu ihrem Haus zu folgen. Wir überqueren einen breiten Weg aus Sand und Kies mit zwei tief eingefahrenen Radspuren, es ist die Hauptstraße der Insel, ein Rundweg, der die einzelnen Ortschaften an der Küste miteinander verbindet.

Kleinere und größere Häuser liegen inmitten von gepflegten Gärten, schmale Wege und manchmal auch ein Zaun aus Blumen und niedrigen Sträuchern trennen die Höfe voneinander. Die meisten Häuser haben Dächer aus Palmenwedel und schön geflochtene Seitenwände, manchmal auch ein Wellblech-Dach und ab und an sieht man ein gemauertes Gebäude. Überall Blumen, rosa und orange blühende Bougainvillea-Sträucher, auch Gemüse und viele Bäume mit Zitrusfrüchten dazwischen. Hühner laufen frei herum, kleine Kinder schauen uns neugierig nach, die Großen sind alle noch in der Schule. Lily besitzt ein Haus zum Kochen und Arbeiten und eines in dem die ganze Familie schläft, daneben ein gemauerter Ofen zum Backen.

An ihrem Haus rankt sich eine Pflanze hoch mit einer Frucht, die aussieht wie eine Mischung aus Zucchini und Bohne. Lily zupft sie für uns ab und erklärt uns, wie man die zubereitet.

Wir gehen mit ihr weiter durch das Dorf, begrüßen ihre Schwiegermutter, eine ehrwürdige weißhaarige Dame, kommen an der Kirche vorbei, ein einfaches Haus mit Strohdach und halb offenen Wänden. Daneben wird die neue Kirche gebaut, aus Betonziegeln, sie ist erst zur Hälfte fertig. Lily führt uns zum Fluss, der neben dem Dorf entlang fließt und weiter unten im Meer mündet, zu einer Stelle, wo Wasserkresse wächst, weil sie weiß, dass auch die Segler diese gerne als frischen Salat zu schätzen wissen. Und ja, sehr gerne dürfen wir uns Trinkwasser in unsere Kanister abfüllen und wie alle anderen im Dorf, im Fluss unsere Wäsche waschen…

Lily ist 36 Jahre alt, hat sechs Kinder, der älteste Sohn  ist schon verheiratet, die etwas jüngere Tochter auch, eines der Kinder, ein 7jähriger Junge ist adoptiert. Und ihr jüngstes Kind ist gerade mal 1 Monat alt! Am Nachmittag bringen wir ein paar Sachen für ihr Baby und bekommen zu den Süßkartoffeln noch einen dicken Bund Frühlingszwiebeln mit. Ihre Tochter ist gerade da, sie hat ein 3 Monate altes Mädchen. Und so sitzen Mutter und Tochter nebeneinander und stillen ihre Babies!

In diesem Dorf entdecken wir ein großes neues Gebäude aus stabilen Betonziegeln mit Dach, davor eine schön angelegte Grünanlage. Es ist ein Schutzhaus für die Bewohner der Ecke: sollte wieder ein Zyklon über die Inseln hinweg fegen, haben sie hier ein festes Dach über dem Kopf mit Behandlungsräumen und Sanitäranlagen dazu. 2016 hatte der Zyklon Pam in Vanuatu so ziemlich alle Häuser zerstört, Bäume umgeknickt und sehr viel Schaden angerichtet.

In diesem Haus haben wir ein Ehepaar kennen gelernt, die beiden teilen sich das Büro: Tousil ist Verwaltungsangestellte für den Bezirk und ihr Mann Basil arbeitet für die Entwicklungshilfe der UNO und andere Hilfsorganisationen, koordiniert den Bau von befestigten Brücken, Straßen, die Aufforstung der Küste, um der Erosion vorzubeugen uvm. Die beiden freuen sich über unseren Besuch und unsere vielen Fragen und können uns sehr viel über Land und Leute erzählen.

Am nächsten Tag wollen wir etwas herumlaufen, wandern bis zum nächsten Dorf, wo es eine Schule gibt und wir ein paar Hefte und Stifte abgeben können. Wir brauchen etwa eine halbe Stunde bis dorthin, für viele Kinder ist das der tägliche Schulweg. Mit Spielen und etwas Trödeln brauchen sie viel länger, erzählen uns ein paar Mütter.

Wir kommen an vereinzelten kleinen Siedlungen vorbei, wo man uns überall fröhlich zu winkt oder neugierig heran kommt, um uns zu begrüßen und zu fragen, woher wir kommen. Dazwischen liegen kleine Gärten mit Taro und Süßkartoffeln, Zitronen-, Orangen-, Mandarinen- und Pampelmusen-Bäumen und eine langgezogene Plantage mit Kokospalmen. Im Prinzip sind alle Selbstversorger und um das Schulgeld aufzubringen, müssen sie Kopra machen, also reife Kokosnüsse spalten, das Fleisch heraustrennen und trocknen. Nur ist der Preis für Kopra im letzten Jahr stark gefallen und viele bangen, ob sie das Schulgeld überhaupt aufbringen können.

In der Schule ist gerade Mittagspause und sofort sind wir von einer ganzen Kinderschar umringt, die kichern und sehr neugierig sind und sich erst kaum trauen, mit uns zu reden. Das legt sich aber schnell und irgendwie schaffen wir es, mit einer Mischung aus Englisch und Bislama und mit Händen und Füssen uns zu verständigen. Und haben viel Spaß dabei!

Am dritten Tag in dieser Bucht sind wir mit Tousil und Basil verabredet. Wir wollen eine unserer alten Bordbatterien der Krankenstation der Insel vermachen und sie organisieren einen Transport dafür. Es ist Freitag, und der Tag, an dem die staatlichen Angestellten alle zwei Wochen ihren Lohn ausgezahlt bekommen und diesen dann gleich für Einkäufe nutzen. Also sind auf der Insel überall kleinere oder größere Marktstände aufgestellt. Auch in unserem Dörfchen in der Bucht sitzen in der Früh schon drei Frauen in dem überdachten Stand und haben auf ihren Matten ihr Gemüse ausgebreitet. Mittags gibt es Lunchpakete zu kaufen und Krapfen und sogar Kaffee aus der Thermoskanne. Bei dieser Gelegenheit lernten wir auch den Dorf-Chef kennen, er war am Vormittag im „Nakamal“, dem traditionellen Versammlungshaus, mit einer Adoptions-Zeremonie beschäftigt.


Nakamal

Geld gibt es in einem Ort eine knappe Stunde mit dem Auto weit weg, in der einzigen Bank der Insel. Dort stellt sich Tousil bei der Bank an und wir schauen schon mal zum Markt nebenan. Hier gibt es alles in großen Gebinden, selbst geflochtene Körbe aus Palmenblättern voller Süßkartoffeln, Orangen oder Pampelmusen, große Stauden mit Kochbananen. Die Leute kaufen ein und beladen die Ladeflächen der Trucks, wir ebenfalls. Dann müssen wir auf Tousil warten, knabbern Erdnüsse und leckere Bananenchips, unterhalten uns mit ihrem Mann und schauen dem Treiben zu. Es dauert, denn von den zwei Bankbeamten darf nur einer Geld auszahlen, es wollen heute aber alle Lehrer und Angestellten ihr Gehalt haben! Auf dem Rückweg halten wir ein paar Mal an, um die Mitfahrer mit ihren Einkäufen abzuladen, dann bei einem Laden, wo gerade in der Früh ein Rind geschlachtet wurde und die Fleischstücke an der Luft hängen. Wir kaufen auch was davon (es schmeckt hervorragend gut, kein Wunder, die Rinder hier laufen frei herum und knabbern wahlweise an frischem Gras oder Kokosnüssen).

Am Ende des Tages sitzen wir noch mit unseren neuen Freunden Tousil und Basil am Strand und schauen der untergehenden Sonne zu und sind einfach nur glücklich und dankbar für all diese schönen Begegnungen.

Lukim yu! Auf Wiedersehen!

Bislama

In Vanuatu werden um die 180 verschiedene Sprachen gesprochen. Selbst von Dorf zu Dorf kann der Unterschied so groß sein, dass man einander nicht versteht, wurde uns versichert. Aus Melanesien haben sich vor etlichen tausend Jahren in mehreren Wellen wagemutige Menschen auf den Weg gemacht und die Inseln besiedelt. Sie brachten bereits unterschiedliche Sprachen mit, im Laufe der Jahrhunderte lebten die Einwohner hier recht abgeschlossen in ihren Dorf- und Stammesstrukturen, was die Entwicklung von unterschiedlichen Sprachen noch mehr befördert.

Es waren die ersten europäischen Segelboote, die sich mit einer einfachen Sprache behalfen, um mit den Einwohnern zu kommunizieren. Später, während der Kolonialisierung der Südsee holten sich die Plantagen- und Minenbesitzer Arbeitskräfte von Papua Neuguinea, den Salomonen und von den Neuen Hebriden (Vanuatu) auf die Inseln und nach Australien, weniger mit Versprechungen als mit Gewalt. Und so entwickelte sich ziemlich schnell eine einfache Verkehrssprache, ein verballhorntes Englisch mit etwas französischem Einschlag. Auch die Missionare verwendeten diese Sprache und übersetzten Bibel und Gesangbücher für die Einheimischen in „Bislama“, wie es in Vanuatu heißt, oder „Tok Pisin“ bzw. „Pidgin English“ in Papua Neuguinea und „Pijin“ auf den Salomonen.

Der Wortschatz ist nicht besonders umfangreich, darum braucht man einiges Geschick, um verschiedene Sachverhalte auszudrücken, viele Wörter werden mit „blong“ zusammengesetzt, das Wort „long“ wird auch sehr häufig verwendet, um Richtungen, Beziehungen usw. anzugeben. Auf den ersten Blick erscheint es ganz einfach, auch gibt es nicht so komplizierte Verbformen und Konjugationen wie z.B. im Französischen oder Spanischen. Und trotzdem hat es seine Tücken, denn die Satzstruktur ist melanesischen Ursprungs und muss von uns erst verstanden werden. Langsam gesprochen und aufgeschrieben erschließt sich manches von selbst. Man muss es sich manchmal laut vorlesen, denn die Wörter, die aus dem Englischen stammen, werden genauso geschrieben, wie sie ausgesprochen werden und nicht in der gebräuchlichen englischen Orthographie.

Hier ein paar Beispiele: Das Cafe „Nambawan“ bedeutet „Number One“ = Nummer 1

Die öffentliche Bibliothek von Port Vila: „Pablik Laebri blong Port Vila“

Und hier das weltweit bekannteste Weihnachtslied: Stille Nacht, Heilige Nacht. Vom Deutschen ins Englische und vom Englischen in Bislama übersetzt, spricht der Text für sich. „Pikinini“ ist das Wort für Kind, und „Pikinini blong God“ ist Jesus, das Kind Gottes.

Hier die englische Fassung der ersten Strophe:

Silent night, holy night!
All is calm, all is bright
Round yon Virgin, Mother and Child
Holy Infant so tender and mild
Sleep in heavenly peace
Sleep in heavenly peace

Und hier die Fassung in Bislama:

Kwaet naet! Tabu naet
Taem is gud, skae is laet
Raonabout long yangfala pel
Wetem pikinini y blong hem
Pikinini blong God,
Slip long pis ya blong hem.

Aus dem Gesangbuch der Presbyterianischen Kirche „Ol sing blong niu laef“, Buk fo = Buch vier

Ein Band zum Tag des Kindes in Port Vila

Die Bitte um Sauberkeit in der öffentlichen Toilette an der Uferpromenade:

Heute spricht ein Ni-Vanuatu, so nennen sich die Einwohner von Vanuatu, mindestens zwei Sprachen, meistens sogar drei oder vier: nämlich erstens die Sprache seines Dorfes bzw. der Region, dann Bislama und schließlich Englisch oder Französisch, je nachdem ob er oder sie in einer englischen oder französischen Schule war. Beeindruckend!

Das fand bereits Georg Forster vor mehr als zweihundert Jahren, als er auf der „Resolution“ mit Kapitän James Cook unterwegs war und sie auf der Insel Malekula auf Einheimische trafen:

„Hier lernten wir sie als das verständigste und gescheuteste Volk kennen, das wir noch bis jetzt in der Süd-See angetroffen hatten. Sie begriffen unser Zeichen und Gebehrden so schnell und richtig, als ob sie schon wer weiß wie lange mit uns umgegangen wären; und in Zeit von etlichen Minuten lehrten auch sie uns eine Menge Wörter aus ihrer Sprache verstehen. […] Bey ihrer angebohrnen Neigung zum Plaudern, geriethen wir gleich ins Gespräch mit einander und ließen uns in ihrer Sprache Unterricht geben. Sie wunderten sich, daß wir die Wörter so schnell ins Gedächtniß faßten, und schienen eine Weile nachzudenken, wie es zugehen mögte, daß man den Klang der Worte durch Bleystift und Papier ausdrücken könne. So emsig sie einer Seits waren, uns ihre Sprache zu lehren; so neugierig waren sie anderer Seits auch, etwas von der unsrigen zu lernen, und sprachen alles was wir ihnen davon vorsagten, mit bewundrungswürdiger Fertigkeit ganz genau nach. Kaum hatten wir ihnen die Namen unsrer Zahlen vorgesagt, als sie solche sehr schnell an den Fingern wiederholten; kurz: was ihnen an cörperlichen Vorzügen abgieng, wurde durch ihren Scharfsinn reichlich ersetzt.“

(Zitat aus: Georg Forster: Reise um die Welt. Insel Taschenbuch 757. Frankfurt am Main, 1967. S. 683 bzw. S. 688)

Vanuatu, Port Vila

26.-31. Juli 2018

Hätte man mich vor zwei Jahren gefragt, wo Vanuatu liegt, hätte ich erst einmal den Schulatlas aus dem Regal holen und nachschauen müssen, ob das eine Insel, ein Land oder eine Ortschaft ist, und schon gar nicht hätte ich die Hauptstadt hersagen können. Aber nun erschließt sich uns nach und nach die Geographie der Südsee, die Entfernungen werden in Seemeilen und zu segelnden Tagen gemessen. In Muktuk-Geschwindigkeit ist Fidschi von Neuseeland 16 Tage weit entfernt, wiederum Vanuatu von Fidschi sieben Tage auseinander: so lange brauchen wir von Savusavu auf Fidschi bis nach Port Vila auf der Insel Efate, Vanuatu. Und ja, das ist die Hauptstadt dieses Inselstaates. Vanuatu umfasst etwas mehr als 80 Inseln, elf größere und sehr viele kleine, zusammen ergeben sie gerade mal 12.000 qm Land, verteilt auf 860.000 qm auf dem Ozean. Auf diesen Inseln leben rund 281.500 Menschen, etwas mehr als in Karlsruhe…

Wir ankern direkt vor dem Zentrum von Port Vila, haben schon unsere gelbe Quarantäne-Flagge gehisst, melden uns per Funk an für die Einklarierungsformalitäten und werden auf zwei, halb drei Uhr nachmittags vertröstet, jetzt sei Mittagspause. Als um halb vier immer noch niemand von den Behörden auftaucht, rufen wir erneut per Funk an. Der Skipper solle doch einfach zum „Customs“-Büro fahren, mit allen Schiffspapieren, die Crew müsse nicht mit. So einfach und so entspannt ist alles hier. Am nächsten Tag gehen wir noch zu „Immigration“, der Visastelle, und erhalten dort einen Stempel im Pass, mit dem wir drei Monate in Vanuatu bleiben dürfen. Noch eine kleine Gebühr bezahlt und somit sind wir offiziell eingereist und können nun die Stadt erkunden.

Wir laufen die Hauptstraße entlang, hier und in den Querstraßen könnte man stundenlang bummeln, Kleidung für jeden Geschmack und Geldbeutel, Kunsthandwerk in der Maison Française, Haushaltsgeräte, Werkzeuge. Dazwischen ein paar Restaurants, Behörden, die Stadtbibliothek. Viele Läden werben mit zollfreiem Einkauf, die damit vor allem die Touristen von den Kreuzfahrtschiffen im Blick haben.

Natürlich werfen wir in jeden dieser Läden einen Blick rein, vor allem in jene, die sich „Hardwarestore“ (Baumarkt) nennen. Es könnte ja etwas Nützliches fürs Boot zu finden sein!

Und auch der große Markt zieht uns magisch an, er ist eine Augenweide! So viel frisches Gemüse und Obst in unglaublichen Mengen, und alles so bunt und hübsch anzuschauen. In der zweiten Halle beim Markt sind Tische und Bänke in Reihen aufgestellt, dazwischen kleine Kochnischen eingebaut, in denen von mittags bis abends gekocht wird. Leckere Gerichte werden angeboten und sind zudem so günstig, dass sich das Kochen auf dem Boot fast nicht lohnt. Gleich am ersten Tag setzt sich eine der Köchinnen zu uns an den Tisch, sie erzählt von den Inseln, von ihrer Familie und will auch von uns genau wissen, was uns hierher gebracht hat.

Zur Begrüßung hier schüttelt man die Hand und stellt sich mit Vornamen vor, und sogleich werden wir gefragt, woher wir kommen. Oh ja, wirklich aus Deutschland! Daraufhin werden wir sofort mit einem strahlenden Lächeln angeschaut, worauf dann sogleich erwähnt wird, dass alle Leute so verrückt nach Fußball sind, und die deutsche Nationalmannschaft eine große Fangemeinde haben soll. Tatsächlich entpuppt sich der Zöllner, der auf unser Boot kommt, um zollfrei eingekauften Wein in den Kartons zu versiegeln, als ein begeisterter Fan. Er hat sowieso Dienstschluss und bleibt noch eine ganze Weile gemütlich bei einer Cola auf der Muktuk, so dass wir uns länger mit ihm unterhalten können. Es gibt sogar richtige Vereine, Fangemeinschaften für die jeweiligen Nationalmannschaften und es fand sogar eine Parade zu Beginn der Spiele statt, wo die Fangruppen mit den Nationalflaggen ihrer Mannschaften durch die Stadt zogen. Allerdings war unser Zöllner sehr traurig, als die deutsche Mannschaft ausgeschieden ist und ging tags darauf nicht in die Arbeit, auch, um sich die Bemerkungen der Arbeitskollegen nicht anhören zu müssen.

Eigentlich könnten wir gleich weiter, aber wir bleiben noch ein paar Tage in Port Vila, denn am Montag, dem 30. Juli, wird der 38. Jahrestag seit der Unabhängigkeitstag gefeiert, mit Reden, Tänzen und einem Feuerwerk am Abend und das würde ich mir sehr gerne anschauen. Früher hießen die Inseln Neue Hebriden und waren von 1906 an unter einer gemeinschaftlichen Verwaltung von Frankreich und Großbritannien, Kondominium genannt. Alles gab es doppelt, Verwaltung, Polizei, Währung, Schulsystem. Die europäischen Einwanderer besaßen 30% des urbaren Landes und wollten noch mehr, um rentable Kokosplantagen und Viehweiden anzulegen. An diesen Expansionen zündete der Funke für die ersten Bestrebungen zur Unabhängigkeit in den 1960er Jahren, denn die Ni-Vanuatus, wie sich die Einwohnen der Inseln nennen, sehen Landbesitz traditionell als einen Schatz, den man  für die kommende Generation erhalten und pflegen muss.

Schon am Freitag und Samstag davor ist viel mehr Betrieb als sonst in der Stadt. Jeder will schnell noch was einkaufen, überall sieht man schon Flaggen, an den Autos, in den geflochtenen Haaren der Frauen.

Auf der Hauptstraße stauen sich die Minivans. Ein praktisches und sehr sinnvolles Beförderungssystem zwischen Bus und Taxi angesiedelt: man zahlt einen Einheitspreis an den Fahrer und nennt das Ziel. Kann sein, dass man ein paar Umwege in Kauf nehmen muss, weil erst die anderen Gäste abgeliefert werden müssen. Schade, dass sich so was nicht auch in einer Großstadt wie München durchsetzen kann oder in ländlichen Gebieten in Deutschland, wo die Busse so selten fahren…

Gut beschäftigt vor dem Unabhängigkeitstag sind auch die Frauen in der großen Halle an der Hauptstraße. In vielen kleinen Abteilen sitzen die „mamas“, wie sie genannt werden, jede an einer alten oder sehr alten Singer-Nähmaschine und nähen die schönsten Kleider und Hemden. Die fertigen hängen hoch an den Wänden, daneben Strandtücher in ebenso bunten Farben und Blumenmustern, viele der bedruckten Stoffe sind in Eigenarbeit entstanden, erzählen sie mit einigem Stolz. In dem Labyrinth aus Gängen und Kojen kann man sich schnell verirren und nachdem ich die Halle ein paar Mal abgeklappert habe, schwirrt mir der Kopf von den vielen Farben. Am liebsten würde ich mir auch eines der Kleider zulegen, begnüge mich dieses Mal aber mit einem Strohhut aus Hibiskus.

Am Unabhängigkeitstag selber ist die ganze Stadt auf den Beinen. Oben am Platz der Unabhängigkeit findet die Parade statt, am Rand sind rundherum Stände aufgebaut, die Essen anbieten. Nach dem offiziellen Teil wird viel fotografiert, um die Essensstände bilden sich Trauben von Menschen. Später verteilen sich die Menschen auf die Stadt, Großfamilien sitzen im Park an der Uferpromenade auf Picknickdecken zusammen, Kinder laufen herum, Festtagsstimmung überall!