19.-25. Februar 2017
Auf der Seekarte sieht die Banks-Halbinsel aus wie ein grinsender Dinosaurier-Kopf mit allerlei Furchen, viele kleine Buchten außen herum. Die geschwungene Linie seines Lächelns ist der lange Fjord, der sich fast bis zur Mitte ins Innere der Halbinsel zieht. Solcherart geschützt liegt im Fjord das Örtchen Akaroa, umgeben von sanften grünen Hügeln auf denen man Kühe weiden sieht.
Die ersten Siedler aus Europa kamen 1840 mit einem französischen Boot hier an und bauten die ersten Holzhäuser. Erst 10 Jahre später kamen auch ein paar Briten dazu, die sich etwa 300m weiter niederließen. Diese Anordnung des Ortes in einen französischen und einen englischen Teil ist bis heute so geblieben, dazwischen liegt ein etwa 100m langes Stück Strand, unbesiedelt. Hier englische Straßennamen, dort französische, hier Pubs mit Fish and Chips, dort Bistros und französische Restaurants. Cafés überall und der Metzger bietet für alle was, gut gewürzte Würstchen, Pasteten, dunkles und helles Brot… die Bibliothek und das örtliche Kino unter einem Dach. Alles da.
Akaroa hat einen ganz eigenen Charme – viele alte Holzhäuschen sind erhalten und bewohnt, manche mit Holzschnitzereien an den Giebeln, und alle zumeist in hellen Farben gestrichen. Die liebevoll gepflegten Blumengärten davor zeigen eine Blütenpracht, an der man sich nicht satt sehen kann. So viele Rosen in einem Ort habe ich noch nie gesehen, und jeder zweite Rosenbusch duftet so herrlich! Ein Spaziergang, bei dem wir nicht schnell voran kommen, immer mal wieder muss ich meine Nase in eine Rosenblüte versenken…
Andreas berichtete schon von dem herzlichen Willkommen gleich am ersten Tag – diese Freundlichkeit erlebten wir noch häufiger: als wir kurz am örtlichen Landesteg anlegten, um dort an der Zapfsäule Diesel zu tanken und auch unsere Wassertanks zu füllen, half mir die nette Dame vom Fish&Chips-Imbiss am Steg mit den Leinen. Wir verquatschten uns sogleich über alles Mögliche, sie wollte wissen, woher wir kommen, wie die Reise war, ob es uns gut gefallen würde hier. Wir tankten, bestellten Fish&Chips und dann legte ein Fischerboot neben uns an. Möwen und Albatrosse kamen angeflogen und beäugten neugierig eine Kiste voller Fischköder. Ich war auch neugierig und so kamen wir ebenfalls ins Gespräch, er fängt hauptsächlich Langusten, manchmal geht er auch auf Grouper-Fang. Die nette Dame vom Imbiss gesellte sich dazu, der Fischer sei ihr Bruder und sagte ihm, auf mich zeigend: „Sie haben auf der Fahrt zur Südinsel das bisher schlechteste Wetter auf ihrer ganzen Reise gehabt“. Wir lachten… Andreas kam dazu und fragte den Fischer, ob er ihm vielleicht einen Tipp geben könne, wie man am besten Langusten rausholt. Hmm… „want to come with me?“ – willst du mitkommen, war seine spontane Reaktion. Leider ging das nicht, er wollte gleich los und wir konnten an dem Steg nicht lange liegen bleiben. Macht nichts, dann würde er später mal bei uns vorbei schauen. Und tatsächlich, am späten Nachmittag klopfte es am Boot und er warf uns einen riesigen Hummer rüber! Wir waren überwältigt und sprachlos – und der nächste Gedanke war, wie kann man sich denn überhaupt bedanken für so ein großzügiges Geschenk. Die Langusten bringt er nach Christchurch und von dort werden sie als Lebendfracht nach China ausgeflogen und dazu hat der Fischer noch Quoten einzuhalten.
Ein Wermutstropfen trübt diese Idylle, die Leute in Akaroa klagen über die Invasion der Kreuzfahrtschiffe. Seit dem Erdbeben letzten November ist der Hafen von Littleton bei Christchurch nicht mehr benutzbar, der Meeresboden hat sich um 5m gehoben, die Stege und somit die Landemöglichkeiten für die Wassertaxis der Kreuzfahrtschiffe sind zerstört worden. Also muss nun Akaroa herhalten, 80 sollen es in dieser Sommersaison sein, nun liegt fast jeden Morgen ein schwimmendes Hotel in der Bucht, manchmal sogar zwei. Ab 9.00h fahren die Wassertaxis beständig hin und her, bringen die Passagiere an Land. Bis 18.00h abends sind alle wieder an Bord und eine Stunde später sind sie wieder weg. Das bedeutet, täglich rund 1.000 bis 3.000 Menschen im Ort, die entweder in Busse steigen für Rundfahrten, die Ausflugsboote für Delfine-Gucken füllen, die Geschäfte und Cafés beleben, oder einfach nur herumwandern.
In jedem Gespräch mit den Leuten taucht dieses Problem auf, sei es, dass sie uns vorwarnen, am nächsten Tag käme wieder ein Superschiff, sei es dass sie sich über den Menschenauflauf beklagen: „Wir haben es gerne ruhig hier“. Und auch in den aktuellen Ausgaben der Wochenzeitung „Akaroa News“ wird darauf eingegangen. Eine Art Steuer, 5 NZ$ pro Kopf und Kreuzfahrer sollte an die Gemeinde gezahlt werden, um die Straßen und Parks wieder in Ordnung zu bringen, ist eine Forderung. In einem ganzseitigen langen Artikel erwägt der Vorstand der Bürgerstiftung von Akaroa das Für und Wider dieser vielen Besucher. Die Stiftung kümmert sich seit 50 Jahren um den Erhalt des historischen Ortskerns und setzt sich für individuellen und nachhaltigen Tourismus ein. Nun fürchtet man, dass jene Touristen wegbleiben werden, die die Ruhe und Idylle in Akaroa suchen, die oft ein paar Tage hier verweilen. Und genauso fürchtet man langfristig um den Ruf des Ortes, denn schon jetzt wird in den sozialen Medien gewarnt: Akaro sei zwar ein wunderschöner Ort, aber man solle einen Umweg drum machen, es sei ständig überfüllt mit Kreuzfahrttouristen.
Die Woche verfliegt im Nu: erst will die Muktuk im Inneren etwas entsalzt werden, die potentiellen Salzwasserlecks müssen untersucht werden, dann Persenning zuschneiden und nähen, Wäsche waschen… Dazwischen nehmen wir uns auch mal Zeit, in der Stadt zu bummeln, den örtlichen Botanischen Park zu erkunden, Kaffee trinken, Sachen besorgen. Und viel zu schnell müssen wir wieder los, solange noch etwas Wind da ist, der uns weiter nach Süden bringt. Schnell noch am Samstag zum „farmers market“, ein letzter Kaffee und Anker auf!
„Best chowder in town“ – ein gehaltvoller Eintopf mit Kartoffeln, viel Fisch und Muscheln
Rätselbild: Zikade im Larvenstadium?
Zikade? In den Wäldern und Parks sind sie nicht zu überhören!