Palme statt Tannenbaum

Palmenstrand2

Vollmond zu Weihnachten ist ja schon selten genug. Dazu noch einen ruhigen Ankerplatz, umgeben von Riffen, an denen sich malerisch die aus Nordost heranrollenden Wellen brechen. Und als Krönung eine kleine Insel, bestanden mit ein paar Dutzend Palmen, ein paar Hütten, in denen eine Kuna-Familie wohnt. Dort haben wir den Weihnachtsabend verbracht, zusammen mit unseren lieben Freunden von der FAJO und ein paar weiteren Seglern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

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Ein paar Fische auf dem Grill, Beilagen und Salate – jeder bringt zum Potluck etwas mit, Bier und Wein sowieso. Auch wenn unser Weisswein, den wir voriges Jahr in Guadeloupe gekauft hatten, nicht einmal mehr zum Essig taugte – Tropen eben. Aber wunderschön war der Abend, am Ende saßen wir am Strand, mit besagtem Vollmond in den Palmengipfeln und haben noch lange erzählt.

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Die Strapazen der Überfahrt sind schon vergessen, die Arbeitsliste wird auch schon kürzer, das Solarpaneel ist mit neuer Befestigung wieder montiert, das neue Windmessgerät dreht sich im Masttop. Unmengen Handtücher und Klamotten sind frisch gewaschen, denn unsere Weihnachtsinsel hat ein Wasserloch im Boden, und wir durften uns zum Wäschewaschen bedienen.

Wasserloch

Die Versorgungslage ist hier allerdings bescheiden bis nichtexistent. Gerüchte sprechen von einem Veggie-Boot, das ab und zu vorbeifährt und Gemüse oder auch mal ein Hühnchen verkaufen soll. Bisher haben wir es aber noch nicht gesehen. Auch auf die Fischer, die uns Fisch oder gar ein paar Langisten anbieten, warten wir bisher vergebens. Internet soll über Telefonkarten möglich sein, aber diese Karten haben wir bisher auch noch nicht gesehen. Fotos im Blog werden wir also wohl Anfang Februar nachreichen müssen. Auch die Pactor-Empfangsbedingungen für Mails und Text-Blogs sind sehr schwierig hier, so dass wir unsere Weihnachtspost erst am 26. absenden konnten. Na ja, das sind aber alles Kleinigkeiten, auf die man auch gut verzichten kann. Und wenn wir gar nichts frisches mehr zum Essen haben (also demnächst!), lichten wir den Anker und fahren ein paar Meilen weiter, wo wir vielleicht etwas einkaufen können. Weit sind die Strecken hier nicht, man muss sich nur gut zwischen den Untiefen hindurchschlängeln.

Mangrove

Mal sehen, wo wir zu Sylvester sind.

KleineInsel

POS 09°34,40N 078°51,33W

Christmas Winds

Christmas Winds, so heißen die regelmäßig im Dezember vor Panama auftretenden verstärkten Passatwinde, die gerne 6-7 Windstärken erreichen können (was wir hiermit als Augenzeugen bestätigen). Für uns heißen sie Christmas Winds, weil wir mit ihrer Hilfe wohl (toi toi toi) rechtzeitig zu Weihnachten auf den San Blas Inseln ankommen werden.

Das ist uns auch ganz recht, denn auch der zweite Teil der Überfahrt erweist sich als recht anstrengend. Auch wenn wir fast mit Halbwind unter gerefften Segeln mit 5, 6 oder 7 Knoten dahinsausen, der Seegang hier ist schon recht ordentlich, und immer mal wieder rauschen wir in eine dieser großen Wellenberge hinein und bekommen ein paar Hektoliter Wasser übers Deck gespült.

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Vorgestern Nacht (das passiert natürlich immer nur nachts, und zwar mit Vorliebe, wenn ich gerade eingeschlafen bin) hat sich eines unserer beiden Solarpaneele, das zwischen den Achterstagen befestigt war, losgerissen. Die Befestigungshölzer waren morsch und haben entweder dem Wind oder der Schiffsbewegung nicht mehr standgehalten.

Also rein in den Lifebelt, Deckslicht an, beidrehen und versuchen, das Ding zu bergen. Die anderthalb Quadratmeter große Platte bei Wind und Seegang erfolgreich unter Deck zu manövrieren, war gar nicht so einfach. Es passte gerade so eben durch den Niedergang. Werkzeug holen, Befestigungsbügel von den Stagen abmontieren… Spannendes Programm für die sonst so langweiligen Nachtstunden.

Leider hat das umherfliegende Paneel auch noch zwei Propellerflügel unseres Windgenerators abgebrochen, so dass wir nun mit Strom etwas haushalten müssen. Zwar können wir mit der Maschine die Batterien laden, aber bei der Lage, die wir auf unserem Kurs schieben, sollte der Motor nicht laufen, so dass wir zum Laden beidrehen müssen. Kein großes Problem, aber unseren Hauptverbraucher, den Kühlschrank, haben wir stillgelegt. Gibts es eben kein kaltes Bier, wenn wir ankommen. Aber die Navigationselektrik und der Bordrechner sind dann doch wichtiger.

Windgenerator

Auch unter Deck sieht es etwas mitgenommen aus. Obwohl selbst bei tropischem Starkregen die Muktuk im Wesentlichen dicht ist: dem Wasserdruck der großen Platscher sind einige unserer Lukendichtungen nicht gewachsen, es kommt also immer mal wieder ein Schub Salzwasser herein. Oder mit perfektem Timing öffnen wir gerade dann das Niedergangsluk, um Ausguck zu gehen, wenn es die Muktuk gerade in einen Wellenberg haut – die nächsten paar Liter Salzwasser im Schiff.

Und da an Lüften seit drei Tagen nicht im Traum zu denken ist, haben wir unter Deck bei 30 Grad eine Luftfeuchtigkeit von 100%. Tropfsteinhöhle vom Feinsten. Man schwitzt einfach ständig, ob man etwas tut oder nur dasitzt oder schläft. Eine Seefahrt die ist lustig usw.

Wir haben ja wirklich viele Handtücher an Bord, aber keines ist mehr trocken. Alle sind oder waren im Einsatz, um die Messepolster und Matratzen zu schonen, Salzwasser aufzuwischen, oder unseren Schweiss abzutrocknen. A propos Matratzen: bei der Lage auf Steuerbordbug gibt es sowieso nur zwei mögliche Schlafplätze, und in einem davon (der Mittelkoje) liegt nun als ungeplanter Gast unser Solarpaneel. Alle Matratzen haben entweder Salzwasserflecken oder sind vom Schweiss durchnässt.

Handtuecher

Die durchschnittliche Halbwertszeit eines trockenen T-Shirts oder einer Hose beträgt 30 Minuten. Dann ist es tropfnass – entweder durch einen Salzwasserplatscher oder durchgeschwitzt. Wir werden eine Menge Süßwasser brauchen, wenn wir angekommen sind. Und unsere ohnehin schon beachtliche Arbeitsliste ist durch die Überfahrt noch ein wenig länger geworden.

Und natürlich Akrobatik ohne Ende. Ob beim Spülen, Kochen oder Essen: man befindet sich nicht länger in einem Inertialsystem und muss jederzeit damit rechnen, dass sich normalerweile friedliebende Gegenstände spontan und mit bisweilen böswilligem Timing selbständig in Bewegung setzen. Birgit hat schon einen blauen Fleck von einer fliegenden Teekanne. Fliegende Untertassen haben wir nicht an Bord.

Aber das mit dem rechtzeitig ankommen sieht gut aus. Chirstmas Winds eben. Wir stehen 105sm vor dem Ziel, das sollte in einem Tag zu schaffen sein.

POS 11°12’N 079°36’W

Gegenan

Sie hat zwar nur rund 660 Seemeilen, die Überfahrt von Roatan zu den San Blas Inseln, aber diese Meilen haben es in sich. Sagen wir mal so: diese Überfahrt hat unter den Kandidaten für unsere Lieblings-Überfahrt eher schlechte Chancen.

Das erste Problem sind die ersten knapp 200 Seemeilen, die gehen nämlich genau nach Osten. Und wo kommt der Wind zu dieser Jahreszeit verläßlich her? Richtig: genau aus Osten. Und statt der angesagten 10kn waren es auch noch gute 25kn, die uns gegenan bliesen, entsprechenden Seegang gab’s kostenlos dazu. Wir haben beides probiert: unter Maschine gegnan tuckern (sehr nervig) oder unter Segeln aufkreuzen. Bei 140 Grad effektivem Wendewinkel auch kein Vergnügen, pro gesegelter Meile macht man gerade mal eine Drittelmeile Richtung Ziel gut. Der Cosinus lässt da nicht mit sich reden.

Nicht umsonst heisst es ja: Der Gentleman kreuzt nicht. Der Gentleman wartet auf besseren Wind. Aber Mitte Dezember auf Wind zu warten, der nicht aus Osten kommt, na ja… das kann schnell Ostern werden. Also war’s diesmal nichts mit Gentleman.

Kaum haben wir die Strecke gegenan hinter uns und können wieder unseren Kurs aufs Ziel anliegen, prompt kämpfen wir mit anderen Widrigkeiten. Birgit und ich haben uns beide eine Art grippalen Infekt eingefangen, sie mit Husten und Gliederschmerzen, ich mit Halsweh und Matschbirne. Beide versehen wir nur notdürftig gedopt unsere Wachen (Birgit mit Ibuprofen, ich mit Aspirin) und können die eigentlich schöne Segelei gar nicht so recht geniessen.

Birgit ist sich sicher, wer daran Schuld ist: der Jüngling aus dem Büro des Hafenmeisters in Roatan, dem die Nase lief und der sich seinen Rotz erst auf die Finger und dann abwechselnd an seiner Hose und an unseren Reisepässen abwischte. Der war vielleicht eine Gestalt: zum Ausfüllen eines Word-Formulars von acht Zeilen brauchte er sage und schreibe eine Stunde. Sorgfältig jedes Wort erwägend, tippte er es nach fünf Minuten endlich ein, nur um es dann wieder wegzulöschen und nach weiteren fünf Minuten durch ein (anderes?) Wort zu ersetzen usw. usw. Am Ende kam sein Vorgesetzter noch mit ein paar Korrekturvorschlägen an (nochmal 15 Minuten Rotzwischen) und schliesslich hatten wir ein wunderbares Dokument in den Händen, dass die Ausreise von einem Herrn Andreas Manfred Deutsch nebst Crew bestätigt. Auf eine Verbesserung meines Namens habe ich dann doch lieber verzichtet, ich hoffe es wird auch so gelten. Wie sagt ein lieber Arbeitskollege so schön: Eignung für leichte Erdarbeiten unter Aufsicht.

POS 15°13’N 082°17’W

Noch knapp 400 Seemeilen bis San Blas. Noch sechs Tage bis Weihnachten. Drückt uns die Daumen.

ThreeLittleBirds

Land unter

Wir waren ja schon vorgewarnt, dass es eine Menge geregnet hat in Rio Dulce. Aber dass das Wasser glatt einen Meter höher steht als vor unserer Abreise, hat uns dann doch überrascht.

Gut dass Schiffe schwimmen, sonst wäre unser Deck schon unter Wasser. Im Ort ist denn auch einiges wirklich unter Wasser – Geschäfte, Restaurants, Straßen, alles wartet darauf, dass das Wasser endlich wieder sinkt, damit das normale Leben wieder weitergehen kann.

In etlichen Marinas sind auch die Stege schon unter Wasser, und weil die Fender ja aufschwimmen, ist es dort schwer, die Boote ordentlich fest zu machen. Der Strom auf den Stegen musste natürlich auch abgeschaltet werden. Wir in unserer Monkey Bay Marina haben Glück, denn die Stege sind recht hoch, so dass wir noch ca. 30cm Reserve bis zu nassen Füßen haben. Wenn ein vorbeifahrendes Boot starken Wellenschlag produziert, schwappt schon mal eine Welle über den Steg, aber normalerweise kommen wir trockenen Fußes an Land.

In zwei Tagen wollen wir in Richtung Roatan aufbrechen, dann werden wir nach sechs Monaten Süßwasser endlich wieder Seewasser unterm Kiel haben. Die Technik ist soweit geprüft und in Ordnung, die letzte Ladung Wäsche ist im Trockner, die letzten Einkäufe müssen wir noch erledigen.

Muktuk scharrt mit den Hufen.

Präsidiale Karrieren

litfass
Antiplakat mit den Logos der Parteien: „Vor dem Verzehr dieser Produkte wird gewarnt“

Guatemala hat gewählt und ein Außenseiter hat das Rennen gewonnen… ein Komiker wird Präsident
Aber schön der Reihe nach: von den Demonstrationen, die seit April in der Hauptstadt jeden Samstag stattfinden, hatten wir schon berichtet. Die Vizepräsidentin war zurückgetreten, weil sie sich etliche Millionen Dollar an Steuergeldern in die Tasche gewirtschaftet hatte.
Die internationale Untersuchungskommission fand dann Ende Juli noch weitere Akteure: Minister, Angestellte im Staatsapparat und siehe da, sogar den amtierenden Präsidenten Otto Perez Molina, verschlüsselt immer als Nr. 1 bezeichnet. Sie alle hatten bei diesem System mitgemacht und sich ordentlich bereichert.
Der Präsident stritt alles ab, aber die Proteste mehrten sich, je mehr Dokumente in der Tagespresse veröffentlicht wurden, die seine Mittäterschaft belegten.
Nun kamen sogar in den Provinzstädten spontan Menschen zusammen, mit witzigen selbst gemalten Plakaten und fast alle schwenkten die guatemaltekische blau-weiß Fahne dazu.
Die Demonstrationen fanden ihren Höhepunkt in der zweiten Augusthälfte, drei Tage lang gab es hintereinander Straßensperren, und Protestmärsche in vielen Städten, der größte am 26. August in Guatemala City, mit über 230.000 Menschen. Die Universitäten riefen geschlossen zur Demo auf, sogar Konzerne, ausländische Firmen wie McDonalds, gaben ihren Angestellten dafür frei.
Es herrschte eine fröhliche Aufbruchstimmung im Lande, eine Entwicklung, die vor nicht allzu langer Zeit noch undenkbar gewesen wäre. Friedlich demonstrieren zu können war so lange nicht möglich und nun geht es, ohne Angst vor Militär und Polizei haben zu müssen.

Selbst als in Coban etliche LKWs voller Campesinos (Landarbeiter, Mayas), vor dem Rathaus randalierten und es stürmen wollten, gab es zwar erst einmal seitens der Polizei Schüsse, zwei Verwundete und helle Aufregung, aber am gleichen Nachmittag schon fanden sich auch hier Studenten und Campesinos zusammen, um laut trötend und Parolen rufend zu demonstrieren. Die Mannschaftswagen der Polizei standen weiterhin in den Seitenstraßen, aber hielten sich im Hintergrund.
Der Kongress beugte sich dem Druck der Strasse und setzte eine Kommission ein, die die Empfehlung ausgab, dem Präsidenten die Immunität abzuerkennen. Einen Tag später kamen die Abgeordneten zusammen und ohne Gegenstimmen folgten sie der Empfehlung der Kommission und kurz darauf wurde der Präsident dann in Haft genommen.
Allerdings fehlten die Abgeordneten der Lider-Partei bei der Abstimmung. Deren Kandidat, Baldizon, war überall im Lande auf Plakaten allgegenwärtig, hatte viel mehr Geld ausgegeben für den Wahlkampf als offiziell erlaubt und man sprach öffentlich von Stimmenkauf und Drogengeldern, die im Wahlkampf gewaschen wurden.

All dies überschattete die heiße Phase des Wahlkampfes, denn der Wahltermin für den 5. September stand schon fest: für das Präsidenten-Amt, die Abgeordneten des Kongresses, der Kreisbezirke und der örtlichen Bürgermeister. Und nicht zuletzt für die Abgeordneten des Panamerikanischen Kongresses.
Keine Zeit also, das Wahlgesetz zu ändern oder gar neue, von Korruption freie Parteien zu gründen. So sprachen denn vor allem in den Städten viele von Wahlboykott, denn den Kandidaten der überregionalen Parteien wollte niemand trauen, alles korrupte Gesellen, hieß es.
Und so kam es, dass die Werte des zuvor hoch gehandelten Baldizon kontinuierlich sanken, in den grossen Städten kaum noch jemand für ihn stimmte.

Von den 14 Kandidaten blieben für die Stichwahl im Oktober Sandra Torres und Jimmy Morales übrig. Sandra Torres von einem eher sozialdemokratisch geprägten Bündnis war in den Augen viele Wähler eine mit allen Wassern gewaschene Politikerin, die sich von ihrem Ehemann pro Forma scheiden ließ, um als Kandidatin anzutreten.
Denn er war bereits einmal Präsident gewesen, und als seine Ehefrau durfte sie nicht kandidieren. Und Jimmy Morales, nun, er war früher Komedian, hatte jahrelang eine eigene Sendung im Fernsehen und ist inzwischen ein recht erfolgreicher Unternehmer.
Wer hinter seinem Wahlkampf stand, war nicht so klar, ab und zu konnte man sogar in der überregionalen Presse lesen, es seien die gleichen Kräfte, die auch den abgesetzten Präsidenten unterstützt hatten. Fakt war, Jimmy Morales warb auf allen Plakaten damit, „weder Dieb noch korrupt“ zu sein, und das reichte wohl aus, um sich von den altbekannten Gesichtern zu unterscheiden.
Die Stichwahl vom 25. Oktober gewann er haushoch, im Januar wird er dann eingesetzt, ebenso tritt dann der neue Kongress zusammen. Der allerdings ist in der Mehrheit von der Lider-Partei besetzt, es wird sich also so schnell doch nichts ändern.
Die Demonstrationen in der Hauptstadt gehen weiter, jeden Samstag, um gegen die hohen Gehälter der Richter und Beamten zu protestieren und vieles mehr.

campesinos
Campesinos

studenten
Studenten protestieren

wahlplakat
Wahlkampf-Wagen für einen Außenseiter

Wuff
„Wuff, wuff, schleich dich, Otto“, gesehen in Xela

zentrum
Demonstration in Coban