5. – 17. April 2017
„Nach einer Fahrt von einhundert und zwei und zwanzig Tagen, auf welcher wir ohngefähr dreitausend fünfhundert Seemeilen in ofner See zurückgelegt hatten, kamen wir endlich am 26ten März zu Mittag in Dusky-Bay an. … Sanft wehende Winde führten uns nach und nach bey vielen felsichten Inseln vorbei, die alle mit Bäumen und Buschwerk überwachsen waren, deren mannigfaltiges dunkleres Immergrün, (evergreen) mit dem Grün des übrigen Laubes, welches die Herbstzeit verschiedentlich schattirt hatte, malerisch vermischt war und sehr angenehm von einander abstach. Ganze Schaaren von Waßervögeln belebten die felsigten Küsten und das Land ertönte überall vom wilden Gesang der gefiederten Waldbewohner.“
„Um drei Uhr Nachmittags kamen wir endlich unter der Spitze einer Insel vor Anker… Kaum war das Schif in Sicherheit, als unsre Matrosen ihre Angeln auswarfen und in wenig Augenblicken sahe man an allen Seiten des Schifs eine Menge vortreflicher Fische aus dem Wasser ziehen, deren viel versprechender Anblick die Freude über unsere glückliche Ankunft in der Bay ungemein vermehrte. Wir fanden sie von vortreflichen Geschmack und da wir zumahl so lange darauf gefastet hatten, so war es kein Wunder daß uns diese erste Neu-Seeländische Mahlzeit als die herrlichste in unserm ganzen Leben vorkam.“ (Georg Forster: Reise um die Welt. Insel Tb 757, 1967. S. 136ff)
Mehr als fünf Wochen sollte James Cook mit seinem Schiff, der „Resolution“, in der Dusky-Bay bleiben, sie kämpften sich durchs Dickicht, fällten Bäume, errichteten eine Sternwarte auf einem Berg, die Schiffszimmerleute und der Schmied bauten an Land eine Werkstatt auf, das Schiff hatte in den südlichen Breitengraden auf der Suche nach neuem Land in stürmischer See sehr gelitten und benötigte dringende Reparaturen. Die Matrosen, Schiffsoffiziere, der Maler Hodges und die Naturwissenschaftler, Vater und Sohn Forster, erkundeten die umliegenden Buchten und Seitenarme des Dusky-Sound mit den Beibooten. Ab und zu kamen ein paar Maori-Familien an den Strand und tauschten Fisch und Wildgeflügel gegen Beile, Nägel, Schaumünzen und Glasperlen mit der Schiffsbesatzung. Seite um Seite füllt Forster mit Beschreibungen dieser für ihn neuen und interessanten Gegend.
Für uns, die wir nach einer nur zweitägigen Überfahrt von Stewart Island im Dusky-Sound ankamen, war es spannend und vergnüglich zugleich zu lesen und zu vergleichen: Die Namen der Buchten und einzelner Berge und Seen sind jene, die ihnen Cook gegeben hat, Pickersgill Cove: wo die Resolution wochenlang in einer geschützten Bucht lag, Cascade Cove: wo ein beeindruckender Wasserfall entdeckt wurde, Anchorage Island: vor der die Resolution das erste Mal ankerte, Wet-Jacket-Arm: wo ein paar Matrosen und Offiziere von der einbrechenden Nacht überrascht und vom Regen durchnässt wurden oder Luncheon Cove: in der Cook während eines Ausflugs zu Mittag gegessen hatte usw. usf.
Dusky Sound, vom Gipfel der Anchorage Island gesehen
Bei unserer Einfahrt in den Dusky-Sound war es erst einmal mit der Einsamkeit der Buchten von Stewart Island vorbei, gleich vier Boote konnten wir sichten, Fischer, Segler, Angler. Wir banden die Muktuk in der Cascade-Cove an einer großen Boje fest und der leckere Blue Cod, den die Matrosen auf der Resolution „Kohlefisch“ nannten, weil er so dunkelgrau aussieht, sobald er aus dem Wasser kommt und das schillernde blau und grün verliert, biss auch hier sofort an, sobald wir die Angel ins Wasser hielten. Wir zogen so viel raus, dass Andreas mal wieder ein paar Kabeljau-Filets räuchern konnte und wir von diesen auch eine Kostprobe unseren Nachbarn abgeben konnten: nette Segler aus den USA, die am zweiten Tag mit ihrem Boot und der Muktuk im Päckchen an der Boje lagen.
Die Vielzahl der Waldvögel, die Forster noch hören konnte, hat in den darauffolgenden Jahrzehnten rapide abgenommen, Ratten und Wiesel wurden eingeschleppt, gegen die diese meist flugunfähigen Vögel sich nicht schützen konnten. Heute gibt es ein paar vereinzelte Inseln in den Fiordlands und Reservate in den Bergen, die mit viel Mühe „pestfree“, also schädlingsfrei, gemacht wurden und wo man noch das eine oder andere kleine Vögelchen zutraulich umher hüpfen sehen kann.
Zutrauliches Vögelchen
Scharbenjunge im Nest
Auch Cooks Leute klagten über die vielen Sandfliegen, die sich nur durch starken Wind abhalten lassen einen zu umschwirren und zu beißen. Angeln, Holz und Wasser holen oder gar Wäsche waschen ist dann nur bedingt möglich. Darum verlegten wir nach zwei Tagen das Boot nach Luncheon Cove, wo es laut Revierführer besser auszuhalten sei und tatsächlich wurden wir dort kaum von den Sandfliegen belästigt.
Eine kuschelige lauschige Ecke war das, eine Robbenkolonie lebte in dem dichten Wald am Ufer, die kleinen Robben spielten tagsüber meistens in kleinen Gruppen im Wasser, tauchten und kämpften miteinander. Gegen Abend kamen die Mütter dazu, riefen und röhrten und unternahmen dann ausgedehntere Ausflüge mit dem Nachwuchs.
Ufer bei Luncheon Cove
Forster zeichnet und beschreibt eine Pflanze, die er Neuseeländische Thée-Myrthe nennt, heute unter dem Namen Manuka weltweit bekannt. Daraus wurde ein Tee gebraut und in der Tat, wenn man die Zweige mit den kleinen harten Blättchen in heißes Wasser gibt, und nicht länger als 1-2 Minuten ziehen lässt, bekommt man einen würzigen erfrischenden Trank. Cook unternahm so einiges, um die Gesundheit seiner Mannschaft wieder herzustellen, so ließ er auch Bier brauen. Die vitaminreiche Würzzutat waren die harzigen mit feinen Fichtennadeln überzogenen Zweige des Sprossen-Baumes.
„Wir braueten auch würklich, mit einem Zusatz von etwas Bier-Würz-Eßenz und Syrup, eine sehr gute Arth von Bier daraus, und machten dieses in der Folge durch eine Beymischung von Blüthen und Blättern des neuen Theebaums noch angenehmer und beßer. Der Geschmack war lieblich aber etwas bitter; und der einzige Fehler den wir daran finden konnten bestand darin, daß es früh, bey nüchternem Magen getrunken, zuweilen eine Übelkeit verursachte.“ (Forster, S. 141)
Die Fiordlands liegen im Südwesten von Neuseeland und sehen auf der Landkarte ganz schön zerfurcht aus, 15 Fjorde (oder Sounds im Englischen) sind es insgesamt. Über 12.000 qkm umfasst der Fiordland Nationalpark und ist immer noch ein schwer zugänglicher Teil des Landes, fast gänzlich unbewohnt. Zum Doubtful Sound und zum Milford Sound gibt es eine Straße, die anderen Sounds kann man nur mit dem Schiff erreichen. Fischerboote sind immer mal wieder zu sehen, ab und zu eine Hütte auf Schwimmkörpern für die Fischer und Jäger, manche davon mit Landeplatz für Hubschrauber, die Sprit bringen und dafür die Langusten als Lebendfracht mitnehmen und nach Christchurch bringen, wo sie weiter nach China geflogen werden.
Nach ein paar Tagen wollten wir weiter nordwärts, tuckerten erst durch einen malerischen Kanal zum Breakwater Sound, hielten mittags unterwegs an um zu angeln. Von den eingemachten Gläsern mit allerlei Gulasch und Bolognese hatten wir noch kaum was angerührt, der Kabeljau war einfach so gut und immer frisch zu haben, wir hatten ihn noch lange nicht über.
Tags darauf ging es wieder raus aufs offene Meer mit dem Ziel Doubtful Sound. Draußen war recht hoher Schwell und wenig Wind aber aus jeder noch so kleinen Bucht pfiff der Wind mit einer solchen Wucht heraus, dass wir mit zweifach gerefftem Groß fuhren. Als wir in den Doubtful Sound reinfahren wollten, blies es mit 45 Knoten aus dem Sound raus und wir kamen unter Motor einfach nicht gegen an. Die Muktuk drehte sich manchmal geradezu im Kreise, so stark waren die Böen. Ja, warum sollte es uns anders ergehen als Cook, der auch nicht in diesen Sound reinfuhr und ihn deshalb „doubtful“, also zweifelhaft, nannte.
Wir brauchten aber bald wieder Sprit und der nächste Fjord mit Tankstelle war der Milford Sound. Also beschlossen wir, weiter zu segeln und hofften, dass sich bis zum nächsten Tag dieses unvorhergesehene Wetterphänomen gelegt haben würde.