Monkey Bay Marina

MuktukSchilf

Muktuk hat ihre erste Segelsaison mit Birgit und mir hinter sich gebracht und darf sich jetzt voraussichtlich bis Ende November – bis zum Ende der Hurrikane-Saison – erst einmal ausruhen.

Die Monkey Bay ist tatsächlich nach den Affen benannt, die es hier gibt. Bevor man sie sieht, hört man sie, denn es sind Brüllaffen. Sie klingen in etwa wie Kühe mit ernsthaften Verdauungsbeschwerden (anhören), tollen aber im Gegensatz dazu zu dritt oder viert in den Bäumen herum.

monkey

Die Marina hat nicht viel mit einer klassischen Marina nach europäischen Maßstäben zu tun. Ein Steg, ein paar Holzhütten. Kein Café oder Restaurant, keine Straßenverbindung zur Außenwelt. Wenn man in den Ort oder zu einer der vielen anderen Marinas will, braucht man sein Dinghi. John, der Manager, wohnt auf seinem kleinen Bötchen.

Veranda

Aber irgendwie wunderschön. Muktuk liegt sicher vertäut, wenn sie auch ein wenig zu dick war, um in den Liegeplatz hineinzupassen, aber Holzpfähle biegen sich. Na gut, ein wenig rot sind sie jetzt auch, nachdem wir reingefahren sind…

Es gibt einen Gefrierschrank, eine Waschmaschine, eine kleine Gemeinschaftsküche für die „Liveaboards“, eine überdachte Veranda, liebevoll eingerichtet wie ein Wohnzimmer, ganz viele schlechte Bücher, eine kleine Werkstatt, die man benutzen kann, und sehr ordentliche Duschen. Was will man mehr?

Boot

Überhaupt Duschen: seit einem halben Jahr, seit den kanarischen Inseln, für uns die erste Dusche mit warmen Wasser (auch wenn man das bei der Hitze hier nicht wirklich braucht). Seit Februar die erste Dusche überhaupt, und so eine Dusche in diesen Ländern heißt normalerweise einfach ein Loch in der Wand, aus dem Wasser kommt. Wenn man Glück hat, befindet sich das Loch über Kopfhöhe. Hier dagegen kommt das Wasser richtig aus einem Duschkopf, und man hat zwei Wasserhähne zur Regulierung der Temperatur. Was es alles gibt…

Veranda2

Die Zeit bis zum Abflug nutzen wir, um Muktuk für die Regenzeit einzumotten: alle Segel werden abgeschlagen und gefaltet, über Deck spannen wir eine große Plastikplane. Das Material dafür konnten wir in der Marina günstig erstehen, es ist laminierte Leinwand von großen Werbeplakaten. In unserem Fall von der letzten Wahl in Guatemala, vom Kandidaten, der zum Glück nicht gewonnen hat, bestand sein Wahlprogramm doch aus dem Versprechen auf öffentliche Hinrichtungen, Abschaffung der Polizei zugunsten einer militärischen Organisation etc. Aber die Werbebotschaft ist ohnehin nur innen, von außen ist die Plane halbwegs weiß.

Plane

Am 20. Mai fliegen wir für zwei Monate nach Deutschland, so dass sich nun erst einmal im Blog nicht viel tun wird. Ende Juli geht’s dann weiter.

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Drecksarbeit

Wenn man unseren Blog so liest, könnte man ja fast meinen, wir wären hier im Dauerurlaub. Das wäre allerdings ein grobes Missverständnis. Die Tage hier auf der Isla de Mujeres waren – von einem Tag Inselrundfahrt auf geliehenen Fahrrädern abgesehen – gefüllt mit Arbeiten rund ums Schiff sowie mit Versorgungsaufgaben.

Die Ankerwinsch hat mal wieder gesponnen und musste ausgebaut, zerlegt, repariert und wieder eingebaut werden (fast ein Tag Arbeit), eine Fahrt mit der Fähre ins gegenüberliegende Cancun, weil wir länger als fünf Tage in Mexiko bleiben und somit ein „Temporary Import Permit“ fürs Schiff brauchen, ein vergeblicher Versuch, die Gasflaschen zu tauschen, Bevorratung für die nächste Überfahrt, usw. usf.

Aber man kennt ja den Spruch: Langfahrtsegeln heisst, sein Schiff an den schönsten Orten der Welt zu reparieren. Da wollen wir uns also keinesfalls beschweren. Der Höhepunkt an karibischer Lebensfreude und Naturerleben war aber heute Vormittag.

MuktukVogel

Genau genommen fing es ja schon gestern Abend an. Die großen schwarzen Fregattvögel, die so majestätisch am Himmel stehen, über Stunden hinweg ohne einen Flügelschlag, müssen am Abend auch einmal schlafen gehen. Auf dem Wasser landen können sie nicht (d.h. vielleicht schon, aber hoch kämen sie nicht mehr), daher hat es schon ein paar Mal einer versucht, auf einem unserer Masten zu landen. Bisher hat das allerdings nie geklappt.

AufDerStange

Gestern Abend aber schon. Und wo einer sitzt, ist doch bestimmt Platz für ein paar mehr. Prompt hatten wir fünf von den Viechern auf unserem Genickstag sitzen (das ist das Stahlkabel, das die beiden Mastspitzen verbindet). Sie liessen sich auch nicht durch Anleuchten mit der Taschenlampe vertreiben.

Schon am Abend hörten wir vereinzelte Aufplatsch-Geräusche, heute morgen sahen wir die Bescherung: das ganze Deck mit Vogelkot übersät, das Cockpitdach nicht länger weiss, sondern grau-braun besprenkelt, die Cockpitpersenning versaut, das Fischbrett besudelt, durch die offen stehenden Luken Dreck in der Küche und in der Achterkoje (immerhin unser Schlafzimmer!). Die beiden großen Eimer mit Süsswasser, die am Achterdeck stehen, um sich nach dem Baden ein wenig abpülen zu können, hat es auch erwischt. Aber vielleicht haben die Homöopathen ja recht und Vogelkot in D4-Verdünnung hilft gegen den Dreck?

Dreck

Na ja, jedenfalls waren wir dann von neun bis zwei damit beschäftigt, den Dreck mit Bürsten, Lappen und unzähligen Eimern Seewasser wegzuputzen und eine Angelsehne über dem Genickstag zu spannen, damit sich das Theater heute Abend nicht wiederholt. Dass sämtliche Maststufen und die Salinge auch komplett versifft und glitschig waren, hat den Aufstieg und die Arbeit auf den Mast-Toppen auch nicht unbedingt sicherer und angenehmer gemacht. Brrrrrrr….

Jedenfalls: wenn sich die Biester heute Abend trotz unserer Abwehr-Konstruktion wieder da oben niederlassen, packen wir die Gummischlinge und Papier-Krampen aus und blasen zur Fregattvogeljagd. In diesem Sinne: Halali.

Vogel

Isla de Mujeres

Zwei Tage brauchen wir für die Strecke von Kubas Westspitze bis zur mexikanischen Isla de Mujeres. Die 120 Seemeilen hätten wir eigentlich in einem Tag schaffen können, wir hatten stetigen Wind aus guter Richtung, und durchs Wasser machten wir schätzungsweise nie unter fünf, meist sechs Knoten Fahrt.

Aber der Kanal von Yucatan ist für seine heftige Strömung berüchtigt, und die sorgt dafür, dass wir über Grund nur mit zwei bis drei, über viele Stunden hinweg sogar eher anderthalb Knoten laufen. Und dann können auch 120 Meilen ganz schön lang werden.

Zum Glück lässt der Strom am Ende nach, so dass wir am zweiten Tag doch noch bei Tageslicht in der Ankerbucht ankommen. Einklarieren können wir zwar erst am nächsten Morgen, aber wir gönnen uns am Abend die ersten Tacos in der Marinabar.

Steg

Was für ein Unterschied zu Kuba! Nach gut sieben Wochen Einsamkeit und Versorgungsengpässen können wir die Eindrücke kaum verarbeiten. Eine Bar mit Livemusik, eine Speisekarte mit verschiedenen Gerichten darauf, die es auch wirklich gibt. Eine Toilette mit Spülung, Klopapier und sogar einem funktionierenden Waschbecken.

Laden

Am nächsten Tag der erste Gang durch den Ort. Geschäfte. Supermärkte mit vollen Regalen. Internet in fast jedem Cafe. Wir kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.

Strasse

Das Prozedere des Einklarierens ist freilich nicht unbedingt einfacher als auf Kuba. Von allen Dokumenten benötigen wir sechs Kopien, zig Formulare wollen ausgefüllt, drei Behörden besucht und etliche Rechnungen bezahlt werden, bis wir uns schließlich legal in Mexiko aufhalten.

Jeden Morgen um halb neun hören wir das „Cruiser’s Network“ auf UKW Kanal 13, wo die Fahrtensegler aus den Marinas und vor Anker Informationen, Wetter und Veranstaltungshinweise austauschen.

Es tut uns jedenfalls gut, für ein paar Tage die Annehmlichkeiten der ersten Welt zu geniessen. Banal, aber wahr: man weiss sie erst zu schätzen, wenn man ein paar Wochen auf sie verzichtet hat. Wir bleiben gerne ein wenig länger an diesem wunderschönen Ort.

Seltsame Begegnung

Etwa auf halbem Weg zwischen Kuba und Mexiko, sechzig Meilen weg von Land in jede Richtung. Ich habe Wache und sehe von Deck aus etwas Seltsames im Wasser. Zu klein für ein Schiff, zu seltsam geformt für ein Seezeichen, dass es laut Karte hier auch nicht geben sollte. Auch mit dem Fernglas werde ich aus dem Ding nicht schlau. Ich wecke Birgit, die ja bessere Augen hat, aber auch sie rätselt.

weit

Wir ändern unseren Kurs ein wenig, um näher heranzukommen. Es ist ein kleines, mit einfachsten Mitteln zusammengebautes Bötchen. Zwei Rümpfe, bestehend aus einem Metallgitter, gefüllt mit Scheiben von Styropor, oben drauf eine Plattform, ein abgespannter Mast mit einer Art Rahsegel, schon recht zerfetzt.

Wir haben 5 Bft. Wind, Raumschot-Kurs, Vollzeug inklusive Fisherman gesetzt und können daher nicht schnell aufstoppen, sausen also mit sechs Knoten Fahrt an dem Gefährt vorbei, im Abstand von vielleicht 50 Metern. Erkennen können wir nicht viel, aber es scheinen keine Personen an Bord zu sein.

Aber sicher sind wir nicht. Nach ein paar Minuten bergen wir den Fisherman, wenden und segeln auf Amwindkurs zurück. Wieder in der Nähe, bergen wir die Segel und laufen die letzte viertel Meile unter Motor.

Ein großer Tanker hält allerdings genau auf das seltsame Gefährt zu. Ich funke ihn an, erkläre ihm die Situation und bitte ihn, uns etwas Raum zu geben. Er ändert nicht nur seinen Kurs, sondern stoppt sogar auf und wartet, was unsere Nachforschungen ergeben.

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Wir fahren ein paar Kreise um das Boot und können nun aus einem Abstand von ein paar Metern genaueres erkennen. Personen sind wirklich keine drauf, dafür aber einige – anscheinend leere – Wasserkanister, Säcke mit Vorräten (Lebensmittel?), eine Reisetasche, ein Koffer, ein paar Kleidungsstücke und Gummistiefel.

Es sieht eindeutig nach einem selbst zusammengezimmerten Flüchtlingsboot aus, ob aus Kuba oder aus Haiti können wir nur raten. Offensichtlich ist die Flucht aber wohl missglückt, denn warum sonst hätten der oder die Passagiere ihre Koffer und Taschen an Bord gelassen? Sind sie über Bord gespült worden? Wurde sie von der Küstenwache aufgebracht und zurückbefördert? Wir wissen es nicht.

Der Rest ist schnell erzählt. Dem wartenden Tanker geben wir Entwarnung, seine Hilfe wird nicht benötigt. Den Rest der Schifffahrt warnen wir mit einer Sicherheitsmeldung über UKW mit Position und geschätzter Driftgeschwindigkeit und –richtung. Aber Birgit und mir bleibt der trostlose Anblick des verlassenen Gefährts noch lange in Erinnerung.

mitTanker

Wallenstein in Kuba

Glocke

Wer hätte das gedacht. Unser kleiner Herr Wallenstein (treue Leser unseres Blogs erinnern sich an den unverzagten Pinguin, der mit uns auf Reisen ist) entpuppt sich hier in Kuba als unheilbarer Revolutions-Romantiker. Kein Bild von Che Guevara (und daran herrscht hier weiss Gott kein Mangel) ist vor ihm sicher, immer will er mit aufs Bild, wenn die Castro Brüder oder der beste Freund des Landes (Chavez) zu sehen ist.

Castros

Auto

Total begeistert ist Wallenstein auch von den vielen alten Ami-Schlitten, die das Stadtbild Havannas prägen und die meistens den Skipper an Lebensalter übertreffen. Oder die Fahradtaxis, die eigentlich zwar keine ausländischen Touristen befördern dürfen, aber bei Pinguinen schon einmal eine Ausnahme machen.

Bici

FreiePutzfrau

Herr Wallenstein ist auch der einzige von uns, der selbst beim siebzehnten Mal „Guantanamera“, gespielt von kubanischen Strassenmusikern zur Erbauung ausländischer Touristen, immer noch vor Freude in die Flossen klatscht.

CheRegal

Triumph

So richtig in Fahrt kommt der Kleine aber vor allem bei den vielen herrlichen Parolen, die die Hauswände und öffentlichen Gebäude zieren. „ich arbeite hart“, „wir sind stolz auf unser Werk“, „zum ersten Mal wirklich frei“, und – sein Lieblingsslogan – „Optimismo!“. Dem können wir uns natürlich nur anschliessen.

imLaden

Heisser Tipp übrigens für ein Geburtstagsgeschenk für Herrn Wallenstein: ein Che Guevara T-Shirt. Trotz des riesigen Angebots haben wir hier keines in seiner Größe finden können. Aber wer weiss? Optimismo!

Drink

Kriegslärm

„Ratatatata…“ Maschinengewehrsalven, martialisches Gebrüll: “Get down! Fire in the hole! Ratatatata“
Die Crew stürzt aufgeregt an Deck, aber nicht etwa, um einen Piratenangriff abzuwehren, sondern weil ein Fisch an der Angel angebissen hat. Ein Fisch? Ja wie?

Also langsam und von vorne angefangen. Unterwegs haben wir – zumindest bei Helligkeit – immer die Schleppangel ausgebracht. Wenn nun ein Fisch anbeißt, ist es wichtig, dass man ihn zügig hereinkurbelt, sonst arbeitet er sich los und es gibt nur Zwieback zum Abendessen. Aber dauernd an Deck sitzen und auf die Angelrolle starren?
Die Vorbesitzer der Muktuk hatten Luna an Bord, eine Seele von einem Golden Retriever, die nicht nur andere Schiffe in Sicht und Wale im Wasser ausgebellt hat, sondern auch bei Anbissen an der Angel angeschlagen hat. Wir haben leider keine Luna, also mussten wir uns etwas anderes ausdenken.

Eigentlich hätte es ein Spielzeughandy aus einem der vielen chinesischen Kramläden in Spanien werden sollen. Aber selbst die Chinesen sind wohl mittlerweile vor genervten Eltern eingeknickt: Spielzeughandys sind einfach zu leise geworden. Aber diese Spielzeug-Handgranate hat dezibeltechnisch unsere Erwartungen vollständig erfüllt. Und sie hat diesen kleinen praktischen Plastikstreifen, der – zwischen die Batteriekontakte geklemmt – als Transportsicherung verhindert, dass die Beschallung vor der Zeit losgeht.

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Die Handgranate hängt unter Deck, in der Messe am Obstnetzt festgebunden. Sie ist eingeschaltet, nur der Plastikstreifen am Batteriekontakt verhindert den Kriegslärm. An diesem Plastikstreifen ist unsere Triggerleine festgebunden, die durch eine Lüftungsöffnung nach draußen geführt ist.

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Oben an Deck rollt die Angelleine nicht direkt von der Rolle ins Wasser, sondern wird im Winkel mit einer Büroklammer an einer Relingstütze festgemacht. Beißt ein Fisch an, so biegt der Zug auf der Leine die Büroklammer auf und die Leine läuft geradewegs nach hinten ins Wasser. Das andere Ende der Triggerleine wird ebenfalls mit einer Büroklammer in die Schlaufe der Angelleine eingehängt. Beim Biss wird die Triggerleine daher etwa 15 Zentimeter herausgezogen, und das zieht unter Deck den Plastikstreifen aus der Handgranate… ratatatata!

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Und da die Dinger mit 1,99 Euro billiger sind als die passenden Ersatzbatterien, haben wir gleich vier davon an Bord, das dürfte erst einmal für ein paar Zentner Fisch reichen. Auf den Einreiseformularen geben wir trotzdem immer an, dass wir keine Waffen an Bord haben. Spielzeug-Handgranaten sind ja auch völlig harmlos. Außer man ist der Fisch.

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Seeluft

…trying to sink your boat? war die lakonische Bemerkung eines netten Bootsnachbarn, als er unsere Tonnen von Proviant am Steg liegen sah. Und das war erst ein Drittel der Einkäufe.

Wir führen mit: eine Bananenstaude, eine Schublade voll Tauschwaren für Kuba, eine größere Versammlung von Flüssigkeiten, die alle in Mariannes Seesack Platz gefunden hatten (kein Wunder war der so schwer), ca. 100kg Mehl und Körner, kistenweise Kartoffeln, Mören, Obst und Gemüse. Die Bilgen für Konserven, Wein, Bier, Nudeln, Reis, Knabberzeug etc. sind ohnehin schon bis zum Anschlag gefüllt.

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Der Entdeckung des Seewegs nach Indien steht also nichts mehr im Wege. Morgen vormittag planen wir abzulegen mit Kurs Westsüdwest. Wetter und Wind sollten passen, und wenn wir gute Funkverbindung haben, können wir auch von unterwegs ein paar Zeilen an den Blog schicken.

Bis bald also.

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Leben in den Buchten

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Wenn wir nicht gerade irgendwelchen Marienstatuen hinterherlaufen, die einmal im Jahr ausgelüftet werden müssen, haben wir die letzte Zeit ein sehr beschauliches Leben. An der Südküste La Gomeras gibt es auf einer Strecke von gerade einmal 15 Seemeilen insgesamt elf Ankerbuchten. Alle haben wir nicht geschafft, aber doch eine gute Auswahl.

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Da gab es eine ganz kleine, mit einer aufgelassenen Fischfabrik, die ein belgischer Aussteiger jetzt als Wohnstatt benutzt. Wir mussten so dicht unter Land ankern, dass wir bei Niedrigwasser den Kiel einziehen mussten, um nicht aufzusitzen.

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In der nächsten Bucht gibt es eine Besonderheit. Hier das Suchbild – was ist darauf zu sehen?

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Richtig – vier Höhlen nebst Höhlenbewohnern! Ein paar Extrem-Aussteiger wohnen in dieser Felswand. Wir wissen nicht, wie lange schon und ob vielleicht nur im Sommer, aber das ist schon sehr fernab jeglicher Zivilisation. Kein Wasser, kein Strom, etliche Kilometer Fußweg zur nächsten Siedlung. Muss man schon mögen. Wir fühlen uns jedenfalls im Vergleich sehr komfortabel in unserem schwimmenden Heim.

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In den Buchten ankern wir auf Sandgrund, und da gibt es keine Fische. Unter den Felswänden aber dafür unzählige Fischsorten. Nach einer Begegnung mit zwei Tauchern, die uns ein paar Fische fürs Abendessen spendieren, packe auch ich die Harpune und den Neoprenanzug aus. Allerdings: eine Harpune ist kein Präzisionsgewehr. Entweder die Fische sind sehr groß (was wir nicht zu bieten haben) oder man kommt relativ nahe dran an sie dran, sonst trifft man nicht. Mit einiger Übung klappt es dann aber doch ganz gut. Es dauert nur eine Weile, bis wir wissen, welche Sorten gut schmecken und nicht total voller Gräten sind.

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Unsere Wassertanks können wir zwischendurch in einem kleinen Fischereihafen auffüllen. Zwar kann die Muktuk nirgends anlegen, aber mit dem Dinghi füllen wir die großen schwarzen Eimer auf und pumpen das Wasser von dort aus in die Tanks. Dabei bleibt sogar noch etwas übrig für eine Ladung Wäsche.

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In einer Bucht gibt es eine kleine Ferienanlage, die zwar keine Straßenanbindung hat, wo aber fünfmal täglich ein kleines Motorboot von San Sebastian aus hinfährt. Wir nutzen die Gelegenheit, fahren mit dem Dinghi an Land, machen eine Wanderung über ein paar Bergrücken bis in die Stadt und überfallen dort Markt, Metzger und Supermarkt. Mit Rucksäcken und Einkaufstüten schwer beladen nehmen wir das Wassertaxi zurück in unsere Bucht. Nette Art einzukaufen.

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Kleine Fische, große Fische

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Valle Gran Rey ist eine sehr deutsch geprägte Aussteigerkolonie inklusive deutschem Metzger und deutschem Bäcker. Einmal die Woche gibt es einen Hippie-Markt mit Räucherstäbchen, allerlei Heilkräutern und selbstgetöpferten Batikklamotten.

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Das Örtchen hat aber noch eine weitere Attraktion. Im Hafenbecken von Valle Gran Rey lebt nämlich eine größere Anzahl von Rochen. Ganz am Ende, da wo eine Steintreppe ins Wasser führt und die Fischer ihre Abfälle ins Wasser werfen, versammeln sie sich. Bei Niedrigwasser stehen dort gerade mal noch zwei Meter Wasser und man kann sie sehr schön beobachten.

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Die größten sind Pfeilschwanzrochen, die haben eine Spannweite von knapp zwei Metern. Daneben gibt es noch ein paar Entenschnabelrochen und Dutzende gemeiner Rochen, letztere etwa einen Meter breit. Einige von ihnen haben sogar einen Namen, einer der Pfeilschwanzrochen wurde mir als Sebastian vorgestellt, die Namen der anderen habe ich vergessen. Mein Namensgedächtnis war noch nie besonders gut.

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Wenn sie nicht gerade herumschwimmen (was schon sehr cool aussieht), legen sie sich flach auf den Boden, fächeln sich mit dem Flossensaum etwas Sand auf den Rücken und sind dann perfekt getarnt kaum mehr vom Grund zu unterscheiden. Nur ihre zwei Augen kann man erkennen, und wenn man die gefunden hat, errät man auch den Umriss des Rochens. Ab und zu zwinkern sie sogar.

Sie lassen sich weder durch um sie herum schwimmende Schnorchler noch durch ins Wasser springende Kinder irgendwie beeindrucken. „Wenn man auf sie tritt, das mögen sie nicht. Ansonsten machen die nichts“ verrät uns eine hiesige Rochen-Expertin.

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Ganz besondere kleine Fische schwimmen manchmal nachts um unser Boot, was weit draußen vor dem Hafen vor Anker liegt. Es sind Dornhechte, lange dünne, ca. 30cm lange blau glänzende Exemplare mit einem langen spitzen Schnabel wie ein Schwertfisch, nur eben kleiner. Sie schwimmen an mondlosen Nächten ganz dicht an der Oberfläche. Wenn man länger mit der Taschenlampe hinleuchtet, sind sie weg. Da haben wir natürlich nachts das Wurfnetz ausgepackt und versucht, ein paar zu fangen.

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Es wäre allerdings besser gewesen, ich hätte das mit dem Wurfnetz vorher einmal bei Tageslicht probiert. Bei youtube findet man viele lehrreiche Videos, wie man die Dinger werfen sollte, bei uns scheint aber die Schwerkraft anders auf das Netz einzuwirken, oder der Raum ist anders gekrümmt, es ist jedenfalls nicht ganz einfach. „How to pancake a cast net“ – das muss man den Amis schon lassen: diese Eleganz, mit der sie das Wort Pfannkuchen als Verb verwenden! Wie man ein Wurfnetz pfannkucht, gemeint ist natürlich, dass es sich im Flug zu seiner vollen runden Form öffnet. Bei mir wurde das zuerst eher Kaiserschmarrn, bald aber zumindest Nierentische, so dass wir am Ende doch ein paar von den Biestern erbeuten konnten.

Geschmacklich gar nicht mal schlecht, aber relativ grätenreich. Das Schlimmste aber: die Mittelgräte samt Abzweigungen hat eine leuchtend karbolblaue Färbung. Irgendwie ist diese Farbe doch eher für Sommerkleider als für Gräten geeignet, beim Essen sieht das trotz besserem Wissen giftig aus, und man erwartet statt Fisch- eher Minz- oder Mentholgeschmack. Den Rest des Fangs haben wir dann als Köder kleingeschnitten, auf Haken gespießt und versucht, gegen Tunfisch oder Doraden einzutauschen. Hat aber nicht geklappt. Noch.