Die Molas von Kuna Yala

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In Mittelamerika sind neben den schönen Webarbeiten der Maya von Guatemala die Molas der Kuna-Indianer die bekanntesten Produkte in Sachen Textilkunst. Und eine Kunst ist es wahrhaftig.

Eine Mola ist eine Art umgekehrtes Patchwork: bis zu vier Schichten von Stoffen werden übereinander gelegt, Motive ausgeschnitten, mit feinen Stichen umgenäht und bei Bedarf weitere Stoffapplikationen in anderen Farben darauf genäht. Je gleichmäßiger, umfangreicher die Motive, je feiner der Stich, umso kunstvoller die Mola, heißt es.

Vor der Invasion der Spanier und der Ankunft der Missionare trugen die Kunas Körperbemalungen, wie sie u.a. noch bei verwandten Stämmen in Südamerika zu sehen sind. Später wurden die Motive auf die Stoffe ihrer Kleidung gemalt. Man vermutet, dass etwa Mitte des 19. Jahrhunderts die heutige Technik, Molas zu nähen, entwickelt wurde.

Die Molas sind rechteckige Motivbilder und bilden die die Vorder- und Rückseite von Blusen. Die Kuna-Frauen tragen überwiegend die traditionellen geometrischen Muster, nur vereinzelt auch Motive mit Heilpflanzen, Wolken, Geistern oder friedliche Tiere. Die Grundfarben des Hintergrundes sind entweder Schwarz, Purpurrot oder Orange, die Farben der Applikationen variieren.

Die Nachfrage der Touristen nach bunten Molas hat die Palette der Motive und Farben erweitert: blau und grün als Hintergrundfarben, kräftige Farben wie neongelb und grün für die Applikationen kommen hinzu. Tierdarstellungen wie Schildkröten, Krebse, Langusten, Fische, Papageien, das kaufen Touristen gerne.
Die Motivbilder können zu Kissenhüllen umgearbeitet werden, oder Tischdecken und Taschen zieren.

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Venancio Restrepo, Mola-Meister

Gleich nach unserer Ankunft in Kuna Yala klopft Venancio an unser Boot – wir hörten schon von ihm, er habe die schönsten Molas weit und breit. Mit zwei großen Bottichen aus Plastik kommt er an Bord, begleitet von zwei jungen Männern, die ihn im Einbaum zu den Booten fahren. Er packt aus und ich staune, ein Stück schöner und kunstvoller als das andere, vor meinen Augen schwirren die Motive und ich frage ihn vorsichtig, ob ich denn ein paar Fotos machen darf. Sehr gerne möchte Venancio, dass ich seine schönen Molas auch übers Internet bekannt mache und so lege ich los, gut achtzig Fotos entstehen
Er hat jeweils zwei oder vier Molas zusammen geheftet, nach Motiven sortiert. Er erklärt die Bedeutung der traditionellen Motive, ist aber genauso stolz auf die Stücke mit den Tiermotiven für die Touristen, das alles in einer wilden Mischung aus Spanisch und Englisch. Denn Englisch will er nebenbei auch lernen und fragt oft nach den englischen Begriffen. Und ich lerne dabei viel über die Anfertigung der Molas, die Technik, bewundere die feinen Stiche.
In den folgenden Wochen haben wir noch ein paar Mal Molas angeboten bekommen von Kuna-Frauen. Venancio hatte tatsächlich mit Abstand die schönsten!

Hier eine Auswahl:

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Krebse

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Oben: Traditionelle Tänze, unten: Chiefs in der Hängematte mit Pfeife

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Schildkröten

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Traditionelles Motiv mit Heilpflanzen

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Traditionelles geometrisches Motiv, sehr häufig auf Blusen zu sehen

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Geometrisches Motiv, Vorderseite

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Geometrisches Motiv, Rückseite

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Stilisierte Blumen, Vorderseite

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Stilisierte Blumen, Rückseite

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Stoffstreifen für Muster mit Durchbruch

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Wolken

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making of „Wolken“

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Schnecken

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Hähne und Fische

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Segelboot mit Seglern

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Übungsstücke, angefertigt von Schülern aus dem Dorf von Venancio

Mola Lisa

 

Mitte Januar 2016: Der Regenwald am Festland ist nur wenige Meilen von unseren Ankerplätzen entfernt und so verabreden wir mit unseren Freunden von der Fajo, eine Tour zu einem Seitenarm des Rio Tigre. Die Flüsse und den Regenwald darf man nur mit einem Führer bereisen, mit Zustimmung der örtlichen Sailas, den Dorfältesten, lesen und hören wir. Also werden wir eines Morgens von Lisa Harris, bekannter als Mola Lisa, mit ihrem großen Einbaum abgeholt. Schnell noch mal umgekehrt, gut, dass auf der Muktuk noch fünf alte Feststoff-Schwimmwesten lagern, denn ohne dürfen wir nicht los.

1Weste

Bei den Kunas gibt es einige Transvestiten: Jungen, die als Mädchen großgezogen werden, falls eine Familie keine oder zu wenig Mädchen hat. So auch Mola Lisa, lange Haare, Sonnenbrille mit Tigermuster, Handtasche in schwarzem Lack mit Kirschen drauf, feminines Auftreten. Sie näht wunderschöne Molas und bietet Touren an.

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Mola Lisa

Wir fahren mit ihr und einem älteren Kuna im Boot zur Flussmündung und ein Stück den Fluss hinauf, vorbei an Bananen- und Kokosplantagen, ab und zu schaut ein Kuna am Ufer neugierig, wer da vorbei tuckert. Das Wasser ist schön klar, man kann bis auf den Grund sehen. Irgendwann geht es nicht mehr weiter fürs Boot.

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Wir steigen aus und laufen einen Hang durch den Wald hoch, kommen an einem Friedhof vorbei, dann an einem zweiten. Das ist der private Friedhof von Lisa, sie hat vor etlichen Jahren das Grundstück gekauft und inzwischen ihre Eltern und ihren Schwager dort begraben, aber auch andere Familien aus ihrem Dorf haben dort ihre Verwandten zur Ruhe betten können. Kleine Hügel aus lehmiger roter Erde, geschützt gegen Regen durch eine große Hütte mit einem Dach aus Palmwedeln. Wellblech wäre bei der tropischen Feuchte lange nicht so haltbar und viel wichtiger noch, könnten die Seelen nicht entweichen.

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Friedhof

Die Kunas werden in ihrer Hängematte beerdigt, die Frauen tragen ihr schönstes Gewand, eine traditionelle Molabluse und ihren gesamten Schmuck. Auf den Gräbern sehen wir Tonschalen, in denen u.a. Kakao-Bohnen verbrannt werden. Der Rauch kann durch ein Loch im Boden gelangen – für die Toten. Daneben steht die Lieblingstasse des Verstorbenen. Aber auch andere erstaunliche Dinge liegen auf und neben den Gräbern oder hängen an den Pfählen der Hütten, eine Sammlung an Schuhen, ein halber Plastikstuhl, Töpfe, Pfannen.

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Da keine anderen Kunas in der Nähe sind, dürfen wir Fotos machen, dann geht es weiter durch den Regenwald, wieder zum Fluss runter, Lisa will uns die Wasserfälle zeigen. Quer über den Weg gehen Straßen der Blattschneider-Ameisen, ein Gewimmel aus wandernden Blättern, faszinierend in ihrem Fleiß und Ausdauer.

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Blattschneiderameisen unterwegs

Wir waten die meiste Zeit knöcheltief durchs Flussbett flussaufwärts bis wir zu einer Stelle gelangen, wo wir unsere Rucksäcke Lisas Helfer geben dürfen, der den Wald hochklettert. Wir waten durch tieferes Wasser, stellenweise geht es nur schwimmend voran und da ist schon der erste kleine Wasserfall. Lisa setzt ihre Schwimmbrille auf und macht uns vor, wie man hier über die Steine wieder runter sausen kann, ins wirbelnde Wasser hinein. Sie ist stark und eine geschickte Schwimmerin.

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7Andreas

Beim dritten Wasserfall machen wir eine Pause und nach einigem Fragen beginnt Lisa zu erzählen. Sie lebt mit ihrer Schwester und ihren Nichten zusammen, ein reiner Frauenhaushalt, da der Schwager gestorben ist, die Brüder leben in anderen Ortschaften bei ihren Frauen. Aber der Zusammenhalt im Dorf ist groß, die Männer bringen ihr immer wieder Fisch und Langusten mit, dafür hilft sie den Familien aus, wenn es an Mehl und Zucker fehlt oder jemand Geld für besondere Ausgaben braucht. Auch besitzt die Familie etwas Land, das sie ernähren kann.

Nach der Religion gefragt, sagt sie, gibt es nur einen Gott, und der ist der Gott aller Menschen auf Erden. Er hat für die Kunas das schönste Fleckchen der Erde ausgesucht: nicht zu warm, nicht zu kalt, keine Wirbelstürme oder Erdbeben, ausreichend Fisch im Meer und genügend Obst und Gemüse zum Anbauen. Dann hat er vier Sterne in Frauengestalt auf die Erde geschickt, um den Kunas zu zeigen, wo und wie sie hier leben sollen. Eine der vier Frauen blieb bei den Kunas, wurde wie ein Mensch beerdigt und ihre Seele ging den Fluss hinauf ins Paradies. Kunas, die ein gutes Leben gelebt haben, ganz nach den Regeln der Gemeinschaft lässt Gott schnell ins Paradies kommen, ebenfalls flussaufwärts. Andere wiederum, die schlechte Angewohnheiten aus Panama City mitgebracht haben, gar zu Dieben und Mördern wurden, haben es schwerer, sie erscheinen ihren Angehörigen noch lange im Traum, weinen und klagen und dürfen erst nach langer Prüfung in den Himmel. Auch verbiete ihr Gott, dass Menschen operiert werden oder nach ihrem Tode einer Autopsie unterzogen werden. Sie müssen unversehrt beerdigt werden.

Auf die Klimaerwärmung und die sichtbaren Folgen für Guna Yala angesprochen (es verschwinden mehr Inseln durch Überflutung als neue entstehen können) meint Lisa – ja klar, die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind eine Sache. Aber die Kunas glauben, dass dies die Strafe Gottes sei für ungehöriges Verhalten einzelner Gemeinschaftsmitglieder. Und das Meer steige und sinke sowieso im Jahreszyklus, genauso wie der Pegel der Flüsse. Gott werde schon alles richten.

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Auf dem Rückweg nehmen wir die Abkürzung durch den Wald, Lisa zeigt uns noch ein paar Blumen, ein wunderbarer Ausblick von oben aufs Meer, auf den grünen Regenwald. Und noch einmal kommen wir am Friedhof vorbei. Lisa zeigt uns das Grab von zwei Geschwistern, beide waren Albinos. Diese werden von den Kunas sehr verehrt, Gott habe ihnen besondere Kräfte gegeben. Sie sind schon im Alter von 50 Jahren gestorben. Und nein, fügt sie sogleich hinzu – ohne auf die unvermeidliche Frage zu warten, die wurde wahrscheinlich schon häufiger gestellt – nicht an Hautkrebs. Gott habe es so gewollt.

Lisa spricht bei den Familiengräbern mit ihren Angehörigen, verspricht ihnen, bald wieder vorbei zu kommen. Zu ihrer Mutter hatte sie ein sehr enges Verhältnis, erzählt sie. Nach ihrem Tod erschien sie Lisa im Traum, sprach davon, wie schön es im Paradies sei und sie wünschte, ihre Tochter könne bei ihr sein. Sie habe bereits den Schamanen überzeugt, Lisa eine Krankheit zu schicken. Aber Lisa kann und will noch nicht gehen, sie muss ihre Familie versorgen, kann sie nicht alleine lassen. Von den Einnahmen aus den Touren gibt sie die Hälfte an ihr Dorf ab, den Erlös aus dem Verkauf ihrer Molas kann sie gänzlich behalten.

Zurück auf unseren Booten packt Lisa ihren wasserdichten Eimer mit den Molas aus und wir kaufen einige von ihr. Sie hat Molas mit traditionellen geometrischen Mustern, Heilpflanzen oder Wolken und viele mit Vögeln und Tieren des Urwaldes, Meerestieren, und eine mit Köpfen, die Hüte tragen: „Nuchus“ stellen sie dar. Das sind schön geschnitzte Holzstäbe von denen jeder Kuna, aber auch jedes Haus, welche besitzt. Sie werden von den Medizinmännern, den Schamanen, mit Leben versehen und sollen ihre Besitzer, die Häuser und die Dörfer beschützen. Diese guten Geister können sich frei von Insel zu Insel bewegen und erkunden, wo Gefahren drohen, um davor rechtzeitig zu warnen. Auch kann der Schamane mit dem persönlichen Nuchu sprechen, um bei Kranken herauszufinden, wo die Beschwerden liegen.

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Die Mola-Kollektion

Die vier Stunden, die die Tour dauern sollte, sind lange überschritten, wir sind müde von der Sonne, den vielen Eindrücken und könnten trotzdem noch weiter mit Mola Lisa reden, Fragen hätten wir genug. Aber auch sie will weiter, ein amerikanisches Nachbarboot möchte auch Molas kaufen und abends will sie noch ein paar Stunden an der „nueva coleccione“, an neuen Molas arbeiten.

Guna Yala – San Blas

Januar 2016
1Inselchen

Östlich von Colon am Eingang des Panamakanals beginnt das Land der Kuna-Indianer und erstreckt sich bis zur kolumbianischen Grenze. Ein breiter Streifen an Land und das gesamte San Blas Insel-Archipel dürfen sie autonom verwalten: Guna Yala heißt es in ihrer Sprache. San Blas, die spanische Bezeichnung, hören sie nicht so gerne…

Auf den vielen Inseln (die Angaben schwanken zwischen 340 und 365) gibt es 49 Gemeinden mit jeweils hunderten von Einwohnern, die noch überwiegend die traditionelle Lebensweise bevorzugen.

Im Lauf der letzten Jahrhunderte sind die Kunas vom Festland nach und nach auf die Inseln gezogen, die Inseln boten Schutz vor den spanischen Eroberern und anderen Indianerstämmen es gibt hier keine gefährlichen Tiere, Schlangen und Insekten gibt.

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Ende des 18. Jahrhunderts schlossen die Kunas einen Pakt mit dem spanischen Gouverneur von Großkolumbien (zu dem auch Panama gehörte), der ihnen ein weitgehend friedliches Leben garantierte. Mit der Gründung der eigenständigen Republik Panama 1903 fiel das Gebiet der Kunas an Panama. Die darauf folgenden Repressalien der Regierung kulminierten 1925 in einem für die friedliebenden Kunas ungewöhnlich blutigen Aufstand. Die Intervention der USA verhinderte eine weitere Eskalation, ein Friedensvertrag folgte. Die Kunas akzeptierten die Zugehörigkeit zu Panama und erhielten dafür die Zusage, ihre traditionellen Gesetze, ihre Kultur, Sprache und Tradition auf ihrem Gebiet einhalten und bewahren zu dürfen. Zwar müssen die Kunas in Verhandlungen ihre Autonomie immer wieder verteidigen, aber vom Staat Panama wird die „Comarca Guna Yala“ mittlerweile gerne als Paradebeispiel für Selbstverwaltung und Schutz indigener Völker präsentiert.

Eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen sind die Kokosnüsse, der Hauptabnehmer sind Händler aus Kolumbien. Jede noch so kleine Insel gehört einer Großfamilie, die Palmenanlagen werden regelmäßig gepflegt und die Kokosnüsse eingesammelt.

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Auch vom Tourismus können die Kunas inzwischen leben, es gibt keine Hotelburgen, sondern einfache Hütten, manchmal ein kleines Hotel, alle in Kuna-Hand, hinzu kommen die vielen Tagestouristen, die in einfachen Bars am Strand versorgt werden. Und die berühmten Molas, die die Frauen sticken, nähen, sind inzwischen ein begehrtes Souvenier.

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An Land, in den Bergen, die kaum höher als 100m sind, befinden sich die Gärten, „fincas“, der Kunas, mit Bananen, Papaya, Mangobäumen, diverses Wurzelgemüse. Manche Kunas pendeln täglich zwischen Festland und Inseln hin und her, kein einfaches Tagwerk.

In kleinen Einbäumen fahren die Kunas über die Untiefen, halten die Angeln ins Wasser oder tauchen nach Langusten, paddeln und für die längeren Strecken zum Festland oder zwischen den Inseln werden zwei Stangen hervorgeholt, ein kleines Gaffsegel aufgespannt und ein Paddel als Ruder eingesetzt. Viel Körpereinsatz ist dabei nötig, um die Balance auf dem kleinen Gefährt zu halten.

Segelkanu

Die Gesellschaft ist matrilinear organisiert, meistens suchen die Frauen ihre Partner aus, die Männer ziehen bei der Familie der Frau ein. Die Frauen verwalten das Geld, der Grundbesitz wird in der Regel über die Frauen vererbt. Auch das stärkt ihre Position.

Die Dörfer werden von drei Chefs geleitet, ältere Kunas „Salias“ gennant. Ein Kreis von jüngeren Männern, Argars, interpretieren ihre Ratschläge und jüngere Salias sorgen für die Umsetzung bzw. Einhaltung der Regeln. Jeden Abend wird eine Versammlung, ein „congreso“, in der größten Hütte des Dorfes abgehalten. Jeder darf seine Ideen einbringen, mit diskutieren.

In den traditionellen Dörfern müssen Besucher vorher die Erlaubnis des obersten Sailas einholen, bevor sie den Ort besichtigen oder gar abends an einem congreso teilnehmen dürfen.

Bei den Kunas tragen nur die Frauen Tracht: einen bunten Wickelrock, eine Bluse deren Vorder- und Rückenteil eine Mola ziert, einen dicken goldenen Ring in der Nase, oft noch schöne goldene Ohrringe, Halsgehänge, gelb-orangene Perlenschnüre an den Armen und Beinen und ein Tuch auf dem Kopf, wenn sie längere Zeit in der Sonne unterwegs sind. Verheiratete Frauen haben einen praktischen Kurzhaarschnitt. Die Männer hingegen laufen ganz normal in T-Shirt und Shorts herum.

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Es gibt inzwischen aber auch Dörfer, die beschlossen haben, sich nicht mehr an die traditionellen Regeln und Gebräuche zu halten, sie werden als „civilisado“ bezeichnet. Die Frauen tragen keine Tracht mehr, lassen die Haare länger wachsen, und in dem größten Ort des Archipels, in Nargana, geht wohl auch langsam die Kenntnis der eigenen Sprache verloren, das Spanische ist zu dominierend.

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Die Kunas haben es über Jahrhunderte hinweg geschafft, ihre Kultur, Religion und Sprache zu erhalten. Der Einfluss der westlichen Welt wird sicher immer stärker spürbar, Schule, Touristen, Mobiltelefone, Internet, die zunehmende Mobilität. Viele Männer arbeiten in Panama City, die Frauen fahren mit ihren Molas zum Verkaufen dorthin, auch haben viele Kunas inzwischen Häuser in Panama City. Wie die Kunas diesen Spagat meistern, wie diese Spannungen zwischen Tradition und Moderne für sich lösen, das haben wir uns oft gefragt.

2Kunawoman

Bacardi feeling…

1Muktuk

Wie kann man am besten die Euphorie beschreiben, die uns überwältigte, als wir an Deck standen, in der Ferne die hohen Berge des Festlands sichtbar wurden, die Farbe des Meeres sich änderte, helles und dunkles Türkis für die Sandbänke, braun für die Korallenriffe daneben, dunkelblau für die tieferen Stellen, die Inseln näher kamen, ein schmaler Sandstreifen, dichte Palmenwälder, vielleicht mal eine Hütte darauf. Diese Kombination aus wechselnden Wasserfarben und von Palmen bedeckten Inseln begleitet uns nun schon seit drei Wochen. Das mag eintönig klingen, aber wir können uns immer noch nicht satt sehen daran.

2Palmeschief

Riffe, Inseln, noch eine Reihe Riffe, dahinter wieder Inseln mit geschützten Ankerplätzen, ein beständiger Passatwind, der die Palmen in eine Richtung wachsen lässt. Die Regenzeit ist vorbei, Tag für Tag Sonnenschein mit über 30 Grad im Schatten. Und so verwundert es nicht, dass die Segler von überall herkommen, an manchen Plätzen 20 – 30 Boote ankern.

3Riff

Unverzichtbar ist hier der Revierführer „Panama“ von Eric Bauhaus, ohne den man sich nicht in dieses Archipel wagen sollte. Zu den vielen Luftaufnahmen, auf denen die Riffe und Sandbänke zu sehen sind, kommen sehr genaue Detailkarten, die auch in elektronischer Form unter den Seglern kursieren. Anfangs verglichen wir die Angaben noch mit den herkömmlichen Karten: mit denen wären wir mehr als einmal deutlich über die Riffe geschrammt. Manchmal sieht man ein gestrandetes Boot, hört Geschichten von Ausflugs-Katamaranen, die am Riff hängen geblieben sind.

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Vom Festland kommen täglich „lonchas“, überdachte kleinere Motorboote mit Touristen, die an Inseln und Sandbänken für ein paar Stunden ausgesetzt werden, im warmen Wasser stehen, einen Drink n der Hand, Musik im Hintergrund, das „Bacardi-Feeling“ aus der Werbung für einen perfekten Urlaub.

4Bacardi

Und natürlich sind die Riffe ein herrliches Revier zum Schnorcheln, an manchen Stellen ist die Vielfalt der Unterwasserwelt an Fischen und Korallen überwältigend.

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Dann gibt es die „hot spots“ an den Riffen, wo bei gutem Wind die Kite-Surfer unterwegs sind. Ihre bunten Drachen kann man schon von Weitem erkennen. Das Damenprogramm lässt sich etwas gemütlicher an.

6Kanu

Auch wir genießen die Zeit hier – und inzwischen haben wir ein paar Mal schon Langusten von den Kunas kaufen können. Hier der Beweis:
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Einzig die „no-see-umms“ ärgern uns manchmal: winzig kleine Insekten, kaum sichtbar fürs Auge, überfallen Arme und Bein, beißen unangenehm und können einen gemütlichen Strandspaziergang am späteren Nachmittag schneller beenden als gedacht. Da hilft nur die Flucht zum Dinghi und zurück aufs Boot.

Die Umweltverschmutzung macht auch vor dieser schönen Ecke nicht Halt, der Plastikmüll ist allgegenwärtig. Flaschen, Tüten, Schuhe, werden an die Strände geschwemmt, manchmal sieht man auch schwarze volle Müllsäcke auf dem Wasser schwimmen. Also nicht nur von Außerhalb kommt der Müll. Viele Inseln sind sehr gepflegt, Palmwedel werden eingesammelt und verbrannt, der Sand wird gefegt, aber es gibt auch Inseln wo man unter den Palmen kaum durchkommt und am Strand sich der Müll der zivilisierten Welt sammelt. Die Blechdosen von Bier und Cola werden allerdings gesammelt und an die kolumbianischen Händler verkauft. Schade, dass das nicht auch für die Plastikflaschen gilt.
8Plastikmuell

9Schuh