Ein Jahr, fünf Monate und zehn Tage

fast_im_Wasser

So lange hat der Landaufenthalt unserer Muktuk gedauert. Letzten Mittwoch durfte sie endlich wieder ins Wasser. Und was sollen wir sagen: sie schwimmt! Die kurze Überfahrt nach Pobra do Caraminal verging wie im Fluge, und als wir im Hafen von unseren Freunden mit kaltem Bier und Picknickkörben voller Essen empfangen wurden, war es fast, als wären wir nie weg gewesen.

Birgit

Also sie schwimmt wieder. Das soll jetzt nicht etwa heissen, dass die Reparaturen abgeschlossen wären. Aber die Baustelle liegt jetzt im Hafen, statt auf der Werft zu stehen, und das ist ja schon etwas. Von der Terasse unserer Wohnung können wir die Muktuk sehen. Es war am Ende dann doch recht anstrengend, nicht nur die zwei Stunden täglicher Fahrerei zur Werft, sondern auch mental: welche Probleme noch alle zu lösen sind, wie alles rechtzeitig fertig werden kann… der Füllstand des Problembehälters im Kopf war schon unangenehm hoch. Insofern wurde es jetzt wirklich Zeit. Mit der Muktuk im Wasser ist die Arbeit zwar noch lange nicht fertig, aber es fühlt sich einfach deutlich entspannter an. Schon komisch, oder?

Andreas

Das mit der Wasserlinie haben wir auch fast richtig geraten (nach dem Sandstrahlen war sie trotz Fotos und vorheriger Messungen nicht mehr ganz klar zu rekonstruieren). Vorne taucht sie jetzt ein weinig weiter ein als vorher, das liegt am ganz vorn gestauten über 100kg Antifouling, die wir übrig behalten haben, weil der Farbenhersteller International uns etwas großzügig beraten hat, was die benötigten Mengen angeht. Auf die telefonische Frage nach eventueller Rücknahme: „wenn Sie Transport und Entsorgungskosten zahlen, gerne. Eine Gutschrift erhalten Sie aber nicht.“ Nach reiflichem Nachdenken haben wir uns dann entschlossen, das großzügige Angebot nicht anzunehmen.

Werkstatt

Die Schreiner haben noch einige Wochen zu arbeiten, der Elektriker muss auch noch mal kommen. Die Positionslichter funktionieren noch nicht, der Autopilot fährt nur im Kreis, die Toilette zieht noch kein Wasser und auch ansonsten mussten wir alle unsere Formatierungskünste aufbringen, um die aktuelle To-Do Liste auf einer Seite ausdrucken zu können. Aber das meiste Grobe haben wir hinter uns, jetzt geht es noch um die Details.

Geschlafen haben wir auch schon an Bord. Aber wenn wir in anderthalb Wochen ins Auto steigen, um nach Deutschland zu fahren, muss die Wohnung geräumt sein, denn unser Mietvertrag endet im April. Dann wird unser ganzer Krempel an Bord möglichst staubdicht in Platiktüten verstaut, denn auch in unserer Abwesenheit gehen die Schreinerarbeiten natürlich weiter. Es soll ja schliesslich irgendwann fertig werden.

Ankerlast

tuk tuk tuk

klickklack

Gestern hat uns Bruce Willis auf der Werft besucht. Er war es ganz eindeutig, allerdings in seinen jungen Jahren. Er arbeitet jetzt bei einer Firma in Boiro, die Schiffsmotoren repariert. Er war auch nicht zum ersten Mal da: im Juli letzten Jahres hat er unseren Motor ausgebaut und im Januar generalüberholt wieder eingebaut. Dann mussten wir das ganze Drumherum (Süß- und Salzwasserkreislauf, Dieselfilter etc.) einbauen und anschließen und gestern kam schließlich Bruce Willis ein weiteres Mal, um mit uns zusammen den Motor probelaufen zu lassen. Das Tuckern im Schiff war schon ein guter Moment – normalerweise geht ja ein paar Minuten nach dem Anwerfen des Motors der Anker auf oder die Leinen los. Jedenfalls mal wieder ein wichtiger Seemeilenstein erreicht.

Bilder von Bruce Willis an Bord dürfen wir natürlich nicht zeigen. Zu unserem großen Leidwesen hat er auch im vollen Monteurskittel gearbeitet und nicht im Unterhemd. Na ja, man kann nicht alles haben.

Genickstag

In der nächsten Woche werde ich versuchen, das reparierte Genickstag (ein 12mm Drahtseil, das die beiden Mastspitzen miteinander verbindet) wieder anzubringen, damit wir alle Wanten und Stage (Drahtseile, die vom Mast nach unten laufen) wieder ordentlich spannen können.

Anode

Der Endspurt, um Muktuk ins Wasser zu bekommen, läuft jedenfalls auf Hochtouren. Es sind nur noch wenige Tausend Sachen zu erledigen, dann können wir anfangen, einen Container voll Kram wieder an Bord zu verstauen. Das wird dadurch etwas erschwert, dass sich dabei noch zwei Schreiner, ein Elektriker, Nicholas und wir beide an Bord bewegen, dass wir an vielen Schapps und Schränken noch keine Türen haben (das sind so Details, die verspätet fertig werden), an Bord noch jede Menge Holzstaub vom Sägen, Bohren und Hobeln produziert wird, aber es hilft alles nichts. In zwei Wochen muss der Container leer sein, dann verlassen wir die Werft. Später im Hafen dann kommt noch der ganze Krempel aus unserer Wohnung dazu, aber das gibt’s erst in der nächsten Folge.

passador

Wir fangen jedenfalls langsam neue To-do Listen an. Während unsere bisherige Hauptliste „Zu tun, bevor Muktuk ins Wasser kommt“ (Beispiel: Zinkanoden anbringen) immer weiter schrumpft, unterscheiden wir nun zwischen „Zu tun, bevor wir an Bord einziehen“ (Beispiel: Haken für Handtücher anschrauben), „Zu tun vor den ersten Probeschlägern“ (Beispiel: Verschlüsse an allen Türen montieren) und zu guter Letzt „Zu tun, bevor es richtig losgeht“ (Beispiel: Seewasserentsalzungsanlage instandsetzen). An Bord scheinen gute Wachstumsbedingungen für To-do Listen zu herrschen, sie wachsen und gedeihen prächtig.

todos