Valle Gran Rey ist eine sehr deutsch geprägte Aussteigerkolonie inklusive deutschem Metzger und deutschem Bäcker. Einmal die Woche gibt es einen Hippie-Markt mit Räucherstäbchen, allerlei Heilkräutern und selbstgetöpferten Batikklamotten.
Das Örtchen hat aber noch eine weitere Attraktion. Im Hafenbecken von Valle Gran Rey lebt nämlich eine größere Anzahl von Rochen. Ganz am Ende, da wo eine Steintreppe ins Wasser führt und die Fischer ihre Abfälle ins Wasser werfen, versammeln sie sich. Bei Niedrigwasser stehen dort gerade mal noch zwei Meter Wasser und man kann sie sehr schön beobachten.
Die größten sind Pfeilschwanzrochen, die haben eine Spannweite von knapp zwei Metern. Daneben gibt es noch ein paar Entenschnabelrochen und Dutzende gemeiner Rochen, letztere etwa einen Meter breit. Einige von ihnen haben sogar einen Namen, einer der Pfeilschwanzrochen wurde mir als Sebastian vorgestellt, die Namen der anderen habe ich vergessen. Mein Namensgedächtnis war noch nie besonders gut.
Wenn sie nicht gerade herumschwimmen (was schon sehr cool aussieht), legen sie sich flach auf den Boden, fächeln sich mit dem Flossensaum etwas Sand auf den Rücken und sind dann perfekt getarnt kaum mehr vom Grund zu unterscheiden. Nur ihre zwei Augen kann man erkennen, und wenn man die gefunden hat, errät man auch den Umriss des Rochens. Ab und zu zwinkern sie sogar.
Sie lassen sich weder durch um sie herum schwimmende Schnorchler noch durch ins Wasser springende Kinder irgendwie beeindrucken. „Wenn man auf sie tritt, das mögen sie nicht. Ansonsten machen die nichts“ verrät uns eine hiesige Rochen-Expertin.
Ganz besondere kleine Fische schwimmen manchmal nachts um unser Boot, was weit draußen vor dem Hafen vor Anker liegt. Es sind Dornhechte, lange dünne, ca. 30cm lange blau glänzende Exemplare mit einem langen spitzen Schnabel wie ein Schwertfisch, nur eben kleiner. Sie schwimmen an mondlosen Nächten ganz dicht an der Oberfläche. Wenn man länger mit der Taschenlampe hinleuchtet, sind sie weg. Da haben wir natürlich nachts das Wurfnetz ausgepackt und versucht, ein paar zu fangen.
Es wäre allerdings besser gewesen, ich hätte das mit dem Wurfnetz vorher einmal bei Tageslicht probiert. Bei youtube findet man viele lehrreiche Videos, wie man die Dinger werfen sollte, bei uns scheint aber die Schwerkraft anders auf das Netz einzuwirken, oder der Raum ist anders gekrümmt, es ist jedenfalls nicht ganz einfach. „How to pancake a cast net“ – das muss man den Amis schon lassen: diese Eleganz, mit der sie das Wort Pfannkuchen als Verb verwenden! Wie man ein Wurfnetz pfannkucht, gemeint ist natürlich, dass es sich im Flug zu seiner vollen runden Form öffnet. Bei mir wurde das zuerst eher Kaiserschmarrn, bald aber zumindest Nierentische, so dass wir am Ende doch ein paar von den Biestern erbeuten konnten.
Geschmacklich gar nicht mal schlecht, aber relativ grätenreich. Das Schlimmste aber: die Mittelgräte samt Abzweigungen hat eine leuchtend karbolblaue Färbung. Irgendwie ist diese Farbe doch eher für Sommerkleider als für Gräten geeignet, beim Essen sieht das trotz besserem Wissen giftig aus, und man erwartet statt Fisch- eher Minz- oder Mentholgeschmack. Den Rest des Fangs haben wir dann als Köder kleingeschnitten, auf Haken gespießt und versucht, gegen Tunfisch oder Doraden einzutauschen. Hat aber nicht geklappt. Noch.