Smokehouse Bay

Endlich sind wir dem Stress des Werftaufenthalts und der Hektik des Landurlaubs entronnen und wieder auf dem Wasser. Unser Ziel, eine gute Tagesreise von Whangarei entfernt: Great Barrier Island. Die sechstgrößte Insel Neuseelands hat etliche schöne Ankerbuchten, wir können nur eine kleine Auswahl erkunden. Der verrückteste Platz hier: Smokehouse Bay.

Der mittlerweile verstorbene Eric Webster hat vor vielen Jahren hier ein Stück Land gekauft, einige ganz wunderbare Dinge installiert und das Ganze den vorbeikommenden Seglern und Anglern zur Verfügung gestellt. Als da sind: ein großer Räucherofen für Fisch, eine polierte Marmorplatte zum Ausnehmen und Filetieren. Eine Wasserleitung aus den Bergen, Waschbecken zum Wäschewaschen, Mangeln zum Auswringen der Wäsche, große Wäscheständer zum Trocknen. Eine Feuerstelle zum Grillen, Tische und Bänke. Eine komplette Ausstattung an Kochgeschirr. Das Beste aber: ein Badehaus mit Badewanne und einem Holzofen fürs heiße Wasser.

Warme Duschen sind ja schon ein Luxus, den es normalerweise nur ausnahmsweise an Land gibt; unterwegs ist ein Sprung ins Meer angesagt. Aber ein echtes heißes Wannenbad – wir wissen gar nicht wie viele Jahre wir das nicht mehr hatten. Das geht dann mit Holzsammeln am Strand los, kleinsägen kann man es mit einer Auswahl an Sägen aller Art, die ebenfalls dort hängen. Ofen einheizen, zwei oder drei Ladungen Holz braucht man, bis das Wasser schön heiß ist. Wenn man Glück hat, räuchern in der Zwischenzeit ein paar Angler ihren Fang und man kann sich die Wartezeit mit der Verkostung von frisch geräuchertem Snapper und Angeltipps vertreiben. Und dann eintauchen ins heiße Wasser. Wunderbar!

Kauri – der Riese des Waldes

Ein Kauri ist ein Dinosaurier unter den Bäumen, vor Jahrmillionen gab es ihn schon und seither hat er sich kaum verändert. Er wächst kerzengerade in die Höhe, ein langer Stamm ohne Astansätze, die Baumkrone beginnt weit oben und überragt alle anderen Bäume im Wald. Botaniker zählen den Kauri zu den immergrünen Araukarien, die im subtropischen Raum heimisch sind. Er ist ein langlebiges Gewächs, bis zu 2000 Jahre alt kann er werden. Sein einziger Nachteil ist, er wächst sehr langsam.

Bevor die europäischen Einwanderer in Scharen nach Neuseeland kamen, gab es undurchdringliche Wälder auf der Nordinsel voller Kauri. Die neuen Bewohner brauchten Holz für ihre Häuser, die Schiffsbauer waren begeistert von den geraden und sehr stabilen Stämmen und wollten dieses Holz auch haben. Außerdem produziert der Kauri ein Harz, das noch besser als das seiner Verwandten in Ozeanien ist und sich hervorragend für Lacke aller Art eignet.

Es entstand der Beruf des „gum-diggers“, des Harz-Sammlers: große Klumpen von Kauri-Harz, das über Jahrhunderte in Sümpfen konserviert worden war, wurden ausgegraben. Als in den Sümpfen nicht mehr viel gefunden wurde, mussten die lebenden Bäume selbst herhalten. Die Rinde eines Kauri-Baumes wurde eingeritzt und nach einer Weile das tropfende Harz geerntet. Eine genauso harte und gefährliche Knochenarbeit wie das Graben in den Sümpfen. Und ähnlich wie beim Goldschürfen wurden die wenigsten Sammler davon reich…


Längsschnitt durch einen Kauri-Stamm

Das Abholzen der Kauri kommt aus heutiger Sicht einem Raubbau gleich – mit ungläubigem Staunen sind wir durch das Kauri-Museum in Matakohe von Raum zu Raum gegangen und haben uns die Exponate angeschaut. Wie viel Energie und Erfindungsgeist wurde investiert, um diese riesigen Bäume zu fällen, sie zu zersägen und dann die einzelnen Stücke durch das unwegsame bergige Land zu transportieren. Dämme wurden gebaut, um die Wasserkraft zu nutzen, ein einfaches aber gut funktionierendes System mit einer wiederverwendbaren Klappe, Ochsengespanne wurden eingesetzt, die die Stämme dann weiter zogen bis zu den neu angelegten Bahnlinien. In nur 100 Jahren schafften es die neuen Siedler fast allen Kauri im Norden der Nordinsel abzuholzen und den größten Teil der Wälder in Weideland umzuwandeln.

Erste Bemühungen gab es schon in den 1920er Jahren, Naturschutzgebiete für den Kauri und für den subtropischen Wald mit all seiner Vielfalt einzurichten, aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg konnten ausreichend viele Waldgebiete in Reservate umgewandelt werden, so dass damit der Schutz des Kauri erst wirksam wurde.

Heute ist der Kauri wohl nicht mehr vom Aussterben bedroht, wird in den Schutzgebieten aufgeforstet, darf aber nicht mehr abgeholzt werden. Allenfalls altes Kauri-Holz aus Sümpfen kann zurzeit noch kunsthandwerklich verarbeitet werden, es ist ein schönes Holz, das in Form von Schalen oder Brettchen gut zur Geltung kommt.

Und nun gibt es ein neues Problem, eine aus Australien eingeschleppte Krankheit, die die Bäume verdorren lässt: „Kauri dieback“. Deshalb müssen alle Besucher der Nationalparks, bevor sie wandern wollen, am Eingang an einer Schleuse die Schuhsohlen abbürsten und die Schuhe mit einer speziellen Lösung besprühen, damit diese Krankheit nicht durch infizierte Erdkrümel unkontrolliert weiter verbreitet wird.

Für die Maori waren und sind einzelne große alte Kauri-Bäume heilig und sie spielen in der Mythologie eine große Rolle. So sind der größte noch lebendige Kauri-Baum, der „Gott der Wälder“, Tane Mahuta (Stammumfang 13,70m, 51m hoch und die Blätterkrone beginnt erst bei knapp 18m über dem Erdboden) und der nicht ganz so hohe, dafür aber dickere „Vater des Waldes“, Matua Ngahere (Stammumfang 16,41m und knapp 30m Höhe) nicht nur für die durchreisenden Touristen interessant.

Diese Bäume und noch ein paar mehr können in einem Waldstück nicht weit voneinander entfernt besichtigt werden. Wir sind beeindruckt von ihrer Schönheit und betrachten sie mit einer gewissen Ehrfurcht, wenn wir daran denken, dass sie schon da standen, bevor Captain Cook seinen Weg nach Neuseeland fand und sogar noch bevor die ersten Kanus der Maori anlandeten!

Milchstraße, unterirdisch…

Wer kennt sie nicht, die Glühwürmchen, die im Juni abends im Wald umherschweben, eigentlich sind das Leuchtkäfer. Aber es gibt tatsächlich auch richtige Glühwürmchen: sie leben auf der anderen Seite der Welt, tief unten in Höhlen, und kommen ganz ohne Tageslicht aus.

Die „Glowworm-Caves“ in Neuseeland sind eine große Touristenattraktion und die wollen wir auf keinen Fall verpassen. Also buchen wir eine Tour für dreieinhalb Stunden, eine kleine Gruppe von zehn Leuten, zwei Höhlen. Zuerst geht es mit dem Bus an Buschland und undurchdringlichem Regenwald vorbei, dann kommt wieder ein Stück sattgrünes Farmland mit Rindvieh drauf.

Unter all diesen Hügeln verbergen sich ein paar Geheimnisse. Das kalkhaltige Gestein in dieser Gegend wird vom Wasser ausgewaschen und bildet unterirdische Höhlen.

Unsere erste Station ist eine „Trockenhöhle“ mit geraden gesicherten Wegen. Ein schönes Lichtdesign setzt die vielen Stalagmiten und Stalaktiten wirkungsvoll in Szene. Wir kramen unser verschüttetes Wissen aus dem Erdkundeunterricht hervor, was war noch mal genau was? Ein paar Fossilien und sogar Knochen von dem inzwischen ausgestorbenen Moa-Vogel liegen herum. Ab und zu kommt auch ein bisschen Tageslicht rein: da ist die Decke der Höhle ausgewaschen und eingestürzt. Oberirdisch bilden sich kleine Krater in der Hügellandschaft, Dolinen genannt (danke Herr Philippi, Erdkunde!) Einsturzgefährdete Stellen werden von den Farmern vorsorglich eingezäunt, damit Rind und Schaf nicht versehentlich ein paar Meter tiefer landet.

Aber die Hauptrolle haben die Glühwürmer (Arachnocampa luminosa), von den Maori „Titiwai“ genannt. Ein paar von ihnen leben auch in dieser Trockenhöhle, wo Wasser an den Wänden entlang läuft und unser Guide nutzt die Gelegenheit, uns einiges über ihren Lebenszyklus zu erzählen. Wenn sie schlüpfen sind sie ungefähr 3-5mm lang, dünne braune Dinger. Je nach Nahrungsaufkommen leben sie 6-12 Monate und wachsen bis zu 30mm aus. In dieser Zeit kriechen sie an der feuchten Decke der Höhlen entlang und spinnen klebrige Fäden, die von der Decke herunterhängen. Mit ihrem fluoreszierenden Licht locken sie allerlei Fliegen und Motten an, die sich dann in den Fäden verfangen. Sobald die Beute am Faden klebt, ziehen die Glühwürmer den Faden hoch und verspeisen sie genüsslich.

Solcherart vertreiben sie ihre Zeit, bis sie sich verpuppen und nach einer Weile die Fliegen schlüpfen. Die fertigen Fliegen leben gerade mal 3-4 Tage lang. In dieser Zeit paaren sie sich, die Männchen sterben nach 3 Tagen, das Weibchen lebt einen Tag länger, es muss noch schnell die Eier legen, aus denen wiederum die Würmer schlüpfen… Und alles geht von vorne los.

Zurück in die Sonne, eine Pause mit Tee und Keksen, dann geht es weiter zur zweiten Höhle. Dieses Mal muss jeder einen Helm mit Stirnlampe aufsetzen, bevor wir an einem kleinen rauschenden Bach entlang in die Höhle hinein gehen.

Ein Stück weiter drinnen, steigen wir in ein großes Schlauchboot und knipsen unsere Lampen aus und auf einmal sind einige kleine Lichter an der Decke zu sehen. Langsam gewöhnen sich unsere Augen an die Dunkelheit ein paar weitere Lichter tauchen auf.

Unser Guide bittet uns, in die Hände zu klatschen, und noch mehr Pünktchen beginnen zu leuchten. Ganz schön eitel, diese Glühwürmer? Die Schallwellen bewegen die Fäden, die Würmer glauben, ihre Beute sei im Anflug und beginnen zu leuchten. Ein „Ah!“ und „Oh!“ geht durch die Höhle, dann wird es still, nur der kleine Wasserfall rauscht und wir schauen nur noch, es ist magisch schön! Unser Schlauchboot wird einige Meter auf dem Bach hin und her gezogen, wir fahren sozusagen unter der Höhlen-Milchstraße entlang. Einzig, unsere Fotos sind nichts geworden. Aber von den Organisatoren der Tour bekommen wir ein paar traumhaft schöne Bilder zugeschickt, die wir hiermit mit Dank an sie verwenden.