Nur acht Tage waren wir auf See, aber das Ankommen war wie immer etwas ganz besonderes. Man muss sich das etwa so vorstellen:
Die letzten drei Tage der Reise war der Himmel von tiefziehenden Wolken bestimmt. Immer wieder regnete es richtig, ansonsten nur Niesel. Die Sicht war schlecht, meist unter zwei Meilen, manchmal nur eine halbe. Kalt war’s, zwei bis drei Meter Welle, kräftiger Wind. Wir sehen unsere ersten Albatrosse (die vergleichsweise kleinen Mollymauks). Die letzte Nacht lässt der Wind etwas nach, im Morgengrauen sollte Land in Sicht kommen: die Banks Peninsula.
Aber erst knapp zwei Meilen vor der Küste tauchen schemenhaft Hügel und Klippen auf, im Dunst noch kaum auszumachen. Mitten in dieses Grau hinein segeln wir, im Vertrauen darauf, das das GPS sich halbwegs sicher ist, wo es reingeht. Eine Gruppe der hier verbreiteten kleinen Hektor-Delfine spielt um das Boot herum.
Für die sechs Meilen lange Einfahrt in den Akaroa Harbour müssen wir die Maschine anwerfen, denn durch den Düseneffekt bläst es wie der Teufel genau gegenan. Da die Tide einläuft, baut sich eine unangenehme See auf, aber immerhin schiebt uns der Flutstrom in Richtung Ziel. Immer noch alles trüb, die Ufer zwar sichtbar, aber die Hügel oberhalb 50 Metern in den Wolken. Ein würziger Geruch weht vom Land herüber.
Je weiter wir in den Fjord hineinfahren, desto mehr klart es auf. Die ersten Sonnenstrahlen kommen durch. Birgit entdeckt einen kleinen blauen Pinguin im Wasser. Als wir schließlich bei French Harbour um die Ecke biegen, beruhigt sich die See, der Wind lässt im Schutz der Hügel nach. Auf sechs Meter fällt der Anker, die Bucht ist groß. Etliche kleine Yachten der ortsansässigen Segler liegen hier, aber nur wenig Boote von auswärts.
Man kann unsere Euphorie vielleicht nur schwer nachvollziehen. Als wäre ein Schalter umgelegt. Es schaukelt nicht mehr, wir schälen uns aus Ölzeug und Gummistiefeln, sitzen an Deck und freuen uns am Anblick des Örtchens und der teils besonnten Hügel. „Wir sind angekommen!“ vergewissern wir uns gegenseitig, strahlen uns an. Die Anspannung der letzten Tage fällt von uns ab. Ein bisschen stolz sind wir auch, dass wir uns auf den Weg zur Südinsel gemacht haben, denn die meisten Segler bleiben lieber auf der sonnigen und großteils subtropischen Nordinsel, erkunden den stürmischeren Süden lieber per Mietwagen.
Dass hier besuchende Yachten noch als Gäste betrachtet werden und nicht als Kunden, erleben wir beim ersten Landgang am Nachmittag. Wir laufen zum Akaroa Cruising Club, denn wir haben gelesen, dass es dort Duschen geben soll, die man eventuell benützen kann. „Klar“, erklärt uns dort ein netter älterer Herr, „da hinten sind Duschen, Waschmaschine, Trockner, fühlt Euch wie zuhause“. „Wann hat der Club denn offen?“, frage ich. „Eigentlich nur, wenn wir eine Regatta haben, also Sonntags (es war gerade Sonntag). Ach ja, dann braucht ihr ja einen Schlüssel. Ach, ich gebe Euch einfach den Zahlencode des Eingangs vom Steg aus, ihr kommt ja mit dem Dinghi her.“ Und wie ist das mit dem Bezahlen? „Ja, da gibt es irgendeine Regelung. Weiß ich gerade nicht so genau. Aber jetzt fühlt Euch erst einmal herzlich willkommen, das mit dem Bezahlen werden wir später regeln. Fünf Dollar sind es, glaube ich, pro Woche.“
Eine lange heiße Dusche. Im Paradies. Heute Nacht werden wir elfeinhalb Stunden schlafen. Am nächsten Morgen wachen wir in der Bucht auf. Es schaukelt nicht. Wir sind angekommen. Mal wieder.