Tokuyama 08. – 10. Dezember 2023
Weiter auf dem Weg nach Osten in die Inlandsee machen wir für zwei Nächte Halt in Tokuyama.
Nachdem wir uns in einem öffentlichen Bad schön aufgewärmt haben, suchen wir ein Lokal, wo wir zu Abend essen können. Es ist Winter und in vielen Izakayas köchelt in einem großen Topf an der Theke Oden, die allseits beliebte Wintersuppe. So auch in diesem Lokal. Wir dürfen an der Theke sitzen, wo wir dem Wirt zusehen können, wie er allerlei Teller mit leckeren Sachen vorbereitet, kleine Fleischspieße brät und Bier zapft, alles mit einer jahrelang antrainierten Ruhe und Gelassenheit.
Wir bekommen die Speisekarte: alles ist auf Japanisch, es sind einfach kopierte Blätter ohne Bilder drauf. Mit der Übersetzungs-App ist es kein Problem, ich finde das Blatt für den Oden und kreuze einige der Zutaten auf der Liste an, die ich in der Suppe haben möchte, z.B. gebackenen Tofu, Spinat, eine Tomate, ein hart gekochtes Ei, Fischklößchen.
Wenig später bringt die Bedienung eine große Schale mit der Suppe, in der Pilze, Rettich und Nudeln schwimmen. Nach und nach werden mir weitere Zutaten in kleinen Schälchen gereicht. Aber es sind ganz andere und nicht die, die ich angekreuzt habe. Ich bekomme gegrillten Tofu, zweierlei Pilze, gekochtes Fleisch, Maisbällchen, und bin zunehmend verwirrt. Irgendwann meint Andreas: „Kann es sein, dass du all das bekommst, was du NICHT angekreuzt hast?“ Ja, so sieht es aus!
Wir fangen beide an zu lachen… und beschließen sofort, dem netten Wirt, der an der Theke herum wirbelt und jedes Mal fragt, ob es uns schmeckt, nichts zu sagen. Erstens weil es viel zu kompliziert wäre, mein Missgeschick zu erklären. Zweitens, weil wir befürchten, dass er darauf bestehen würde, mir die angekreuzten Zutaten doch noch zu bringen. Ich schaffe es kaum, all das aufzuessen, was vor mir auf dem Tisch steht. Und drittens und letztens: auch diese Zutaten haben alle gut geschmeckt! Ich konnte also jedes Mal seinen fragenden Blick beantworten mit „hai, oishii desu!“
Wieder eine Lektion gelernt: ich hätte ein Häkchen setzen sollen, gleichbedeutend mit „Ja“. Ein Kreuz dagegen heißt in Japan ganz eindeutig „Nein“, möchte ich nicht.
Sento in Tokuyama
Dieses öffentliche Stadtteilbad, Sento genannt, weil hier das Wasser nicht aus einer natürlichen heißen Quelle kommt, ist noch im alten Stil gehalten, ganz ohne Duschköpfe, die normalerweise an der Wand angebracht sind. Bevor man in das einladende Becken mit heißem Wasser steigt, muss man sich gründlich waschen. Dazu holt man sich aus der Ecke (nicht auf dem Foto) einen Hocker und eine Schüssel. So wie früher füllt man die Schüssel immer wieder mit Wasser aus den beiden Wasserhähnen (heiß und kalt) und schüttet sich das Wasser über den Kopf und Körper. In allen Bädern gibt es diese Schüsseln, auch wenn Duschen vorhanden sind. Ich habe viele ältere Damen beobachtet, wie sie sich mit Genuss einen Schwall Wasser aus der Schüssel über den Kopf schütten. Auch werden die Waschlappen ausgiebig darin gewaschen und gespült.
Verständlich, dass man in den japanischen Bädern nicht fotografieren soll, selbst wenn man von dem heißen Wasserbecken aus den schönsten Ausblick hat. Denn in den nach Geschlechtern getrennten Bereichen läuft man gänzlich unbekleidet herum. Ab und zu aber bin ich ganz alleine im Bad, so dass ich dann doch das Handy nehme und schnell ein Foto mache.