Stewart Island empfängt uns von seiner besten Seite. Die ersten Tage haben wir sonniges Wetter, ruhiges Wasser und können unsere neue Umgebung nach Herzenslust erkunden. Tagsüber heizt die Sonne das Boot auf, nur morgens und abends wird es frisch. Aber wir haben ja unseren Holzofen, also unternehmen wir den ersten Ausflug mit Säge und Axt bewaffnet und besorgen erst einmal Brennholz. Bald finden wir heraus, welches Holz gut brennt und dabei auch angenehm riecht. Schön, wenn es unter Deck dann kuschelig warm ist und riecht wie auf einer Almhütte!
Auch die Versorgung mit Nahrungsmitteln gestaltet sich ortsgerecht. Von Bord aus angeln wir Blue Cod, die lokale Kabeljau-Spezialität. Die Tiere müssen mit den Lemmingen verwandt sein: in selbstmörderischer Gier stürzen sie sich auf den Haken. Bei Niedrigwasser fahren wir mit dem Beiboot zum nächsten Felsen und pflücken Miesmuscheln und Green Shells, am Strand finden wir an der Niedrigwasserlinie Cockles (dreimal so groß wie Venusmuscheln, aber ähnlich im Geschmack). Unser Jagdeifer ist geweckt, wir kommen uns vor wie beim Pilzesammeln, nur eben maritimer. Ja genau: cocklesandmussels, alivealive all…
Weiter geht’s mit den Getränken: im Wald finden wir Manuka-Sträucher, die pflücken wir für einen aromatischen Tee. Für die dritte Charge selbstgebrautes Bier holen wir uns Wasser aus einem kleinen Bach, es ist vom Tannin der Waldbäume rötlich gefärbt und hat einen würzigen Geschmack. Mal sehen, wie bayerisches Hefeweizen aus Stewart Island Wasser gebraut schmecken wird. Die ersten Chargen unseres Biers sind schon fast ausgetrunken, es schmeckt übrigens hervorragend. Wir fühlen uns wie auf Cook’s Endeavour in 1770: die Mannschaft wird an Land geschickt, um Brennholz zu sammeln und die Wasserfässer zu füllen.
Und weil wir Zeit haben und Fisch, und sowieso einen Holzofen befeuern, können wir auch unserer Räucherlust nachgehen. An Land finden wir Gittermaterial, das ich zu einem Zylinder rolle, in den ich unseren Grillrost einbaue und mit Alufolie bespanne. Pizzablech als Deckel oben drauf, und statt des Schornsteins auf den Kaminabzug gesetzt, fertig ist der Räucherofen a la Muktuk. Sieht zwar aus wie ein Sputnik, und ist wegen seiner fragilen Bauweise nur bei Leichtwind zu gebrauchen, aber produziert einen superleckeren geräucherten Kabeljau.
Tiere gibt’s freilich nicht nur zum Essen. Wir beobachten Seelöwen am Strand, die Oktopus fangen und fressen. Einer dieser Kolosse verfolgt uns, als wir mit dem Dinghi unterwegs sind. Wahrscheinlich ist er nur neugierig, aber wer weiß? Wir versuchen ihm zu erklären, dass das Dinghi unser Platz und er nicht willkommen ist, aber dann nehmen wir lieber Reißaus.
Aber natürlich hat Stewart Island auch andere Seiten. Zwei Tage liegen wir bei Regen und Sturm in einer kleinen Bucht, Böen von 8 Bft rauschen übers Deck und wir hoffen, dass der Anker hält. Der starke Wind drückt immer wieder den Rauch durch den Kamin herein, bald riechen Messe und Kabine auch wie ein Räucherofen. Sichtweite unter Deck: zwei Meter. Zum Glück ist der Regen gerade nicht so stark, wir können alle Luken aufreißen und lüften. In der Nacht ist freilich nicht viel mit schlafen: Muktuk zerrt am Anker, legt sich in den Böen über und ich hoffe nur, dass wir im Stockdunkeln nicht den Anker neu setzen müssen. Aber er hält prima durch, hat sich in den festen Sandboden tief eingegraben und ruckt keinen Meter. Glück gehabt.
An manchen Ankerplätzen haben wir noch so eine Art Handy-Empfang. Wenn wir das Handy in einer Tasche hoch in den Mast ziehen, können wir das Signal aus Oban, dem einzigen kleinen Ort auf Stewart Island empfangen. Über mobiles Internet und dem Handy als Hotspot können wir unter Deck mit dem Computer ins Internet. Coole Technik, oder? Aber das ist bald vorbei. Morgen wollen wir zur Südküste der Insel weiter, da gibt es dann solchen Zivilisations-Schnickschnack nicht mehr. Also werden heute Abend die letzten Blogeinträge fertiggestellt und hochgeladen, bevor wir uns für die nächsten Wochen in noch mehr Wildnis verabschieden.