So richtig vorstellen konnten wir uns das nicht, als wir von Deutschland kommend mit dem Flieger den Golf von Kalifornien auf dem Anflug auf Tijuana überflogen und hinabsahen. Also damals, vor über fünf Monaten, als Alpha noch die „britische Variante“ und Delta der neueste Schrei war.
Jedenfalls schauten wir aus dem Flugzeugfenster und sahen neben dem blauen Meer nur braune und graue Farbtöne, nichts Grünes. Schrecklich eintönig sah das aus, schroffe Gebirge ohne Bewuchs im Wechsel mit ebenen sandigen Flächen, die eher staubig als einladend aussahen. Welch ein Unterschied zu den Wäldern Nordamerikas, der üppigen tropischen Vegetation der Südsee, den Bergwiesen Südtirols. Und da wollen wir die nächsten Monate, vielleicht sogar das nächste Jahr verbringen? Da gibt es doch außer See, Sand und Steinen nichts.
Ganz falsch gedacht. Zugegeben, die Landschaft ist karg. Und hat doch so viel zu bieten. Das fängt mit dem Gestein an den Küsten an, das sich teils vielfarbig geschichtet, in aufgebrochenen Sedimenten zu steilen Abbruchkanten aufschiebt. An manchen Orten sind unzählige versteinerte Muscheln in die Sedimente eingearbeitet, an anderen Stellen ragen schroffe Felsen aus vulkanischem Material empor. An einem Ort finden wir sogar meterbreite Adern aus Obsidian im Felsen eingebettet. Aus weicherem Gestein hat die See Höhlen ausgewaschen oder skurril geschwungene Skulpturen übriggelassen. Am Strand entdeckt man Achate unter den Kieseln, wenn man genau hinschaut.
Die Gebirgszüge der Sierra de la Giganta bieten uns fast täglich eine imposante Kulisse. Je nach Wetterlage entweder als gestochen scharfe Silhouette gegen den stahlblauen Himmel oder in abgestuft im Dunst verschwindenden mehrlagigen Zügen. Im Licht der niedrigstehenden Sonne bei ihrem Auf- oder Untergang erstrahlen die näher liegenden Hänge in leuchtendem Dunkelrot, an dem wir uns nicht sattsehen können. Die Fotos geben dieses Farbenspiel leider nur unvollkommen wieder.
Aber es gibt nicht nur Stein und Staub. So wenig Wasser auch zur Verfügung steht, etliche Pflanzen ringen der Natur doch genügend Feuchtigkeit zum Überleben ab. Unzählige Kakteenarten, aber auch andere Sukkulenten und Blattpflanzen trotzen der Trockenheit. Auf fast jedem Landspaziergang entdecken wir Pflanzen, die wir zuvor noch nicht gesehen hatten. Und wenn wir hin und wieder etwas frisches Grün oder eine kleine bunte Blüte inmitten der grauen Stachelwüste finden, kommen sie uns gerade durch den Kontrast besonders kostbar vor.