Eigentlich nur ein Zwischenstopp auf dem Weg von Savusavu zur Viani Bay, liegt Fawn Harbour gut geschützt hinter einem langgestreckten Riff, das bei Hochwasser überspült wird. Eine verwinkelte, aber breite und gut navigierbare Einfahrt führt hinein.
Ich mache das Beiboot klar und fahre an Land, um Sevusevu zu machen. Das ist die traditionelle Vorstellung beim Dorfältesten, das vorgeschriebene Päckchen Kava und ein paar Lebensmittel als Gastgeschenk dürfen natürlich nicht fehlen. „You are welcome“ – das Geschenk war also angemessen. Wir unterhalten uns eine Weile, und ich lade den Chief und seine Kinder zum Gegenbesuch aufs Boot ein.
Als sie uns am nächsten Morgen tatsächlich besuchen, sprechen wir übers Fischen, übers Leben in Deutschland und auf Fidschi, am Ende fragen wir, ob es hier am Strand auch Muscheln zu finden gibt. Wir meinen die kleinen „cockles“, die wir seit Neuseeland immer aus dem Sand ausgraben. Der Chief meint, es gäbe schon welche, das müssten sie uns aber zeigen. Wir sollen mitkommen. Wir fahren mit seinem kleinen Fischerbötchen zum Riff, es ist fast Niedrigwasser und wir laufen zwischen Korallen und Pfützen herum. So viel gibt es zu sehen, es ist wie schnorcheln ohne nass zu werden: Seesterne, kleine Seeaale, die von uns aufgescheucht davon flitzen, Krebse, Kammmuscheln, kleine Fische. Ohne die Kinder des Chiefs, die uns begleiten, hätten wir sie allerdings nicht entdeckt, die großen Muscheln und Kauri-Schnecken. Hat man aber erst einmal den Blick heraus, macht das Muschelsammeln so viel Spaß wie das Pilzesuchen in den heimischen Wäldern. Dort in einem Felsloch, hier unter einem kleinen Überhang, noch eine und noch eine. Bald haben wir ein Dutzend der handtellergroßen Schönheiten beisammen.
Kauri-Schecken (es sind wirklich keine Muscheln) waren lange Zeit in der Südsee Zahlungsmittel. Das chinesische Schriftzeichen für Geld ist eine stilisierte Kaurischnecke. Und weil ihr Gehäuse so schön durchscheinend und glänzend ist, wurde das Porzellan nach dem italienischen Name für die Kauri – „porcellana“ – benannt.
Warum sie so glänzt, haben wir nachts herausgefunden. Wir haben in den Eimer, in dem wir die Tierchen in Seewasser zwischengelagert haben, mit der Taschenlampe hineingeleuchtet. Die Kauri hat nicht nur einen klassisch schneckigen Saugfuß ausgefahren, sondern eine dünne Hautschicht über beide Seiten ihrer Schale hochgezogen, bis die beiden Hauthälften sich oben am Rücken wieder treffen. Das hält die Schale sauber und baut immer neue Kalkschichten auf. Kleine Tentakeln wachsen auch noch aus diesem Häutchen, eventuell zur Nahrungsaufnahme?
Bleibt nur noch das Problem, wie wir die Schalen schneckenfrei bekommen. Angeblich kann man sie für ein paar Wochen in Sand eingraben, dann werden sie wohl leergefressen. Mit einem Ameisenhaufen in der Nähe wird das wohl schneller gehen. Haben wir aber gerade keinen, und wir wollen bald Richtung Vanuatu aufbrechen. Unsere Lösung: wir haben sie gekocht, mit einem Draht so viel wie möglich Fleisch heraus gepuhlt, den Rest wecken wir ein, darin haben wir ja Übung. Und irgendwann werden wir schon einen Ameisenhaufen finden, dann machen wir die Gläser auf.