Inzwischen ist das Jahr 2019 angebrochen, und wir wollen Euch einen kurzen Rückblick auf unsere Erlebnisse seit unserer Rückreise zur Muktuk geben.
Es fing damit an, dass sie uns fast nicht zum Boot gelassen haben. In Singapur, wo wir auf einen Flieger der nationalen Fluglinie Air Niugini umsteigen sollten, fragten sie uns nach unserem Rückflugticket. Unsere Beteuerung, dies sei unser Rückflug, fruchteten wenig: nein, wenn wir mit der von uns geplanten Art des Visums einreisen wollten, benötigen wir ein Rückflugticket, d.h. eines, das uns außer Landes bringt. Dass die Behörden in Papua Neuguinea selbst das anders sehen, interessierte die Leute von der Fluggesellschaft nicht die Bohne. Stundenlange, nervenaufreibende Verhandlungen, alles nutzte nichts. Zu guter Letzt kauften wir irgendein Ticket, das uns aus Papua Neuguinea herausbrachte, das billigste ging nach Cairns in Australien, der Termin war uns ja egal. Netterweise bietet Air Niugini in seinem online Verkauf die Option, das Ticket erst 24 Stunden nach Kauf zu bezahlen. Das haben wir natürlich genutzt, aber diesen Passus nicht mit ausgedruckt, als wir unsere Bordkarten nach Port Moresby dann endlich (in letzter Minute) erhalten haben. Insofern hat der ganze Quatsch uns dann doch nur Nerven, aber kein Geld gekostet. Die Welt ist eben nicht für Probleme der Segler eingerichtet.
In Port Moresby kamen wir dann gegen fünf Uhr morgens an, gönnten uns im Yachtclub erst einmal ein Frühstück und versuchten uns an die aufkommende Hitze zu gewöhnen, immerhin rund 40 Grad mehr als bei unserer Abreise aus München. Unsere Reparaturen gingen hervorragend voran, das Geschenk, das ich mir zu Weihnachten gewünscht hatte, war pünktlich fertig: das neue Vorstag war fertig montiert und wir waren wieder segelfertig. Am ersten Weihnachtsfeiertag hatte Brian uns noch zum „Christmas Lunch“ ins noble Crown Plaza Hotel eingeladen, wo wir nicht nur fürstlich gespeist haben, sondern auch – als Gäste von Brian – noch dem Premierminister die Hand schütteln durften.
Und dann ging es – über drei Monate nachdem wir in den Hafen eingelaufen sind – endlich wieder in die freie See hinaus. Wenig Wind, viele Motorstunden, und nun haben wir Sylvester in einer gut geschützten Ankerbucht auf Normanby Island verbracht. Wir liegen vor einer kleinen Siedlung, und schon bei unserer Ankunft wurden wir von zig Auslegerkanus umringt, die alle die „dim dims“ – so heißen Weiße hier – mit ihrem komischen Gefährt anschauen wollten. Schließlich kommen hier pro Jahr nur ein oder zwei Yachten her, da hat man schon Neuigkeitswert. Seitdem haben wir jeden Tag immer wieder Besuch von Männern, Frauen, Kindern, die irgendetwas zum tauschen bringen. Bananen grün und gelb, Kokosnüsse, Limetten, Papayas, Tomaten, Bohnen, Ananas, Guaven, Orangen, Passionsfrüchte – unsere Messe quillt über vor lauter Obst. Was die Leute hier im Tausch gerne hätten? Reis, Angelhaken, Angelleine, T-Shirts für die Kinder, Hefte und Stifte. Birgit kommt mit dem Kuchen backen gar nicht mehr hinterher, denn mit einem Stückchen Bananenkuchen können wir die Tauschwilligen vertrösten, die als fünftes Boot mit einer Staude Bananen ankommen und denen wir beim besten Willen nichts mehr abnehmen können. Und außerdem verbrauchen wir damit wenigstens ein paar Bananen. Was wir dutzendweise hätten mitbringen können, sind Lesebrillen. Haben wir leider nicht, und so hat der methodistische Missionar Birgits Ersatzbrille bekommen, und viele andere gingen leer aus. Nur so als Idee, wenn ihr mal in die Gegend kommt.
Nach und nach lernen wir die Familien- und Klanstrukturen kennen, treffen die Oberhäupter der Familien, des Dorfes und der Bucht. Francesco, der Chef „unserer“ Siedlung, lädt uns zur hiesigen Sylvesterparty ein. Wir bringen kaltes Bier, frisch gebackenes Brot und Kuchen mit, die Familien steuern Yams, Reis und ein frisch geschlachtetes Schwein bei, und fertig ist unser opulentes Sylvestermahl. Hinter der Handvoll einfacher Bambushütten wirft Francesco am Abend den Generator an, so haben wir Licht und laute Musik aus großen Lautsprecher. Kurz vor Mitternacht wird es dann ganz lustig, denn von irgendwoher kommt eine professionelle Band-Ausstattung zum Vorschein: E-Gitarren, Bass, ein Keyboard, ein Mixer, noch mehr Lautsprecher, Mikrophone… Und dann geht es los mit zeitgenössischer Musik aus Papua Neuguinea. Sehr laut, nicht sehr abwechslungsreich, aber mit großer Hingabe, guter Laune und bis zum Sonnenaufgang wird ein Lied nach dem anderen dargeboten. Land der Gegensätze…
Als spezielle Sylvesterüberraschung hatte am Abend des 31. unsere Bordtoilette die Arbeit eingestellt, so dass wir – natürlich bei 35 Grad und 100% Luftfeuchtigkeit – das ganze Ding zerlegen durften und bis zu den Ellenbogen in der Brühe standen. Die Arbeiten gingen auch am Neujahrstag weiter, aber jetzt funktioniert alles wieder und auch die Bilgen sind ausgespült und wieder sauber. Und immerhin konnten wir nach getaner Kanalarbeit ins Wasser springen, um selbst wieder sauber zu werden. Aber die sprichwörtliche Weisheit, dass man alles, was man am Neujahrstag anfängt, das ganze Jahr hindurch tun wird, möge sich in diesem Fall bitte bitte nicht bewahrheiten.
Wir warten derzeit auf ein gutes Wetterfenster zum weitersegeln. An der Südküste des Festlands zieht ein großes Tiefdruckgebiet durch, das auch hier oben wetterwirksam ist, sobald der Starkwind und die Wellen vorbei sind, wollen wir weiter Richtung New Ireland und Kavieng. Sporadisch haben wir hier Internet und können Wetter bekommen. Ob das Internet gerade geht oder nicht, hängt hier aber nicht wie auf dem Marquesas vom Regen ab, sondern ob der Generator für den Handymast noch genug Diesel hat. Andererseits: wenn es gerade aus Eimern schüttet, will auch keiner hoch und Diesel nachfüllen. Und ohne Diesel kein Internet, so einfach ist das.