Von Anfang Mai bis Mitte Juni sind wir in der nördlichen Hälfte des Golfs von Kalifornien. Unsere absolute Lieblingsecke ist Punta Izlote in der Bahia des las Animas (Bucht der Seelen, hier sollen die Ureinwohner in Höhlen die Toten begraben haben).
Gleich am ersten Tag treffen wir Dean aus den USA, der mit seinen beiden Hunden am Strand unter den Bäumen sein Lager aufgeschlagen hat und hier den Jahresurlaub verbringt. Zu dieser Bucht führt zwar eine sandige Straße, aber es verirren sich ganz selten andere Campingurlauber hierher, es scheint ein absoluter Geheimtipp zu sein.
Dean zeigt uns die Stellen im Schotter vor der Lagune, wo man bei Niedrigwasser nach Venusmuscheln graben kann. Und wenn mit der Flut Wasser durch den Kanal in die Lagune fließt, kann man nach den „blue crabs“, Krebse mit blauweiß gefärbten Scheren, Ausschau halten. Allerdings sollte man besser mit Gummistiefeln im seichten Wasser unterwegs sein, denn mit den Krebsen sind auch kleine Stechrochen unterwegs und die wehren sich auf sehr schmerzhafte Art und Weise, wenn man unbeabsichtigt auf sie drauf tritt.
An der Nordostecke der Bucht befindet sich eine vorgelagerte Felsinsel, auf ihrer Brandungsseite kann Andreas zuverlässig jeden Abend einen grouper (Barsch) fangen. Oft schwimmen Fische ums Boot herum, mal sind es Schwärme kleiner Fischchen, ein anderes Mal springen größere Exemplare herum. Und auch nachts hören wir immer mal wieder ein Plätschern und Hüpfen.
Und dann lernen wir auch Horacio aus Tijuana kennen, der in dieser Bucht Jakobsmuscheln züchtet: er hat Bojen ausgelegt, an denen die Körbe mit Muscheln hängen. Die ausgewachsenen Exemplare bringt er zu einem Gourmet-Restaurant in Ensenada. Horacio kann viel von dieser Gegend und der Unterwasserwelt erzählen. Es ist sehr selten, dass wir jemanden treffen, der so gut Bescheid weiß.
Bei Niedrigwasser fällt die Lagune fast ganz trocken und dann kommen tausende kleiner „fiddler crabs“ (Winkerkrabben) aus ihren Löchern gekrochen. Das Besondere an dieser Art ist die asymetrische große Schere. Die Krabben hier sind winzig klein, es gibt sie aber auch in anderen Farben und Größen in anderen Teilen der Welt.
Nachts hören wir die Kojoten jaulen und miteinander kämpfen. Manchmal sehen wir sie auch tagsüber am Strand entlang laufen. Wie sie in dieser Wüste überleben ist uns ein Rätsel. In manchen Nächten gibt es Tau, das ist die einzige Feuchtigkeit, mit der die Pflanzen und Tiere auskommen müssen.
Fast täglich drehen einheimische Fischerboote ihre Runden in den Buchten, schauen konzentriert ins Wasser, ob Fischschwärme unterwegs sind. An einer geschützten Stelle der Landspitze befindet sich ein aufgelassenes Fischercamp, zusammengefallene Häuser, alte Boote und auf einer kleinen Anhöhe weithin sichtbar eine kleine Kapelle, gebaut überwiegend aus dem, was die Umgebung hergab.