Hier in der nördlichen Hälfte des Golfs von Kalifornien versammeln sich im Frühling riesige Schwärme von Sardellen. Manchmal sind sie noch so klein, dass sie fast nur aus Augen bestehen, Kaulquappen ähnlich, ein anderes Mal schon fast fingergroß. Sie bilden ein wichtiges Glied in der komplizierten Nahrungskette des Meeres. Treffen nun größere Raubfische, Delfine und diese Fischschwärme aufeinander, ergibt das ein großartiges Spektakel.
Schon aus der Ferne sieht man alle möglichen Vögel in einer ungewöhnlichen Anzahl und Dichte: Pelikane, Möwen, Seeschwalben, Tölpel, Sturmvögel, alle stürzen sich mehr oder weniger todesmutig ins Wasser, um Fische zu kriegen. Sie alle profitieren davon, dass die Delfine die Sardellen einkreisen und zusammentreiben, um dann konzertiert und konzentriert zu jagen. Und das nicht als kleiner Schwarm. Hunderte von Delfinen schwimmen auf einer riesigen Fläche kreuz und quer, hüpfen aus dem Wasser und fallen mit einem großen Platsch wieder rein, manchmal weniger elegant als sonst, meinen wir. Vielleicht, weil sie damit die kleinen Fische weiter zusammentreiben können.
Als wir das erste Mal aus der Ferne diesen Aufruhr im Wasser entdeckten, fuhren wir näher heran, um dieses Gewusel besser beobachten zu können. Normalerweise freuen sich die Delfine, wenn die Muktuk ihren Weg kreuzt, sie lieben es, vorne am Bug mit uns bei mit 4-5 Knoten Geschwindigkeit mitsurfen können. Dieses Mal aber ging die Jagd vor, kein einziger Delfin interessierte sich fürs Surfen. Wir hielten unsere Fotoapparate bereit und versuchten, so viel und so gut wie möglich, dieses faszinierende Schauspiel festzuhalten.
Ein paar Tage später bei der Isla Carmen war die ganze Bucht gepackt voll mit Schwärmen von Sardellen. Um die Muktuk herum, soweit wir sehen konnten. Als wir beim Mittagessen saßen, hörten wir ein ungewohntes Geräusch, ein Blubbern und Klicken und Platschen. Wir hoben die Bodenbretter im Cockpit auf und entdeckten, dass sich im Kielkasten viele Fischchen „verkrochen“ hatten, in der Hoffnung, den Räubern für eine Weile zu entkommen. Auch am Heck bei den Ruderblättern versammelten sich Sardellen, ebenfalls Schutz suchend im Schatten des Bootes, so viele, dass das Wasser fast schwarz davon war. Andreas holte den Kescher, tauchte ihn versuchsweise ins Wasser und hatte sofort das Netz voller Sardinen. Ein zweites Mal im wahrsten Sinne „aus dem Vollen schöpfen“ und dann musste er schon wieder aufhören, denn er hatte bereits einen Plastikeimer voll! Gut, dass in der Bucht noch fünf weitere Boote vor Anker lagen und wir unsere Beute mit ihnen teilen konnten.
Für uns blieben trotzdem noch reichlich Sardellen übrig – so fangfrisch hatten wir sie noch nie gegessen!