Über zehn Jahre war die Muktuk nun unser Zuhause. Zehntausende von Seemeilen hat sie uns sicher über die Ozeane geschippert, wenn auch oft nur im Tempo eines flotten Spaziergängers. Rund dreißig Einreisestempel haben wir in unseren Pässen gesammelt, Hunderte von Bekanntschaften geschlossen und Dutzende Freunde gewonnen.
Was wir nicht mehr nachzählen können: Die Sonnenuntergänge auf See. Die Fische an der Angel. Die einsamen Ankerbuchten, an denen wir Tage, Nächte oder Wochen verbracht haben. Die Runden, die wir ums Schiff geschwommen sind. Die Male, die wir uns angesehen haben und sagten, was wir doch für Glückspilze sind.
Was wir auch nicht mehr nachzählen können: die Nächte auf See, in denen wir vor lauter Geschaukel kein Auge zubekommen haben. Die Stunden, in denen Birgit mit der Seekrankheit kämpfen musste. Die Gelegenheiten, die wir kopfüber in den Bilgen verbracht haben, wenn sie wieder einmal mit Salzwasser geflutet waren. Die Male, die wir uns angesehen haben und fragten: warum tut man sich das an?
Unserer Muktuk konnten wir immer vertrauen. Auch wenn wir mal zu viel Segelfläche haben stehen lassen oder am Ruder unaufmerksam waren: Muktuk hat uns alle Fehler verziehen. Dafür haben wir uns gut um sie gekümmert. Mehr als hundert Liter Farbe haben wir über die Jahre auf ihren Rumpf gestrichen, fast hundert Kilo Zink als Anoden verbraucht und ihr einen neuen Satz Segel spendiert. Immer wieder ausgebessert, erneuert, lackiert, ersetzt und repariert, was anstand.
Schließlich war uns Muktuk nicht nur Gefährt und Gefährtin, sondern auch Rückzugsort und Begegnungsstätte, Freizeitpark und Arbeitsplatz, Warenlager, Raumkapsel und Aussichtsplattform, Restaurant, Kneipe und Konzertsaal.
Über zehn Jahre konnten wir Erinnerungen sammeln. An die Wärme der Südsee, die Kälte Alaskas, an unberührte Natur der hohen Breiten und die Hochkultur Japans, an tropische Regenfälle und die Trockenheit der Wüste Mexikos. An Einsamkeit und Stegparties. Vor allem aber immer wieder an die unglaubliche Gastfreundschaft, die uns in der ganzen Welt entgegengebracht wurde.
Nun hoffen wir, dass unsere Muktuk auch in Zukunft für ihren neuen Besitzer eine treue Gefährtin sein wird. Wir haben uns auch Mühe gegeben, für sie einen guten neuen Skipper auszusuchen.
Warum wir das Segelleben aufgeben? Wir hatten uns zwar nie ein festes Limit gesetzt, aber für ewig war die Reise nie geplant gewesen. Die wilde Lust auf Abenteuer ist gebändigt, unser Fernweh im guten Sinne gestillt. Und nach zehn Jahren ohne Unfälle, Überfälle oder größere Schäden sind wir vielleicht wie alle Segler auch ein bisschen abergläubig und wollen das Schicksal nicht über Gebühr herausfordern.
Obwohl wir diesen Schritt bewusst und geplant machen, fällt uns der Abschied vom Schiff und dieser besonderen Art zu reisen und zu leben schwer. Um es ein wenig leichter zu machen, haben wir ein anderes verrücktes Projekt in die Tat umgesetzt und uns auf Ooshima, einer Insel in der Seto Inlandsee, ein Haus gekauft (https://maps.app.goo.gl/GN7iJWsDKVXF3FUE6 ). So haben wir jetzt nicht nur in Deutschland, sondern auch in Japan einen festen Stützpunkt und können jedes Jahr einige Monate in diesem Land verbringen, das uns noch immer so fasziniert und begeistert.
So wurde aus dem Ende der Reise auch ein Anfang, aus dem Auszug vom Schiff ein Umzug, und die Japan-Story geht für uns noch ein Weilchen weiter.