Die drei Hauptinseln Japans umschließen ein Binnenmeer, in das wir am Freitag, den 12. April hineinfahren. Wir gehen am Tag davor kurz vor der Einfahrt vor Anker, um morgens pünktlich die Passage der engen Kanmon Strait beginnen zu können. Diese Passage ist nämlich nicht ohne, was im Wesentlichen zwei Gründe hat.
Zum einen ist die Seto Inlandsee eines der am dichtesten befahrenen Seegebiete der Welt, und die Kanmon Strait eine der dichtest befahrenen Seeschiffahrtsstraßen, d.h. dort gibt es einen Tanker nach dem anderen, fast wie vor dem Panamakanal. Vor der Einfahrt kommen vier Hauptschiffahrtslinien zusammen, und da müssen wir irgendwo durch, ohne die Großschiffahrt zu behindern. Auf dem AIS kann man die Verkehrsdichte gut erkennen. Jedes der grünen oder gelben Dreiecke ist ein Schiff.
Zum anderen schwappt die Tide aus dem Pazifik durch alle Öffnungen der Inlandsee hinein und heraus, und zwar umso stärker, je enger die Öffnung. Und die Kanmon Strait ist ziemlich eng, so dass zu Springzeiten bis zu neun Knoten Gezeitenstrom zu erwarten sind. Große Anzeigen an beiden Enden der Passagen zeigen die aktuelle Strömung und die Veränderung an. Diese Strömungen bremsen und beschleunigen nicht nur die Durchfahrt, sondern bilden auch quersetzende Stromwirbel, die selbst die Großschiffahrt je nach Richtung mal auf die Gegenfahrbahn, mal auf die Felsen am Ufer drücken.
An der kritischen Stelle sollte man als untermotorisiertes Segelboot also ziemlich genau bei Stillwasser (also beim Wechsel von Ebbe zu Flut oder umgekehrt) ankommen. Das ist aber gar nicht so leicht zu planen, denn die Geschwindigkeit bis dahin ändert sich wegen des Stroms ständig. Zudem müssen wir Zeit einplanen, um die Schiffahrtslinien vor dem Eingang zu kreuzen, und wer weiß wie lange wir warten müssen, bis sich eine Lücke im Verkehrt auftut.
Kurz und gut: wir müssen sehr genau planen (auf der Seekarte markiere ich für jede halbe Stunde den geplanten Zielort), Reserve einrechnen und ständig die Geschwindigkeit anpassen, um im Plan zu bleiben.
Es geht aber schließlich alles gut, die Passage erwischen wir minutengenau und haben daher auch keinen allzu großen Stress mit der Strömung. Außer dass in der Mitte der kritischsten Stelle ein paar todesmutige Fischer auf ihren Booten angeln, denn die Stromwirbel ziehen anscheinend die Fische an. Wenn die großen Pötte kommen, machen die Fischer Platz, aber so eine kleine Muktuk muss sehen wo sie bleibt und im Zickzack Ausweichmanöver fahren.
In der Seto Inlandsee werden wir nun sechs Wochen bleiben, uns die vielen kleinen Inseln ansehen, ein großes Kunst-Festival besuchen, das nur alle drei Jahre stattfindet und an einer internationalen Segel-Rally teilnehmen. Uns erwartet sehr wenig Wind (also viel Motorfahrt), viel Schiffsverkehr (also ständiges Ausguckgehen), praktisch kein Seegang (also keine Seekrankheit), kurze Tagesetappen und jede Nacht ein Hafen oder Ankerplatz. Wir haben also erst einmal sechs Wochen Urlaub.