Auf dem Trockenen
Fast zweieinhalb Jahre war die Muktuk nun im Wasser, seit wir die Generalüberholung in Galicien abgeschlossen haben. Nun müssen wir wieder raus, denn die Welle schlägt und das Antifouling muss erneuert werden.
In der kleinen Marina in Port Phaeton gibt es allerdings keinen Travellift, sondern eine flache Rampe und eine Art Unterwasser-Tieflader, der unter das schwimmende Boot geschoben und dann mit Muktuk huckepack über eine flache Rampe an Land gezogen wird. Antriebsmaschine ist ein Traktor mit einer Seilwinde, die als 1:2 Flaschenzug mit dem Trailer verbunden ist. Damit der Traktor die Muktuk aus dem Wasser und nicht sich selbst ins Wasser zieht, muss er mit schweren Ketten am Boden verankert sein, bis die 26 Tonnen Muktuk plus ein paar Tonnen Trailer den waagerechten Bereich der Werft erreicht haben.
Das Zugseil ist allerdings nicht lang genug, um die Aktion in einem Rutsch abzuschließen. Das heißt: auf halber Strecke Trailer mit dicken Leinen am Boden verankern, Zugseil lösen, Traktorverankerung lösen, Traktor zurücksetzen, neu verankern, Zugseil ausrollen, wieder am Trailer festmachen, Hilfsverankerung des Trailers lösen, weiter geht’s. Oben angekommen kann der Traktor schließlich – mit durchdrehenden Reifen, aber immerhin – Muktuk zu ihrem Standplatz bugsieren, unter dem Trailer werden Metallstützen aufgebaut, der Trailer hydraulisch etwas gesenkt und wir stehen an Land. Dauer der Aktion: vier Stunden.
Eine Woche wollen wir am Hart bleiben, deshalb geht die Arbeit gleich los. Birgit befreit mit dem Hochdruckreiniger der Werft den Rumpf von Algen, Seepocken und losem Alt-Antifouling, während ich die Welle ausbaue. Ganz so einfach ist das allerdings beides nicht. Der altersschwache Hochdruckreiniger hat einen kaputten Netzstecker, den wir erst einmal reparieren müssen. Als er auch danach noch ständig die Sicherungen des Netzanschlusses herauswirft, entdecken wir im Kabel eine geflickte Stelle, die den Kurzschluss produziert. Schließlich läuft er zwar, aber leckt derartig, dass bei Arbeit über Kopf (also praktisch immer) ein dünner Wasserstrahl erst in den Ärmel und weiter in T-Shirt und Hose läuft. Binnen kurzem ist Birgit klatschnass. Hilft aber nichts, der Bewuchs muss ab, bevor er eintrocknet.
Als ich die Welle draußen habe, kommt die nächste Überraschung: das Schlagen bei höheren Drehzahlen kommt nicht von einer vermeintlich verbogenen Welle, sondern vom komplett abgearbeiteten Wellenlager. Dieses Lager ist ein 20 cm langes Bronzerohr, das innen mit einer 8 mm starken Hartgummi-Schicht ausgekleidet ist. D.h. sein sollte, denn vom Gummi ist fast nichts mehr übrig. Das Bronzerohr steckt hinten im Wellentunnel im Rumpf und schaut nur 3 mm weit heraus. Das Lager muss ausgewechselt werden, aber zuerst einmal muss es raus. Nur wie? Von vorne kommt man nicht dran, und hinten hat man nichts zum angreifen.
Nach den ersten vergeblichen Versuchen hole ich mir Hilfe beim Mechaniker der Werft. Er ist zunächst ganz zuversichtlich, aber nachdem sein Abzieher auch nicht greift, schüttelt auch er pessimistisch den Kopf. Um den langen Kampf kurz zu machen: wir sägen, klopfen, stemmen, meißeln, konstruieren spezielle Werkzeuge, schweißen Abzieher, ruinieren zig Muttern und Gewindestangen. Nach vier Tagen harter Arbeit ist das Ding endlich draußen. Puh!
Mittlerweile ist der Rumpf mit Epoxy und Tiecoat ausgebessert, die erste Lage Antifouling gestrichen, die rote Farbe am Rumpf teilweise erneuert. Dass es praktisch jeden Tag regnet, macht das Streichen nicht gerade einfacher. Welle, Propeller und Flansch sind gereinigt und poliert, die gebrochenen Gewindestifte des Motorlagers ersetzt. Morgen soll das neue Wellenlager kommen, denn wir haben Glück, ein (fast) passendes auf Tahiti gefunden zu haben. Ansonsten hätten wir nämlich mindestens eine Woche auf die Lieferung aus Frankreich warten müssen. So aber können wir hoffentlich am Wochenende alles wieder zusammenbauen.
Das wird auch Zeit. Das Leben am Hart ist alles andere als angenehm. Das fängt schon damit an, dass wir die Bordtoilette aus anderenfalls allzu nahe liegenden Gründen nicht benutzen können (außerdem fehlt ja das Spülwasser), und der Weg zur Werfttoilette führt einmal ganz ums Hafenbecken herum. Zwischen den Anstrichen sind auch Spüle und Waschbecken Tabu, denn auch das Grauwasser läuft ja außen die Bordwand herunter. Im Schiff fressen uns Tag und Nacht die Mücken auf. Alles in allem kein angenehmer Aufenthalt. Wir hoffen sehr, dass Muktuk Anfang nächster Woche den Rückweg in ihr Element findet.
Aber gelohnt hat sich die Aktion in jedem Fall. Hier ein vorher/nacher Bild zum Beweis: