San Juan

Letzen Samstag auf dem Markt ging ich einem würzigen Duft nach und sah eine alte Bäuerin mit einem Karren voller grüner Sträuße vor der Halle stehen. Es sei Brauch, sagte mir die Bäuerin, die Pflanzen in einen Bottich voller Wasser zu legen und am Sonntag mit diesem wohlriechenden Wasser Gesicht und Hände zu waschen. Also kaufte ich auch ein Bündel und ließ mir erklären, was alles darin zusammengebunden war: Zitronenverbene, Melisse, Minze, Salbei, Rosmarin, Nussblätter, und noch viele andere intensiv duftende Pflanzen, deren Namen ich nicht kenne, eines bloß davon habe ich mir gemerkt, das auf Spanisch „gutes Kraut“ genannt wird.

Kräuter
Die Sonne schien, im Boot war es warm, und die Kräuter verströmten selbst im schwarzen Bottich im Wasser noch den wunderbaren frischen Duft, nicht nur, wenn wir daran vorbeigingen, er zog durchs ganze Schiff.
San Juan wird hier überall in der Gegend am 23. Juni gefeiert, ähnlich wie in Nordeuropa der Johannistag am 21. Juni. Im Nachbarort Palmeira wird er richtig groß begangen. Schon zwei Tage davor geht es los, gibt es Musik, tagsüber zieht die örtliche Gruppe der Dudelsackspieler durch den Ort, abends treten Musikgruppen auf, die Bars sind voller Menschen, die auf ein Weinchen und ein Tapa zusammenstehen, Kinder wuseln bis spät in der Nacht ganz selbstverständlich mit herum.
Höhepunkt ist dann am letzten Tag, eine „sardiñada“, auch ein Feuer war angekündigt. Also sind wir mit unseren Freunden dorthin gefahren: Am Strand hinter der Mauer wurden auf drei großen Rosten die Sardinen gegrillt, davor auf der Promenade standen die Verkaufstische, und dazu eine ganz lange Schlange gut aufgelegter Menschen. Es ging recht zügig voran, und wir wurden unterdessen unterhalten von einer unglaublich energievollen Zumba-Tänzerin, deren Schule hier in der Gegend liegt, und ihren Schülern, viele Jugendliche dabei. Ihre Musik lag ständig im Wettstreit mit einer Gruppe junger Männer, die ein paar Meter weiter mit Schlagzeug und Blechinstrumenten ebenfalls lateinamerikanische Stücke spielen wollten.
Die Sardinen waren köstlich, mit dem groben Salz knusprig gebraten, ein Stück dunkles Maisbrot dazu, ein Bier aus dem Plastikbecher. Unser Stehplatz an der Mauer beim Essen war perfekt: wir beobachteten die Sardinenbrater bei der Arbeit, ohne Handschuhe wendeten sie die Fische auf dem Rost, eine der Frauen, gab uns ab und zu noch ein paar Sardinen hoch, einfach so!

Sardinen
Etwas später, mit einem Glas Wein am Strand weiter vorne konnten wir das Feuerwerk zu Mitternacht erleben – genau über uns! Fünfzehn Minuten lang!
Danach wurden die beiden großen Holzfeuer angezündet, um die „bruchas“, die Hexen, z u vertreiben, die in dieser Nacht unterwegs sein sollen. Eines der Feuer war mit einer Opfergabe bestückt: ein altes Fischerboot aus Holz wurde mit verbrannt…
Holzfeuer

Clases de Espanol

José

OscaryJuan2

Encandada, estos son Oscar y Juan, mis profesores de Espanol. Ellos hablan con migo espanol y me explican las palabras que me faltan, me corrigen con el tiempo de los verbos.

Muchissimas gracias! Tambien gracias a José, que estuve trabajando con Oscar en el barco Muktuk en los primeros meses.

Penso, que voy echar de menos la conversation con vosotros, la alegria, las bromas de Oscar y el buen ambiente en el barco durante del este tiempo!

Darf ich vorstellen, das sind Oscar und Juan, die beiden Schreiner, die zur Zeit im Inneren des Bootes die letzten Arbeiten leisten. Die beiden, und auch José, der von Dezember bis April mit dabei war, sind für uns im Alltag die besten Lehrer für Spanisch geworden, die man sich vorstellen kann.

Zwar hatten wir in Deutschland bereits vor fünf Jahren mit einem Sprachkurs privat und an der Volkshochschule begonnen, allerdings war davon gerade so viel hängen geblieben, dass wir einkaufen gehen konnten und uns trauten, nach dem Weg zu fragen. Um eine Wohnung zu mieten, nahmen wir sehr gerne die Hilfe von Erika an… Um mit den Handwerkern die Arbeiten zu planen half und hilft uns immer noch Nicolas.

In den ersten Wochen, und auch danach, müde vom täglichen Streichen, Planen, Hin- und Herfahren, haben wir abends auch nicht mehr Grammatik und Vokabeln gepaukt.

Dann aber kamen die Handwerker an Bord und es ging los, zuerst für zwei Wochen Diego, der Elektriker, mit dem Andreas die entsprechenden Begriffe üben konnte.

Ab Dezember waren die Schreiner da, durch Zuhören, Wiederholungen, kamen noch weitere Fachwörter dazu, wie Akkuschrauber, Leisten, darüber, darunter, Klappen, Schubladen.

Aber dann wollte ich auch gerne mit ihnen plaudern und sie mit uns, bewegten wir uns doch auf immer enger werdendem Raum (bedingt durch den Ausbau) täglich mit den Schreinern umeinander. Anfangs beschränkte sich die Konversation auf das Wetter, das ja sehr ergiebig war und immer noch ist, vor allem der viele Regen, auf den man schimpfen konnte. Dann aber fragten sie mich allerhand über uns, das Boot, und ich versuchte zu antworten, mit Händen und Füßen, Mimik, Pantomime, und nach und nach verstanden sie besser, was ich zu sagen versuchte. Ihrerseits halfen sie mir, mit Umschreibungen, Erklärungen, wenn ich ein Wort oder eine Redewendung so gar nicht verstehen konnte. Und so erfuhr ich ein bisschen was über das Leben hier, über die Familien, Krise in Spanien, die unsichere Arbeitsituation.

Inzwischen sind wir gut eingespielt, selbst Juan, mit Mitte Zwanzig der Jüngste, korrigiert mich ohne Scheu, wenn ich eine Verbform falsch verwende, oder ein Wort einfach aus dem Rumänischen, Englischen oder Italienischen herleite, es aber in Spanien etwas anders ausgesprochen wird, oder eine etwas andere Bedeutung hat. Ich verstehe sogar manche Witze, die Oscar macht: so wie heute, als ich an Deck beim Streichen der Ecken mit dem Kopf gegen den Aussenborder am Heck knallte und entsprechend laut reagierte, kam nach einer halben Stunde, als ich es schon längst vergessen hatte, Oscar hoch, und fragte, ob alles in Ordnung sei. Er wollte nachschauen, ob ich noch lebe, weil es ihnen da oben etwas still vorkam…

Und eine Hausaufgabe muss ich dringend noch erledigen: Kuchenrezepte übersetzen. Im Winter habe ich angefangen, möglichst einmal pro Woche einen Kuchen zur Werft mitzunehmen, für die Kaffeepausen. Inzwischen kann ich an Bord backen, während sich die Schreiner wegen dergestalt erschwerten Arbeitsbedingungen „beschweren“ und ankündigen, mit uns mitsegeln zu wollen, wenn das so weiter ginge. Aber ein Hefezopf (Danke Elfriede!) darf heutzutage auch gleich angeschnitten werden, nachdem er etwas abgekühlt ist. Vor ein paar Tagen fragte Oscar nach einigen Rezepten… und das ist nun eine Herausforderung. Äpfel klein schneiden, Zitrone reiben, schaumig rühren, wie heisst das alles richtig und verständlich in der anderen Sprache?

Sicher freue ich mich, wenn kein Holzstaub mehr auf der Muktuk herumwirbelt, aber ich werde die Schreiner bestimmt vermissen, die Gespräche mit ihnen und insgesamt die gute Stimmung, ihre Fröhlichkeit, die sie mit aufs Boot gebracht haben.

Waschen – Schneiden – Foehnen

Die Muktuk hatte in den letzten Wochen einen Termin bei mir, der so ähnlich lautete: Waschen – Streichen – Sanden – Saugen – und wieder Streichen.
Im Herbst hatten wir zu dritt (Nicolas, Andreas und ich) während der letzten schönen Sonnenwochen die Muktuk mit vereinten Kräften an Deck mit sieben Farbschichten versehen. Es fehlte nun noch der letzte Anstrich, der dafür sorgen soll, dass wir beim Herumgehen und Arbeiten an Deck nicht ausrutschen.
Von Erich haben wir feinsten und reinsten Sand aus einer Giesserei bekommen (Danke!!!), und nach nochmaliger Beratung mit Erika, wie die einzelnen Schritte zu tun sind, konnte ich loslegen, Stück für Stück des Decks mir vornehmen: Den ganzen Schmutz und Staub des Winters aus allen Ecken wegspülen, schrubben. Statt Shampoo etwas Spüli, dann Rostumwandler hinzu für den Flugrost, dieser muss sorgfältig wieder aufgewischt werden, sonst greift er noch die schöne rote Farbe des Rumpfes an… alles trocknen lassen.
Danach kommt die Sache mit den Spangen und Klammern, hier also die Felder für die Antirutschpartien mit Klebeband markieren. Endlich Farbe vorbereiten, in Malerkleider schlüpfen, und los geht es: die einzelnen Felder einmal mit der Rolle streichen, dann den Sand vorsichtig drauf rieseln lassen, verteilen. Der Staubsauger wird angeworfen und der Sand, der sich nicht mit der Farbe verbunden hat, kann abgesaugt werden. Nun sieht diese Partie schön sand-braun aus, sie soll aber das helle Grau des Decks bekommen. Nochmal zur Rolle greifen und eine weitere Schicht Farbe drauf, damit der Sand auch hält.
Eine aufregende Sache insgesamt, habe ich es doch zum ersten Mal ausprobiert und so meine Erfahrungen gesammelt: dass die Vorbereitungen genauso lange Zeit in Anspruch nehmen, wie das Streichen selbst. Dass man es sich nicht aussuchen kann, es aber besser ist, wenn möglichst wenig Wind weht, denn der Sand fliegt so leicht weg. Und wenn schon Wind, dann bitte konstant aus einer Richtung, so dass man die Reihenfolge der Streichpartien so festlegt, dass der Sand nicht gerade über die frisch gestrichenen Stellen drüberwehen kann. Über den nächsten windstillen Tag freute ich mich, auch wenn dann die Sonne ungehemmt herunter knallen kann, macht nichts. Und am zweiten Tag ging auch schon alles viel einfacher und schneller von der Hand.
Der Lack, den wir von International, der Farbenfirma, empfohlen bekommen hatten, ist nicht gerade ideal fürs Deck, er trocknet sehr sehr langsam. Einerseits gut, dann muss ich mich beim Steichen nicht stressen, das bedeutet aber auch, dass auf den frisch bearbeiteten Stellen ein bis zwei Wochen lang ein Gehverbot besteht… Da, wo die Schreiner zur Zeit noch ein und aus müssen mit ihren schweren Schuhen, den Holzteilen, da werde ich eben zuletzt streichen.

Deck mit Sand

Nun ist alles geschafft! Trocken und begehbar. Jetzt fehlt noch das Nachschneiden, auf der Muktuk das Ausbessern der Streifen dazwischen und vor allem das Nachstreichen der weissen Umrandung, hier sieht man den Flugrost und die abgeblätterte Farbe noch deutlicher als im Grau.

Kleine Feuertaufe

„Se mueve“ – Es bewegt sich

In der letzten Woche am späten Nachmittag schaukelte das Boot, die Schreiner hatten ihre Mühe mit dem Abmessen und Schrauben, gegen Abend wurde es mehr, auch der Wind nahm etwas zu, war aber immer noch moderat. Irgendwann ging ich raus, um mir die Leinen anzuschauen. (Die Zwischenstege sind für Boote wie Muktuk zu kurz gebaut, andere gibt es leider hier nicht, das ist immer schon ein kritischer Punkt gewesen und hat schon manchen Mitsegler zu kunstvollen Tauverknüpfungen inspiriert, die gut gehalten haben.)

Die Klampen

Auf einmal sah ich, dass eine Klampe am Ende des Steges hin und her schabte, sie hing gerade noch so an einer Schraube und auch diese war schon fast draussen. An dieser Klampe waren aber gleich drei Leinen befestigt, die das Boot achtern am Steg hielten, ohne sie würde die Muktuk mit ihren 26 t hinüber auf die andere Seite schwingen. Gut, dass neben uns kein weiteres Boot liegt. Aber auch so wäre es eine sehr unangenehme Situation.

Einer der Marineros, den ich um Hilfe bat, kam dann mit Werkzeug an, in der Zwischenzeit hatte ich zwei Leinen aus dem übervollen Ankerkasten hervorgekramt, und zur Sicherheit an einer anderen Klampen bzw. an der Steghalterung festgemacht. Der Marinero schraubte die Klampe wieder fest, eine zweite brachte er daneben an, legte eine Leine um, nahm sich alle anderen Klampen vor, überprüfte sie, zog sie fest und legte mittschiffs auch noch eine zweite Klampe an.

Nun weiss ich, dass Klampe auf Spanisch „cornamusa“ heisst, dass man Leinen nicht vom englischen „rope“ ableiten und „ropa“ sagen kann (das heisst nämlich Kleidung), sondern dass man die Leinen „cabos“ nennt.

Wieder festEinen grossen Dank an den Marinero und an unsere Freunde für die telefonische Unterstützung – und einmal tief ausatmen. Wie froh ich dann war, dass dies alles noch bei Tageslicht geschah und nicht mitten in der Nacht…

Wieder auf der Muktuk

Nieselregen draussen, drinnen köchelt eine Suppe auf dem Ofen, das Glas Wein zum Ende des Tagwerkes auf der Treppe, mit Abendsonne im Gesicht, fällt heute aus, dafür tippe ich den ersten Blogeintrag auf der Muktuk – der Alltag zieht so nach und nach ein auf dem Boot…

Seit einer Woche bin ich wieder in Spanien: in Galicien, in der „Ria de Arousa“ im Örtchen A Pobra do Caraminal, hier liegt Muktuk im Hafen.

Das Boot ist nun unser Zuhause. Mit allen unseren persönlichen Sachen, dem Werkzeug, allem Zubehör, den Vorräten. Und es fühlt sich immer mehr wie ein Zuhause an, wird täglich schöner.

Umzug

Andreas muss auf all das leider noch eine Weile warten. Noch arbeitet er weiter in München, ich konnte schon vier Wochen früher hierher zurück kommen.

Zwei Fragen, die mir während der drei Wochen in Deutschland gestellt wurden: was machst du den ganzen Tag, wenn du wieder auf dem Schiff bist? Nun, z.B. weiter Verschlüsse anschrauben und an Deck die Antirutsch-Schicht streichen. Arbeiten, die ich in meinem ersten Jahr als Lehrling und Hilfsarbeiter einigermassen beherrsche und die ich inzwischen auch sehr gerne tue. Immer wieder ueber den Fortgang der Arbeiten mit den Handwerkern beraten… Dann Einkaufen, Kochen, Aufräumen, Mittagessen mit den Freunden hier, Telefonieren, der Tag ist momentan viel zu schnell rum.

Die nächste Frage, ob ich nicht Angst habe, so alleine auf dem Boot? Nein, bisher nicht. Die Schiffe werden Tag und Nacht bewacht von den Marineros, die uns kennen, es ist ein kleiner überschaubarer Hafen. Einer der Marineros übernachtet sogar zwei Boote weiter. Täglich kommt mal ein deutsches, mal ein irisches oder britisches Boot im Hafen an, oder ankert in der Bucht vor dem schönen Sandstrand, zumeist Segler im Rentenalter. Die Saison läuft langsam an.

Schlafplatz

Tagsüber gleicht das Boot einer Baustelle, Holzspäne fliegen herum, die Sitzkissen in der Messe, das Bettzeug sind eingepackt in schwarze Plastiksäcke, auf dem Messetisch liegt ein altes Leintuch, auf dem schönen neuen Boden Teppichläufer, damit die Arbeitsschuhe ihm nichts anhaben können. Die Schreiner haben noch viele viele Kleinigkeiten zu tun, und es fallen uns täglich noch Sachen ein, die man ein- und anbauen könnte. Auch der Elektriker muss noch ein paar Kinderkrankheiten untersuchen und beseitigen.

Aber dazwischen suche ich mir immer wieder ein gemütliches Plätzchen, ich weiss ja, es wird nicht mehr allzu lange dauern, und dann kann das Boot nicht nur am Ende des Tages sondern endgültig vom Holzstaub befreit werden. Und abends und am Wochenende geniesse ich die Ruhe, das Schiff ganz alleine für mich zu haben. Und lasse mich insgesamt von der Fröhlichkeit und der Gelassenheit der Menschen hier in Galicien, in diesem Dörfchen anstecken.
MuktukAprMai2014 001Pobra14