Hilfsmotor

Von unserem Kettenbruch ist uns ein Problem zurückgeblieben. Die Welle, die schon vorher einen leichten Schlag hatte, ist nun relativ kräftig verbogen, schlägt bereits bei geringen Drehzahlen im Wellentunnel und versetzt den Motor so heftig in Schwingungen, dass die nur provisorisch geschweißten Gewindebolzen des Motorlagers stark belastet werden. Nach der ersten längeren Motorstrecke war einer der Bolzen bereits wieder gebrochen und wir mussten ihn mit einem Edelstahlrohr schienen.

Das hat zur Folge, dass wir im Moment wirklich nur einen „Hilfsmotor“ haben, denn mehr als 1000 Umdrehungen pro Minute wagen wir nicht. Ohne Gegenwind und –welle laufen wir damit gut zweieinhalb Knoten, aber gegen ernsthaften Wind kommen wir nicht an. So wird auf dem Weg von einer Bucht zur nächsten vier Meilen im Osten liegenden, statt einer dreiviertel Stunde Maschinenfahrt ein zweistündiges Aufkreuzen. Es fühlt sich an wie damals auf Anita mit dem Dinghi-Außenborder als Antriebsmaschine. Aber Muktuk ist ja ein Segelboot, und für die langen Strecken brauchen wir den Motor sowieso nicht.

Um die gebrochenen und geschweißten Gewindebolzen zu ersetzen, haben wir hier in Taiohae passende Gewindestangen bestellt. Lieferzeit: 1 Monat, denn die Marquesas werden alle drei Wochen mit der „Aranui 5“, dem Versorgungsschiff aus Tahiti, beliefert. Die Aranui sieht lustig aus, denn sie ist nur zur Hälfte Frachter, zur anderen Hälfte ist sie ein luxuriöses Kreuzfahrtschiff und kostet für die einfache Passage von Tahiti zu den Marquesas über 3.000 Dollar. Der Monat Wartezeit auf die Ersatzteile ist nicht so schlimm, denn wir wollen ohnehin noch so lange bleiben.

Wenn wir die Bolzen eingebaut haben, können wir uns immerhin bis auf 1300 oder 1400 Umdrehungen herauf wagen, immer noch ein Hilfsmotor, aber ein stärkerer. Um das Problem grundsätzlich zu lösen, muss die Welle ausgebaut und gerichtet werden. Auf den Marquesas gibt es keine Möglichkeit, Muktuk mit ihren 26 Tonnen aus dem Wasser zu heben, und selbst wenn wir sie am Strand trocken fallen lassen, um die Welle auszubauen, kann sie hier nirgends gerichtet werden. 44 Millimeter Stahl biegt man nicht mal eben zwischen zwei Palmen. Die nächste Möglichkeit zur Reparatur ist Tahiti, und wir schreiben gerade dort die drei möglichen Werften an.

Bis dahin bleibt es beim Segeln. Ist sowieso viel schöner.

mitbuben

quer

seite

vorn

hinten

Schon vier Wochen

bucht

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Vier Wochen sind wir schon auf den Marquesas, und haben außer dem anfänglichen Kettenbruch-Desaster noch nichts geschrieben. Das hat aber einen guten Grund, denn wir haben ja hier nach vier langen Jahren endlich die anderen Muktuks, die Vorbesitzer unserer Muktuk, getroffen, und haben eine wunderbare und intensive Zeit mit ihnen zusammen verbracht. Wir hatten schlicht keine Zeit zum Blog-Schreiben.

musik

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Vorgestern sind unsere Freunde in Richtung Alaska aufgebrochen, denn noch gibt es guten Wind für die lange Strecke, und die Hurrikan-Gefahr im Zentral-Pazifik ist noch relativ gering. Wir hingegen dürfen und wollen noch weitere vier Wochen bleiben, denn die Marquesas sind einfach wunderschön. Außerdem gibt es am 14. Juli in ganz Französisch Polynesien ein großes Fest mit vielen traditionellen Tänzen und Gesängen, das wollen wir nicht verpassen.

muktuk

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fisch

geige

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karten

In den nächsten Tagen haben wir vor, in kleineren Blog-Einträgen zu berichten, was wir alles in der letzten Zeit erlebt haben. Vier Inseln und noch mehr Buchten haben wir schon gesehen, zur Zeit liegen wir in der großen Bucht vor Taiohae (klingt das nicht wunderbar südseeisch?) auf Nuku Hiva, der größten Ansiedlung der Marquesas mit allem drum und dran, inklusive Internet. Es werden also auch ein paar Bilder dabei sein.

wahoo

trockenfisch

Action im Paradies

In einer ruhigen Ankerbucht auf Hiva Oa. An Land werden einem tütenweise Sternfrüchte und die etwa kopfgroßen saftigen „pamplemousse“ geschenkt, an der Tankstelle gibt es jeden Morgen ab sieben frisch gebackenes Baguette. Paradiesisch eben.

Die kleine Bucht ist sehr voll, denn weiter draußen schaukelt es doch sehr, obwohl fast kein Wind ist. Es ist so eng, dass die Boote nicht genug Platz zum schwojen haben, sondern alle zwischen Bug- und Heckanker in der selben Richtung ausgerichtet liegen. Wir natürlich auch, auf rund viereinhalb Meter Tiefe vor 25 Meter Kette und Heckanker. Wegen der geringen Tiefe ist unsere Kette nicht wie gewöhnlich mit unserem sieben Meter langen Bergseil entlastet, sondern nur mit zwei kurzen Tampen. Ein Fehler, wie sich herausstellen wird.

Ich bin alleine an Bord, Birgit hat sich auf den halbstündigen Fußmarsch in den kleinen Ort aufgemacht. Hin und wieder läuft aus heiterem Himmel eine größere Welle in die Bucht, die – je weiter sie in die Bucht hineinläuft – immer steiler wird und sich schließlich im flachen Wasser vor dem Strand bricht. Surfer hätten ihre wahre Freude, Segler dagegen eher nicht.

Dann kommt eine noch größere Welle. Sie zieht die Boote erst ab- und vorwärts und wirft sie dann mit Schwung nach oben und hinten. Etliche Boote fangen an zu slippen, Muktuks Anker hält. Aber: die Kette nicht. Mit einem hellen Knall bricht ein 12mm Kettenglied nahe am Bug, Anker und 25 Meter Kette liegen im Wasser, Muktuk wird rückwärts Richtung Strand getrieben.

Ich starte die Maschine, versuche noch kurz die Lose aus der Heckleine zu holen, muss dann aber einkuppeln und versuche, nach vorne zu kommen. Es passiert was passieren muss: die Heckleine gerät in die Schraube, der Motor würgt ab, Muktuk ist nicht nur unverankert, sondern nun auch noch manövrierunfähig.

Zum Glück naht Hilfe. Sowohl Karl vom anderen Muktuk als auch zwei Segler auf unserem Nachbarlieger „Balaton“ bemerken das Unglück, springen in ihre Beiboote und kommen angesaust. Sie schnappen sich unseren Reserveanker, schäkeln ihn an die an Bord verbliebene Restkette an, wir wuchten die ganze Kette zum Anker ins Beiboot, und sie fahren damit so weit sie kommen nach vorne und geben nach und nach Kette aus, bis sie schließlich den Anker ins Wasser werfen. Ich hole von Bord aus etwas Ankerkette ein, bis der Anker trägt und die Rückwärtsfahrt erst einmal gestoppt ist. Ich hole den Kiel etwas auf, denn mittlerweile hatte ich auch schon einige Grundberührungen, zum Glück in weichem Schlamm.

Doch noch liegen wir nicht sicher: zum einen haben wir nur eine kurze Ankerkette ausliegen, zum anderen sind wir so weit in die Bucht hinein gerutscht, dass wir nahezu in der Brandungszone liegen; noch so eine Welle wie die von vorhin, und wir werden sicher wieder losgerissen. Meine drei Anker sind in Betrieb (zwei liegen nutzlos am Grund, an einem hängen wir). Mittlerweile ist Birgit auch wieder zurück, und von einem anderen Segler zusammen mit Jan, dem 12-jährigen Sohn der anderen Muktuks, zu mir an Bord gebracht worden. Es gibt genug zu tun für alle.

Während der Segler von der Balaton seinen Reserveanker holt, bereiten wir eine Ankerleine vor, machen den Anker der Balaton daran fest und können diesen nun weit nach vorne ausbringen. Ich gehe tauchen und befreie die Reste der Heckleine aus der Schraube, was trotz Sicht Null unter Wasser schließlich gelingt. Die Maschine scheppert zwar fürchterlich, aber gibt Schub vorwärts und so ist die Gefahr für die Muktuk erst einmal gebannt.

Karl hilft uns noch, das ganze Gemüse wieder zu klarieren: unseren Reserveanker, der mittlerweile hinter uns liegt, holen wir auf und schlagen ihn von der Kette ab. Mit dem kleinen Anker vom Beiboot fische ich die abgerissene Ankerkette unseres ursprünglichen Hauptankers vom Grund und wir verbinden die beiden Kettenteile wieder mit einem Schäkel miteinander. Dann können wir den Reserveanker der Balaton einholen und schließlich sozusagen „normal“ Ankerauf gehen. Wir fahren ins offene Ende der Bucht hinaus, denn ohne Heckanker können wir innen nicht liegen, und wollen auch nicht mehr. Draußen ist zwar mehr Schwell, aber wir liegen sicher.

Geschafft! Das heißt: na ja. Überall liegen Leinen, Ketten, Anker herum, der Bugbeschlag, der die Ankerkette führt, ist verbogen und teilweise zerlegt, bis wir alles halbwegs aufgeräumt haben, ist es dunkel. Und als wir am nächsten Morgen die Maschine inspizieren, kommt der nächste große Schreck: drei der vier Motorlager sind gebrochen, der Motor ist komplett von den Lagern gesprungen und liegt somit in einem schrecklich schiefen Winkel zur Welle.

Wir schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, aber Karl meint beruhigend, dass wir das schon wieder hinbekommen – er ist schließlich Mechaniker und lässt sich von solchen Problemen nicht schrecken. Er erklärt uns, wie wir mit Hilfe des Großfalls und einem Flaschenzug den Motor anheben und die gebrochenen Stifte ausbauen können. Am Nachmittag hat der Schwell dann soweit nachgelassen, dass Karl auf seiner Muktuk den Anker verlegen konnte und sie nun auch ein paar Stunden unbeaufsichtigt lassen kann. Er kommt zu uns an Bord, und gemeinsam bauen wir den Rest auseinander.

Die 16mm Gewindestifte, auf denen der Motor in seinen Lagern sitzt, sind etwa in der Mitte gebrochen, die Teile also alle zu kurz, um als Ersatz zu dienen. Birgit versucht, im Ort Schrauben oder Gewindestangen passender Stärke zu besorgen; leider vergeblich. Aber auch dafür findet Karl eine Lösung und schweisst in mehrstündiger Arbeit die gebrochenen Stifte wieder zusammen, am Nachmittag bauen wir sie gemeinsam ein, richten den Motor aus, flanschen die Welle wieder an und sind wieder vorläufig einsatzfähig, bis wir die Stifte ersetzen können. Puh! Vielen vielen Dank!

Da hat die Muktuk mal wieder Glück gehabt. Und wir wieder ein paar Lektionen gelernt.

Osterinsel

Muktuk

Manche segeln von Panama aus über 2500 Seemeilen, um auf die Osterinsel zu kommen. Wir haben nur 20 gebraucht. Gut, die Panamesen nennen die Insel Otoque, und wir haben bislang auch keine größeren Steinfiguren gefunden. Aber wir sind Ostern hier angekommen, also haben wir sie Osterinsel genannt, das hat Jakob Roggeveen am 5. April 1722 schließlich auch so gemacht.

Machete

Außerdem ist hier niemand, der uns das Recht zur Namensgebung streitig machen würde. In der großen Bucht im Süden der Insel sind wir die einzigen weit und breit. Wenn man mal von den Pelikanen absieht. In den frühen Morgenstunden jagen sie zu hunderten gemeinsam, tauchen im Sturzflug ins Wasser und meist mit einem Fisch im Schnabel wieder auf. Das Wasser brodelt regelrecht in einer wilden Mischung aus Fisch und Pelikan. Viertel nach sieben ist der Spuk auf einmal vorbei, die Pelikane zerstreuen sich und man sieht sie nur noch einzeln oder in kleineren Grüppchen den ganzen Tag über.

Peli1

Peli2

Wir genießen nach dem ganzen Stress des Ankommens, Ausrüstens, Vorbereitens und der Kanalpassage mit ihren Adrenalinschüben die Ruhe und die Einsamkeit. Immerhin haben wir uns aber gestern zum Osterspaziergang aufgemacht, sind mit dem Beiboot an den Strand und haben uns einen Weg quer über die Insel auf die andere Seite gesucht, wo es ein kleines Örtchen gibt. Haben dort im Lokal eine Cola getrunken (Wasser gab es nicht) und sind wieder zurück. Auf dem Weg konnten wir noch ein paar wildwachsende Limetten sammeln, die beim Abendessen den auf der Überfahrt gefangenen Bonito ganz wunderbar gewürzt haben. So kann das gerne weitergehen.

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Peli4

Mich lockt am Abend der große Strand fürs Lagerfeuer, Birgit ist aber mit Landausflügen etwas zurückhaltend, denn am Ende des Osterspaziergangs ist unser Dinghi in der Brandung vollgelaufen und wir mussten ganz schön kämpfen, um es wieder flott zu bekommen. Voller Waser und Sand ist das Ding zu schwer, um es zurück auf den Strand ziehen zu können, und so bleibt nichts anderes übrig, als das Wasser schneller auszuschöpfen, als es durch die Brecher wieder hereinschwappt. Mit unserem kleinen Ösfass konnten wir da nicht viel ausrichten, erst als ich am Strand ein paar größere Plastikkanister gefunden habe, kamen wir voran. Tja, Abenteuer auf der Osterinsel…

2Pelis

Panama Kanal

Zwei Tage dauert sie, die Reise vom Atlantik in den Pazifik – zumindest wenn man die Abkürzung nimmt durch den Panama Kanal. Außen herum, um Kap Hoorn, sind es doch ein paar Tage länger, weshalb die großen Pötte bis zu 300.000 Dollar zahlen, um den Kanal benutzen zu dürfen. Wir kamen etwas billiger weg.

Lok

Am Nachmittag des 24. März warteten wir auf dem Ankerplatz vor dem Kanal auf unseren Lotsen. Genauer gesagt auf unseren „transit advisor“, denn die Lotsen sind nur für Schiffe jenseits unserer Tonnage zuständig.

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Am ersten Tag fuhren wir „im Päckchen“ durch die drei Gatun Schleusen. Ein etwas größeres Boot in der Mitte, steuerbords ein kleiner Holländer, backbords wir, gut mit jeweils vier Leinen zusammengebunden. Der Skipper des Mittelbootes war deutlich über 70 Jahre alt und nicht mehr ganz auf der Höhe seiner seglerischen Fähigkeiten, zudem sah er schon recht mumifiziert aus. Aber er steuerte uns zunächst ganz gut durch die Schleusen. Als wir uns allerdings nach der dritten Schleuse, im Gatun See angekommen, wieder voneinander lösten (der kleine Holländer war schon frei, wir machten gerade die Leinen los), gab die Mumie Vollgas, ohne zu bemerken, dass unsere Achterleine noch belegt war. Sein Boot schoss also los, unser Heck wurde mit ihm nach vorne gezogen, wir drehten uns um unsere Achse, und nur durch volle Fahrt voraus gelang es mir, unser Heck zumindest einen halben Meter von seiner Bordwand freizuhalten. Bis die Mumie mitbekam, dass da noch 26 Tonnen auf seiner Backbordseite hingen, war unsere Leine schon ziemlich auf Zug, und nur mit viel Glück hielt seine kleine Klampe, an der wir festgemacht hatten, dem enormen Zug stand.

Masten

Leinen2

Auf dem Gatun See ankerten wir für die Nacht, am Morgen kam ein neuer Nicht-Lotse und fuhr mit uns zu den Schleusen auf der Pazifik-Seite. Die Mumie überholte uns unterwegs, schleuste mit dem Holländer zusammen ohne uns, und wir durften alleine, d.h. „center lock“ die Schleusen passieren. Ganz alleine natürlich nicht, denn Segler werden immer nur zusammen mit den großen Frachtern, Tankern oder Kreuzfahrtschiffen geschleust. Waren wir am ersten Tag (bergauf) noch hinter dem Frachter, mussten wir am zweiten Tag (bergab) vor dem Frachter in die Schleusen.

Pott

In den ersten beiden Schleusen war das auch recht entspannt: wir fuhren in die Schleuse bis ans Ende ein, die Leinenwerfer an Land warfen uns dünne Leinen zu, an denen wir unsere vier langen Festmacherleinen anknüpften, diese wurden an Land gezogen, auf Pollern belegt und von Bord aus dichtgeholt. Wie eine Spinne im Netz hielten uns die Leinen in der Mitte der Schleuse, und als das Wasser begann zu fallen, gaben unsere Linehandler (neben Birgit, Silke und Matthias von der FAJO und Thorsten von der INFINITY) immer jeweils soviel Leine nach, um uns weiterhin in der Mittelposition zu halten.

achtern

Wie gesagt: zwei Schleusen lang ging das gut. Die dritte Schleuse hat als Besonderheit (bedingt durch die Mischung aus Süßwasser aus dem See und Salzwasser aus dem Pazifik) eine starke Strömung in Fahrtrichtung. Die Idee ist eigentlich, diese Fahrt mit den Achterleinen abzubremsen. Nur: weil die Leinenwerfer etwas langsam waren, waren unsere Achterleinen selbst ein paar Meter vor dem Schleusentor noch nicht einsatzbereit. Also mussten wir mit Maschine rückwärts bremsen, was ohne Fahrt durchs Wasser (denn das Wasser selbst bewegte sich ja vorwärts) nicht wirklich gut funktioniert. Statt rückwärts zu fahren, dreht sich das Boot dann erst einmal seitlich, und unsere Muktuk fährt besonders schlecht rückwärts. So kamen wir also zwar kurz vor dem Schleusentor zum Stehen, lagen aber fast quer in der Schleusenkammer. Dann Maschine vorwärts, um wieder gerade zu kommen, die Achterleinen waren auch endlich festgemacht, aber die Drehbewegung war zu stark für die Leinen. Zong! Und ab war die Achterleine an Steuerbord! Also wieder volle Maschine rückwärts, um Zeit zu gewinnen, eine neue Leine auszubringen, bis wir endlich, zwar recht schief aber immerhin ohne Fahrt in der Schleusenkammer lagen. Zu guter Letzt musste wir noch ein paar Meter zurücksetzen, damit die Schleusentore Platz hatten aufzugehen, dann endlich öffnete sich das Tor zum Pazifik und wir konnten am Balboa Yachtclub in Panama City vor Anker gehen.

vorne

Unsere Linehandler hatten beschlossen, noch eine Nacht an Bord zu verbringen, was uns sehr gefreut hat, und so gab es dann noch ein schönes gemeinsames Abendessen, ein paar Schleusenbierchen und auch einen tüchtigen Schluck Whisky für den Pazifik, für Rasmus, für die Muktuk und vor allem für die Crew. Wir sagen herzlich Dankeschön!

Land unter

Wir waren ja schon vorgewarnt, dass es eine Menge geregnet hat in Rio Dulce. Aber dass das Wasser glatt einen Meter höher steht als vor unserer Abreise, hat uns dann doch überrascht.

Gut dass Schiffe schwimmen, sonst wäre unser Deck schon unter Wasser. Im Ort ist denn auch einiges wirklich unter Wasser – Geschäfte, Restaurants, Straßen, alles wartet darauf, dass das Wasser endlich wieder sinkt, damit das normale Leben wieder weitergehen kann.

In etlichen Marinas sind auch die Stege schon unter Wasser, und weil die Fender ja aufschwimmen, ist es dort schwer, die Boote ordentlich fest zu machen. Der Strom auf den Stegen musste natürlich auch abgeschaltet werden. Wir in unserer Monkey Bay Marina haben Glück, denn die Stege sind recht hoch, so dass wir noch ca. 30cm Reserve bis zu nassen Füßen haben. Wenn ein vorbeifahrendes Boot starken Wellenschlag produziert, schwappt schon mal eine Welle über den Steg, aber normalerweise kommen wir trockenen Fußes an Land.

In zwei Tagen wollen wir in Richtung Roatan aufbrechen, dann werden wir nach sechs Monaten Süßwasser endlich wieder Seewasser unterm Kiel haben. Die Technik ist soweit geprüft und in Ordnung, die letzte Ladung Wäsche ist im Trockner, die letzten Einkäufe müssen wir noch erledigen.

Muktuk scharrt mit den Hufen.

Rund Kap Horn

Nein, nein, keine Sorge: nicht wir, sondern Captain Irving Johnson, und auch nicht jetzt, sondern im Jahre 1929. Da ist Herr Johnson, damals noch nicht Captain, sondern 24-jähriger Seemann, auf der PEKING, also einem der berühmten P-Liner, ums Kap Horn gesegelt. Und hat dabei nicht nur einen selbst für Kap Horner Verhältnisse ungewöhnlichen Sturm abbekommen, sondern ist währenddessen auch noch die Masten hochgestiegen und hat mit einer Handkamera gefilmt.

Dieses unglaubliche Filmdokument, später dann von ihm selbst nachvertont, haben uns unsere amerikanischen Segelfreunde gezeigt, und so viele unserer Freunde waren interessiert daran, ihn auch zu sehen, dass wir ihn jetzt hier hochgeladen haben.

Ich hoffe, der Film ist alt genug, dass wir damit keine Urheberrechte verletzen. Für alle Fälle aber bitte: nur für private Zwecke ansehen, keine öffentliche Vorführung etc.

Hier also ist er: Around The Horn

Tierwelt

Leben auf dem Segelboot in den Tropen – idyllische Sonnenuntergänge, blauer Himmel, ein eisgekühlter Drink an Deck, dolce vita ohne Ende. Leider gibt’s das nur im Prospekt, die Realität an Bord sieht normalerweise etwas prosaischer aus. Und das nicht nur, weil wir weder Eiswürfeln noch Liegestühle dabei haben.

Als wir von unserer Rundreise durch Guatemala wieder an Bord zurückkehrten, standen mal wieder ein paar Reparaturaufgaben an: Unser Laptop hat den Geist aufgegeben, das Ladegerät auch, und die GPS Antenne ist altersbedingt ebenfalls verschieden. Deshalb gibt es im Augenblick nur Blog-Einträge ohne Fotos, denn wir haben keine Bildbearbeitungs-Software mehr und laden den Text übers Tablet hoch, jedenfalls solange, bis wir einen Ersatzrechner aus Deutschland mitbringen können.

Aber erzählen wollen wir heute von der einheimischen Tierwelt, und zwar von der eher lästigen Sorte. Eine kleine Typologie der Sechsbeiner, die uns so täglich über den Weg krabbeln.

Die Stechfliege: die blutsaugende Variante der Schwebfliegen, schwarz-gelb gestreift, hübsch anzusehen, den ganzen Tag unterwegs und von handelsüblichen Mückensprays eher angezogen als abgeschreckt. Der Biss juckt etwa eine Woche lang, falls er sicht entzündet entsprechend länger.

Die klassische Steckmücke, die in den Abendstunden auf uns ihr Essen sucht. Eher harmlos, weil normales Mückenspray halbwegs dagegen hift.

Die Ameisen: als wir zurückkamen, waren ein paar Völker davon auf der Muktuk als neue Besitzer eingezogen Über die Landleinen an Bord gekrochen, haben sich an Deck ein paar Nester gebaut und natürlich auch den Weg ins Schiffsinnere gefunden. Entlang ihrer Ameisenstrassen waren sie fleissig zugange, unsere Vorräte zur Aufzucht ihrer Brut umzuwidmen. Birgit hat kurzerhand zur Kammerjägerin umgeschult und mit Giftspray, Ameisengel (-gel, nicht –engel getrennt) und Giftpulver ein paar Strassenblockaden eingerichtet, so dass wir langsam das Boot zurückerobern konnten. Wir hoffen jetzt nur, dass keine Termiten dabei waren, die sich in unseren schönen neuen Innenausbau eingerichtet haben.

Zum Glück gibt es ja keine Stahl-Termiten, die Substanz ist also nicht in Gefahr. Andererseits: könnte man nicht die Ameisen durch ein paar gentechnische Tricks dazu abrichten, den Rost an Bord auch an den Stellen abzunagen, an die wir ums Verrecken nicht mit Werkzeugen herankommen? Das wäre mal eine dankbare Aufgabe, da würden wir auch unsere Vergiftungsaktion beenden. Wir haben nur noch keinen Verhandlungsführer dafür gefunden.

Eintagsfliegen: etwa 1cm lange weissliche Viecher, die exterm empfindlich sind und im Normalfall nicht einmal landen können, ohne sich die Flügel oder was auch immer zu brechen und einzugehen. Ihre mangelnde Robustheit machen sie aber durch Stückzahl wett: jeden Abend kommen ungelogen Tausende davon, fliegen auf jedes hellere Licht und kleistern Scheiben, Deck, Messetisch, Arbeitsplatten in der Küche und sogaer Beiboot und Stege mit ihren Leichen zu. Was auch immer sich die Evolution da gedacht haben mag… Das einzige was zumindest unter Deck hilft: alle Luken zwischen sechs und sieben Uhr dichtmachen, und das Abendessen in der Sauna zubereiten.

Kakerlaken: die klassischen Schrecken der christlichen Seefahrt. Hier sind die Biester locker 4cm lang. Leider sind sie flugfähig, was aussieht wie ein zu groß geratener Maikäfer. Neulich rannte an Bord eine von ihnen auf dem Boden herum, dann war Treibjagd angesagt, um sie einzufangen und möglichst vor der Eiablage von Bord zu verweisen. Drückt uns die Daumen, dass es dabei bleibt.

Mehlkäfer: nachdem ich vorgestern bei der Zubereitung einer Portion Spaghetti im Nudelwasser eine Handvoll kleiner schwarzer Käfer aus der Brühe fischen musste, haben wir gestern unsere gesamten Nudelvorräte durchgeschaut und 2-3 kg Nudeln weggeworfen. Der noch nicht befallene Rest lagert jetzt in der Tiefkühltruhe der Marina, um etwa übersehene Käfer oder Eier umzubrigen und einem Neubefall vorzubeugen.

Leben auf dem Segelboot in den Tropen: ein Idyll – jedenfalls für Lebewesen mit sechs Beinen. Für uns Zweibeiner wird es langsam Zeit, dass wir hier wieder rauskommen.

Kaffee

Während wir in San Pedro in der Spanisch-Schule unsere Sprachkenntnisse aufmöbeln, wird um uns herum im Hochland des Atitlan-Sees einer der besten Kaffees der Welt angebaut. Mengenmäßig rangiert Guatemala zwar nur auf Platz 8 der Weltrangliste, aber erreicht auf der Qualitätsskala der dritten Platz hinter Eritrea und Kenia. Zeit also für ein wenig Bildung in Sachen Kaffee.

Das Wichtigste vorweg: Kaffee wächst gar nicht, wie wir immer gedacht haben, in den Regalen der Supermärkte. Auch die Sträucher, an denen die vielen kleinen bunten Nespresso-Kapseln baumeln, haben wir nicht gefunden.

Als Kaffeetrinker weiss man ja, dass es zwei Sorten Kaffeepflanzen gibt: Arabica und Robusta. Robusta, wie der Name schon sagt, kann man unter vielfältigen klimatischen Bedingungen anbauen, er ist recht anspruchslos, verträgt direkte Sonnenbestrahlung und erlaubt zwei Ernten pro Jahr, was den ohnehin schon höheren Ertrag gegenüber der Sorte Arabica nochmals verdoppelt. Arabica wächt nur im Hochland, muss unter größeren, schattenspendenden Bäumen angebaut werden, ist empfindlicher, trägt weniger. Arabica liefert normalerweise den besseren Kaffee, aber es gibt viele weitere Einflussfaktoren, die sich auf die Qualität des fertigen Gebräus auswirken. Hier in Guatemala wird Arabica angebaut.

Strauch

Ein Kaffeestrauch trägt etwa 6,5 Pfund Beeren, aus denen am Ende gerade mal ein Pfund Kaffee wird. Bei guter Pflege hält er etwa 40 Jahre lang durch. Die Beeren sind anfangs grün (wie jetzt auf unserem Foto), im Dezember werden sie rot und dann sind sie zur Ernte bereit. Das kann man auf einmal machen, also den ganzen Strauch abernten (notfalls sogar maschinell), aber wenn man guten Kaffee will, muss man denselben Strauch sechs bis sieben Mal besuchen und jeweils von Hand nur die gerade reifen „Kaffeekirschen“ pflücken. Eine Plückerin schafft pro Tag etwa 45 Pfund Beeren und erhält dafür acht Euro – und das ist schon ein guter Lohn in einer fair bezahlenden Plantage.

Die weitere Verarbeitung (ohne Fotos, weil eben erst im Dezember): die Kaffeekirschen werden geschält, die äußere Hülle ist nur als Dünger zu gebrauchen. Die eigentlichen Kaffeebohnen sind der Kern dieser Frucht und zunächst noch von einer schleimigen Schicht Fruchtfleisch überzogen. Durch eine ein- bis zweitägige Fermentationsphase wird diese Schicht wasserlöslich gemacht und abgewaschen. Dann werden die Bohnen auf dem Boden ausgebreitet und einige Wochen getrocknet. Hierzulande fällt während dieser Jahreszeit allerdings immer noch ab und zu etwas Regen. Damit die ganze Trocknerei nicht umsonst ist, müssen die Bohnen also rund um die Uhr bewacht und gegebenenfalls schnell mit Plastikplanen zugedeckt werden. Am Ende erhält man die grünen Kaffeebohnen, die man nun lagern kann, bis man daraus Kaffee machen will.

bohnenroh

Ab jetzt durfte ich den Prozess wieder live begleiten. Ein Cafe hier im Ort erledigt nämlich die weitere Verarbeitung für Kleinbauern, die keine eigenen Maschinen haben. Die grünen Bohnen werden vor der Röstung in einer speziellen Maschine geschält (mit Schale behalten sie das Aroma besser, deshalb macht man das erst kurz vorher). Dann werden sie auf ein großes Sieb geschüttet, wo die kleinen, minderwertigeren Bohnen aussortiert werden. Die guten kommen dann portionsweise in die Röstung.

roesten

feuer

„Unsere“ Röstmaschine ist recht klein, sie produziert pro Füllung 50 Pfund Kaffee. Sie besteht aus einer zylindrischen Blechtrommel, die von unten mit Gasflammen erhitzt und mit einem Elektromotor gedreht wird. Vorne gibt es eine kleine Öffnung zur Probenentnahme, damit kann man immer wieder nachsehen, wie weit der Kaffee schon gediehen ist. Als erfahrener Kaffeeröster muss man das aber gar nicht so oft, denn man riecht und hört den Röstfortschritt. Letzteres durch ein leises Ploppen, beim ersten Mal durch entweichenden Wasserdampf, beim zweiten Mal durch verdampfende Öle verursacht. Je nachdem, ob man Brühkaffee oder Espresso herstellen will, beendet man die Röstung kurz vor oder kurz nach dem zweiten Ploppkonzert. Unser Röstmeister wollte seinen Espresso nicht allzu dunkel, damit sich der Geschmack der Bohne voll entfaltet, seine Säure verliert, aber noch keine verbrannt schmeckenden Nuancen entwickelt. Eben gerade recht. Für die Steuerung von Temperatur und Zeit braucht es natürlich viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung.

fallout

Nach ca. 20 Minuten ist es soweit, und unter Qualm und Dampf sowie der Ausbreitung eines herrlichen Geruchs ergiessen sich die dunkelbraunen Bohnen in die Auffangschale, wo sie mit einer Art großem Quirl noch umgerührt werden, bis sie ausgekühlt sind.

quirl

bohnengut

Tja, und am Nachmittag gab es dann eine Tasse von „meiner“ Charge zu trinken. So was feines…

trinken

Wasser und Diesel

Nach fast zwei Monaten Deutschland fiel uns das Ankommen in den Tropen nicht leicht. Zum Jetlag der ersten Tage kam die unglaubliche Hitze und Feuchtigkeit, die unseren Kreislauf zum Stottern und jeglichen Arbeitseifer im Nu zum Erliegen bringt.

Auch die jetzt häufigen sintflutartigen Regenfälle bringen kaum Abkühlung, sie sorgen nur dafür, dass es im Schiff gar nicht mehr auszuhalten ist, weil man alle Luken schließen muss, was bei der heißen, dampfigen Luft kein Vergnügen ist.

Bluete

Trotzdem war es schön, die Muktuk wiederzusehen, noch immer brav am Steg auf uns wartend und alles in allem in gutem Zustand. Ein kleines Problem hat allerdings doch für einigen Ärger gesorgt. In unserer Ankerlast lagern ja neben der Ankerkette und ein paar hundert Meter diverser Leinen auch drei Kanister Diesel zu je knapp dreißig Litern. Und einer davon war leer. Bei unserer Abreise war er noch voll.

Schuld daran war ein kleiner Riss im Plastik, durch den sich der Diesel über die letzten Wochen gemütlich in die darunter liegende Bilge entleert hat. Sehen konnte man das zunächst nicht, denn am Boden der Ankerlast liegt ein eingepasstes Brett, unter das sich der Diesel verkriechen konnte.

Dazu gab es nun eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: die Bilge unter der Ankerlast ist in sich abgeschlossen und leer, so dass der Diesel nicht die anderen Bilgenabteile erreichen konnte, in denen wir allerlei Sachen gestaut haben. Die schlechte: die Bilge unter der Ankerlast ist nicht wie die meisten anderen Abteile lackiert, sondern mit einem Material ausgegossen, das an festen Teer erinnert, und zudem zum Schutz vor Korrosion gefettet. Die besonders schlechte Nachricht: nicht nur das Fett ist in Diesel löslich, sondern auch die teerartige Gussmasse wird weich und löst sich auf, wenn sie ein paar Wochen unter Diesel gesetzt wird.

Ankerlast

In der Bilge schwamm also nicht etwa Diesel, den wir einfach hätten abpumpen können, sondern zuoberst schwarze Flüssigkeit, darunter eine ebenso schwarze Masse kaugummiähnlicher Konsistenz, die allmählich in noch festen Teer übergeht. Einen Tag lang durften wir also pumpen, löffeln, kratzen und mit zig Rollen Küchenpapier tupfen, um den festeren Teil der Teermasse freizulegen.

Bedingt durch die räumliche Enge in der Bilge war das keine ganz einfache Arbeit. Der einzige Platz, an dem man hätte stehen können, war ja voll von der Brühe, also hing ich stundenlang bäuchlings, kopfüber oder in Bergsteigerposen festgeklammert über der Bilge, während Birgit mit abwechselnd Geräte oder Küchenpapier anreichte und wir Müllbeutel voller kontaminierten Abfalls ansammelten. Das ganze natürlich bei 40 Grad Celsius und 80% Luftfeuchte. Der Spruch vom auszuwringenden T-Shirt war diesmal durchaus wörtlich zu verstehen.

Hose

Nun hoffen wir darauf, dass sich in den nächsten Wochen der restliche Diesel verflüchtigt und die Teermasse wieder halbwegs fest wird. Die abschließenden Reinigungsarbeiten (Deck, Klamotten und Schuhe, Flecken an Boden und Wänden, Pumpgeräte etc.) werden uns wohl noch ein paar Tage beschäftigen. Unser Respekt vor der Erdölindustrie ist jedenfalls gewaltig gestiegen.

Schuhe