Seltsame Begegnung

Etwa auf halbem Weg zwischen Kuba und Mexiko, sechzig Meilen weg von Land in jede Richtung. Ich habe Wache und sehe von Deck aus etwas Seltsames im Wasser. Zu klein für ein Schiff, zu seltsam geformt für ein Seezeichen, dass es laut Karte hier auch nicht geben sollte. Auch mit dem Fernglas werde ich aus dem Ding nicht schlau. Ich wecke Birgit, die ja bessere Augen hat, aber auch sie rätselt.

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Wir ändern unseren Kurs ein wenig, um näher heranzukommen. Es ist ein kleines, mit einfachsten Mitteln zusammengebautes Bötchen. Zwei Rümpfe, bestehend aus einem Metallgitter, gefüllt mit Scheiben von Styropor, oben drauf eine Plattform, ein abgespannter Mast mit einer Art Rahsegel, schon recht zerfetzt.

Wir haben 5 Bft. Wind, Raumschot-Kurs, Vollzeug inklusive Fisherman gesetzt und können daher nicht schnell aufstoppen, sausen also mit sechs Knoten Fahrt an dem Gefährt vorbei, im Abstand von vielleicht 50 Metern. Erkennen können wir nicht viel, aber es scheinen keine Personen an Bord zu sein.

Aber sicher sind wir nicht. Nach ein paar Minuten bergen wir den Fisherman, wenden und segeln auf Amwindkurs zurück. Wieder in der Nähe, bergen wir die Segel und laufen die letzte viertel Meile unter Motor.

Ein großer Tanker hält allerdings genau auf das seltsame Gefährt zu. Ich funke ihn an, erkläre ihm die Situation und bitte ihn, uns etwas Raum zu geben. Er ändert nicht nur seinen Kurs, sondern stoppt sogar auf und wartet, was unsere Nachforschungen ergeben.

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Wir fahren ein paar Kreise um das Boot und können nun aus einem Abstand von ein paar Metern genaueres erkennen. Personen sind wirklich keine drauf, dafür aber einige – anscheinend leere – Wasserkanister, Säcke mit Vorräten (Lebensmittel?), eine Reisetasche, ein Koffer, ein paar Kleidungsstücke und Gummistiefel.

Es sieht eindeutig nach einem selbst zusammengezimmerten Flüchtlingsboot aus, ob aus Kuba oder aus Haiti können wir nur raten. Offensichtlich ist die Flucht aber wohl missglückt, denn warum sonst hätten der oder die Passagiere ihre Koffer und Taschen an Bord gelassen? Sind sie über Bord gespült worden? Wurde sie von der Küstenwache aufgebracht und zurückbefördert? Wir wissen es nicht.

Der Rest ist schnell erzählt. Dem wartenden Tanker geben wir Entwarnung, seine Hilfe wird nicht benötigt. Den Rest der Schifffahrt warnen wir mit einer Sicherheitsmeldung über UKW mit Position und geschätzter Driftgeschwindigkeit und –richtung. Aber Birgit und mir bleibt der trostlose Anblick des verlassenen Gefährts noch lange in Erinnerung.

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