Mal wieder Werft

Ist ja schon ein gutes Jahr her, dass wir zum letzten Mal die zweifelhaften Freuden des Werftlebens genossen haben, damals war es in Tahiti. Nun sitzen wir – kaum in Neuseeland gelandet – gleich wieder auf dem Trockenen. Die Arbeitsliste ist lang, aber nicht dramatisch, die üblichen Arbeiten und kleineren Reparaturen: eine neue Ankerkette, das Skylight ist gesprungen und muss ausgetauscht werden, ein Lukendeckel wird neu galvanisiert, der andere geschweißt, gesandstrahlt und lackiert. Die Bretter vom Cockpitboden sind durch und müssen neu gemacht werden, die Luke im Vorschiff leckt und muss neu eingeklebt werden, die Kielabdeckung hat Wasser gezogen und wird neu laminiert, und natürlich gibt es zwei Lagen rote Farbe auf den Rumpf und drei Lagen neues Antifouling, denn wer weiß, wann wir das nächste Mal wieder aus dem Wasser kommen.

Nach dem totalen Luxus des Landlebens in München sind wir in einer Übergangszeit, denn auf der Werft gibt es hervorragende Duschen, mit dem Strom müssen wir nicht sparen (wir haben Landstrom), und eigentlich könnten wir auch mit dem Wasser sorglos umgehen, denn die Tanks sind mit dem Wasserschlauch schnell wieder gefüllt. Dumm nur, dass das mit dem Abwasser nicht so einfach geht, wie auf dem Wasser. Unser Spül- und Waschwasser sammeln wir in einen Kanister, und der muss täglich ein paar Hundert Meter zur Abwasserstelle geschleppt werden – war also nichts mit sorglosem Wasserverbrauch.

Ansonsten ist die Essenz eines Werftaufenthalts ja der Vergleich von vorher zu nachher. Lassen wir also die Bilder sprechen.




Bye bye Dinghy

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So viele Jahre lang hat es uns treue Dienste geleistet. Es war uns nicht nur Personenfähre, sondern auch Lastkahn für Supermarkteinkaufsorgien, Obst und Gemüse, Holztransporter, Wassertanker, Waschsalon, Taxi, Angelplattform, Schnorchelbegleiter. Und jetzt ist es weg.

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Es war nur eine kurze Strecke von 20 sm, die wir von der Ankerbucht nach Nelson fahren wollten. Wind war nicht viel vorhergesagt, und so nahmen wir das Dinghy nicht, wie sonst auf längeren Strecken, an Deck, sondern schleppten es hinterher. Eine fatale Fehleinschätzung, denn bald briste es auf, die See nahm zu, und als wir in den flachen Teil der Bucht vor der Einfahrt nach Nelson kamen, wurden die Wellen immer steiler. Schließlich brach die Schleppleine.

Doch wir konnten noch wenden, fingen es mit dem Bootshaken ein, brachten eine Ersatzleine an und konnten es wieder anbinden. Zum Hochnehmen war die See zu rau. Eine halbe Stunde noch bis zur Hafeneinfahrt. Doch das war zu lang. Mitten in der engen Einfahrt, ein paar Minuten bevor wir ins ruhige Wasser kamen, kenterte das Dinghy zunächst, dann schwammen die Riemen davon, dann brach auch die neue Schleppleine. Ein weiterer Bergeversuch war uns in der Situation zu gefährlich, zumal wir das auf dem Kopf schwimmende Dinghy mit dem Bootshaken nicht hätten fassen können. Mit dem Tidenstrom von über 2 Knoten trieb es auf die See hinaus, während wir in den geschützten Hafen fuhren.

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Vier Tage lang hofften wir, dass es irgendwo an Land gespült und dem Hafenmeister gemeldet wird, ich charterte sogar ein Boot und klapperte damit die wahrscheinlichen Fundorte ab, aber alles vergeblich.

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Zugegeben, wir haben das Dinghy oft genug verflucht. Einfach weil es unglaublich schwer war und zu zweit nur mühsam an Deck zu hieven und ins Wasser zu lassen war. Auch beim Strandspaziergang mühten wir uns immer ab, das Ding an Land zu ziehen. Aber es war eben auch unglaublich stabil, konnte fünf bis sechs Personen transportieren, war robust und solide.

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Zum Glück fanden wir in Nelson gleich zwei Kandidaten für ein neues Dinghy, entschieden haben wir uns für ein „Seabird“, einen Klassiker neuseeländischer Produktion, aus Glasfaser und Kauri-Holz. Es sieht hübsch aus, wiegt etwa die Hälfte unseres alten Dinghys, und jetzt müssen wir uns erst einmal an das doch deutlich wackeligere Gefühl im Beiboot gewöhnen. Das passende T-Shirt dazu haben wir schon.

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Und Euer Motor?

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Die erste Frage war es meistens nicht. Aber nachdem das Woher, Wohin und Wie lange schon geklärt war, kam jedesmal unweigerlich die Frage: „und welchen Motor habt ihr?“

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Wir sind in Greymouth, einem kleinen Ort an der Westküste der Südinsel. Gegründet im Goldrausch Ende des 19 Jahrhunderts, werden heutzutage die Fischerboote im Hafen immer weniger, die Hotels und Restaurants verfallen, trotzdem ist es angeblich der größte Ort der Westküste. Aber das Städtchen hat ungeheuren Charme, den Charakter eines norddeutschen Fischerdorfs und unglaublich nette und hilfsbereite Einwohner.

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Befreundete neuseeländische Segler hatten uns eigentlich abgeraten, Greymouth anzulaufen. Auch in den Revierführern für Segler wird der Hafen nicht beschrieben. Grund dafür ist die Einfahrt in eine Flussmündung, die bereits bei Schwell von 2 bis 3 Metern eine gefährliche Brandung an der Barre erzeugt. Ein Monument am Wellenbrecher erinnert an die Boote, die hier gestrandet und die Fischer, die hier ums Leben gekommen sind. Aber bei ruhigen Bedingungen sind Ein- und Ausfahrt ungefährlich, und weil wir Diesel bunkern mussten, haben wir uns entschieden, es zu versuchen. Und es ging auch alles unproblematisch. Allerdings kann man die Frage nach dem Motor durchaus nachvollziehen, denn ohne eine zuverlässige Maschine wird man dort leicht zum Spielball der Wellen.

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Jedenfalls verirren sich so wenige Yachten hierher, dass wir sogar von einem Reporter der Lokalzeitung um ein Interview gebeten wurden und uns tags darauf auf Seite zwei mit einem großen Foto wiederfanden. Und dann natürlich noch mehr Besucher und Fragen nach unserem Motor bekamen. Bei der Fischfabrik konnten wir Diesel tanken, der Besitzer des Waschsalons brachte uns, nachdem er unseren Holzofen gesehen hatte, einen großen Sack mit gesammeltem Treibholz, die Fischer nahmen uns mit dem Auto in den Ort mit und und und… Einfach total nett!

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Und wir verbrachten zwei Tage mit einer französischen Familie, die wir bereits im Milford-Sound kennengelernt hatten, als wir per Anhalter unterwegs waren und von ihnen in ihrem Campingbus mitgenommen wurden. Wir hatten uns damals bereits ins Herz geschlossen, blieben in E-Mail-Kontakt und trafen uns nun in Greymouth wieder. Sie interviewen Umweltaktivisten auf der ganzen Welt für ein Jugendprojekt, waren schon in Russland und der Mongolei unterwegs und wollen im Anschluss an Neuseeland dieses Jahr noch nach Französisch-Polynesien, um weitere Interviews zu führen.

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Alles in Allem eine wunderschöne, erlebnisreiche Zeit in einem Ort, wo man normalerweise (mit dem Boot jedenfalls) nicht hinkommt. Und das alles nur, weil wir eben mal tanken mussten. Denn ja, wir haben einen Motor. Perkins 84 PS. Ah ja.

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Kap Hörnchen

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Zugegeben, es ist nicht Kap Horn. Aber zumindest das zweitsüdlichste Kap der Welt. Das South Cape, die Südspitze von Stewart Island, liegt auf 47°18′ Süd und schlägt damit sowohl Tasmanien als auch das Kap der guten Hoffnung locker. Nur Kap Horn liegt mit 55°59′ Süd noch 520 Seemeilen weiter südlich.

Aber wie auch immer: wir sind drum herum gefahren und haben damit den vorerst südlichsten Punkt unserer Reise erreicht. Ab jetzt geht es aufwärts, d.h. nach Norden und zurück ins Warme. Obwohl wir eigentlich nicht gefroren haben. Für unser Öfchen haben wir immer genug Holz gefunden (und beim Sägen wird einem auch schon warm), nur das Wasser war am Ende mit 10 Grad doch relativ frisch beim morgendlichen Bad, so dass wir manchmal einen Topf Wasser auf dem Ofen warm machten, um damit zu duschen. Beim Schnorcheln wird es mir trotz Neopren-Anzug nach einer Viertelstunde ganz schön kalt, Hut ab vor den Robben, die das viel länger aushalten.

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Am 4. April haben wir schweren Herzens Stewart Island verlassen. Port Pegasus im Süden der Insel, wo wir die letzten anderthalb Wochen verbrachten, ist so wunderschön, so abgelegen und naturbelassen, dass wir es unglaublich genossen habe. Wanderungen durch Manuka-Büsche, Gesteinsformationen wie vom Bildhauer gemeißelt, Seelöwen und Robben als Gefährten, hin und wieder ein scheuer Pinguin, der tägliche Blue Cod, an dem wir uns immer noch nicht sattgegessen haben, es war einfach wunderschön und für uns beide der bisherige Höhepunkt unserer Reise.

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Eine Bucht ist malerischer als die andere, und auch unsere Ankermanöver mit Landleine klappen mittlerweile ganz gut. Am Bug hält der Hauptanker, dann fährt einer mit dem Dinghi und einer langen Leine an Land, die er an einem starken Baum oder einer Wurzel festmacht und mit der das Heck dann Richtung Land gezogen wird, denn die geschützten Ecken sind nicht groß genug, dass wir frei vor Anker schwingen könnten.

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Auf der Fahrt nach Norden in Richtung Fjordlands begleiten uns Königsalbatrosse, deutlich größer als die Mollymauks und großartige Segelflieger. Und dann durften wir auf der Überfahrt noch ein ganz besonderes Spektakel erleben: in der Nacht war am Südhimmel eine Aurora, ein Polarlicht zu sehen. Es war grün und loderte auf einer leicht gekrümmten Linie an mehreren Stellen, die sich im Laufe der Zeit teilten und wieder zusammenkamen. Nach gut fünf Minuten verlosch die Aurora zwar wieder, aber immerhin: wir konnten sie sehen. Leider gibt es kein Foto für den Blog: auf dem schwankenden Schiff geht keine lange Belichtungszeit. Ihr müsst uns also einfach glauben.

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Alles gut

Nur eine kurze Nachricht für alle, die in den Nachrichten von den Verwüstungen erfahren haben, die der Zyklon Cook auf der Nordinsel Neuseelands und an der Ostküste der Südinsel angerichtet hat. Wir haben hier in den Fjordlands absolut nichts davon mitbekommen, haben mal wieder Glück gehabt. Im Gegenteil, wir haben überhaupt keinen Wind, um weiter nach Norden zu segeln, und müssen sehen, woher wir genug Diesel bekommen, um die Strecke motoren zu können
Mehr in ein paar Tagen…

Wildnis pur

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Stewart Island empfängt uns von seiner besten Seite. Die ersten Tage haben wir sonniges Wetter, ruhiges Wasser und können unsere neue Umgebung nach Herzenslust erkunden. Tagsüber heizt die Sonne das Boot auf, nur morgens und abends wird es frisch. Aber wir haben ja unseren Holzofen, also unternehmen wir den ersten Ausflug mit Säge und Axt bewaffnet und besorgen erst einmal Brennholz. Bald finden wir heraus, welches Holz gut brennt und dabei auch angenehm riecht. Schön, wenn es unter Deck dann kuschelig warm ist und riecht wie auf einer Almhütte!

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Auch die Versorgung mit Nahrungsmitteln gestaltet sich ortsgerecht. Von Bord aus angeln wir Blue Cod, die lokale Kabeljau-Spezialität. Die Tiere müssen mit den Lemmingen verwandt sein: in selbstmörderischer Gier stürzen sie sich auf den Haken. Bei Niedrigwasser fahren wir mit dem Beiboot zum nächsten Felsen und pflücken Miesmuscheln und Green Shells, am Strand finden wir an der Niedrigwasserlinie Cockles (dreimal so groß wie Venusmuscheln, aber ähnlich im Geschmack). Unser Jagdeifer ist geweckt, wir kommen uns vor wie beim Pilzesammeln, nur eben maritimer. Ja genau: cocklesandmussels, alivealive all…

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Weiter geht’s mit den Getränken: im Wald finden wir Manuka-Sträucher, die pflücken wir für einen aromatischen Tee. Für die dritte Charge selbstgebrautes Bier holen wir uns Wasser aus einem kleinen Bach, es ist vom Tannin der Waldbäume rötlich gefärbt und hat einen würzigen Geschmack. Mal sehen, wie bayerisches Hefeweizen aus Stewart Island Wasser gebraut schmecken wird. Die ersten Chargen unseres Biers sind schon fast ausgetrunken, es schmeckt übrigens hervorragend. Wir fühlen uns wie auf Cook’s Endeavour in 1770: die Mannschaft wird an Land geschickt, um Brennholz zu sammeln und die Wasserfässer zu füllen.

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Und weil wir Zeit haben und Fisch, und sowieso einen Holzofen befeuern, können wir auch unserer Räucherlust nachgehen. An Land finden wir Gittermaterial, das ich zu einem Zylinder rolle, in den ich unseren Grillrost einbaue und mit Alufolie bespanne. Pizzablech als Deckel oben drauf, und statt des Schornsteins auf den Kaminabzug gesetzt, fertig ist der Räucherofen a la Muktuk. Sieht zwar aus wie ein Sputnik, und ist wegen seiner fragilen Bauweise nur bei Leichtwind zu gebrauchen, aber produziert einen superleckeren geräucherten Kabeljau.

Sputnik

Tiere gibt’s freilich nicht nur zum Essen. Wir beobachten Seelöwen am Strand, die Oktopus fangen und fressen. Einer dieser Kolosse verfolgt uns, als wir mit dem Dinghi unterwegs sind. Wahrscheinlich ist er nur neugierig, aber wer weiß? Wir versuchen ihm zu erklären, dass das Dinghi unser Platz und er nicht willkommen ist, aber dann nehmen wir lieber Reißaus.

Aber natürlich hat Stewart Island auch andere Seiten. Zwei Tage liegen wir bei Regen und Sturm in einer kleinen Bucht, Böen von 8 Bft rauschen übers Deck und wir hoffen, dass der Anker hält. Der starke Wind drückt immer wieder den Rauch durch den Kamin herein, bald riechen Messe und Kabine auch wie ein Räucherofen. Sichtweite unter Deck: zwei Meter. Zum Glück ist der Regen gerade nicht so stark, wir können alle Luken aufreißen und lüften. In der Nacht ist freilich nicht viel mit schlafen: Muktuk zerrt am Anker, legt sich in den Böen über und ich hoffe nur, dass wir im Stockdunkeln nicht den Anker neu setzen müssen. Aber er hält prima durch, hat sich in den festen Sandboden tief eingegraben und ruckt keinen Meter. Glück gehabt.

Handy

An manchen Ankerplätzen haben wir noch so eine Art Handy-Empfang. Wenn wir das Handy in einer Tasche hoch in den Mast ziehen, können wir das Signal aus Oban, dem einzigen kleinen Ort auf Stewart Island empfangen. Über mobiles Internet und dem Handy als Hotspot können wir unter Deck mit dem Computer ins Internet. Coole Technik, oder? Aber das ist bald vorbei. Morgen wollen wir zur Südküste der Insel weiter, da gibt es dann solchen Zivilisations-Schnickschnack nicht mehr. Also werden heute Abend die letzten Blogeinträge fertiggestellt und hochgeladen, bevor wir uns für die nächsten Wochen in noch mehr Wildnis verabschieden.

Baum

Alle meine Entchen

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Dass man auf dem Wasser von Seevögeln verfolgt wird, kommt häufig vor. Dass es sich bei den Seevögeln um Albatrosse handelt, ist – zumindest für uns – schon etwas Besonderes. Weißkappenalbatrosse waren es, prächtige Flugkünstler, die minutenlang über die Wellen gleiten können, ohne mehr als eine Handvoll Flügelschläge zu brauchen. „Majestätisch“ ist das beste Wort, dass einem dazu einfällt.

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Aber an diesem Nachmittag war das ein bisschen anders. Die Albatrosse sind uns nämlich nicht hinterhergeflogen. Sondern geschwommen. Der Wind ist weg, wir dümpeln mit einem halben Knoten Fahrt dahin, gerade noch stand das Großsegel. Etwa vierzig Vögel schwimmen als lose Gruppe um Muktuk herum. Kaum sind wir eine Bootslänge vorangekommen, paddeln sie ein paarmal mit den Beinen, schon sind sie wieder gleichauf. Wenn man ihnen zuschaut, tun sie besonders lässig. Und haben dabei diesen etwas mitleidigen Gesichtsausdruck. Nach ein paar Stunden kann einen das schon zermürben.

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Offensichtlich halten sie uns für ein Fischerboot und hoffen auf ein Abendessen aus Fischabfällen. Sie lassen sich auch durch gutes Zureden, wir seien nur ein Segelboot und hätten keinen Fisch, nicht vom Gegenteil überzeugen.

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Aber weil wir schon so langsam fahren, und außerdem nur 25 Meter Wassertiefe haben, will ich versuchen, die Angel auszuwerfen und zu schauen, ob es am Grund ein paar Fische zu fangen gibt. Doch so weit kommt es nicht. Kaum ist der Haken im Wasser, sehe ich schon ein Dutzend große Fische, die sich um den Köder streiten. Sie können sich gar nicht entscheiden, wer den Haken verschlucken darf. Der vorwitzigste beißt an, und nach kurzem Kampf kann ich einen schönen Gelbflossen-Kingfisch an Deck ziehen. Wird für vier Mahlzeiten reichen, superlecker.

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Und die Albatrosse haben natürlich Recht behalten. Es gab auch für sie ein reichhaltiges Abendessen aus Fischkopf und Innereien. Sie mussten sich das Mahl allerdings zu zwanzigst teilen, und nicht gerade friedlich.

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Ganz übel ist es dem kleinen Sturmvogel ergangen, der auch ein Stück über Bord geworfenen Fisch erwischt hat. Gnadenlos wurde er von den doppelt so großen hungrigen Albatrossen verfolgt, bis sie ihm seine Portion abgejagt hatten. Da haben Birgit und ich uns doch deutlich friedlicher geeinigt.

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Ankunft in Akaroa

Nur acht Tage waren wir auf See, aber das Ankommen war wie immer etwas ganz besonderes. Man muss sich das etwa so vorstellen:

Die letzten drei Tage der Reise war der Himmel von tiefziehenden Wolken bestimmt. Immer wieder regnete es richtig, ansonsten nur Niesel. Die Sicht war schlecht, meist unter zwei Meilen, manchmal nur eine halbe. Kalt war’s, zwei bis drei Meter Welle, kräftiger Wind. Wir sehen unsere ersten Albatrosse (die vergleichsweise kleinen Mollymauks). Die letzte Nacht lässt der Wind etwas nach, im Morgengrauen sollte Land in Sicht kommen: die Banks Peninsula.

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Aber erst knapp zwei Meilen vor der Küste tauchen schemenhaft Hügel und Klippen auf, im Dunst noch kaum auszumachen. Mitten in dieses Grau hinein segeln wir, im Vertrauen darauf, das das GPS sich halbwegs sicher ist, wo es reingeht. Eine Gruppe der hier verbreiteten kleinen Hektor-Delfine spielt um das Boot herum.

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Für die sechs Meilen lange Einfahrt in den Akaroa Harbour müssen wir die Maschine anwerfen, denn durch den Düseneffekt bläst es wie der Teufel genau gegenan. Da die Tide einläuft, baut sich eine unangenehme See auf, aber immerhin schiebt uns der Flutstrom in Richtung Ziel. Immer noch alles trüb, die Ufer zwar sichtbar, aber die Hügel oberhalb 50 Metern in den Wolken. Ein würziger Geruch weht vom Land herüber.

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Je weiter wir in den Fjord hineinfahren, desto mehr klart es auf. Die ersten Sonnenstrahlen kommen durch. Birgit entdeckt einen kleinen blauen Pinguin im Wasser. Als wir schließlich bei French Harbour um die Ecke biegen, beruhigt sich die See, der Wind lässt im Schutz der Hügel nach. Auf sechs Meter fällt der Anker, die Bucht ist groß. Etliche kleine Yachten der ortsansässigen Segler liegen hier, aber nur wenig Boote von auswärts.

Man kann unsere Euphorie vielleicht nur schwer nachvollziehen. Als wäre ein Schalter umgelegt. Es schaukelt nicht mehr, wir schälen uns aus Ölzeug und Gummistiefeln, sitzen an Deck und freuen uns am Anblick des Örtchens und der teils besonnten Hügel. „Wir sind angekommen!“ vergewissern wir uns gegenseitig, strahlen uns an. Die Anspannung der letzten Tage fällt von uns ab. Ein bisschen stolz sind wir auch, dass wir uns auf den Weg zur Südinsel gemacht haben, denn die meisten Segler bleiben lieber auf der sonnigen und großteils subtropischen Nordinsel, erkunden den stürmischeren Süden lieber per Mietwagen.

Dass hier besuchende Yachten noch als Gäste betrachtet werden und nicht als Kunden, erleben wir beim ersten Landgang am Nachmittag. Wir laufen zum Akaroa Cruising Club, denn wir haben gelesen, dass es dort Duschen geben soll, die man eventuell benützen kann. „Klar“, erklärt uns dort ein netter älterer Herr, „da hinten sind Duschen, Waschmaschine, Trockner, fühlt Euch wie zuhause“. „Wann hat der Club denn offen?“, frage ich. „Eigentlich nur, wenn wir eine Regatta haben, also Sonntags (es war gerade Sonntag). Ach ja, dann braucht ihr ja einen Schlüssel. Ach, ich gebe Euch einfach den Zahlencode des Eingangs vom Steg aus, ihr kommt ja mit dem Dinghi her.“ Und wie ist das mit dem Bezahlen? „Ja, da gibt es irgendeine Regelung. Weiß ich gerade nicht so genau. Aber jetzt fühlt Euch erst einmal herzlich willkommen, das mit dem Bezahlen werden wir später regeln. Fünf Dollar sind es, glaube ich, pro Woche.“

Eine lange heiße Dusche. Im Paradies. Heute Nacht werden wir elfeinhalb Stunden schlafen. Am nächsten Morgen wachen wir in der Bucht auf. Es schaukelt nicht. Wir sind angekommen. Mal wieder.

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Badekappenpflicht

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So sehen auf 40 Grad Süd also die „guten Wetterfenster“ aus. Aus den vorhergesagten fünf Windstärken wurden erst sechs, dann auch mal sieben. Aus den vorhergesagten zwei Metern Wellenhöhe wurden erst drei, dann dreieinhalb. Aber in der Tat – kein Sturm (der geht erst bei 8 Bft los).

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Dass drei Meter Welle (besonders von hinten) nicht gerade angenehm sind, wissen wir und treue Leser unseres Blogs natürlich schon. Das Boot rollt dann heftig von einer auf die andere Seite. Ein leichtes Wiegen fördert ja den Schlaf, aber ab +/ 30 Grad werden aus den REM-Phasen (rapid eye movement) doch eher RAM-Phasen (rapid arm movement), und vorbei ist’s mit dem Schlaf. Kochen und abspülen arten zu akrobatischen Zirkusnummern aus, aber das ist für uns nichts Neues mehr, und Muktuk hält dieses Wetter allemal spielend aus.

Neu ist aber das viele Wasser unter Deck. Bei diesem Wetter werden alle paar Minuten einige Hektoliter See übers Deck gespült, und normalerweise halten die verschlossenen Luken diesen Angriffen stand. Na gut: den ersten Platscher haben wir selbst zu verantworten. Ich dachte gerade noch „jetzt sollte ich mal das Steckschott am Niedergang einsetzen“, schon kam die erste Ladung ungebeten zu Gast.

Nur leider wurde es auch dann nicht viel besser. Die Persenning über dem Schiebeluk, die wir erst vor drei Jahren in Spanien hatten anfertigen lassen, hat sich in dieser Woche komplett aufgelöst. Ohne diesen Schutz findet das Wasser in Mengen ins Boot. Zwar haben wir schon das Material gekauft, um uns eine neue Persenning zu nähen, nur gemacht haben wir es noch nicht. Böser Fehler. Zeitweise kamen wir mit dem Aufwischen kaum mehr nach. Kaum hatten wir die Pfützen halbwegs beseitigt, Krach, Wusch, kam der nächste Platscher und wir durften von vorne anfangen. Die beiden achteren Doraden hatten wir nicht zugeschraubt, prompt brachten sie sich mit ein paar Tassen voll Wasser in Erinnerung, und die Messebänke waren nass. Das Skylight in der Messe tropft. Ein paar Seitenluken halten unter Druck nicht dicht. Mittelkabine, Bad, Werkstatt, Achterlast: überall kommt es durch. Wie soll das erst bei wirklich schwerem Wetter werden?

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Das erinnert mich an die Geschichte eines Weltumseglers, der nach seiner Heimkehr gefragt wurde, ob er nicht manchmal die Zeit auf See und das unterwegs sein vermisse. Er antwortete: „schon, aber wenn die Sehnsucht zu groß wird, stelle ich mir den Wecker auf vier Uhr morgens, ziehe mich an, setze mich ins Wohnzimmer und schütte mir einen Zehnliter-Eimer kaltes Salzwasser über den Kopf.“

So ähnlich war das bei uns. Nur dass wir die Menge auf mehrere Ein- bis Zweiliterportionen aufgeteilt haben. Und zur Abwechslung auch ein paar Liter auf Kopfkissen, Matratze und Kleider in der Koje verteilt haben, auf Birgits Seite natürlich. Wo das herkommt, wissen wir noch nicht, da werden wir in der nächsten Bucht die Verkleidung von Decke und Wänden schrauben und nachforschen müssen.

Aber wie gesagt: für 40 Grad Süd war das gutes Wetter. Mal schauen, wie schlechtes aussieht. Vorher sollten wir aber noch ein paar Löcher dichtkriegen. Oder Badekappen verteilen.

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Warmduscher

Muktuk hat ja unter Deck keine Dusche. Im Cockpit gibt es einen Schlauch mit Duschkopf, der an das normale Druckwassersystem angeschlossen ist. Das hat zwei Nachteile: Zum einen verbraucht man wertvolles Süßwasser aus den Tanks, mit dem wir sonst ja immer geizen (Vorspülen mit Seewasser, Kartoffeln kochen mit Seewasser, Nudel kochen mit halb/halb, sonst werden sie zu salzig etc.) Zum anderen gibt es nur dann warmes Wasser, wenn der Motor gelaufen ist, denn der Warmwasserbehälter wird aus dem Kühlwasser des Motors beheizt.

Beides zusammen bewirkt, dass wir diese Dusche eigentlich nie nutzen. Unser Badezimmer ist am Achterdeck auf dem Fischbrett, wo wir uns unsere „Kübeldusche“ gönnen: drei Pützen voll Seewasser frisch aus dem Meer über den Kopf gekippt. Bisher ging das auch ganz gut, wenn es auch im Nordatlantik manchmal ein wenig Überwindung kostete.

Aber jetzt wird das Wasser langsam unangenehm. Bei 16 Grad Celsius (das war die letzte Messung) leidet dann doch die Lust auf Körperhygiene. Also habe ich mir eine kleine Konstruktion im Cockpit gebastelt. Eine Fußpumpe zum einhängen, ein Schlauch, der in einen Eimer gesteckt wird, der zweite Schlauch mit einem Duschkopf versehen, und wahlweise sogar eine Halterung am Cockpitdach, so dass man zum Haare waschen beide Hände frei hat. Solange man mit dem Fuß pumpt, läuft die Dusche, sonst nicht. Das spart Wasser.

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Vor allem aber kann man jetzt einfach mit dem duschen, was man in den Eimer schüttet. Zum Beispiel auf dem Herd warmgemachtes Seewasser. Oder man stellt nach dem Backen einen Topf in den noch warmen Herd und nutzt die Restwärme. Oder, wenn man Regenwasser aufgefangen hat, auch mal mit Süßwasser. Notfalls sogar Eselsmilch, sollte Kleopatra an Bord kommen und das passende Milchpulver dabeihaben.

Ach ja: mit einem Handgriff kann man das ganze System aushängen, in den Eimer packen und hat statt des Badezimmers wieder ein Cockpit.